Für die Liebe, nach der wir alle uns sehnen. Bedingungslos, vertrauensvoll, zärtlich. Zuneigung, die achtsam umsorgt, wertschätzend und liebevoll begleitet. Sie ist möglich, ganz sicher!

Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt!

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

© 2019 Susanne Erhard

Autorenfoto: © by Ralf Erhard Delightphotos

Reihe: Edition Sunrise

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7494-8911-4

Inhaltsverzeichnis

1

„Karin ruft an! Karin ruft an!“, riss mich aus dem Schlaf. Mein Handy schlingerte vibrierend und den Spruch dudelnd über den Beistelltisch. Das war definitiv der falsche Klingelton und ich verfluchte mich mal wieder, dass ich mich von Karin zu so einer Albernheit hatte hinreißen lassen, nur, weil sie die Story mit dem randalierenden Robert Tyson vor meiner Wohnungstür so witzig gefunden hatte.

„Awesome ringtone, Babe.“ Mike hob den Kopf, nickte bedeutsam zu meinem Handy, doch ich ließ mich einfach nur wieder neben ihn fallen und kuschelte mich nah an ihn heran.

„Stimmt, das war eine dämliche Idee. Sie fand es lustig.“

„Hoffentlich hast du ihr auch erzählt, wie absolut sensationell gut unser Quickie war.“

Ausweichend brummend schloss ich die Augen. Der viele Champagner dehnte meinen Schädel auch einen Tag nach der Gala noch immer viel zu weit aus und produzierte unschöne Schmerzblitze im Hirn. Ein Super-Kater, ganz klassisch. Aber der war es wenigstens mal wert. Der Abend der Gala war fantastisch gewesen, ein glückseliger Taumel, berauschend, einmalig und es war verdammt früh geworden. Mit dem ersten Licht der Morgendämmerung und dem sommerlichen Gezwitscher der Vögel waren wir heimgekommen.

Mike hatte mich zärtlich aus dem Kleid gestreichelt, aber an den Sex konnte ich mich nur noch bruchstückhaft erinnern, leider. Wahrscheinlich hatten wir beide schon halb geschlafen, die andere Hälfte war dem Champagner zum Opfer gefallen.

Und auch jetzt am Montagmorgen war ich unglaublich müde, seltsam erleichtert und so wie ich langsam wach wurde, wurde mir auch schleichend bewusst, dass ich Mike in ein paar Stunden zum Flughafen fahren musste. Mein Herz rumpelte aufgescheucht, ich schnaufte an seiner Schulter.

„Sie will sicher nur über die Gala quatschen. Im Geschäft wird nichts los sein. Und ich habe ihr nur erzählt, dass wir uns beeilen mussten.“

Er zog mich näher an sich heran, deckte mich sanft zu. Auch er wirkte seit gestern viel gelöster, der Druck der letzten Wochen fiel von ihm ab und machte Platz für eine zufriedene Erschöpfung, die dafür sorgte, dass er sogar im Sitzen einschlief. Jetzt kam für ihn noch die abschließende Arbeit am Sampler und dann hatten wir bald Urlaub. Wie ich allerdings die drei Wochen bis dahin ohne ihn überleben sollte, wusste ich just in diesem Moment nicht.

„Quatschen kann sie später“, murmelte er rau und schob seine Hand zärtlich zwischen meine Beine. „Die Zeit bekommt sie jetzt nicht, die gehört nur uns.“

„You don´t say“, erregt legte ich mein Bein über seines und drehte seinen Kopf zu mir um. Müde blaue Augen blinzelten mich an. Ich sah die Schatten unter ihnen, die erschöpften Kerben um seinen Mund, die dunklen Stoppeln seines Bartes. Zart küsste ich seine Lippen und rollte mich langsam auf ihn. „Sie gehört uns allein.“

„Susan“, er schmiegte seine Wange in meine Hand, „ich weiß, dass ich dich nerve, aber kommst du heute mit mir mit? Bitte.“

Im gleiche Moment spielte mein Handy den Nachrichtenton und dudelte eine halbe Sekunde später wieder Karins Anruftext. Damit nicht genug klingelte auch mein Festnetztelefon im Flur die eingespeicherte Geschäftsmelodie. Ich zwinkerte überrascht und richtete mich mit einem entschuldigenden Blick auf. Mike seufzte ergeben.

„Das ist ungewöhnlich“, ich biss mir kurz auf die Lippen, mein Blick huschte unentschlossen zum Handy und zu Mike zurück, der sich mit einer erschreckend frustrierten Geste die Haare aus der Stirn strich. Beide Telefone lärmten in Dauerschleife.

„Geh halt ran, Susan.“

Schuldbewusst krabbelte ich zum Beistelltisch und angelte nach meinem Handy. „Scheiße, was ist los, Karin?“

„Die Hölle ist los!“

In meinem Kopf ratterten schlagartig katastrophale Situationen durcheinander: Feuer, Wasser, Einbruch, Überfall. Stolpernd kam ich auf die Beine und rotierte aufgebracht um die eigene Achse.

„Um Gottes Willen, was ist denn passiert?“

„Vor dem Geschäft lauert die halbe Medienwelt von Köln, Klatschpresse, Radio, Kameras, Mikros, zig Leute. Wenn ich jetzt den Laden aufmache, dann überrollen die mich. Was soll ich tun?“

Ungläubig hastete mein Blick durch mein kleines Wohnzimmer, wischte über Mikes fragende Augen hinweg. Mit ungutem Gefühl trat ich ans Fenster und spingste durch das Rollo hinunter auf die Straße.

„Scheiße“, fluchte ich fassungslos, „und vor meinem Haus steht die andere Hälfte.“

Vor der Haustür wartete eine Traube von Menschen, auf der anderen Straßenseite parkten Autos mit den Logos von Funk und Fernsehen. Mike trat schweigend neben mich und blickte ebenfalls auf die Straße.

„Showtime again“, er zuckte die Schultern.

Hastig sammelte ich mein verkatertes Hirn. „Du machst das Geschäft nicht auf, Karin“, erklärte ich energisch. „Häng einen Zettel an die Tür, dass heute geschlossen ist und hau unbemerkt durch den Hinterhof oder die Tiefgarage ab. Morgen bin ich dann da.“

„Das können wir uns aber echt nicht leisten, Susie“, erwiderte sie gestresst, „Der Monat ist eh schon mies.“

Das war er in der Tat. Angespannt rieb ich mir die Stirn, drehte mich etwas von Mike weg und war nebenbei mal wieder froh, dass er kein Wort Deutsch verstand. Sommerloch, der Albtraum des Einzelhandels.

„Ich habe noch ein paar Reserven, Karin“, antwortete ich mit möglichst beiläufigem Unterton. Im Zweifelsfall lag ein Ring in meiner Handtasche, der uns sicher mehr als einen Monat retten würde. „Und wenn da eine Meute Reporter vor dem Laden herumlungert, dann traut sich kein Kunde durch. Also, geh heim. Wir sehen uns morgen.“

Sie schnaufte unschlüssig. „Okay. Dann machen wir das so. – Ist Mike noch da?“

„Ja, er fliegt heute Abend nach Hause.- Bis morgen.“

Sie schnaufte noch einmal. „Hoffentlich sind die Pressefuzzis morgen weg. Ciao, Susie.“

Spontan ernüchtert warf ich das Handy auf den Tisch. Ohne Frage wäre es schön, wenn mein Alltag morgen einfach wieder so weiterlaufen würde, wie vor der Gala, aber es lohnte nicht einmal davon zu träumen.

