Auer, Hansjörg Südwand

Mehr über unsere Autoren und Bücher:

www.malik.de

 

Mit 41 farbigen Abbildungen und zwei Karten

 

ISBN 978-3-492-97759-3

© Piper Verlag GmbH, München 2017

Redaktion: Wolfgang Gartmann, München

Karte: Eckehard Radehose, Schliersee

Litho: Lorenz & Zeller, Inning a. A.

Covergestaltung: Birgit Kohlhaas, kohlhaasbuchgestaltung.de

Covermotiv: Free-Solo-Begehung der Route »Weg durch den Fisch«, Marmolata, Dolomiten (Heiko Wilhelm)

Datenkonvertierung: abavo GmbH, Buchloe


 

Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Wir weisen darauf hin, dass sich der Piper Verlag nicht die Inhalte Dritter zu eigen macht.

 

Verbaute Welt, abgestumpfte Gesellschaft.

Neugierde und Wagnis im Dasein. Verändert Denken.

Aufbrechen, um zu verstehen.

Gedankenstrom.

 

Auer_Alpenkarte.jpg

 

Auer_Weltkarte.jpg

 

Starkes Storytelling

Hansjörg ist am 16. April 2019 zusammen mit Jess Roskelley und David Lama in den Bergen Albertas in Kanada von einer Lawine getötet worden. Der Alpinismus hat damit – wieder ein-mal!  – drei seiner stärksten Vertreter verloren, und die Statistik bestätigt, dass von den absoluten Spitzenbergsteigern der jewei-ligen Zeit eine(r) von zweien am Berg ihr/sein Leben verliert. Der Berg ist dabei absichtslos, aber es reicht ein Augenblick ohne das Aufatmen im »Glück gehabt«, sich im Unendlichen der Berg-natur aufzulösen. Uns Zurückgebliebenen bleibt das Staunen ge-genüber ihrer Erhabenheit und die Frage  nach dem Warum. 

 

Reinhold Messner,

1. Mai 2019

Leidenschaft

Im Alter von sechs Jahren stand ich auf meinem ersten 3000 Meter hohen Berg. Ein ganz gewöhnlicher Wanderberg bei Umhausen, dem Ort, wo ich aufgewachsen bin. Drei Jahre später vermerke ich in meinem Tourenheft den Hemrachkogel. Zusammen mit meinen Brüdern Jakob, Matthias und meinem Vater sind wir wohl nicht über den Normalweg auf den Gipfel gekommen, denn in den letzten zwei Zeilen heißt es, dass wir auch ein bisschen klettern mussten. Zwei Ausrufezeichen beenden den kurzen und nüchternen Eintrag. Ich bin mir auch sicher, dass mein Vater uns damals den Strahlkogel, die höchste Erhebung von Umhausen, gezeigt hat. Nach allen Seiten fällt dieser Gipfel steil ab. Nach Norden ein kleines Eisfeld und eine steile, brüchige, gut 400 Meter hohe Wand. Damals war ich weit entfernt davon, sie klettern zu können, dennoch blickte ich zu ihr hinüber mit einer Sehnsucht, die mich über viele Jahre nicht mehr losgelassen hat.

Wenn ich heute diese Nordwand sehe, denke ich immer an die Stunden zurück, die ich damit verbracht habe, sie im Winter, im Sommer, allein oder zusammen mit meinen Freunden zu klettern. Es sind schöne Erinnerungen an damals und die ersten ans extreme Bergsteigen. Wir waren sehr motiviert und haben die Strahlkogel-Nordwand als Sprungbrett gesehen für die großen Herausforderungen, die großen Berge. Ich kann mich noch genau an das erste Mal erinnern. Es war im Sommer 2000. Mein Bruder Matthias war 18, ich gerade mal 16. Am späten Nachmittag sind wir mit Zelt und Schlafsack durch das Larstigtal aufgestiegen und haben am letzten grünen Fleck unser kleines Lager aufgebaut. Wir waren viel zu nervös, um den schönen Sonnenuntergang zu genießen. Früh gingen wir schlafen, und ebenso früh sind wir aufgestanden. Um sechs Uhr waren wir bereits am Einstieg und irgendwie enttäuscht, als wir schon kurz nach acht Uhr auf dem Gipfel waren. Wir hatten so viel von dieser Wand erwartet, waren überzeugt, wir müssten uns über viele Seillängen hinweg sichern, und hatten uns auf einen langen Tag im brüchigen Fels der schattigen Wand eingestellt.

Da sie meinem Bruder und mir im ersten Moment nicht sehr viel zurückgab, habe ich erst viele Jahre später den Wert dieser Wand, dieses Berges und des damit verbundenen Abenteuers für mich schätzen gelernt. Viele andere Wände lagen da schon hinter mir, viele großartige Tage, viele Überraschungen, aber auch einige Rückschläge und eine Tragödie. Die positiven Erfahrungen sollten jene von der ersten Durchsteigung der Strahlkogel-Nordwand noch übertreffen, aber auch die negativen werden mich mein ganzes Leben lang begleiten.

Heute steige ich immer wieder hinauf über unsere direkte Nordwandroute, sei es nach Neuschnee an einem kurzen Tag im November oder bei Firn und dem Duft der ersten Blumen am hinteren Talboden des Larstigtals im Mai. Und ich denke darüber nach, wie es gewesen wäre, wenn unser Vater nicht mit uns Buben an jenem Tag auf den Hemrachkogel geklettert wäre.

Nilgiri Süd

Damals, als niemand ahnen konnte, was die Zukunft bringen würde, und auch sonst nicht viel los war, sind wir mit dem Fahrrad gekommen. Und zwar zum Klettergarten Engelswand, der am nächsten gelegenen Klettermöglichkeit in unserer Gegend. Froh, die Schulprobleme für die nächsten Stunden hinter mir zu lassen, warf ich den Rucksack zu Boden, zog mir den grauen Klettergurt an und legte das Seil aus. Gerry Fiegl aus Umhausen, einer meiner ersten Kletterpartner und Freund aus der Trainingsgruppe des Alpenvereins, reichte mir die Kletterschuhe, und los ging’s. Meist habe ich mit der ersten Seillänge begonnen. Nicht, weil ich besser klettern konnte, sondern wohl eher, weil ich vier Jahre älter war. Wir sind immer in dieselben Routen eingestiegen. So konnten wir vergleichen, uns gegenseitig pushen und viel mehr voneinander lernen.

Einmal pro Woche waren Gerry und ich beim Klettertraining in der Halle in Tumpen. Und war einmal einer von uns verhindert, so sahen wir uns doch fast jeden Tag in der Früh, wenn wir zusammen mit dem Bus nach Imst zur Schule fuhren. Er ins Unterstufen-Gymnasium und ich zur Handelsakademie. Es gab also immer genug Möglichkeiten, sich zum Klettern zu verabreden. Zwei Jahre später wechselte Gerry dann auf eine weiterführende Schule nach Innsbruck. Unser Kontakt wurde lockerer, er verbrachte die meiste Zeit im Internat. Nur an den Wochenenden kam er wieder ins Ötztal, und auch wenn er inzwischen manche anderen Interessen hatte, war Gerry doch immer wieder dabei, wenn ich zusammen mit anderen Ötztaler Kletterern unterwegs war. Ich erinnere mich noch genau an ein verlängertes Wochenende im Tessin oder an Ausflüge in die Dolomiten.

