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© 1. Auflage Juni 2019
Coverbild: historical Background with bird - raven and ancient weapons © ortlemma
Umschlaggestaltung: Sina Blackwood
Layout: Sina Blackwood
Die Personen und Namen in diesem Buch sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit heute lebenden Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783749490806
Rosalie, die Geschichtenerzählerin aus dem 21. Jahrhundert, und Bernhard, den angesehenen Schmied aus der Bronzezeit, hat das Schicksal im Nerviatal des 13. Jahrhunderts zusammengeführt.
Cavaliere Luciano Spinola, ein junger Ritter aus dem Gefolge des Admirals Oberto Doria, der ihnen immer wieder Gutes tut, heiratet schließlich ein junges Mädchen, das Rosalie gerettet hat, ohne zu wissen, dass auch dieses eine Spinola ist. Seitdem sind die beiden in tiefer Dankbarkeit mit Rosalie und Bernhard verbunden.
„Es ist ungewöhnlich kalt“, stellte Rosalie fest, als sie Hühner und Esel mit Futter versorgte.
Ähnlich äußerte sich Antonio, der gerade aus dem Ziegenstall kam. „Auf dem Wassertrog war sogar eine dünne Eisschicht!“
Er war einst als Gefangener der Doria, aus der Seeschlacht von Meloria, zu ihnen gebracht worden. Er konnte perfekt übersetzen und hatte schon nach wenigen Stunden erkannt, welches Glück ihm zuteilgeworden war, in der abgelegenen Mühle leben zu dürfen, statt in einem Kerker der Genueser zu verrotten. Hier behandelte man ihn gut und schon bald avancierte er vom Knecht zur Vertrauensperson und zum Freund der Müllersleute.
Bernhard brachte zwei Eimer Wasser in die Küche. Er streckte beide Hände über dem kleinen Feuer im Herd aus. „Ungemütliches Wetter.“
„Krahhh, krahhh“, antwortete Kolkrabe Paul vom Dachbalken. Selbst ihm war heute das Streichemachen eingefroren. Da blieb er doch lieber im Haus und genoss die zur Decke aufsteigende Wärme.
Rosalie warf Kräuter in den Kessel, zugleich briet sie ein paar Eier in der Pfanne. Die Männer mussten in den Wald, um Holz zu holen, und sie selber wollten bei den Olivenbäumen nach dem Rechten sehen. Ohne Frühstück hätte sie keinen aus dem Haus gelassen.
„Komm her, du verrückter Vogel!“, lachte Bernhard, weil Paul vor lauter Neugier fast vom Balken gefallen wäre.
Der Rabe segelte auf Bernhards Arm und rieb seinen Kopf an dessen Schulter. Antonio grinste vergnügt. Der schwarze Racker wusste genau, wie man sich ein paar leckere Brocken sicherte.
„Dafür musst du dann aber auch mit Rosalie zu den Bäumen gehen und gut auf sie aufpassen!“, forderte Bernhard.
„Krahhh, krahhh, krahhh“, rief Paul, mit dem ganzen Körper wippend, als wolle er sagen: Mache ich das nicht immer?
Er hockte sich auf Rosalies Schulter und ließ sich tragen, um wirklich ganz nah bei ihr zu sein. Außerdem war ihm so wärmer.
„Hast du zugenommen?“, witzelte Rosalie, denn die anderthalb Kilo Gewicht des großen Vogels waren deutlich zu spüren.
„Krahhh, krahhh, pühhh“, erwiderte Paul und keckerte danach fast wie eine Elster. Das bedeutete: Du verwechselst mich wohl mit jemandem?
„Ist schon gut, Großer. Bleib ruhig sitzen. Mir ist heute nur ziemlich flau zumute.“
Das hatte Paul allerdings auch schon gespürt und rieb seinen riesigen Schnabel tröstend an Rosalies Wange. Sie kraulte ihn liebevoll am Bauch. Als sie sich etwas später an einen Olivenbaum lehnte, weil es ihr wirklich hundeelend zumute war, kletterte er auf einen Ast und mauzte klagend, wie eine Katze. Dabei schaute er ständig in die Richtung, welche die Männer eingeschlagen hatten. Einerseits wollte er Rosalie nicht allein lassen, andererseits gern Hilfe holen.