Mein Leben würde nie wieder so werden. Ich war jetzt auch offiziell die Frau an Mikes Seite, nur mit dem miesen Unterschied, dass ich morgen nicht mehr an seiner Seite sein würde. Womit mein Kopf dann zu seiner letzten Frage zurückkehrte. Unsicher drehte ich mich um. Er lehnte nackt an der Fensterbank und musterte über die Schulter hinweg die Szene auf der Straße.

„Die können ruhig noch ein wenig warten“, ohne mich anzuschauen hielt er mir seine Hand hin, „aber wir werden heute wohl noch einmal nett lächeln müssen und ein paar romantische Sätze von uns geben. – Was wollte Karin?“

Unwillkürlich schloss ich die Augen und holte tief Luft. Über den gestrigen Sonntag hatte ich gekonnt verdrängt, was noch auf mich zukam.

„Es hilft wohl nichts“, murrte ich leise und nahm seine Hand. „obwohl das ein ganz schöner Auflauf ist. Karin rief an, weil die gleiche Meute vor dem Geschäft herumlungert. Ich habe ihr gesagt, sie soll unbemerkt nach Hause gehen. Heute bleibt zu.“

„Gut“, er verzog den Mund. „Wenn die merken, dass niemand ins Geschäft kommt, dann tauchen die hier auf und wir können gemütlich alle zusammen abfertigen.“

„Mike?“

Sein Kopf ruckte zu mir herum. „Yep?“

„Halt mich bitte kurz fest.“

Mit gerunzelter Stirn zog er mich an sich heran und nahm mich in die Arme. Ich drückte mein Gesicht gegen seinen Hals und atmete hart.

„Was ist los, Darling? Machst du dir Sorgen wegen der Presse? Glaub mir, das ist in zwei, drei Tagen vorbei. Das schaffst du locker.“

Sacht streichelte er mir über den Rücken, ich bohrte mein Gesicht noch fester gegen ihn und hatte das ungute Bedürfnis zu weinen.

„Nein, es ist nicht wegen der Presse“, erklärte ich dumpf.

Wie so oft in meinem Leben war ich nicht fähig zu sagen, was mich wirklich bewegte und in diesem Moment schämte ich mich auch. Das war nicht unsere erste Trennung und würde nicht unsere letzte sein, denn seine Frage musste ich auch heute mit einem klaren Nein beantworten.

Aber trotzdem war die Vorstellung, dass er diese Nacht nicht neben mir liegen würde, mehr als ich grad ertragen konnte.

„Was ist es dann?“ Er fasste nach meinem Gesicht und musterte mich besorgt. „Habe ich etwas falsch gemacht?“

Wider Willen lachte ich und schüttelte den Kopf. „Unsinn, nein, natürlich nicht.“

Kurz senkte ich den Blick, grundlegend war es nicht mein Stil ihm eine Heulszene wegen seiner Abreise zu machen oder auch nur albern herum zu jammern. Das änderte nichts und brachte niemandem etwas und doch musste ich diesen Schmerz in mir irgendwie loswerden.

„Die letzten Tage mit dir waren so unsagbar schön“, sagte ich leise, „so glücklich war ich noch nie und ich bin so gern mit dir zusammen. Wenn du da bist, dann ist meine Welt heil. Die Vorstellung, dass du heute Nacht nicht neben mir liegst, packe ich grad nicht und auch nicht, dass wir uns bis zum Urlaub nicht sehen. Ich liebe dich, Mike.“

Schweigend drückte er mich an sich. Ich spürte sein Herz pochen, hörte ihn tief atmen, seine warme Haut, seine weichen Lippen an meiner Schläfe.

„Ich liebe dich auch, Susan“, flüsterte er an meinem Ohr. „Sicher mehr, als du dir vorstellen kannst. Und nein, ich wiederhole meine Frage von vorhin nicht.“

Unsicher schaute ich auf. Seine Augen waren dunkel, ernst. Er erwiderte meinen Blick mit zusammengezogenen Brauen und holte tief Luft.

„Wir müssen also reden.“

„Nein, müssen wir nicht“, ich machte mich etwas von ihm los, grinste halbherzig. „ich mache uns lieber einen Kaffee.“

„Kaffee ist immer gut“, er strich mir zärtlich über die Wange, „aber wir reden trotzdem. Wenn du schon einmal so offen sagst, was du fühlst, dann ist es wichtig. Und ich habe dazu auch etwas zu sagen.“

Mit einem verwirrten Schulterzucken drehte ich mich um, griff nach meinem T-Shirt und ging in die Küche zur Kaffeemaschine. Das hatte ich ja mal wieder super hingekriegt. Warum hatte ich nicht einfach meine Schnauze halten können? Ernste Gespräche konnte ich heute noch viel weniger gebrauchen, als sonst. Tief seufzend ließ ich uns zwei Tassen Kaffee aus der Maschine, mit denen ich ins Wohnzimmer zurückkehrte.

Mike hatte derweil das Bett wieder ins Sofa umgebaut und seine Jeans angezogen.

„Komm zu mir, Darling“, er nahm mir eine Tasse ab und bot mir seinen Arm zum Kuscheln an. Seine Variante ernste Gespräche zu führen war wirklich interessant, wo ich bei so etwas doch lieber Distanz wahrte. Steif lehnte ich mich an ihn. Er grinste und trank einen Schluck Kaffee.

„Danke.“

Ausweichend bewegte ich die Schultern und schlürfte ebenfalls an meiner Tasse. „Dann schieß halt los.“

Er lachte, strich mir eine Strähne aus der Stirn, sodass er mir in die Augen schauen konnte. „Susan, wir streiten nicht, im Gegenteil.“

„Abwarten.“

„Indeed, Babe, das habe ich nicht vor, auch wenn ich dir jetzt mal sage, wie ich das sehe und wie manches für mich rüberkommt.“

Ich schloss die Augen, verwünschte mich in die tiefste Hölle für meine albernen Worte. Die Zeit hätten wir besser nutzen können. Die Presse wartete auch noch. Mir grauste davor, Mike am Abend zum Flughafen zu fahren und alleine heim zu kommen. Das war nicht der Abschluss, den ich mir für unsere wundervollen drei Tage und vier Nächte gewünscht hätte. Ich tat gut daran schnellstmöglich Schadenbegrenzung zu betreiben.

„Seit wir uns kennen, Susan“, er suchte erneut meinen Blick, liebevoll und zärtlich, „bastele ich an Lösungen für uns, überlege, denke darüber nach, wie ein gemeinsames Leben für uns beide passen könnte. Ich habe dir mehr als ein Angebot gemacht, mehr als eine Idee produziert und mehr als einmal akzeptiert, dass du kategorisch auf deiner Eigenständigkeit beharrst. Ich finde das auch wirklich beachtenswert, obwohl es alles total verkompliziert. Und, Susan, genau genommen kam von dir bisher nichts. Kein Vorschlag, keine Idee, keine Anregung. Du lehnst immer nur alles ab, weil du nicht auf meine Kosten leben willst. Ehrenhaft, aber für mein Ego totaler Mist.“

Angespannt blies ich die Wangen auf. Natürlich hatte er Recht, aber hören wollte ich das nicht und fühlte mich spontan übel schuldig. Mit starrem Blick zur gegenüberliegenden Wand trank ich einen großen Schluck Kaffee.