Deshalb freute es mich auch, dass ich nach meiner Free-Solo-Begehung der Route »Weg durch den Fisch« die Möglichkeit hatte, Gerry als Testimonial bei einer Outdoorfirma unterzubringen. Er wollte nie wirklich Profikletterer werden, dennoch war er froh, dass er neben seinem Studium der Meteorologie in Innsbruck und all den anderen Ausbildungen, die er absolviert hatte, damit die Chance bekam, sich die Ausrüstung leisten und seine Freizeit noch intensiver für den Klettersport nutzen zu können.

Schnell hatte Gerry sein Können gesteigert, und zusammen sind wir in den folgenden Jahren viele neue Routen geklettert. Ganz besonders erinnere ich mich an die erste freie Begehung der »Colpo di Coda« an der Marmolata oder unsere Erstbegehung »Coco Jambo« gleich rechts von der »Don Quixote«. Aber auch im Ötztal waren wir sehr aktiv, sei es im Eis oder im brüchigen Fels der Kristallwand. Irgendwie hat Gerry sich immer die Zeit genommen, und an Motivation hat es ohnehin nie gefehlt. Und jedes Mal, wenn wir den Tag bei einem Bier, Kaffee oder aber auch einem kurzen Gespräch vor unseren geparkten Autos ausklingen ließen, redeten wir davon, irgendwann zusammen etwas Großes zu unternehmen. Im Herbst 2015 war es dann endlich so weit, und als unser gemeinsamer Freund Alex Blümel, Bergführer und Alpinist aus Mötz in Tirol, auch mit im Boot war, konnte die Expedition zum Nilgiri Süd starten.

Der Berg

Die Zahl der unbestiegenen Gipfel und Wände ist zum Glück nach wie vor beträchtlich größer als die Anzahl der Berge, auf denen bereits Spuren hinterlassen worden sind. Das trifft auch auf den Nilgiri Süd und dessen Südwand zu. Das Massiv des Nilgiri erstreckt sich im Himalaja über knapp fünf Kilometer auf einer Nord-Süd-Achse. Zwischen den Achttausender-Kolossen Dhaulagiri und Annapurna erheben sich der Süd-, der Zentral- und der Nordgipfel satte 4000 Meter über das Kali-Gandaki-Tal, das tiefste Durchbruchstal der Welt – steil, von wilden Schluchten umgeben, formschön die abschließenden Gipfel. Der am häufigsten bestiegene Gipfel ist der nördlichste. Das liegt wohl auch daran, dass er mit 7061 Metern als Einziger die für viele so wichtige 7000er-Grenze überschreitet. Zudem ist er, technisch gesehen, der am einfachsten erreichbare Gipfel. Eine ideale Kombination also. In Richtung Süden blickend, fällt einem der Zentralgipfel kaum auf – eine mehr oder weniger kleine Schneekuppe, bevor ein zackiger und steiler Grat sich zum Südgipfel hinaufschwingt. Gleich danach fällt die fast senkrechte, etwa 1500 Meter hohe Südwand hinunter in die Miristi-Khola-Schlucht.

Wegen seiner Schartenhöhe von mehr als 600 Metern gilt der Südgipfel als ein eigenständiger Berg. Zum ersten Mal wurde er von einer japanischen Expedition unter der Führung von Kazao Mitsui bestiegen. Über die Rückseite haben sie es probiert und nach einigen Versuchen auch geschafft. Eine Ersteigung der Südseite des Berges wurde bereits von fünf Expeditionen versucht. Japaner, Tschechen und Slowenen waren dort, alle jedoch ohne Erfolg.

Thulobugin

Etwas verspätet verlassen wir Kathmandu. Von dem verheerenden Erdbeben vom April 2015 ist Gott sei Dank nicht mehr viel zu erkennen. Es scheint, dass die Einwohner Nepals die Katastrophe einigermaßen verdaut haben, auch wenn die Häuser in den Bergen, wo das Epizentrum des Bebens war, noch lange nicht alle wiederaufgebaut werden konnten.

Mit einem Lastwagen fahren wir bis Lete. Hier ist die Straße zu Ende, und über eine Hängebrücke gelangen wir auf die andere Seite des Mustang Khola. Das Wasser des Flusses ist sehr schwarz durch den hohen Sedimentgehalt, abgeschürft von den Bergflanken des Mustang und des Dhaulagiri. Über Jahrhunderte verlief hier eine der wichtigsten Routen für den Transport von Salz und Reis, bis die Straße immer weiter ausgebaut wurde und Lastwagen für den Weitertransport sorgten. In dem kleinen Dorf Deurali verteilen wir unsere mitgebrachten Kleidungsstücke. Fast bei jeder Expedition versende ich per Air Cargo zumindest ein großes Gepäckstück mit alten, in Europa nicht mehr gebrauchten Dingen. Beinahe ehrfürchtig und mit großem Dank nehmen die Menschen die Sachen entgegen. Dieses ganz spezielle Leuchten der Kinderaugen rufe ich mir immer wieder während einer Expedition in Erinnerung, besonders wenn mich irgendwelche Kleinigkeiten aufregen. Wie Balsam legt es sich dann auf mein erhitztes Gemüt und mahnt mich, dass mein ständiges auf das Klettern fixiertes Tun nicht zum Wichtigsten auf dieser Welt zählt.

Sehr steil geht es am darauffolgenden Morgen in Richtung Thulobugin-Pass. Nach einer neuerlichen Nacht auf etwa halber Strecke erreichen wir endlich den höchsten Punkt. Total in Nebel gehüllt, sehe ich die ersten Träger kommen. Sie leisten Unglaubliches. Viele sind mit mehr als 30 Kilo auf dem Rücken und mit äußerst schlechtem und desolatem Schuhwerk unterwegs, doch immer haben sie ein Lächeln auf den Lippen. Die Tropfen an den Rändern ihrer Kopfbedeckungen haben sich mittlerweile schon in Eiskristalle verwandelt. Eine kurze Rast auf knapp 4500 Meter Höhe, und bergab sollten wir bald das Nilgiri-Basislager erreichen. Vorsichtshalber setzen Alex und ich uns an die Spitze des Zuges, um einen schönen Platz ausfindig zu machen, bevor alle Träger da sind.

Strategisch gesehen, ist der Ort des Basislagers sehr bedeutsam für den weiteren Verlauf einer Expedition. Es gibt viele Dinge zu berücksichtigen, wie Wind, Wasserversorgung und vor allem die Sichtbarkeit des zu ersteigenden Berges. Bei schwierigen Klettereien an den steilen Wänden der hohen Berge ist es sehr wichtig, dass man die Wand tagtäglich vom Camp aus einsehen kann. Schon früh am Morgen, wenn man aus dem Zelt kriecht, wandert der Blick hinauf und sucht nach den Schneefahnen, frischen Lawinen, abgebrochenen Séracs und frischen Felsausbrüchen. Ein großer Berg ist ständig in Bewegung, er schläft nie. Immer passiert etwas, oder es lässt sich etwas beobachten.