„Das wird schon wieder“, murmelte sie.
Paul machte ganz leise: „Krahhh.“
Eine halbe Stunde später erklang der Hufschlag mehrerer Pferde aus Richtung Isolabona. Die Männer beluden die Esel, um zur Mühle zurückzukehren. Fast zur gleichen Zeit wie die fünf Reiter erreichten sie die Brücke und ließen diesen den Vortritt über den Fluss. Von der anderen Seite eilte Rosalie herbei, die Männer mit fragendem Blick musternd.
„Gute Neuigkeiten!“, rief der Anführer schmunzelnd vom Pferd herab. „Cavaliere Luciano schickt uns, auszurichten, dass ihm ein Stammhalter geboren wurde.“
„Steigt ab und seid unsere Gäste“, lud Rosalie die Reiter ein.
„Vielleicht auf dem Rückweg in einer Woche“, erwiderte der Wortführer. „Wir müssen uns sputen.“ Im nächsten Augenblick galoppierten sie auch schon davon.
„Krahhh, krahhh, krahhh!“, zeterte Paul, ihnen vom Brückengeländer aus hinterherschauend.
„Wenn der Kleine nach seinen Eltern gerät, wird er ein ganz Großer werden“, überlegte Bernhard laut und erntete zustimmendes Nicken von allen Seiten.
Paul war das für den Moment egal. Er inspizierte die Holzladungen auf Fressbares. Als er nicht fündig wurde, gab er ein verächtliches Schniefen von sich.
Rosalie lachte. „Es ist zu kalt. Da kannst du lange nach Insekten suchen. Und morsches Holz, in welchem Käferlarven sein könnten, brennt nicht gut.“ Sie trug einen Armvoll Äste in die Küche.
Die Männer nahmen den Eseln ihre Last ab und stapelten das Holz neben der Schmiede unters Schleppdach, um es am Nachmittag in handliche Scheite zu zerlegen.
Rosalie kam, den Fischspeer in der Hand, wieder heraus. „Zur Feier des Tages ist mir nach Forelle“, gab sie bekannt, sich neben der Brücke auf die Lauer stellend.
Der Kolkrabe postierte sich geschickt auf dem Geländer, damit ihn die Fische nicht sehen konnten. Er wollte Rosalie nicht verärgern, indem er versehentlich die Forellen verjagte.
„Sie ist unglaublich erfolgreich“, staunte Antonio, als nach wenigen Minuten drei Fische auf dem Ufer lagen.
Bernhard nickte. „Ich habe es von ihr gelernt, mit dem Speer im Wasser zu jagen. Sogar Enten hat sie damit erbeutet.“
Als die fertigen Forellen mit Zitronenscheiben garniert auf den Tellern lagen, herrschte wirklich Festtagsstimmung. Sie freuten sich über den Nachwuchs aus dem Hause Spinola.
„Vielleicht kommen sie uns ja irgendwann mit ihrem Sohn besuchen“, schmunzelte Rosalie, die ausgedrückte Zitronenscheibe auslutschend.
Bernhard stutzte. Das tat Rosalie sonst nie. Er kniff die Augen zusammen, um sich an etwas aus seinem alten Leben erinnern zu können. Sie schaute ihn erwartungsvoll an.
„Krank wirst wohl nicht werden“, sagte er schließlich, obwohl Rosalie schon am Morgen ungewöhnlich blass ausgesehen hatte.
„Ich will es nicht hoffen“, seufzte sie. „Mir geht es schon seit zwei Tagen morgens gar nicht gut. Dieses nasskalte Wetter kann aber auch den stärksten Ochsen umhauen.“
„Vielleicht hast du es ja mit dem Magen“, mutmaßte Antonio.
„Wie kommst du darauf?“, staunte Bernhard.
Antonio kratzte sich am Kopf. „Nun ja, sie steht im Lager immer wieder mit großen Augen vor dem Honigtopf und murmelt jedes Mal: Nein. Dann nimmt sie sich stattdessen eine eingelegte Olive.“
„Wirklich?“ Bernhard wurde hektisch.