„Und?“

„Und wir streiten noch immer nicht“, er lachte. „Also, schau nicht so, als würde ich dich verbal schlachten.“

„Was genau willst du mir dann sagen, Mike?“

Nachdenklich glitt sein Blick über die Wand, an der sein Tourneeplakat und die Single hingen.

„Ich will dir sagen, dass mein Ego sich in den vergangenen Wochen sehr oft zurückgewiesen gefühlt hat. In ein paar echt finsteren Nächten seitdem wir uns wiedergesehen haben, hat es sich sogar gefragt, ob du mich wirklich willst? Ob du mit mir leben willst? Es hat sich gewundert, warum du anscheinend keine Schwierigkeiten mit unserer Distanzbeziehung hast und deinen Alltag fröhlich verlebst, während ich oft gar nicht damit umgehen kann, dass ich dich nur vor der Webcam sehe. Meistens fühlt sich mein Ego schlecht, weil ich dich mehr brauche, als du mich.“

War das so? Brauchte er mich mehr? Brauchte ich ihn weniger? Abrupt wollte ich aufstehen, doch er hielt mich fest.

„Nicht weggehen, Susan.“ Sein Griff lockerte sich sofort. „Das ist die falsche Richtung.“

Anbietend hob er seinen Arm, lächelte entschuldigend. Zögernd robbte ich noch näher an ihn heran und schob meinen Arm unter seinem Rücken durch, während er seinen noch fester um mich legte. Scheu bot er mir seine Lippen an, ich küsste ihn zart und schmiegte meine Wange an seine Bartstoppeln.

„Du hast ja Recht“, brummte ich verlegen. „Ich bin fantastisch im Verdrängen und das tue ich die meiste Zeit, wenn es um uns geht. Aber bitte glaub mir, dass ich dich liebe und grundsätzlich mit dir zusammen sein möchte. Vermutlich habe ich Angst vor eigenen Ideen, weil ich die dann auch durchziehen müsste. Es tut mir leid, Mike“, ich schaute ernst zur Seite, er musterte mich aufmerksam. „Ich wollte dir sicher niemals ein mieses Gefühl geben. Im Gegenteil. Ich würde dich von Herzen gern glücklich machen.“

„Ich weiß das, Susan“, mit der Tasse in der Hand rieb er sich über die Stirn und seufzte. „Ich habe dir ja auch nur erzählt, wie mein Ego das sieht. Ich habe genug Stunden mit meinem Therapeuten verbracht, um mich meisten klar davon distanzieren zu können. Meistens, aber leider nicht immer, wenn es um dich geht. Als erwachsener Mann verstehe ich, was es für dich bedeutet, würdest du zu mir ziehen, ohne Einkommen, ohne jemanden außer mir zu kennen, fremde Sprache, fremdes Land, weg von der eigenen Familie, Freunde, Heimat. Das zu tun ist waghalsig und rational nicht besonders klug. Deswegen müssen wir eine Basis für dich schaffen, die dich diese Veränderung aushalten lässt.“

„Wow, …“, überrascht starrte ich ihn an, er grinste schief. „Danke, Mike. – Warum hast du einen Therapeuten gebraucht?“

„Ich war siebzehn und vom Erfolg überrollt“, er beugte sich über mich und küsste mich zärtlich. Ich schmeckte den Kaffee auf seinen Lippen. „Tyson hat zum Glück rechtzeitig erkannt, dass ich anfange durchzudrehen und mich auf die Couch geschickt. Das hat wirklich geholfen. – So, und jetzt stellen wir uns den Medien-Haien auf der Straße.“

2

Vielleicht hatte ich an diesem Montag das ungesunde Bedürfnis zu leiden oder ich frönte dem Fluch unseres persönlichen Trennungstages, aber wider besseres Wissen stieg ich zur Aussichtsplattform hinauf, um Mikes Abflug zu sehen. Seine Worte hatten mich tief getroffen, sehr berührt und nicht zuletzt rangen sie mir große Achtung ab. Ganz sicher hätte ich an seiner Stelle nicht so differenziert denken und fühlen können und mich dauernd massiv zurückgewiesen gefühlt, während er fähig war auch meine Seite fair zu betrachten.

Aber gebracht hatte dieses Gespräch insofern nichts, als dass ich trotzdem allein hier am Flughafen stand und er nach London flog, ohne mich. Mühsam beherrscht kniff ich die Augen zusammen, spürte wie es die Tränen seitlich herauspresste, die hoffentlich niemand um mich herum bemerkte. Wie hatte Karin mir bei der Aftershow-Party der Gala ins Ohr geflüstert, als ich an Mikes Hand mal wieder vor Glück heulte: „Gott ist eine Frau, Susie, deswegen sind Tränen durchsichtig. Wäre Gott ein Mann, dann hätte er sie in grellen Neonfarben erschaffen, damit jeder sie sieht.“

Unter Tränen hatte ich gelacht. Auch jetzt schmunzelte ich unwillkürlich und tupfte unauffällig auf meinen Wangen herum, während ich zusah, wie die Maschine der British Airways eben auf die Startbahn rollte, schneller und schneller wurde, anmutig abhob. Ich starrte ihr nach, bis ich sogar das Blinken der Positionslichter nur noch erahnen konnte.

Es kostete immens Kraft mich umzudrehen, mich durch die Menschen zu schlängeln, das Terminal verlassen, Parkhaus und ins Auto steigen. Heimfahren. Allein nach Hause kommen.

Mike II schaute mir fragend von der Kommode im Flur entgegen. Natürlich, auch sie vermisste den Mann, der sein Kopfkissen und sein Eis mit ihr teilte, auch für sie immer eine Hand frei hatte. Dann waren wir also gemeinsam einsam. Ich nahm sie auf den Arm und holte angestrengt Luft. Die Stille war echt erdrückend und ich fühlte mich mit einem Mal lähmend erschöpft, verstörend mutlos.

Der Tag war so voll gewesen, ein weiterer fetter Packen neuer Eindrücke, der zu denen der vergangenen Tage dazu kam. Mit der Katze im Arm trat ich ans Fenster und blickte hinunter. Die Straße war leer, was hoffen ließ, dass morgen auch vor dem Geschäft keine Horden mehr herumlungerten, die neugierige Fragen über Mike und mich stellten. Mich denen allein zu stellen war in diesem Moment eine nicht zu bewältigende Herausforderung. Mit Mike war das anders gewesen. Trotzdem schickte ich Karin eine Nachricht, dass sie am nächsten Tag später kommen sollte, dann hatte zumindest sie keinen Stress mit den Fragern.