Wir erreichen ein kleines Plateau im steilen Gras- und Felsgelände. Zusammengetragene Steine und abgeschabte Flächen deuten darauf hin, dass es hier sein muss. Ich blicke zu Alex hinüber, schaue an seinem Gesicht vorbei und suche die Südwand des Nilgiri. Ich kann sie nicht sehen. Es braucht keine Worte, wir sind uns einig, dass wir noch etwas höher hinaufmüssen. An den letzten Grasflächen, dort, wo die Moräne des Gletschers beginnt, sollten wir einen Platz suchen. Letztlich können wir nur die Hälfte unserer Träger von unserer Idee überzeugen. Auch für Serku, unseren Guide, ist es unmöglich, alle Träger zum Weitermachen zu bewegen. Wir geben denen, die bei uns bleiben, viel Trinkgeld und sind froh, dass zumindest sie zu uns stehen.

Weitere zwei Tage vergehen, bis wir unser Basislager einigermaßen in Schuss haben. Es kostet viele Stunden, die Plätze für all unsere Zelte aus dem harten Moränengrund herauszugraben. Weitere Transportgänge sind nötig hinunter zu dem kleinen Plateau, wo die Hälfte der Träger unsere Ausrüstung zurückgelassen hat.

Annäherung

Grau, schottrig, wie ein halb aufgeblasener Luftballon und überall schwarze Streifen, welche die normalerweise weiß leuchtenden Firnfelder bedecken. Wir haben in Tatopani, einem der größeren Dörfer im oberen Flusstal des Kali Gandaki, den Berg zum ersten Mal gesehen. Auch als wir nun zu einem ersten Erkundungsgang zum Wandfuß aufsteigen, präsentiert sich die Wand nicht besser. Am unteren Ende der markanten Couloirs haben sich große Blockfelder gebildet. Eines ist uns klar. Diese Expedition ist kein Spaziergang, hier lauern durchaus etliche Gefahren. Für ein paar Stunden sitzen wir auf einem kleinen Felsblock, beobachten, diskutieren und kommen zu dem Schluss, es besser im rechten Teil der Südwand zu probieren, wo eine nach Westen eingelagerte Wandflucht zu erkennen ist. Es gibt aber noch ein weiteres Problem. Unsere Möglichkeiten der Akklimatisierung sind hier sehr begrenzt. Überall pfeift es steil bergauf, höher als etwa 5300 Meter zu gehen bedeutet schon, über dem Bergschrund in der Wand zu klettern. Dabei ist es von größter Wichtigkeit, unseren Körper an die Höhe anzupassen.

Inzwischen ist es kalt geworden, der tägliche Nebel steigt zu uns auf und verdeckt die wärmende Sonne. Als dann auch noch die warmen Flächen unseres Felsblocks abkühlen, steigen wir wieder in unser Basislager ab. Jetzt wissen wir es: große Steinschlaggefahr, hohe Kletterschwierigkeiten, minimale Akklimatisierung und eine Route, in der wir, einmal losgeklettert, nicht mehr zurückkönnen. Alles in allem eine gefährliche Mischung. Auch Elias Holzknecht, ein junger Fotograf und Kletterer aus meiner Nachbargemeinde Längenfeld, ist etwas besorgt. Ihn hatte ich überreden können, mit uns zu kommen, um die Aktion so gut wie möglich vom Basislager aus zu dokumentieren. Elias ist bereits zum zweiten Mal mit mir auf einer Expedition. Seine Rolle im Team geht weit über die eines Fotografen hinaus. Er gibt mir immer wieder die nötige Ruhe, Dinge am und vom Berg klarer zu sehen und vielleicht nicht immer todernst zu nehmen.

 

Sechs Uhr morgens. So langsam reicht es. Schon den dritten Tag liegen wir hier eingepfercht in unserem kleinen Zelt am Wandfuß auf etwa 5300 Meter Höhe. Geschützt von einem Felsüberhang auf einem kleinen Eisplateau am oberen Ende der Spaltenzone, haben wir unseren Körpern viele Stunden der Anpassung gewährt. Immer wieder sind wir in der Nacht aufgewacht, der Steinschlag aus der Südwand kam sehr dicht an uns heran. Wir haben die Abstände der Steinsalven studiert und so gelernt, die Aktivität in der Wand etwas einzuschätzen. An jedem Abend hat es bis etwa Mitternacht geknallt, erst dann ließ der Lärm etwas nach. Am Morgen war es sehr ruhig bis auf einen gelegentlichen Gruß des Berges, bevor es gegen zehn Uhr wieder zu donnern begann wie in einem aufgelassenen Steinbruch. Trotz des Steinschlagrisikos während der ersten 800 Höhenmeter in der Wand spüre ich eine große Bereitschaft im Team, den Plan dennoch durchzuziehen. Über das große Couloir werden wir schnell an Höhe gewinnen. Dann allerdings kommt das große Fragezeichen, wo wir weiterklettern sollen. Unser Ziel für den ersten Tag ist die große Sérac-Zone direkt unterhalb des Nilgiri Spire. Doch wann und wo werden wir auf einen Biwakplatz stoßen? Wie schaut es mit den Eisverhältnissen aus, und werden wir eine kletterbare Linie durch diese steile Wand finden können? Viele unbeantwortete Fragen. Doch egal, schwierige Klettereien in großer Höhe sind immer grenzwertig, und der heutige Alpinismus lebt hauptsächlich von der Reduktion. Klettern im Alpinstil ohne Fixseile, schnell, leicht und mit einem Minimum an Ausrüstung. Eine Nilgiri-Südwand ist nicht vergleichbar mit einem Normalweg auf einen der Achttausender. Und dazu kommt noch, dass wir über die Aufstiegsroute nicht mehr zurückkönnen. Zu kompliziert, zu aufwendig, zu schwierig. Wir werden den Berg überschreiten müssen.

Gegen neun Uhr sind wir bereits wieder im Basislager. Wir fühlen uns gut. Die starke Erkältung von Gerry hat sich gebessert, und Alex hat sich oben pudelwohl gefühlt, hatte kaum Kopfschmerzen. Meine Vorakklimatisation am Mount Kenia vor einigen Wochen hat sich ebenfalls bestens bezahlt gemacht. Die Pferde stehen bereit, das Rodeo kann beginnen – und der Berg wird uns hoffentlich bald sein Okay dazu geben.

