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Beiträge zur sächsischen Militärgeschichte zwischen 1793 und 1813

Heft 6

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Nachguss eines 6pfündigen Rohres M1810 im Militärhistorischen Museum Wolkenstein (Foto des Autors)

Inhaltsverzeichnis

1.          Einleitung

2.          Organisation nach dem Plan von 1810

2.1        Das Regiment Artillerie zu Fuß

2.1.1     Offiziere und Mannschaften

2.1.2     Material

2.2        Die Brigade reitende Artillerie

2.2.1     Offiziere und Mannschaften

2.2.2     Material

2.3        Material des Hauptparks

2.4        Munitionsausstattung

2.5        Die Handwerker-Kompanie

3.          Feldformationen und Verluste

3.1.       Feldzug von 1812

3.1.1     Die Formationen beim VII.Armeekorps

3.1.2     Die Formationen beim III.Kavallerie-Korps

3.1.3     Die Formationen beim IX.Armeekorps

3.1.4     Die Formationen beim XI.Armeekorps

3.2        Feldzug von 1813

4.          Uniformierung

5.          Artilleriematerial

5.1        Artilleriemaße

5.2        Geschütze

5.2.1     Geschützrohre

5.2.2     Lafetten

5.2.3     Protzen

5.2.4     Ausrüstungen

5.3        Munitionswagen

5.3.1     Wagen neuer Art mit zwei Kästen (M1810)

5.3.2     Wagen neuer Art mir 1 Kasten (M1813)

5.4        Munition und Zündmittel

5.5        Farbgebung

5.6        noch existierendes Material

6.          Geschützbedienung

6.1        Geschützbedienung nach dem Reglement von 1811

6.2        Stellung der Geschütze und Wagen in der Batterie

7.          Literatur

8.          Anlagen

Vorwort

Für die sächsische Artillerie im Zeitraum von 1810 – 1813 bietet das Hauptstaatsarchiv in Dresden eine Reihe interessanter Materialien. Leider sind aber Ausrüstungs- und Laderegister, wie sie für die Zeit bis 1809 recht zahlreich vorhanden sind, bisher nicht aufgefunden worden.

Die Akten der Artilleriekommission und die Werke von Rouvroy bieten einen detaillierten Überblick über das 1810 neu eingeführte Artillerie-Material. Die Wiedergabe der in den Kommissionsakten befindlichen Zeichnungen ist vom HStA Dresden unter dem AZ 21-7512.2-2/14539 freundlicherweise genehmigt worden. Überhaupt hat die Bereitstellung der Akten und die Vervielfältigung wieder in bewundernswerter Weise geklappt. Hierfür meinen herzlichsten Dank an die Mitarbeiter des HStA.

Wie in den anderen Bänden werden auch hier die vorhandenen Originalbefehle – insoweit sinn- und platzbezogen möglich – wiedergegeben, um dem Leser einen (zumindest durch den Autor) ungetrübten Blick auf die Originalquellen zu ermöglichen.

Die zur sächsischen Artillerie in diesem Zeitraum vorhandene Literatur ist leider sehr überschaubar und in Detailfragen wenig aussagefähig.

Insoweit hoffe ich, dass dieses Heft zu einer besseren Kenntnis über die Organisation und das Material der sächsischen Artillerie beiträgt.

1.        Einleitung

„Die älteren Kurfürsten von Sachsen unterhielten zur Bedienung ihres in damaligen Zeiten beträchtlichen Geschützes eine Anzahl Büchsenmeister, oder Artilleristen. Im Jahre 1620 wurde hieraus eine Kompanie formiert, deren Bestand steigend und fallend war. König August II. setzte 1698 die Artillerie auf ein Bataillon in 4 Compagnien, hierzu kamen im Jahre 1700 noch 2 nachher wieder reduzierte Compagnien, erteilte ihr aber erst 1730 eine Uniform. Im Jahre 1763 wurde das Corps auf 2 Bataillone Artillerie, 1 Bataillon Füsiliere und 1 Bombardiercompagnie gesetzt. Aus diesen wurden 1766 zwei Bataillone mit Beibehaltung der Compagniezahl formiert, die Offiziere der Bombardiere aber als Lehrer der zur nämlichen Zeit errichteten Artillerieschule angestellt und die Bombardiere ins Corps verteilt. Im Jahre 1806 erhielt es eine reitende Batterie und 1809 eine zweite.“

Soweit die offizielle Darstellung der Geschichte in der Stamm- und Rangliste von 1810.

Im Jahre 18091 bestand das Artilleriecorps aus

dem Hauptzeughaus mit

Stab (16 Mann)

Artillerieschule (6 Mann)

Hausartilleriekompanie (141 Mann)

übrige Hauptzeughauspersonen (49 Mann)

Wagenhaus (8 Mann)

bei den Festungsbaugefangenen (7 Mann)

Festung Königstein (3 Mann)

Pulvermagazin Torgau (5 Mann)

Pulvermagazin Wittenberg (5 Mann)

dem Feldartilleriecorps mit

Feldartilleriecorps (14 Mann Stab und 1.885 Mann in 12 Kompanien)

Pontonierkompanie (57 Mann)

Für die Artillerie war kein gedrucktes Reglement vorhanden, das Wissen wurde – wie in einer Zunft so üblich – von Generation zu Generation weitergegeben.

An Feldgeschützen führte das Corps 4pfündige „Schnellfeuergeschütze“, schwere 4-Pfünder, leichte und schwere 8-Pfünder, leichte und schwere 12-Pfünder, 8pfündige Haubitzen und 4pfündige Granatstücke.

Im Zuge der Reorganisation der sächsischen Armee im Jahre 1810 wurde auch die Artillerie eingehend betrachtet.