Nach unserem Gespräch war Mike unspektakulär zur Tagesordnung zurückgekehrt, anstatt das Thema bis zum letzten emotionalen Exodus durch zu kauen. Wenn er seins gesagt hatte, dann war es gut. Insofern hatte er mich später souverän durch die Konfrontation mit den Reportern geführt, um danach gemütlich die letzten Stunden mit mir auf dem Balkon zu verbringen.

Dennis schickte die ersten Fotos der Gala, die ersten Berichte, Links mit Rezensionen, die durchweg alle sehr begeistert klangen. Ich musste mich auf der Bühne stehend ertragen, zwischen Mike und Gary posend, küssend. Das war fast schwieriger, als die Reporter aushalten und ich genierte mich furchtbar. Mike hatte gelacht und nachdrücklich erklärt, dass er sicherlich einige davon anfordern würde, um sie sich für daheim rahmen zu lassen. Na, super.

Da war ich dann wirklich froh, als Robert Tyson einen ersten bearbeiteten Mitschnitt des Konzertes schickte, den wir uns an Mikes Tablet ansahen. Aber auch beim Video krachte meine Schamgrenze brachial an ihren Schlagbaum, denn am Ende des Konzertes stand ich heulend neben Mike auf der Bühne. Susie Thomann in Großaufnahme während ihr die Tränen herunterlaufen. In Erinnerung an Mikes zärtlichen Blick, als die Sequenz lief, seine warme Hand auf eben jener verheulten Wange, schloss ich die Augen und drückte mein Gesicht in den weichen Pelz der Katze.

Ich musste jetzt knapp drei Wochen ohne ihn auskommen. Die letzten Tage waren mehr, als Mike zum Angewöhnen, sie hatten mich noch süchtiger nach ihm gemacht, als ich seit letztem November eh schon war. Ohne ihn hatte ich nicht einmal genug Luft zum Atmen. Angestrengt versuchte ich meine klemmenden Lungen zu füllen, aber ich fühlte mich nur unsagbar schwer. Drei Wochen waren keine unendlich lange Spanne, keine sieben Monate, sie endeten sogar mit einem Highlight: unserem Urlaub. Etwas, worauf ich mich freuen sollte, hinarbeiten.

Langsam drehte ich mich um und ging mit der Katze im Arm in die Küche, vielleicht würde es mir draußen auf dem Balkon besser gehen. Doch da stand noch seine Kaffeetasse auf dem Balkontisch, meine daneben. Der Aschenbecher in der Ecke auf der Brüstung. Seufzend setzte ich mich in den Stuhl, in dem ich den Nachmittag verbracht hatte, als er mir noch gegenüber saß. Wieder kniff ich die Augen zusammen. Heulen verursachte hässliche, rote Lidränder, dicke Augen, eine verstopfte Nase und führte meist zu nicht sehr viel.

Ich blieb hocken, starrte blicklos vor mich hin, bis Mike gegen dreiundzwanzig Uhr anrief. Er wirkte abgespannt, saß irgendwo draußen im Garten auf einer Mauer und rauchte, eine Bierflasche neben sich.

„How are you, my little Sunrise?“

“I´m fine, Mike”, log ich und lächelte verkrampft. „Und genieße den Abend auf dem Balkon.“

„Ach, Susan“, er bewegte nachsichtig den Kopf, „du lügst so schlecht, wie ich Deutsch spreche. Lass es und sei lieber so ehrlich wie heute Morgen.“

„Diese Ehrlichkeit hat mir nur ein ernstes Gespräch eingebracht“, konterte ich und verzog das Gesicht.“

„Und eine Umarmung“, erwiderte er sanft. „Bitte sag mir immer, was du fühlst, ich möchte es wissen, denn du bist mir wichtig. Ich jammere dir doch auch ständig vor, dass du mir fehlst und es mir ohne dich nicht gut geht.“

„Es geht mir ohne dich sogar total beschissen“, murmelte ich halb an der Kamera vorbei. „Und die Katze vermisst dich auch.“

„Gut so, Darling“, er hob seine Flasche und prostete mir zu, bevor er trank, „gib mir mehr davon. Ich kann dir dafür versichern, dass ich die nächsten drei Wochen kaum schlafen werde, dafür zu viel rauche und idealerweise meine Sehnsucht nach dir in Töne umsetze, also exzessiv arbeiten werde. – Susan, du fehlst mir so und ich würde so gern hier mit dir zusammen sitzen und die Sommernacht genießen.“

Ich senkte den Blick, rangelte zum dritten Mal an diesem Tag mit meinen Tränen. „Wenn das so weitergeht, dann hast du mich bald soweit und ich scheiße auf meine Unabhängigkeit und meine Finanzen und du wirst mich nicht mehr los.“

„Das war der Plan meiner Jammerei, Babe“, er lachte leise, ich hob meinen Blick und versank in seinen mikeblauen Augen. „Je eher, desto besser, denn diese Abschiede werden nicht einfacher. Gary war echt überrascht, dass ich alleine heimkomme.“

„Nein, sie werden nicht einfacher“, stimmte ich zu und rang mir ein Lächeln ab. „Sie werden schlimmer. Ich liebe dich, Mike. Grüß Gary von mir, gute Nacht.“

Gut war meine Nacht nicht. Wie er mir früh morgens schrieb, war seine es auch nicht gewesen. Ich hatte deutliche Schatten unter den Augen und sah trotz meiner Ansätze von Selbstbeherrschung irgendwie verheult aus. Ich rümpfte die Nase, warf einen letzten grätigen Blick in den Spiegel. Mein Aussehen würde der Presse im Zweifelsfall die Fantasie beflügeln und uns eine Krise andichten.

Auch die Katze war schlechter Laune, zappelte unleidlich herum, als ich ihr das Geschirr anlegen wollte. Vor dem Haus war noch alles still, doch ich hatte mir überlegt, dass es besser war, mit dem Auto zu fahren, dann konnte ich hier gleich aus der Tiefgarage und im Geschäft sofort in den Hof fahren und durchs Büro gehen. Für die Katze wäre alles andere zu viel Stress.

Konzentriert bog ich in die Straße ein, linste zum Geschäft, scannte besorgt die Umgebung. Aber niemand stand wartend vor der Tür, keine auffälligen Autos parkten in der Nähe. Die schliefen vermutlich noch alle. Immerhin, ein Lichtblick. Ansatzweise erleichtert holte ich Luft und stellte mein Auto im Hof ab, stapfte mit Mike II durch den rückwärtigen Hauseingang zur Bürotür und huschte hinein.

Der Anrufbeantworter blinkte hysterisch, das Fax, das eigentlich niemand mehr brauchte, hatte meterweise Papier gespuckt. Ich presste mir die Hände auf die Augen, sie brannten vor Müdigkeit. Kaffee, dachte ich, erst einen Kaffee trinken, bevor ich irgendetwas anderes anpackte.

Halb blind, weil ich mir Mascara ins Auge gebröselt hatte, schlurfte ich in den Verkaufsraum zur Kaffeemaschine und sah durch das Schaufenster die erste Gestalt eben aus einem Auto mit dem Schriftzug eines Radiosenders aussteigen.

Mike hatte es mir eindringlich gesagt, mehr als einmal. Wenn ich die Profi-Variante wählte und an seiner Seite die Lanxess Arena betrat, dann würde kurz darauf nicht nur halb Köln wissen, wen Mike Hamond liebte.