Geburtstag

Gerry ist etwas voraus. Alex und ich sind einige Hundert Meter dahinter. Es beginnt, leicht zu schneien. Als der Schneefall stärker wird, erreichen wir die 5000-Meter-Grenze. Wir können zu Gerry aufschließen und machen eine kurze Rast unter einer leicht überhängenden Felswand. Alle sind wir uns einig, dass das nicht gerade ein schöner Gruß der Götter ist. Es hilft nichts, wir müssen uns die Gore-Tex-Bekleidung über die langen Unterhosen streifen. Über eine steile Moräne erreichen wir den spaltigen Beginn des Gletscherbodens. Bald sind wir am Biwakplatz direkt unter der mächtigen Südwand. Elias ist schon da. Er hat das Basislager etwas früher verlassen, um noch ein paar Fotos zu machen. Sehr ruhig erscheint es mir heute in der Wand, ganz anders als während unserer Tage der Akklimatisierung. Kein einziges Steinchen fällt über die Wand, doch das liegt wahrscheinlich nur an dem Schneefall, den wir während unseres Aufstiegs mitbekamen, der sich aber mittlerweile schon wieder gelegt hat. Sehr oft kommt es allein durch den Lauf des Tages und die recht feuchte Luft, die von den Tälern und Schluchten aufsteigt, zu Niederschlägen. Fast täglich konnten wir dieses Phänomen in den letzten Tagen beobachten. Doch in den nächsten Tagen soll die Luft trockener werden. Und der weiße Schleier, den wir gerade vom Wandfuß aus auf jedem noch so kleinen Absatz des Nilgiri beobachten können, dürfte wohl ebenfalls ein letztes Mal unsere Aufmerksamkeit erregen.

Die Dunkelheit bricht herein, und die Kälte mahnt uns, in unsere Schlafsäcke zu kriechen. Ununterbrochen surrt der Kocher. Wir essen und trinken so viel wie möglich. So angenehm wie heute Abend werden die nächsten Tage nicht werden. Doch auch wenn ich weiß, wie müde und ausgelaugt wir schon bald sein werden, kann ich es kaum erwarten, dieses prickelnd aufregende Gefühl wieder zu erleben, wenn man zu einer schwierigen Route an einem großen Berg aufbricht. Kommentar- und emotionslos weiß jeder im Team, was auf dem Spiel steht, und man hofft, dass alles gut geht, und versucht, dafür natürlich alles Mögliche zu tun. Die Stimmung im Zelt ist gut. Jede Menge blödsinniges Gerede bringt uns immer wieder zum Lachen. Hinzu kommt: Gerry feiert morgen seinen 27. Geburtstag. Unser Koch Anima hatte uns hierfür einen kleinen Kuchen in einer herzförmigen Form aus Aluminium gebacken und gemeint, ich solle ihn mit auf den Gipfel nehmen, doch dafür war er leider etwas zu groß. Deshalb haben wir bereits vor dem Aufstieg kurz, aber intensiv mit Gerry gefeiert.

Alles andere verliert an Bedeutung

Elias wünscht uns viel Glück. Vollgepumpt mit Selbstvertrauen, machen wir uns auf den Weg. Den Gurt haben wir bereits angelegt, die Kletterausrüstung ist aufgeteilt, und nachdem Gerry etwas zu schnell vorausgegangen ist, übernehme ich die Führung, und in recht kurzer Zeit erreichen wir den Bergschrund. Es ist wichtig, gleich zu Beginn ein angemessenes Tempo zu wählen. Man klettert gern mal zu schnell los, was ein Fehler ist, denn die Höhe wird uns noch einiges abverlangen. Mit einem recht kleinen Spreizschritt erreiche ich die andere Seite des Schrunds. Die Eisgeräte dringen nur schwer in das harte, schwarze, mit vielen Steinsplittern versehene Eis ein. Ich versuche, mich zu beeilen. Wir klettern im steinschlaggefährdetsten Teil der Route. Hier sammeln sich alle Geschosse aus der 1500 Meter hohen Wand über uns. Ein kurzes, aber brutales Nadelöhr. Und schon nach gut zehn Metern ist es so weit. Tief geduckt, meinen Kopf zwischen die Schultern gepresst, lasse ich den Steinschauer über mich ergehen. Zum Glück war kein großes Kaliber dabei. Es geht weiter. Nach 100 Metern erhole ich mich und schaue, dass ich wieder zu Atem komme. Alex und Gerry sind gleich bei mir. Ich fühle zum ersten Mal die Doppelbelastung an diesem Berg. Als wäre das Projekt an sich nicht schon schwierig genug, hängt auch noch die Gefahr, durch einen Stein aus der Wand geworfen zu werden, ständig über unseren Köpfen. Zudem wissen wir ganz genau, dass unser Weg lang sein wird.

Ein kleiner Wasserfall muss überwunden werden, eine Steilstufe und gleichzeitige Verengung des Couloirs hat ihn gebildet. Ohne Seil schaffen wir den Absatz, und etwas leichter geht es anschließend weiter. Ich klettere immer etwa 60 Meter voraus, um den Weg etwas zu erkunden. Alex und Gerry lassen sich ein wenig zurückfallen und scheinen den Anstieg und die Umgebung sichtlich zu genießen.

Eines unserer Seile ist in meinem Rucksack. Ein zweites hat Alex oder Gerry – ich kann mich nicht mehr genau erinnern. Stunden vergehen, für eine kurze Strecke haben wir uns ans Seil gebunden, und inzwischen peilen wir bereits die 6000-Meter-Grenze an. Das Eis ist spröde und sehr hart, was das Vorankommen äußerst anstrengend macht. Immer häufiger bleiben wir stehen, den Oberkörper über die Eisgeräte gebeugt, und erholen uns kurz. Zwischen meinen Beinen sehe ich hinunter. Immer steiler kommt uns unsere Anstiegslinie vor. Der Wandfuß ist nicht mehr auszumachen. Alex fühlt sich schon etwas ausgelaugt, Gerry sagt nicht viel. Ich gehe weiter, und mir kommt der Gedanke, dass die beiden vermutlich nicht von sich aus fordern werden, das Seil zu benutzen. Ich bleibe stehen, nehme das blaue Halbseil aus meinem Rucksack, binde mich ein, drehe eine Eisschraube in das schwarze Eis und werfe das andere Ende nach unten. Ich gebe Alex und Gerry damit zu verstehen, dass sie sich einbinden sollen. Gleichzeitig, zumindest immer an einer Schraube gesichert, geht es weiter.

Unter den Felsen angekommen, trete ich eine kleine Plattform aus dem harten Firn und warte, bis meine beiden Freunde hier sind. Immer öfter hören wir den Aufprall der Steine weiter unten im Couloir. Gott sei Dank können sie uns nun nichts mehr anhaben. Wir klettern bereits an der eingelagerten Westwand des Nilgiri Spire. Mein Blick wandert nach oben und sucht nach einem vernünftigen Weiterweg. Links führt ein steiler, etwas mager gefrorener Wasserfall nach oben. Rechts sehe ich vereiste Felsen. Doch es scheint, als wären sie irgendwie verbunden. Ich frage Alex und Gerry, was sie meinen. Auch sie sind unentschlossen. Mein Gefühl spricht für den rechten Weg. Er stellt sich dann später auch als der richtige heraus. Ein kurzer Schluck aus unserer Trinkflasche, und ich klettere los. Gerry sichert mich, Alex erholt sich.

Sein letzter Vorstieg

Das Gelände macht einen schwierigen Eindruck. Leicht nach rechts sollte es aber gehen. Kurz diskutieren wir, dass es sinnvoll wäre, sich die Vorstiegsarbeit aufzuteilen. Eine Selbstverständlichkeit in den heimischen Bergen, doch in der Höhe hier ändern sich viele Faktoren. Alex fühlt sich nicht besonders gut. Gerry sagt nicht viel, übernimmt aber den nächsten Vorstieg, und es scheint, als hätte er Freude daran. Nach zwei weiteren schwierigen Seillängen – wobei uns die letzte alles abverlangt – können wir bereits das untere Ende des Sérac sehen. Es ist bestimmt schon nach 15 Uhr, vermute ich. So langsam sollten wir nach einem Biwakplatz Ausschau halten. Wir hatten einen harten Tag, und die nächsten werden sicher nicht einfacher werden.