Antonio riss die Augen auf. „Was ist los?“
„Ich hoffe etwas ganz Wundervolles!“ Bernhard klopfte ihm breit lächelnd auf die auf die Schulter.
Rosalie fasste sich an die Stirn. „Das hatte ich ja völlig ausgeblendet, könnte aber zutreffen!“
„Was denn?“, staunte Antonio, während Bernhard Rosalies Hand streichelte.
„Wir könnten auch Nachwuchs bekommen“, erwiderten die Müllersleute im Chor.
„Oh.“ Antonio riss die Augen auf, hob beide Zeigefinger und schlug vor: „Dann solltet ihr schleunigst heiraten, ehe es dumme Sprüche gibt.“
„Er hat recht“, murmelte Rosalie. „In diesem Zeitalter wäre das dringend angebracht.“
Sie steckten sofort die Köpfe zusammen, um eine möglichst einfache Hochzeit zu planen.
„Es nutzt alles nichts, wir müssen nach Isolabona“, seufzte Rosalie.
Am nächsten Morgen versorgten sie die Tiere und trabten los. Die Männer saßen auf den Eseln und Rosalie auf dem Karren, den eines der Tiere zog. Mit dem Geistlichen der kleinen Kapelle waren sie sich schnell einig.
Als Rosalie einen größeren Betrag für die Gemeinde stiftete, stand für den Samstag der gleichen Woche der Termin für die Trauung fest. Spätestens als sie ein Fass Wein für die Feier kauften, verbreitete sich die Neuigkeit wie ein Lauffeuer. Auch, dass all die eingeladen waren, die zu den Geschichtenabenden in die Mühle kamen.
Natürlich schickte Rosalie Antonio auch mit einer Einladung zur Burg.
„Der Admiral ist nicht zu Hause“, erklärte der junge Mann mit bedauernd erhobenen Händen.
„Schade“, murmelte Rosalie. „Na wenigstens weiß er Bescheid, wenn er die Einladung später liest.“
Zwei Tage vor dem großen Ereignis kamen die Reiter der Spinola zurück, um in der Mühle zu rasten. Antonio beeilte sich, die Pferde zu versorgen, Bernhard holte ein Fässchen Bier herbei und Rosalie servierte schmackhafte Fischsuppe mit viel Gemüse.
„Ihr bereitet ein Fest vor?“, fragte der Anführer erstaunt.
Bernhard nickte. „Unsere Hochzeit am Samstag. Seid so gut, das Cavaliere Luciano zu berichten.“
„Ich werde es nicht vergessen!“, bekam er zur Antwort. „Er hat sich schon gewundert, warum dir die hübsche Müllerin nicht schon lange das Ja-Wort gegeben hat.“
„Alles zu seiner Zeit“, schmunzelte Bernhard.
Paul saß still auf dem Regal und beobachtete die vielen Fremden. Dass sich große Dinge taten, sah er, und dass sie gut waren, spürte er.
Rosalie wollte natürlich mehr über den Sohn ihres Wohltäters wissen. „Wie heißt der Kleine?“
„Vincenzo und er hat genau so schwarzes Haar wie sein Papa! Er lässt ihn von zwei Leibwächtern schützen.“
Auf den fragenden Blick erfuhr sie: „Seit Meloria ist ein weiterer Spinola einigen ein Dorn im Auge.“
„Ach ja, ich vergaß.“ Rosalie zog die Augenbrauen zusammen. Es wurden nicht selten Kinder eliminiert, um die siegreichen Feldherren und deren Familien besonders tief zu treffen.
Am frühen Nachmittag ritten die Männer weiter, um noch vor Einbruch der Nacht Dolceacqua zu erreichen, wo sie auf der Burg übernachten wollten. Den Müllersleuten war es recht, denn sie hatten genug für das Wochenende vorzubereiten.
Auf Fleisch werde man verzichten müssen. Es gab nichts, was man hätte schlachten können. Die Ziegen waren trächtig, der Bock werde nicht schmecken, die Eier der Hühner brauchte man, genau wie die beiden Esel. Kaufen ging auch nicht. Keiner hatte jetzt etwas feil. Rosalie zeigte wortlos auf den Fluss. Statt sich wegen des Essens selber verrückt zu machen, legte sie lieber die Festtagskleidung bereit, Bernhard schliff seinen Lieblingsdolch.