Mich. Susie Thomann aus Köln, selbständige Floristin, bisschen unscheinbar, bisschen unbeholfen, aber irgendwie putzig. Ergeben drückte ich die Taste für Espresso doppelt und versuchte mich an Mikes Instruktionen für die Presse zu erinnern: knappe Antworten, keine unnötigen Sätze anhängen, klare Formulierungen, die keinen Spielraum für Interpretationen boten. Im Zweifelsfall die Antwort verweigern. Wenigstens durfte ich heute auf Deutsch antworten. Ich kippte den Espresso in mich hinein, dazu ein paar uneffektive Atemzüge. Dann sperrte ich die Katze ins Büro und machte entschlossen die Ladentür auf.

„Ich nehme an, Sie wollen zu mir?“

Ich brauchte die ganze Woche, um halbwegs auf die Füße zu kommen und wie Mike prophezeit hatte, war die Sache mit den Reportern nach drei Tagen rum. Die letzten fertigte ich durchaus routiniert ab, aber grundlegend war das nicht mein Spiel.

Auch Karin gab zu, dass sie einkalkuliert hatte, ab Dienstag ohne mich zu arbeiten.

„Susie, du weißt, was ich von deinen Eltern halte, aber ausnahmsweise bin ich fast der Meinung deines Vaters: du bist dumm.“

War ich das? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Irgendetwas hielt mich ab, ließ mich zu keiner waghalsigen Entscheidung kommen, wie Mike es so treffend bezeichnet hatte. Oder der Leidensdruck war einfach noch nicht groß genug. Stillschweigend hatten wir uns darauf geeinigt, das Thema vorerst ruhen zu lassen und genauso hofften wir darauf, dass wir nach unserem Urlaub klarer sehen würden.

Der rückte tatsächlich näher, die erste Woche war geschafft, als ich mich am Samstagnachmittag nach Arbeit, Haushalt und notwendigen Erledigungen, das erste Mal setzte. Gleichzeitig überfiel mich meine Sehnsucht und diese latente Einsamkeit. Vor einer Woche hatten wir uns für die Gala fertig gemacht, aufgeregt, erregt und unglaublich verliebt. Heute hockten Mickey und ich alleine hier herum, mit irgendwie viel zu viel Zeit und irgendwie noch immer müde.

Ohne groß nachzudenken klappte ich meinen Laptop auf und rief Mike über Skype an. Keine Sekunde länger konnte ich ohne ihn sein. Er nahm den Anruf sofort an, saß im Studio und strahlte mich mit einer Zigarette in der Hand an.

„Darling, ich habe gerade an dich gedacht und überlegt, ob du schon daheim bist.“

„Bin ich“, ich holte das erste Mal für diesen Tag unbeschwert Luft.

„Du fehlst mir so, ich musste dich jetzt anrufen. Hast du ein paar Minuten für mich?“

„Ich habe mein Leben für dich, my little Sunrise, jede Sekunde, jede Minute. Du fehlst mir auch, aber wir können schon fast die Tage bis zum Urlaub zählen, eine Woche ist bereits rum. – Ich rufe dich gleich zurück, gehe nur schnell hoch in den Garten, dann komme ich auch mal an die frische Luft.“

Ich nickte und er drückte mich weg und ich wünschte mir mal wieder, dass ich nur ansatzweise so schöne Sachen sagen konnte, wie er. Keine fünf Minuten später war er wieder da. In London schien die Sonne. Das helle Licht verstärkte die Schatten unter seinen Augen, er war blass.

„Geht es dir gut, Dear?“, fragte ich und musterte ihn kritisch.

„Nein, Susan, ohne dich kann es mir nicht gut gehen. Vor einer Woche hatte ich zwar mehr Stress und stand echt massiv unter Druck, aber ich war wesentlich glücklicher, habe besser geschlafen und weniger geraucht. - Meine Eltern sind übrigens total begeistert von den Fotos. Sarah hat sie gestern besucht und ihnen gezeigt, was ich ihr geschickt habe.“

Hmpf. Ich grunzte unbestimmt und ausweichend. Meine Eltern quatschten mir seit einer Woche meinen Anrufbeantworter und die Mailbox voll, wollten wissen, was das alles zu bedeuten hatte. Ein paar der Presse-Fuzzis hatten auch sie ereilt und Günther habe sich ihnen gegenüber sehr positiv über den unrasierten Kerl geäußert. Immerhin. Ich war nicht begeistert, dass mein Ex noch immer bei meinen Eltern herumlungerte, aber besser er, als ich. Ich für meinen Teil konnte mich einfach nicht dazu durchringen, den Kontakt wieder aufzunehmen. Mir fehlte die Kraft, mich ihren Fragen, Befürchtungen zu stellen, mich zu rechtfertigen oder gar maßregeln zu lassen.

Wieder hörte ich Mikes Worte über den Therapeuten und das Robert Tyson ihm beigestanden war, anstatt seine Eltern.

„Es freut mich, dass wir zwei nicht gleich bei deinen Eltern durchfallen“, erwiderte ich und grinste schief.

„Natürlich tun wir das nicht“; er bewegte verwundert den Kopf, „im Gegenteil, sie freuen sich für mich und für uns.“

Ich hob nachdenklich die Schultern und schaute ihn direkt an. „Darf ich dich etwas fragen, Mike?“

„Klar, du darfst mich alles fragen, sogar ob ich dich heiraten würde oder mit dir durchbrennen soll. Alles, Susan.“

Verlegen senkte ich den Blick. „Du Clown. Nein, mir geht nicht aus dem Kopf, was du am Montag gesagt hast, dass Robert sich um dich gekümmert hat, als der Druck zu groß wurde. Es hätten deine Eltern sein sollen, die dir beistehen. Wie gehst du damit um?“

Seine Brauen ruckten kurz und er starrte sekundenlang an der Kamera vorbei in den Garten.

„Susan, ich bin zweiunddreißig“, sein Blick kehrte zu mir zurück, warm und gelassen. „Das ist lange vorbei. Meine Eltern konnten mir nicht helfen, denn mein Vater hatte mich hinausgeworfen. Sie wussten nicht einmal, wie es mir ging. Ich bin Rob sehr dankbar. Er hat das damals gut gemacht, ich habe meine Würde nicht verloren. Das ist bei jungen und alten Menschen sehr wichtig.“

„Würde. Wow, ein gutes Wort. Ich glaube, die haben mir meine Eltern nie zugestanden. Ich weiß nicht, ob ich das vergessen könnte, was dir passiert ist.“

Er lachte leise und lehnte sich gemütlich im Stuhl zurück. „Musst du ja nicht. Ich habe es auch nicht vergessen, aber vergeben. Sie haben es aus ihrer Sicht bestmöglich gemacht. Mehr ging nicht. Ich bin mit meinen Eltern im Reinen. Falls ich irgendwann mal Kinder haben sollte, werde ich auch versuchen sie bestmöglich zu erziehen und werde wie meine Eltern böse Fehler machen. Allerdings habe ich mir geschworen, dass ich nie übersehen werde, wann sie mich brauchen. – Gib deinen Eltern eine Chance, Susan. Sie sind, wie sie sind.“

Definitiv, deswegen war ich ja nicht erpicht darauf, ihnen eine Chance zu geben. Mit einem resignierten Nicken griff ich nach meinem Wasserglas.