Gerry sieht sehr müde aus, will aber noch eine Seillänge vorsteigen. Dann werde ich wieder übernehmen. Die Kletterei am Sérac kommt mir elendig lang vor. Über drei, vier Seillängen schon suchen wir uns einen Weg nach oben. Wir werden langsamer. Die Sonne steht bereits tief, Nebel umhüllt uns. Plötzlich sehe ich zum ersten Mal einen möglichen Ausweg aus diesem Labyrinth aus Eis. Ich quere nach rechts und schreie zu Alex und Gerry hinunter, dass ich vielleicht einen Biwakplatz gefunden habe. Ich habe den Eindruck, sie verstehen mich nicht. Der Wind hat die Stimme fortgeblasen, ließ meine Euphorie nicht unten ankommen. Alex und Gerry folgen mir, denken nicht mehr viel. Instinktiv klettere ich noch etwas weiter nach oben, wo tatsächlich noch ein besseres Plätzchen auf uns wartet. Gegen 17 Uhr kriechen wir dann endlich in unsere Schlafsäcke und dösen müde alle weg.

Plötzlich schrecke ich auf, hektisch taste ich nach meiner Uhr. Es ist schon spät, und wir haben noch nichts getrunken und gegessen. Ich wecke die anderen. Wir müssen kochen. Sie wollen mir nicht glauben, ich kann Alex aber überreden, mir Schnee in den Kocher zu geben. Gleichmäßiges Surren durchbricht die Stille. Ich schaue dem Schnee zu, wie er sich auflöst. Wir brauchen mehr. Nach einigen Stunden sind die Wasserflaschen wieder voll. Noch ein kurzer Funkspruch zu Elias unten im Basislager. Alles klar.

Bergauf, bergab

Gegen Mittag haben wir den Nilgiri Spire erreicht. Höher als erwartet hat uns steile Eiskletterei hierhergeführt. 6780 Meter zeigt mein Höhenmesser. Alex fühlt sich gut, viel besser als gestern. Ich bin froh, als er mir die Führungsarbeit abnimmt. Gerry sage ich, er solle in der Mitte klettern, damit ich zum Schluss gehen kann. Er kommt mir etwas langsamer in seinen Bewegungen vor als üblich. Ich mache mir keine Sorgen darüber, aber es fällt auf. Alex ist bereits hinter der Gipfelwechte verschwunden und sucht sich einen Weg über den sehr exponierten Grat. Weiter drüben mündet er auf den Ostgrat des Südgipfels, von einem kleinen Plateau aus zieht er knapp 200 Höhenmeter hinauf zum höchsten Punkt. Dort wollen wir heute zumindest noch hin. Nur langsam kommen wir voran. Alex ruft uns zu, es komme eine schwierige Stelle, was wir schon bald bestätigt finden: Überhängend an allen Seiten, bricht es ab. Wir versuchen, einen Standplatz zu finden. Kein einfaches Unterfangen im pulvrigen Schnee der Wechten. Mit einem Stein baut Alex einen Klemmblock. Es funktioniert, aber das Seil lässt sich nur schwer abziehen. Zusammen mit Gerry hänge ich an einer Eisschraube. Alex ist schon etwas weiter voraus. Es wird kalt, wir kauern Schulter an Schulter, sind zu müde zum Reden und vergraben uns in unsere Kapuzen. Ich gebe das Seil aus. Es dauert, bis die 60 Meter endlich durch sind. Wir klettern nach, und bald erreichen auch wir das kleine Plateau. Gerry ist die letzten 30 Meter vorausgegangen und wartet nun auf Alex und mich.

Es ist noch nicht so spät, und kurz diskutieren wir, ob wir nicht noch etwas weiterklettern sollten. Der Grat schaut nicht mehr so schwierig aus, und ich denke, wir könnten auch noch später eine Plattform für unser kleines Zelt finden. Doch Gerry winkt ab, er fühlt sich zu müde. Wir bauen das Zelt auf, und ich sage ihm, dass er heute im hinteren Ende des Zeltes bleiben soll, während Alex und ich uns vorne einrichten. Damit ist klar, wer den Schnee hereinholt, den Kocher bedient und die Suppe macht. Gerry legt sich sofort schlafen, Alex und ich massieren uns gegenseitig die Zehen. Immer wieder richtet sich Gerry auf und schaut durch das kleine Fensterchen hinaus. Feuerrot versinkt langsam die Sonne und bietet ein prächtiges Spektakel.

Drinnen im Zelt jedoch macht sich langsam, aber sicher eine Mischung aus Zweifel, Ratlosigkeit und nur mehr einem kleinen Funken Freude breit, dass wir es morgen gemeinsam schaffen werden. Zweihundert Höhenmeter trennen uns noch vom Gipfel und der ersten Durchsteigung der Nilgiri-Südwand, doch Gerry ist höhenkrank. Er beugt sich wieder zurück, und sein Gesicht verschwindet in der Kapuze seines Schlafsacks. Alex und ich blicken uns an. Kommentarlos machen wir uns an die Arbeit und kramen den Kocher hervor. Schon bald können wir im Zelt kaum noch etwas sehen. Der Wasserdampf drinnen und die Kälte draußen verstärken den Nebel. Doch es muss sein, wir müssen trinken. Der erste Schluck tut gut. Ich reiche Alex die Flasche hinüber. Er hat sie noch nicht angesetzt, da ist bei mir alles schon wieder draußen. Das Gesicht über den Schnee gebeugt und nach Luft röchelnd, würge ich alles wieder heraus. Ich erkläre Alex und Gerry, dass alles gut ist. Brechreiz ist bei mir völlig normal in der Höhe. Mal mehr, mal weniger, doch zumindest einmal erwischt es mich immer. Wir kochen noch Tomatensuppe und füllen die Flaschen auf, verstauen sie im Schlafsack und wärmen uns damit die Zehen. Später als sonst nehme ich das Funkgerät zur Hand und versuche, Elias zu erreichen. Er ist froh, dass wir uns endlich melden. Ich erzähle ihm, dass nicht alles problemlos verläuft, aber dass ich mir sicher bin, morgen gegen 16 Uhr unser Zelt am Wandfuß zu erreichen.

Gerry scheint nicht zu frieren. Bei geöffnetem Schlafsack, ein Bein herausgestreckt, döst er vor sich hin. Wir sprechen ihn an, und es dauert einen Augenblick, bis er sagt, dass alles in Ordnung sei, dass ihm warm sei und er lediglich schon wieder pinkeln müsse, was ihn sichtlich nervt. Im Nu krabbelt er über meinen Kopf hinweg. Dieser Vorgang wiederholt sich noch etliche Male während der sternenklaren Nacht auf knapp 6800 Metern. Alex und ich verstehen nicht so recht, was das soll. Im Morgengrauen wirken Gerrys Ausflüge auf uns schon wie automatisiert.