Als Mitglied der Reorganisationskommission äußerte sich General Gersdorf über die Zustände im Artilleriekorps: „Die Artillerie bedarf besonderer Berücksichtigung; wir werden aber im Stande sein, sie auf en Grad der Vollkommenheit zu bringen, den andere Artillerien besitzen. Jede Kompanie muß auch als Batterie organisiert und im Stande sein, sich mit ihren Geschützen im Frieden vertraut zu machen. Die Artillerie ist in Folge der Verwendung im Garnisionsdienst und der getrennten Unterbringung der einzelnen Kompanien in kleinen Städten „zu sehr verbürgert“. Durch die Schaffung eines Artillerie-Train-Bataillons wird die Möglichkeit geboten, den Batterien im Kriege gut ausgebildete Stückknechte zuzuteilen, welche auch schon im Frieden bei den Übungen vorhanden sind.“

Mit den vorbereitenden Arbeiten zur Reorganisation wird eine Artillerie-Kommission beauftragt. In diese Kommission wurden berufen:

Gustav Gottfried von Hoyer2 Major im Generalstab als Präsens
Friedrich Amandus Förstel3 Major und Intendant des Hauptzeughauses
Ignaz Boudet4 Capitain im Generalstab
Friedrich Gustav Rouvroy5 Artillerieakademie Premierleutnant, Batteriemeister der
Gottfried Wilhelm Leonhardi6 Artillerieakademie Premierleutnant, Mathematikus der als Protokollführer

Die Kommission beschäftigte sich eingehend mit anderen Artillerien, insbesondere der französischen Artillerie.

In Folge der Kommissionsarbeit wurde das Feldartilleriekorps von 13 auf 16 Kompanien gebracht und als Regiment Artillerie zu Fuß bezeichnet. Es wurden die Kompanien so organisiert, dass sie eine Batterie und den hierfür notwendigen Park besetzen konnten. Weiterhin wurde ein Artillerie-Train-Bataillon7 errichtet, um schon im Frieden am bespannten Geschütz üben zu können und im Krieg über einen Stamm ausgebildeter Trainsoldaten zu verfügen. Im Laufe des Jahres 1810 wurde beim Hauptzeughaus eine Handwerker-Kompanie aus dem Mannschaftsbestand des Artillerie-Regiments errichtet und die Offiziere hierfür ernannt. Die Pontonier-Kompanie wurde an das neu errichtete Ingenieur- und Pionierkorps abgegeben.

Die beiden reitenden Batterien wurden in eine Brigade reitender Artillerie formiert.

Die Artillerie-Schule wurde vom Hauptzeughaus abgetrennt, neu formiert und als Artillerie-Akademie bezeichnet weitergeführt.

Es wurden neue Geschütze und Wagen eingeführt, deren Vielfalt erheblich reduziert wurde.

1 Für den Zeitraum 1806-1809 siehe Heft 10 dieser Reihe.

2 geb. 1772 in Dresden, noch 1810 Oberstleutnant, 1812 Oberst, 1815 in preußische Dienste

3 geb. 1754 in Bischheim bei Kamenz, kam 1811 in Pension

4 geb. 1767 in Dresden, 1810 Major, 1811 Intendant des Hauptzeughauses

5 geb. 1771 in Dresden, 1810 Capitain und Direktor der Artillerieakademie, 1812 Major

6 1811 Capitain in gleicher Dienststellung

7 siehe hierzu Heft 5 dieser Reihe

2.        Organisation nach dem Plan von 1810

Die gesamte sächsische Armee wurde in 3 Divisionen (2 mobile Divisionen für den Feldeinsatz und 1 „Heimatschutz- und Ersatz-“ Division) organisiert, worauf die Organisation der Artillerie angepasst wurde.

2.1.      Das Regiment Artillerie zu Fuß

2.1.1     Offiziere und Mannschaften

Es wird ein Regiment Artillerie zu Fuß mit 16 Kompanien (in 3 Divisionen8 unter dem Kommando eines Stabsoffiziers dem 2 Adjutanten beigegeben waren) errichtet.

Das Standquartier war Dresden.

Das Regiment erhält einen Etat

beim Stab vonbei jeder Kompanie von

1 Oberst 1 Kapitain (8 I./8 II.Klasse)
2 Oberstlieutnants 1 Premierlieutenant
3 Majors 2 Souslieutenants
7 Adjutanten 1 Sergeant9
1 Regiments-Quartiermeister 1 Oberfeuerwerker
1 Auditeur 3 Feuerwerker
1 Ober-Regimentschirurg 1 Fourier
1 Stabssekretär 6 Korporals
6 Unterchirurgen 2 Tambours
1 Regiments-Tambour10 16 Oberkanoniers
1 Profoß mit Knecht 80 Unterkanoniers incl.
  3 Zimmerleuten
26 Mann 114 Mann

Das ganze Regiment hat somit einen Etat von 1.850 Mann.

Aus dem Regiment waren an Offizieren zu kommandieren

a) zur Artillerie-Academie: 1 Stabs-Offizier als Direktor und 3 Offiziere als Lehrer für Artillerie, Mathematik und Fortifikation

b) zum Hauptzeughaus: 1 Stabsoffizier als Intendant, 1 Adjutant sowie je 1 Capitän, Premier-Lieutenant und Sous-Lieutenant als Oberzeug-wärter.

Sämtliche Offiziere sind in Anlage 02/1810-13 namentlich aufgeführt.

Für die Besetzung einer Batterie zu 6 Geschützen wurden benötigt:

1 Capitain 2 Subalternoffiziere
1 Sergeant 1 Fourier
6 Unteroffiziere incl. 2 Feuerwerker 1 Tambour

60 Kanoniere incl. 12 Ober-Kanoniers und 2 Zimmerleute

72 Mann gesamt

Es blieben somit als Reserve