Am Freitagmorgen, die Sonne war noch nicht einmal richtig aufgegangen, riss Paul die drei mit ohrenbetäubendem Gekreische aus ihrem Tagewerk.
„Gütiger Himmel! Was ist denn los?!“ Antonio stürzte dem Raben nach auf den Hof. Im Bruchteil eines Wimpernschlags war er im Bilde, was Paul so aufregte – Hufschlag und Räderrumpeln.
„Wer ist denn um diese Zeit schon unterwegs?“, murmelte Rosalie, denn die eisenumspannten Holzräder machten einen Höllenlärm auf dem steinigen Weg.
Bernhard wiegte erstaunt den Kopf. „Der Reiter neben dem Wagen trägt das Wappen der Doria und so, wie es aussieht, wollen sie zu uns.“
Paul postierte sich auf dem Brückengeländer. Falls das Fuhrwerk wirklich die Brücke passierte, wollte er es inspizieren. Wenig später traf Bernhards Prophezeiung ein, die Pferde bogen auf die Brücke ein und der Kolkrabe flatterte auf einen der geladenen Säcke, aus dem es verführerisch duftete.
„Hat sich der schwarze Racker doch genau das Beste herausgesucht!“, lachte der berittene Begleiter, die Müllersleute grüßend. „Der Admiral schickt euch nämlich ein paar Kleinigkeiten, damit zur Hochzeitsfeier alle satt werden. Sieht ganz so aus, als käme halb Dolceacqua auch hierher.“
Das Beste, wie es der Mann genannt hatte, war ein riesiger Sack voller Schinken und Würste, den Antonio gleich vor Paul in Sicherheit brachte. „Du wirst schon nicht verhungern“, grinste er, weil der Rabe zeterte, als ginge es ihm ans Leben.
„Verrückter Vogel!“, kicherten die Männer aus der Burg. „So was wie dich, könnten wir auch gebrauchen, dann könnten wir uns den Turmwachdienst sparen.“
„Ja, wir sparen uns auch den Hund“, grinste Bernhard. „Er hat euch schon gemeldet, da wart ihr noch Meilen weit weg.“
„Und was passiert, wenn sich jemand nicht durch Geschrei vertreiben lässt?“
Bernhard zeigte breit lächelnd auf die Pelzbesätze an Rosalies Umhang. „Drei Marder, zwei Füchse. Mit dem Schnabel sollte sich keiner anlegen.“ Er kraulte Paul, der sich auf seiner Schulter niedergelassen hatte, sanft am Bauch.
„Krahhhahahahaaaa!“, imitierte Paul menschliches Lachen, seinen Schnabel an Rosalies Pelzstücken reibend.
„Er wird die Feier besonders genießen“, schmunzelte sie. „Überall kann man Futter abstauben und Schabernack treiben. Das tut er ja sowieso am liebsten.“
„Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass wir hier bleiben und morgen die Mühle bewachen?“, fragte der Reiter. „Ihr nehmt das Fuhrwerk, um nach Isolabona zu kommen.“
„Nein, hast du nicht“, staunte Bernhard.
Antonio half, die Pferde auszuspannen und zu versorgen. Rosalie überlegte einen Moment, dann schnappte sie Sichel und Messer, um immergrüne Zweige zu schneiden, aus denen sie Girlanden für den Wagen binden wollte. Antonio ging ihr zur Hand, während sich Bernhard um das leibliche Wohl der Männer kümmerte, indem er mit ihnen einen Becher Wein leerte.
„Sie kann es wohl kaum erwarten“, schmunzelten Obertos Männer, weil Rosalie ein Tempo vorlegte, dem Antonio kaum folgen konnte.
Bernhard blinzelte: „Da sind wir mindestens zwei.“
Antonio wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Aufpassen, dass ich alles richtig mache und gleichzeitig übersetzen, kann ganz schön anstrengen!“
„Wobei die beiden doch schon recht gut allein zurecht kämen“, stellte einer fest, weil Bernhard keine Mühe gehabt hatte, sich mit ihnen zu unterhalten, als Rosalie und Antonio Zweige holten.