 

Ein bitterkalter Morgen begrüßt uns. Es ist sehr windig, und wir warten, bis sich die Sonne über der Annapurna zeigt und uns ein paar wärmende Strahlen schickt. Gerry wirkt okay, er braucht lediglich etwas länger, bis er seine Sachen erledigt hat, und redet kaum. Auf die wiederholte Frage, wie es ihm gehe, erwidert er nach wie vor, dass alles okay sei. Er freue sich, wenn wir endlich den Gipfel erreicht hätten. Alex und ich steigen aus dem Zelt und beginnen sofort, die Pickel aus dem Schnee zu befreien. Die Gurte haben wir bereits angelegt. Da Gerry noch immer im Zelt ist, will ich wissen, was er denn so lange macht. Gleich darauf erscheint seine Mütze im Zelteingang, und aus den Augenwinkeln sehe ich, wie er schwankend aus dem Zelt steigt und seinen Gurt anzuziehen versucht. Er hat sichtlich Probleme damit, und ich rufe ihm zu, er solle sich doch hinsetzen. Zum ersten Mal wird mir bewusst, dass mit Gerry ernsthaft etwas nicht stimmt.

Alex und ich schütteln das Zelt aus, es dauert noch einige Minuten, bis wir abmarschbereit sind. Alex übernimmt wieder die Führung, ich klettere als Zweiter, um Gerry Seilzug zu geben. Immer wieder denke ich daran, dass wir bald auf dem Gipfel sein werden, wo Gerry, so hoffe ich, Kraft aus dem Adrenalinschub und der Euphorie schöpfen kann. Danach geht es nur mehr abwärts. Auch wenn wir den Südwestgrat nicht kennen, werden wir dort wohl schnell Höhe abbauen können. Es bleibt uns ohnehin keine andere Wahl. Ich spreche mich mit Alex noch schnell ab, dann geht es los. Die ersten Meter sind flach, manchmal brechen wir bis zum Knie ein. Bald ist uns warm, und obwohl uns die Sonne nur auf den Rücken scheint, geht es uns gut. Gerry ist langsam und hat Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Mein Seil zu ihm ist fast immer gespannt. Mit einer Reserve Schlappseil zu Alex, damit ich flexibler bin, helfe ich ihm, so gut es geht. Schneekuppe folgt auf Schneekuppe. Gerry verliert etwas an Motivation, wir warten, und ich schaue ihm in die Augen, um ihm zu verdeutlichen, dass es nicht mehr weit ist und wir bald auf dem höchsten Punkt sein werden.

Ein letzter Firnhang steht uns noch bevor. Alex ist schon oben, ich bin gerade in der Hälfte, da spüre ich plötzlich kein Gewicht mehr am Ende des Seils. Sofort schaue ich zurück und sehe, dass Gerry sich ausgebunden hat. »Warum das?«, schreie ich hinunter. Er gibt mir keine Antwort. Er wird hier nicht abstürzen können, zu tief ist der Schnee. Ich klettere hinauf zu Alex, und wir erkennen, dass uns doch noch eine steile, aus hartem Eis geformte Riesenwechte vom Gipfel trennt. Wir schätzen, wir sind noch an die 100 Meter von ihm entfernt. Gerry wird bald kommen. Alex wartet auf ihn, und ich übernehme die Führung. Gesichert an einer Eisschraube, klettere ich die Steilstufe nach oben. Kurz vor dem Gipfel ist das Seil aus. Ich sichere Alex und Gerry nach. Es dauert ewig, bis sie da sind. Alex muss Gerry erklären, wie man zwei Eisgeräte in das Eis schlägt. Sein ganzes Bergsteigerleben hat er sich damit ausgekannt wie kaum ein anderer. Nun, kurz vor seinem größten Erfolg, weiß er nicht mehr, wie man es macht. Es ist zum Verzweifeln, all unsere Aufmerksamkeit ist schon seit Stunden auf Gerry gerichtet.

Alex wühlt sich die letzten Meter zum Gipfel hoch. Ich sitze mit Gerry im Schnee und sage ihm, er solle noch einmal kurz rasten, wir seien bald da. Zum ersten Mal gesteht er mir, dass er sehr, sehr müde sei. Ich versuche, ihn zu motivieren. Alex hebt seinen Eispickel zum Himmel. Er steht auf dem Gipfel. Ich stoße Gerry an und sage ihm, er solle hinaufsehen zu Alex. Dort oben sei Schluss. Nur langsam beugt er seinen Oberkörper vor, um nachzuschauen.

Bald bin auch ich bei Alex auf dem Gipfel, umarme ihn, schaue zurück zu Gerry, der tief gebeugt auf seinen Eisgeräten liegt, keine zehn Meter entfernt vom letzten Standplatz. Noch 30 Meter trennen ihn von uns. Dann ist er da, hat es geschafft, und gleichzeitig mit dem Gipfelhandschlag fragen wir, wie es ihm geht. Er sagt nichts, zumindest nichts Neues, dreht sich zur Annapurna, und seine Augen sehen etwas, das Alex und ich wohl nicht erkennen können. Es herrscht keine Gipfelfreude. Nach weniger als zwei Minuten wollen wir los. Gerry fleht mich an, ob wir nicht noch etwas hier oben verweilen könnten, es sei gerade so schön. Ich muss verneinen und kann meinem Freund und langjährigen Seilpartner diesen Wunsch nicht erfüllen.

Die Dinge nehmen ihren Lauf

Ich traue meinen Augen nicht und kann es nicht verstehen. Was ist denn los? Ich schreie ihn an, dass er sich konzentrieren soll. Wir können mit Gerry nicht mehr im normalen Ton reden. Wir müssen uns direkt vor ihn stellen, ihm in die Augen schauen und ihn anschreien. Es geht jetzt um alles. Und genau das ist Gerry nicht mehr bewusst. Er verwechselt seine Knie mit den Spitzen der Steigeisen. Als ob er gebrochene Knöchel hätte, hackt er sich den 45 Grad steilen Firnhang hinunter. Wir sind langsam, aber wir denken, dass wir uns die Zeit nehmen und Gerry, so weit es möglich ist, noch selbst gehen lassen müssen. So konnten wir in den letzten Stunden zumindest eine weitere Abnahme seiner Koordinationsprobleme verhindern. Doch nach gut 60 Metern ist wirklich Schluss. Wir bereiten eine Abseilstelle vor und lassen ihn ab. Unten ist ein kleines Schneefeld, dort soll er sich hinsetzen.

Der Wind nimmt an Stärke zu. Die Sonne bleibt uns noch, denn die Grenze des täglich aufsteigenden Nebels liegt unter uns. Ich kann meine Zehen schon seit Stunden nicht mehr spüren. Doch egal, es steht etwas viel Wichtigeres auf dem Spiel.