„Vielleicht bin ich mit zweiunddreißig auch so weit. Noch habe ich meistens nur einen dicken Hals, wenn sie alles besser wissen.“

„Das meiste wissen sie wahrscheinlich auch besser“, er lachte fröhlich, „zum Glück sind das noch ein paar Jahre, bis du so alt bist, denn dann gehe ich stramm auf die vierzig zu. Weird.“

Unsicher lächelte ich in die Kamera. In sechs Jahren würde ich so alt sein, wie er jetzt war. Irgendwie schwer vorstellbar. Wo würden wir beide sein? Würden wir noch zusammen sein? Waren Kinder eine Option für mich? Würde ich den Mut aufbringen, ihn zu heiraten, ohne wieder kurz davor kalte Füße zu bekommen? Wie könnte unser Leben aussehen, sofern es noch ein gemeinsames war? Derzeit wussten wir ja nicht einmal, wie die nächsten Monate verlaufen könnten.

Seine blauen Augen streichelten mich sacht, als er meinen Blick erwiderte. „Susan, wir werden zusammen alt, also schau nicht so skeptisch. – Ich hätte davon abgesehen noch zwei Sachen, die ich gern mit dir besprechen würde. Ist das okay?“

Ob das okay war oder nicht, spielte eigentlich nur eine untergeordnete Rolle, denn er ließ sich eh nicht aufhalten, wenn er etwas zu sagen hatte und mehr als einen Aufschub erreichte ich nicht, wenn ich jetzt den Kopf schüttelte. Also nickte ich mit einem ausdruckslosen Grinsen.

„Nur zu, Mike, ich müsste mich um die Buchhaltung kümmern, wenn wir nicht miteinander reden.“

„Ohne Zweifel bin ich die bessere Alternative.“ Bedächtig griff er mal wieder nach seinem Tabak und rollte sich eine Zigarette. „Entspann dich, Darling, es ist alles in Ordnung.“

Sicher war es das, aber irgendwie war ich seit Tagen nicht gut drauf und kam so überhaupt nicht damit klar, dass mein Alltag ohne ihn keinen Spaß mehr machte. Mein Alltag war mir heilig, daraus schöpfte ich Kraft.

Ich nickte wieder. „Es tut mir leid, ich bin grad schwer zu ertragen.“

„Bist du nicht. Ich weiß ja, wie es ist. Nicht umsonst hat Gary bei der Gala erklärt, dass ich ohne dich unausstehlich bin. Bald haben wir viel Zeit, Babe, halt einfach durch.“

„Noch zwölf Tage um genau zu sein.“

„Und dreizehn Nächte. Das schaffen wir.“ Er stieß amüsiert den Rauch aus. „Wir hatten vorgestern die zweite Nachbesprechung der Gala. Ich soll dich von Günther grüßen. Er würde sich freuen, wenn du aufhörst ihn am Handy zu blockieren.“

Ich rollte die Augen. „Sicher nicht.“

Mike prustete leise. „Du bist echt mies drauf. – Die Spende wird mit entsprechendem Medienrummel im CMW übergeben.“

„Und für was wird jetzt endgültig gespendet?“

Die Diskussionen, für was oder wen gespendet werden sollte, war bis zur Gala nicht geklärt. Mike wäre es auch egal gewesen, wenn das Geld an eine soziale Einrichtung ohne musikalischen Hintergrund gegangen wäre. Dennis Wollenweber, wie auch die CCA wollten wiederum unbedingt ein Musikprojekt fördern.

„Für junge Musiker, innovative Bands, junge Talente. Es wird auf eine Stiftung hinauslaufen. Das passt für mich. Ich hätte eine Finanzspritze gut gebrauchen können, bevor Robert auf mich aufmerksam wurde. Ich habe allerdings bei dem Meeting klargestellt, dass ich nur dabei bin, wenn das entweder in den nächsten zwei Wochen passiert oder aber erst nach unserem Urlaub. Es sei denn…“, er wedelte fragend mit der Zigarette herum, „du könntest dir vorstellen, während unseres Urlaubs für eine Nacht nach Köln zu fliegen. Du wolltest doch unbedingt mit mir ins Hotel.“ Sein verschmitztes Grinsen gab meiner Laune einen Schubs nach vorn.

„Idiot“, ich lachte und blinzelte ihm zu. „Natürlich gehe ich mit dir ins Hotel.“

„Thank God“, er strahlte mich an. „Sie kann noch lachen. Um ehrlich zu sein, war mein Plan eigentlich, dass ich es für den Rest des Jahres deutlich ruhiger angehen lasse. Bisschen komponieren, das neue Album entspannt einspielen, ausruhen. Aber grad sieht es leider nicht so ganz danach aus.“

Argwöhnisch schielte ich in die Kamera. „Was liegt noch an?“

„Tyson will meine derzeitige Medienpräsenz und Popularität, die ich auch dir verdanke, ausnutzen und den Sampler nächste Woche auf den Markt schmeißen. Er wird jetzt Passages heißen. Das heißt, die Tage mit Hochdruck an den Songs feilen und in der Woche vor dem Urlaub ein Haufen Werbetermine, Presse, Auftritte.“

„Zwei Wochen sind aber nicht der Rest des Jahres?“, hakte ich noch argwöhnischer nach. „Da ist doch irgendwo ein aber.“

Schmunzelnd neigte er den Kopf. „Du kennst mich schon viel zu gut, Darling. Ich habe mir sehr gewünscht, dass wir dieses Jahr Weihnachten bereits zusammenleben, aber das werden wir wohl nicht mehr bewerkstelligen, deswegen möchte ich, dass du mir ohne jegliche Ausflüchte sagst, ob und wie du dir Weihnachten dieses Jahr mit mir vorgestellt hast. Danach erkläre ich dir das aber.“

Ausweichend blies ich die Wangen auf und wuselte mir Zeit schindend durch die Haare. „Darüber wollte ich mit dir eigentlich erst im Urlaub reden. Vor der Cam finde ich das nicht so super ideal.“

„Hilft aber nichts, denn ich muss es vorher wissen.“

In meinem Kopf ratterten Möglichkeiten, was hinter seinen Worten stecken könnte? Er hatte deutlich gesagt, dass er Weihnachten mit mir verbringen wollte, aber irgendetwas schien das zu stören. Und ich hasste es, wenn man mich in die Enge trieb, zumal ich große Gefahr lief, dabei geradewegs in einen enormen Fettnapf zu plumpsen.

„Also, sag´s mir, Susan. Was wünschst du dir? Du kannst und sollst mir alles sagen, das ist wichtig für uns.”