„Antonio ist ja auch ein guter Lehrer“, lobte Rosalie. Sie wollte noch etwas hinzufügen, als erneut Hufschlag von Isolabona her ertönte.
„Ziemlich viel los hier draußen“, staunte Bernhard. Und noch mehr, weil der Besuch des Boten ihm galt. Der Mann übergab ihm ein gesiegeltes Schriftstück, tränkte sein Pferd und galoppierte zurück.
„Mach es auf!“, forderte Rosalie, weil es Bernhard unschlüssig zwischen den Fingern drehte.
„Erst mal schauen, von wem es überhaupt kommt“, sagte der Schmied, das Siegel nach oben drehend. „Oha. Zwei Wappen.“
„Nun lass dich doch nicht so lange bitten!“, rief Rosalie neugierig und auch die anderen machten lange Hälse.
Antonio bekam riesengroße Augen, als er es zuerst auf Italienisch und dann auf Deutsch vortrug. Luciano und Oberto hatten bestimmt, Bernhard wegen seiner Herkunft als Adligen einzustufen. Immerhin war er der Häuptling einer großen Siedlung gewesen. Das Schriftstück war praktisch ein Ritterschlag, denn er durfte sich ab sofort Cavaliere Bernhard nennen.
„Ich sehe es mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, seufzte Rosalie. „Einerseits hast du diese Ehre verdient, andererseits hast du nun zu gehorchen, wenn dein Dienstherr zur Waffenschau ruft. Bei Waffenschau fällt mir ein, dass du somit morgen dein wundervolles Schwert tragen darfst.“
„Oh ja! Ich werde es sofort auf Hochglanz polieren!“, rief Bernhard erfreut.
„Cavaliere Bernhard“, flüsterte Antonio ehrlich ergriffen.
„Krahhh?“, machte Paul, mit schief gelegtem Kopf in die Runde schauend. Er konnte deutlich das Feierliche des Augenblicks spüren, wenn er auch nicht wusste, was es bedeutete.
„Du bist jetzt der Torwächter eines hohen Herrn“, schmunzelte Antonio, worauf Paul Bernhard mit dem Schnabel anstupste und ein schmetterndes „Krahhh, krahhh, krahhh!“, hören ließ.
„Genau! Drei Mal hoch!“, lachte Rosalie.
Die Männer des Admirals stimmten ein.
Am Tag der Hochzeit legten alle ihre Festtagskleidung an. Rosalie hatte genäht, gestickt und aus dem Wenigen das Beste gemacht. Bernhard staunte, weil sie, von ihm völlig unbemerkt, seinen Sonntagsstaat ebenfalls mit Pelzbesatz und dunklem Garn verziert hatte, was den großen muskulösen Schmied nun noch respekteinflößender aussehen ließ. Schwert und Dolch komplettierten das Ganze. Die gestickten Ornamente auf ihrer Kleidung glichen den seinen, nur waren sie in Weiß und Grau gehalten.
Selbst Antonio hatte sie bedacht, und noch am späten Abend einige Änderungen an Wams und Umhang vorgenommen, um allen auch nach außen hin zu zeigen, dass der junge Mann der Vertraute eines Ritters war.
„Hast du schon über ein Wappen nachgedacht, Cavaliere Bernhard?“, wandte sich Rosalie kurz vor Isolabona scheinbar ohne Zusammenhang an ihren zukünftigen Gatten.
„Habe ich. Amboss, Schwert und Olivenzweig“, kam es, wie ein Pfeil von der Sehne schnellt. „Ich kenne da eine unglaubliche Meisterin, die kann es mit Antonio ausarbeiten und sticken.“
„Oh, ich glaube, das wird sie mit Hingabe tun!“, rief Rosalie begeistert und Kutscher Antonio nickte heftig.
Die Bewohner von Isolabona und einige aus Dolceacqua standen schon Spalier, als die Brautleute die Kapelle erreichten. Antonio schlüpfte unbemerkt hinein, um dem Geistlichen die wichtigsten Neuigkeiten mitzuteilen. So kam es auch, dass alle wirklich riesengroße Augen machten, als dieser fragte: „Cavaliere Bernhard vom Erlenwald, wollt Ihr Rosalie Wildenstein zum rechtmäßigen Weib nehmen?“
Der Ritter hatte sich sofort gefangen und antwortete mit einem kräftigen: „Sì!“
Rosalie hauchte ihre Zustimmung fast, denn vor Rührung versagte ihr glatt die Stimme.