Das Seil ist zu Ende, ich nehme das zweite aus dem Rucksack, kontrolliere es kurz und werfe es hinunter. Nein! Ich schreie Gerry zu, er solle darauf achten, aber wie eine wild gewordene Schlange zischt es an ihm vorbei. Unterhalb des Schneefelds nimmt es an Tempo zu, doch wie durch ein Wunder bleibt es knapp vor dem Abbruch der 1500 Meter hohen Südwand hängen. Ich klopfe Alex auf die Schulter. Gott sei Dank. Ich seile mich mit dem übrig gebliebenen Seil ab, und als ich das Ende erreicht habe, drehe ich mich zu Gerry um. Doch er ist nicht mehr da. Wo ist er, wo ist das Seil? Plötzlich kann ich ihn erkennen. Mit leicht gebeugten Knien steht er an die 15 Meter weiter unten, befreit sich mit langsamen Bewegungen vom Schnee und sucht seine Sonnenbrille. Ich steige zu ihm ab.

»Wir haben beinahe unser zweites Seil verloren. Dort unten liegt es, und wieso hast du es nicht gefangen?« Er gibt mir keine richtige Antwort. Ihn beschäftigt nur seine Scheißbrille. Er hatte ein anderes Problem und zeigt mir, von wo er gerade abgestürzt sei. Ich kann es kaum glauben, habe ihn von oben ja nicht fallen gesehen. Er soll sich sofort hinsetzen, ich bringe ihm seine Brille und renne hinunter zum hängen gebliebenen Seil.

Wir steigen weiter ab, nicht allzu schwierig, nicht allzu steil. Die Eiswand bricht ab. Eine Zone aus Séracs und wilden Spalten liegt unter uns. An einer Eisbirne seilen wir uns ab. Das Seil läuft gerade hinunter in ein schwarzes Loch, und mit einem Spreizschritt erreicht man die Kante eines großen Eisbrockens.

Knapp eine Stunde brauchen wir, bis wir wieder alle vereint auf einer kleinen Plattform sitzen. Ich bin sehr müde. Der Wind pfeift mir um die Kapuze. Alex verzweifelt schier ob des Zustands von Gerry. Ich bestehe darauf, dass wir so weit wie möglich hinuntermüssen. Alex meint, dass es nicht mehr geht. Wir sollten biwakieren. Gerry bekommt nichts mehr mit. Minutenlang kann er dasitzen und sich mit dem Reißverschluss seiner Jacke beschäftigen. Lediglich das gespannte Seil oder ein Schrei von einem von uns reißen ihn immer wieder heraus aus seiner neuen Welt. Wir müssen unbedingt weiter.

Mehr rutschend als gehend, schleppt sich Gerry hinunter. Es ist hier in diesem Gelände das Beste für ihn. Ein Schneefeld, gespickt mit vielen Eisbrocken, leitet uns zu einer kleinen Höhle am unteren Ende des Sérac. Ein idealer Biwakplatz. Alex ist bereits dort, hat den Rucksack abgelegt. Gerry sitzt da und spielt schon wieder mit seiner Jacke.

»Weiter runter!«, schreie ich schon aus der Entfernung hinüber.

»Es geht nicht mehr«, erwidert Alex.

Ich schaue auf meinen Höhenmesser. Er zeigt 6610 Meter. »Wir sind noch zu hoch, Gerry wird die Nacht hier nicht überleben.« Ich bestehe auf dem weiteren Abstieg. Alex gibt nach. Ich werfe ihm eine Bandschlinge zu, nehme das zweite Seil aus meinem Rucksack. Nicht wieder verlieren, denke ich mir. Alex seilt sich ab, ich kümmere mich um Gerry, rede auf ihn ein, versuche, ihm die Situation zu erklären.

»Ich will hierbleiben«, sagt er.

»Das geht nicht«, erwidere ich sofort.

Das Seil verliert an Spannung. Alex dürfte unten sein. Ich ziehe das Seil herauf, lege einen Knoten in den Karabiner und binde Gerry ein. Ich erkläre ihm noch einmal, wie er sich beim Abseilen zu positionieren hat, klopfe ihm auf die Schulter und muss zusehen, wie er immer wieder umfällt. Etwa 70 Grad bricht der Eishang unter uns ab. Ich lege meinen Kopf auf den Unterarm, schließe die Augen und stelle mir vor, wie einfach die Situation sein könnte. Doch sofort holt mich die Realität wieder ein. Die nächste Abseilstelle müssen wir anders angehen. Ich gehe voraus, Alex bleibt oben, und Gerry soll versuchen, sich selbst abzuseilen. Ich bremse von unten. Es funktioniert nicht mehr. Kopfüber rutscht unser Freund herunter. Ich kann es nicht fassen, kann kaum zusehen. Wortlos richte ich Gerry wieder auf, als er bei mir ist. Ich bette ihn in den Schnee. Sage ihm, dass er einfach da sitzen bleiben soll. Er nickt und beugt seinen Kopf zur Seite. Alex und ich bereiten das Biwak vor.

Eine gute Stunde später sitzen wir im Zelt. Die Sonne steht noch relativ hoch am Himmel, der Wind hat an Stärke zugenommen. Totenstille zwischen uns. Ich schaue auf die Zeltdecke, denke mir, dass wir in der Falle stecken. Morgen früh wird es sehr, sehr kalt sein. Die Sonne braucht lange, bis sie ihre wärmenden Strahlen hier auf den Südwestgrat schickt. Gerry ist fertig. Alex und ich ebenso. Wie sollen wir von hier wieder wegkommen? Wir müssen Gerry eintrichtern, dass es um alles geht. Dürfen ihn nicht schlafen lassen. Deshalb beginnen Alex und ich, abwechselnd mit ihm zu reden. Es kommt nichts zurück. Wir stellen ihm einfache Rechenaufgaben und fragen ihn nach Namen und Personen. Sagt er nichts, schreien wir ihn an.

Langsam schlafen wir dann doch alle ein, und als ich aufwache, ist es bereits dunkel. Ich habe immer noch die Sonnenbrille auf. Intuitiv kontrolliere ich, ob Gerry noch atmet, blicke auf meine Uhr. Es ist bereits 19 Uhr. Ich wecke Alex und beginne zu kochen. Wir müssen trinken, Gerry muss essen. Ich muss mich schon wieder übergeben nach dem ersten Schluck Flüssigkeit. Alex robbt zu Gerry und trichtert ihm die Suppe ein. Wir füllen die Flaschen auf, legen sie tief in den Schlafsack zu unseren kalten Zehen, doch die bleiben kalt. Etwas Zeit zum Verschnaufen haben wir, wenn Gerry rausmuss. Wir liegen Körper an Körper, und mir gehen Gedanken wirr wie ein Haufen Spaghetti durch den Kopf. Ich weiß nicht mehr, wo der Anfang und wo das Ende ist. All die feinen Details dieses Abstiegs interessieren mich nicht mehr. Es geht ums Wesentliche, um unser Leben.

In all diesem Inferno vergesse ich, Elias Bescheid zu geben. Er ist außer sich, als er endlich meinen Funkspruch entgegennimmt. Er hat mitbekommen, dass es uns nicht gut geht, war am Wandfuß, hat auf uns gewartet und ist dann in der Dunkelheit wieder ins Basislager abgestiegen. Er hat schon das Schlimmste befürchtet. Doch wir sind noch da. Ich mache ihm deutlich, dass es mit Gerry knapp werden wird und dass auch für mich und Alex die Uhr läuft.