„Dich, Mike. Ich wünsche mir nur dich.“ Ich grinste schief und etwas verlegen. „Aber es ist alles etwas schwierig.“

„Das klingt ganz wunderbar, Baby. Den Wunsch kann ich dir hoffentlich weitestgehend erfüllen. Wieso ist es schwierig?“

„Weil ich in den kommenden Monaten die meiste Arbeit des Jahres haben werde. Und diese Monate sind für mich sehr wichtig. Die letzten zwei Monate waren nämlich geschäftlich echt ungut, das Defizit müssen wir unbedingt wieder reinholen.“ Ich hob abwehrend die Hände, schickte einen ansatzweise eisigen Blick in die Kamera und sein erstauntes Gesicht. „Nein, ich brauche kein Geld. Im Zweifelsfall verscheuere ich Günthers Ring, den ich sicher nie tragen werde.“

„There you see, Susan“, konterte er scharf. „Dann werden wir tatsächlich endlich mal streiten. Überleg dir das gut.“

Ich stutzte verblüfft. Wollte er ernsthaft wegen Günther mit mir streiten? Oder wegen dieses Rings? Ich hatte den nicht haben wollen.

„Lassen wir das“, lenkte ich ein, denn Streit war nichts, was ich im Moment verpacken konnte.

„Brilliant idea.“ Er nickte amüsiert.

„Naja, Weihnachten liegt dieses Jahr fast perfekt für den Einzelhandel, aber ungünstig für uns.“

„Komm auf den Punkt, Baby, das beantwortet meine Frage nicht. Was willst du?“

Grad in dieser Sekunde wollte ich eigentlich gar nichts mehr, nur irgendwie Ruhe, in seinen Armen liegen, nicht planen, nicht denken und entscheiden. Einfach nur ein bisschen normale Partnerschaft. Stattdessen sah ich ihn wie meistens nur dank der Webcam. Warum war das plötzlich nicht mehr genug? Warum war es plötzlich ein Problem ohne ihn zu sein. Es ging doch die ganzen letzten Wochen relativ locker. Müde rieb ich mir über mein Gesicht und wusste eigentlich nicht, was ich ihm genau antworten sollte.

„Okay, Mike“, ich wagte den Blick in sein Gesicht, nicht minder abgespannt und müde als meines und wie so oft überrollte mich diese Zärtlichkeit für ihn. „Ich habe mit Karin bereits abgesprochen, dass sie wie im Urlaub, auch über Weihnachten die Katze und meine Wohnung hütet, damit ich zu dir fliegen kann. Problem ist nur, dass ich frühestens an Heiligabend loskomme und nur ab Stuttgart geht am frühen Abend ein Flug nach London, das ist zu weit. Fähre und Zug gehen nur bis mittags. Mir fehlt eine Lösung.“

Ich sah ihn angespannt atmen, dann lächelte er verwirrend erleichtert.

„Das heißt also im Klartext, dass du Weihnachten mit mir und bei mir verbringen möchtest?“

„Ja, das heißt es, wenn das auch für dich okay ist. In Köln komme ich sicher nicht aus dem Stress heraus, auch wenn du da wärst und das möchte ich für uns nicht.“

Mit einem zärtlichen Lächeln rieb er sich über seine Bartstoppeln.

„Das ist mehr als okay, Babe. Dann machen wir es uns hier ganz entspannt. Um einen Flug für dich kümmere ich mich. Das Problem ist lösbar und ausnahmsweise passt es eventuell für mich sehr gut, dass du zu viel arbeitest.“

„Aha? Wieso?“

„Unter Umständen wird wie gesagt bis Weihnachten nichts mit den ruhigen Wochen.“

„Also erklärst du mir jetzt das aber?“

Er seufzte. Es klang eigenartig freudig, aber auch verunsichert. Was hatte er vor? Womit wollte er diese Wochen überfüllen?

„Genau, das erkläre ich dir jetzt.“ Zögernd griff er wieder nach seinem Tabak, rollte mit einem entschuldigenden Blick eine Zigarette.

„Es geht grad nicht ohne, Babe. Du fehlst mir und obwohl ich es so will, ist mir doch zeitweise alles zu viel. Ich bräuchte dich jetzt sehr.“

Spontan mutlos schloss ich die Augen. Ja, genau so ging es mir auch. Wie verstörend, wenn man feststellte, dass einem das eigene Leben zu viel wurde, weil es von dem Menschen trennte, mit dem man jeden Atemzug teilen wollte.

„Ich weiß, Mike. Sag mir das aber.“

„Gestern Abend rief mich der Manager der Konzertagentur an, mit der wir die letzte Tour gemacht haben. Ihm droht, aus gesundheitlichen Gründen des Haupt-Acts, eine Tour zu platzen. Er hat mich gefragt, ob ich sie zu wirklich herausragenden Konditionen übernehmen will. Der Vorteil: alles ist bereits geplant, die Locations gebucht, Hotels, Transfer, Logistik, Werbung. Wir müssten nur noch eine Tracklist ausarbeiten, proben und packen. Heute Morgen habe ich mich also mit meiner Stamm-Mannschaft zusammengesetzt, Tyson kam spontan dazu. Er ist begeistert. Wie gesagt, er will die derzeitige Hype um mich bestmöglich ausnutzen und eine eigene Tour hätten wir frühestens für das nächste Jahr anpeilen können. Tina ziert sich etwas, aber darauf lasse ich mich nicht ein. Es geht auch ohne sie.“

Wie wahr, für mich war die Frau ein unnötiger Kropf und wo sich das aber versteckte, hatte ich noch nicht entdeckt.

„Indeed, dann spiele ich jetzt mal Mike Hamond: Komm auf den Punkt, Baby. Wo ist das aber?“

Er warf den Kopf unbekümmert in den Nacken und lachte. Dann hielt er seinen Daumen hoch. „Wäre da nicht dein zauberhafter Akzent, dann könnte man meinen, dass du einen britischen Humor hast, Darling. – Aber, die Tour startet Mitte November, läuft bis Ende Dezember und das durch Skandinavien: Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland. Letztes Konzert vor Weihnachten ist am 23. Dezember in Stockholm, das Abschlusskonzert am 30. Dezember in Oslo. Wir fliegen am 24. Dezember morgens heim und sind an Silvester endgültig zurück in London.“

„Oh, … wow.“ Ich starrte ihn ungläubig an. „Im Winter durch Skandinavien touren? Das ist verdammt kalt und sehr, sehr dunkel. Massen von Schnee. Die haben nicht umsonst die Sauna erfunden.“

Noch immer lachend drückte er seine Zigarette aus. Seine Augen leuchteten, ich versank im tiefen Blau.

„Das ist es, präzise formuliert. Wäre es Sommer, dann würde ich absolut alles daran setzen, dass du mich begleitest, denn trotzdem man von Mücken aufgefressen wird, ist der Sommer unvergleichlich schön. Es wird nie dunkel, es ist warm. Wir könnten die ganze Nacht an einem See liegen, auf den Klippen in die Sterne schauen.“

Für einen langen Moment gab ich mich der Vorstellung vom Sommer in Schweden hin, der Vorstellung einfach mit ihm zu gehen. Und wieder wurde mir klar, dass wir davon gerade in jeder Weise unerreichbar weit entfernt waren. Es wurde bald Winter in Köln. Ich seufzte und wagte einen weiteren Blick in seine Augen. Ja, er strahlte, er freute sich auf die Tour, das war sein Leben.