Der Weg zur Mühle glich einem Triumphzug. Das frisch vermählte Paar strahlte mit der Sonne um die Wette und dem Wagen folgten die schier unzähligen Gäste.
„Wie bist du auf vom Erlenwald gekommen?“, staunte Bernhard.
Antonio schmunzelte: „Du hast doch immer wieder erzählt, dass dein altes Herrschaftsgebiet in einer feuchten Niederung mit unzähligen Erlen lag. Da fand ich es passend, dir diesen Namen zu verleihen.“
„Hast du gut gemacht!“, lobte Bernhard lächelnd.
„Wir können ja auch noch Erlenzapfen mit ins Wappen aufnehmen“, regte Rosalie an. „In der Mitte Schwert und Ölzweig gekreuzt, zwischen Klinge und Zweig der Amboss und unten, zwischen Griff und Zweig drei Erlenzapfen als Herkunftszeichen.“
„Das ist es!“, riefen beide Männer begeistert.
Bernhard blinzelte vergnügt, als sie die Brücke passierten: „Ich glaube, wir sollten uns jetzt aber erst einmal um unsere Gäste kümmern.“
Ein paar Frauen aus dem Ort packten einfach mit zu, um die Gäste zu bedienen. Rosalie nahm die Hilfe dankbar an. Den ganzen Nachmittag und bis tief in die Nacht wurde gesungen, getanzt und geschmaust. Man feierte das junge Paar und natürlich auch Bernhard, den Ritter vom Erlenwald, von dessen edler Herkunft niemand etwas gewusst hatte.
Nun ergab es für die Leute in den Dörfern endlich einen Sinn, warum die beiden Müllersleute, die so plötzlich im Tal aufgetaucht waren, von den Doria und Spinola immer wieder besonders unterstützt wurden. Sicher gab es irgendwelche Verwandtschaftslinien. Rosalie und Bernhard lag wenig daran, dagegen zu reden.
Paul interessierte das gar nicht. Er spazierte über die lange Tafel und bekam natürlich allenthalben schmackhafte Bröckchen zugesteckt. Er revanchierte sich mit Kunststückchen und trug seine Belohnungen dafür auf dem Dachbalken der Küche zusammen, um sie irgendwann ganz in Ruhe zu verspeisen.
Pauli und Pauline schien der Trubel weniger zu behagen, die beiden begannen, sich unruhig zu bewegen, und schließlich hangelten sich die beiden Fledermäuse in den äußersten Winkel des Lagerraumes.
„Es ist noch viel zu zeitig für sie, um aufzuwachen“, flüsterte Rosalie besorgt.
„Ach Schatz“, wisperte Bernhard zurück, „im Notfall müssen wir unter der Rinde morscher Bäume nach Futter für sie suchen. Mir ist gerade ein ganz anderes Problem bewusst geworden – ich kann schlecht auf einem Esel die Aufträge meiner Dienstherren erledigen.“
„Aber auch nicht auf irgendeinem Bauernzossen“, antwortete Rosalie. „Da werden wir wohl etwas tiefer in die Tasche greifen und dir ein standesgemäßes Pferd mit Sattel und Zaumzeug kaufen müssen. Ich habe doch noch das Nugget.“
„Ich liebe dich!“, Bernhard streichelte zärtlich ihre Wange.
„Oh, da können wohl zwei kaum noch die Hochzeitsnacht erwarten!“, schmunzelten einige Gäste.
Rosalie gelang es, verschämt zu Erröten und Bernhard grinste genüsslich.
Wenn die wüssten! Antonio rieb sich innerlich die Hände. Dann fällt es wenigstens nicht auf, wenn der Nachwuchs etwas zeitiger zur Welt kommt. Soll ja hin und wieder passieren.
„So, in ein paar Tagen können wir uns offiziell auf unser Baby freuen“, sagte Rosalie blinzelnd, als Bernhard sie über die Schlafstubenschwelle getragen hatte, wie sie es ihm als Hochzeitsbrauch erklärt hatte.