 

Es ist bereits nach Mitternacht. Ich packe Gerry an der Jacke, ziehe ihn zu mir heran und versichere ihm, wenn er das noch einmal mache, dann seien wir alle erledigt. Ich bin wütend, beinahe wären wir alle zusammen mit dem Zelt hinuntergerodelt. Ich lasse ihn zurückfallen in seinen Schlafsack, er zeigt mir den Stinkefinger. Er weiß nicht mehr, was er tut. Das ist schon lange nicht mehr der Gerry, den wir kennen. Bereits vor einigen Stunden mussten wir alle aus dem Zelt, um es neu zu verankern und die Plattform etwas zu verbreitern. Da Gerry sich immer an den Seitenwänden des Zeltes abstützt, wenn er rausmuss, ist es merklich nach unten gerutscht. Und jetzt mitten in der Nacht macht er wieder dasselbe. Alex ist ebenfalls wütend, beginnt wieder, mit ihm zu rechnen, schreit eher auf ihn ein. Eins und eins, zwei und zwei, drei und drei. Nur manchmal gibt Gerry eine Antwort. An die Namen von Personen aus seinem Leben kann er sich nicht mehr erinnern. Alex und ich können kaum schlafen. Immer wieder richtet Gerry sich auf, es scheint, als gehe es ihm dann besser.

Am Ende

Ich leuchte ihm mit der Stirnlampe in die Augen. Die Pupillen reagieren nicht mehr darauf. Wir geben ihm die ganzen Medikamente, die wir noch haben. Ein letztes Aspirin Direkt teilen Alex und ich uns. Die Zeit vergeht nur sehr langsam. Immer wieder rüttelt der Wind am Zelt. Ich schlage Alex vor, gleich aufzubrechen. Doch er fragt nur: »Wie soll das gehen? Schau ihn dir an!«

Ich sacke zurück auf meinen Schlafsack, denke nach – er hat recht. Zwei Sekunden später beugt sich Gerry über mich. Wortlos wissen wir, dass er wieder rausmuss. Ich öffne den Reißverschluss, er krabbelt hinaus. Barfuß, ohne Schuhe. Wir sagen nichts mehr, schauen uns an. Als er wieder hereinkommt, schreit Alex ihn an. Er soll verdammt noch mal seine Socken anziehen und in den Schlafsack kriechen. Gerry gibt sich erstmals seit Langem wieder einsichtig. Er werkelt fast eine Stunde in seiner Ecke herum, und wir haben die Hoffnung, dass sich sein Zustand minimal gebessert hat. Alex kontrolliert ihn, lehnt sich aber ernüchtert wieder zurück. Gerry hat sich statt der Socken den linken Bergschuh über den rechten Fuß gezogen, den rechten Daunensocken verkehrt über die linken Zehen gestülpt und den Schlafsack mit seinem Klettergurt verwechselt …

Gerry richtet sich abermals auf, als ob er uns etwas sagen wollte, doch seine Lippen bewegen sich nicht. Er zeigt keine Reaktion, einzig sein Blick fesselt uns. Er schaut uns an, als wären wir Hunderte Kilometer von ihm entfernt. Ich werde diesen kurzen Moment nie vergessen. Es scheint, als sähe er etwas, das ihn glücklich machte. Alex dreht sich zu mir – mit einem Blick, der mehr sagt als tausend Worte.

 

Gegen acht Uhr morgens wachen wir auf. Wir konnten doch noch etwas schlafen. Sofort der Blick hinüber zu Gerry. Ja, er atmet noch. Es ist bitterkalt, der Wind richtig stark. Wir haben alle einen trockenen Mund. Bei Gerrys ersten Bewegungen wird uns klar, dass sich sein Zustand gebessert hat. Wir freuen uns darüber. Motivation liegt in der Luft. Der Kocher surrt ununterbrochen. Wir trinken große Mengen Schmelzwasser. Alex geht bereits hinaus, ist aber ganz schnell wieder zurück. Es sei zu kalt, meint er. Er spüre seine Finger nicht mehr. Wir sagen Gerry, er solle sich in der Zwischenzeit bereit machen, aber er könne sich Zeit lassen. Es dauert bestimmt noch eine gute Stunde, bis die Sonne da ist. Irgendwann werden wir nervös. Wir müssen jetzt raus. Gerry kann heute gut stehen. Seine Motorik ist wieder besser.

Gemeinsam steigen wir weiter ab. Nach 50 Metern beginnen wir erneut mit dem Abseilen. Alles geht langsam, aber gut. Mir ist sehr kalt, ich spüre Zehen und Finger nicht mehr. Alex macht den Standplatzbau im Eis, ich werde dafür weiter unten den Felsteil übernehmen. Gerry ist immer zwischen uns, wir können uns kaum verständigen wegen des Windes. Er sieht, dass mir kalt ist, bietet mir seine Handschuhe an. Ich freue mich viel mehr darüber, dass er wieder etwas erkennt und gedanklich kombiniert, als über die Handschuhe. Sein Angebot lehne ich dankend ab. Er braucht sie doch selbst. Nein, meint er und drückt mir seine Finger an die Wange. Tatsächlich, seine Fingerkuppen kochen förmlich.

Das Seil zwischen uns ist wieder locker. Gerry ist an der Reihe. Ich schaue ihm in die Augen, klopfe ihm auf die Schulter und sage, dass wir nur mehr wenige Stunden durchhalten müssen. Nach knapp 200 Höhenmetern erreichen wir den Beginn eines Firngrats. Gerry will weiter abseilen. Wir auch, aber das geht nicht. Zu steil und ungewiss wäre der direkte Abstieg durch die Wand. Zudem reicht unser Material für die dafür notwendigen unzähligen Standplätze bei Weitem nicht aus. Die Seile sind im Rucksack verstaut, langsam klettern wir mit unseren Eisgeräten abwärts. Gerry macht seine Sache ausgezeichnet. Ich übernehme die Führung, Alex bleibt bei Gerry. Immer weiter wird der Abstand zwischen uns. Ich ahne nichts Gutes. Am Ende des Firngrats, der sich mehr als ein Eisgrat entpuppt hat, warte ich. Es dauert ewig, bis sie kommen, und als Alex in Sichtweite ist, winkt er ab. Fuck.

Gerry schwankt. Zusammen steigen wir die ersten Meter des Felsgrats nach unten. Wir schnallen die Steigeisen ab, sitzen und rasten. Ich versuche, Elias zu erreichen. Kann ihn zwar verstehen, doch er kann mich kaum hören. Mit Ja-/Nein-Fragen informiert er sich über unsere Situation. Gerry gibt ihm Handzeichen, die er dann mit dem Fernglas deutet. Es ist bereits nach Mittag, und langsam machen wir uns wieder auf den Weg. Gerry wirkt enttäuscht und leer. Ihn beschäftigt, warum wir nicht mehr abseilen können. Ich erkläre es ihm nun schon zum dritten Mal: »Die Wand ist zu steil und zu lang. Es wäre eine reine Verzweiflungstat. Wir haben es nicht mehr weit, und wir werden es schaffen!«