„Dann mach das, Mike. Und schick mir Schneebilder, wenn wir hier im Nebel versinken.“

Zögernd musterte er mich, nagte kurz an seiner Unterlippe. „Ich habe mir bis morgen Nachmittag Bedenkzeit erbeten. Es sind alles in allem fast drei Monate in denen wir kaum Möglichkeiten haben werden, um uns für mehr als ein Wochenende zu treffen. Du hast Weihnachtsgeschäft, ich bin einschließlich samstags unterwegs. Susan, wenn dir das zu viel ist, dann werde ich die Tour ablehnen.“

Drei Monate? Mein Herz rumpelte vor Schreck. Klar. Da war der Oktober nach unserem Urlaub. Ab Mitte November würde er weg sein, ab Mitte November stieg mein Arbeitspensum täglich an und meine Freizeit nahm proportional ab. Also würden wir uns auch ohne Tour kaum sehen.

Drei Monate. Ich sog nachdenklich meine Wangen ein. Diese knapp drei Wochen bis zum Urlaub brachten mich gerade schon an eine schwer zu ertragende Grenze. Wie sollte ich mit viermal so viel zurecht kommen? Erinnerungen an den vergangenen Winter huschten mir durch den Kopf. Einsamkeit, Kälte, Dunkelheit.

Würde ich im umgekehrt Fall meine Arbeit, das Weihnachtsgeschäft sausen lassen, wenn er mich jetzt darum bat, weil es ihm zu viel war? Sei ehrlich, Susie, dachte ich unwirsch.

„Augen auf, bei der Berufswahl des Partners“, erwiderte ich seufzend und schenkte ihm ein schiefes Grinsen, „fahr, Mike. Wir tun beide, was wir lieben, also ist es richtig. Ich sehe doch die Freude in deinen Augen und die ist es mir wert, dass ich mal durchhalten muss.“

Am Samstag darauf präsentierte Mike im Tyson Building offiziell seinen Sampler, der ab dem kommenden Montag im Handel sein sollte. Wie ich von ihm wusste, waren bisher aber nur die Promotion-Exemplare fertig und Tyson tobte. Er tobte auch, weil ich nicht an Mikes Seite stand. Kurz vor dem Termin hatte Mike mich angerufen, konnte kaum reden vor Lachen. Ich wollte gerade das Geschäft verlassen, stand mit der Katze im Eingang.

„Baby, er erwartet tatsächlich, dass du bei jedem offiziellen Termin antanzt und mir zusätzliche Sympathiepunkte verschaffst.“

Ich runzelte die Stirn. Grundsätzlich eine nette Idee, ich angelte nach meinem Schlüssel.

„Wie stellt er sich das vor? Hättest du mich einfliegen lassen sollen, oder was? Ich habe bis eben gearbeitet.“

Mike schnappte fröhlich nach Luft. „Das habe ich ihm auch gesagt. Hat er nicht verstanden. Du sollst mit dem Firlefanz aufhören und dich um mich kümmern, anstatt in Köln herum zu sitzen.“

Unbestimmt brummend schloss ich ab, rüttelte prüfend an der Tür.

„Ich sitze nicht herum“, knurrte ich.

„Nein, tust du nicht, Darling“, ich hörte sein Feuerzeug klicken, „aber ich hätte dich trotzdem gern hier, wenn auch nicht unbedingt für diese alberne Veranstaltung. Ich schicke dir Bilder. Bist du heute Abend daheim?“

„Natürlich bin ich daheim und ich würde mich freuen, wenn wir uns sehen.“

„Das war meine Frage.“ Er lachte wieder. „Ich rufe dich an, Babe. Jetzt muss ich rein und Mike Hamond spielen.“

„Viel Spaß und viel Erfolg. Ich freue mich auf dich.“

3

Am Montagmorgen hatte ich ein Päckchen von ihm in der Geschäftspost. Liebevoll mit den Blumen bemalt, mit denen er manchmal seine Unterschrift verzierte, aber mit der Adresse von Tyson´s Music als Absender. Nachdenklich schaute ich es an, sehnte mich nach ihm, war versucht das Päckchen an mich zu drücken. Dann schloss ich kurz die Augen, gab mich dem Strahlen in mir hin, dass nur er entfachen konnte.

Karin grinste. „Liebesgrüße aus London?“

„Etwas in der Richtung wird es sein.“ Nur unfreiwillig machte ich die Augen auf, fand mich genauso unfreiwillig im Geschäft wieder.

„Gibst du mir bitte mal eine Schere?“

Sie reichte mir mit gespanntem Blick über die Kasse hinweg eine scharfe Blumenschere und ich schlitzte das Klebeband auf.

„Echt, der ist so scheiße niedlich. Ob ich vielleicht doch mal seinen kleinen Bruder daten sollte? Ist der eigentlich genauso hübsch?“

Ich fummelte an der Lasche des Kartons herum und hob die Schultern.

„Keine Ahnung. Ich kenne ihn nicht, ich habe auch bisher kein Foto gesehen. Der heißt Adrian und studiert Jura, ist zehn Jahre jünger, als Mike. Er kann ja mal deine Handynummer weitergeben.“

Lächelnd zwinkerte ich ihr zu. Sie lachte und verzog das Gesicht.

„Jura? Uhh, ne. Ich will nen Musiker.“

„Nein, willst du nicht“, konterte ich schärfer, als ich wollte.

Ihre Brauen ruckten überrascht.

„Die sind entweder im Studio oder auf Tournee, hängen dauernd vor irgendeiner Kamera. Man hat immer die Presse am Hals und egal wie oft sie auf der Bühne stehen, immer haben sie Lampenfieber. Such dir einen bodenständigen Bürohengst mit geregelten Arbeitszeiten.“

„Nicht dein Ernst, oder?“ Sie fixierte mich skeptisch. „Stimmt etwas nicht zwischen euch?“

Seufzend stellte ich den kleinen Karton auf den Tresen und legte wie schützend meine Hände darauf. Nach so einem Satz wollte ich ihn nicht öffnen. Was hatte mich wieder geritten?

„Doch, alles in Ordnung. Oder genauer gesagt, nicht anders als sonst. Nur das Mike ab Mitte November für sechs Wochen durch Skandinavien tourt. Er meint zwar, dass wir uns Weihnachten sehen, was ich noch nicht ganz glaube, aber auch so habe ich nach unserem Urlaub drei Monate mehr oder weniger ohne ihn vor mir. Tyson hätte es gern gehabt, wenn ich am Samstag bei dem Pressetermin dabei gewesen wäre und so langsam frage ich mich, wie lange ich dieses hin und her noch aushalte.“

„Na, dann kommen wir ja endlich mal voran“, erwiderte sie trocken.

„Schön, dass du es endlich kapierst. Wusstest du von der Tour?“

Unbehaglich zog ich die Schultern hoch. „Jein. Er hat es mir letzten Samstag erzählt und mir sogar die Chance gegeben, nein zu sagen. Dann hätte er das Angebot nicht angenommen. Aber er hat so gestrahlt, als er davon erzählte, dass ich nicht nein sagen konnte. Und wirklich überrissen habe ich das auch nicht. Meistens ist mir das alles total fremd. Dieses Leben ist komplett anders als unseres.“

Sie musterte mich wieder mit einem abschätzenden Blick, nickte halb und lehnte sich gegen den Tresen.