Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.
ISBN 978-3-8482-2554-5
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes
ist ohne Zustimmung des Verfassers unzulässig und strafbar.
Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen
und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Dieses Werk wurde mit äußerster Sorgfalt bearbeitet.
Der Verfasser kann für den Inhalt jedoch keine Gewähr übernehmen.
© 2014 Michael Stein, Jena
— Zweite Auflage 2014 —
Rechtsstand: Januar 2014
(die erste Auflage mit Rechtsstand Juli 2013
hatte einen Umfang von 172 Seiten, nicht mehr lieferbar)
Schriftsatz: Michael Stein, Jena
erstellt mit Microsoft® Word® 2000 auf Microsoft® Windows® XP SP3
gesetzt mit Microsoft® Word® 2000 auf Microsoft® Windows® XP SP3
Umschlag: Michael Stein, Jena
gestaltet auf einer Vorlage der Books on Demand GmbH, Norderstedt
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand, Norderstedt
Printed in Germany
Das Papier erfüllt die Frankfurter Forderungen der Deutschen Bibliothek
und der Gesellschaft für das Buch bezüglich der Alterungsbeständigkeit
und entspricht sowohl den strengen Bestimmungen der US Norm Ansi/Niso
Z.39.48-1992 als auch der ISO-Norm 9706.
_______________________
Die erste Auflage dieses Werkes erschien mit Rechtsstand
Juli 2013, Hardcover, 172 Seiten, auf selbiger ISBN
(nicht mehr lieferbar)
Wer soll das alles lesen? Interessierte. Lassen Sie sich Zeit mit der Lektüre und verschlingen Sie diese nicht mit einem mal, sonst macht’s müde. Dieses Werk ist ohnehin eine einzige Katastrophe: Es verzichtet auf ein Geleit, einführende Erklärungen1, ein Abkürzungsverzeichnis und besondere Ehrerbietung vor der Rechtsprechung des IX. Senates des BFH.
Falls Sie, werte Leser, keine Überschriften entdecken, so sind Sie eingeladen, in Ihrem Geiste oder anderswo, selbst welche zu formulieren. Diese Einladung ist ausdrücklich fakultativ, denn ob ein Text an der Anordnung aufeinander aufbauender Einsichten ausgerichtet ist, wird der verständige Bücherwurm auch bei Abwesenheit von Überschriften und Zwischenüberschriften bejahen oder verneinen können. Wie dem auch sei: Immerhin gibt es hier ein Literaturverzeichnis und die Seitenzahlen wie auch die Fußnoten sind fein durchnummeriert2.
Worum geht es? Nun, dieser Text tritt ein für eine Anwendung der Grundsätze des Großen Senates des BFH3. Genau genommen ist es ein Plädoyer für eine Wiederanwendung der Grundsätze des Großen Senates des BFH4. So eröffnet die Fürsprache jedenfalls und gegen Ende hin werden dann doch Zweifel in dem Sinne laut, ob es sich der Große Senat des BFH vielleicht doch zu einfach gemacht hat, die von ihm zu den Gewinneinkunftsarten vorgetragenen Liebhabereigrundsätze ohne Weiteres auf die Überschusseinkünfte zu übertragen. Es soll jedenfalls berichtet werden von Steuerpflichtigen, die aus einer fortwährend verlustbehafteten Nutzungsüberlassung von Grundstücken einen Verlustausgleich mit ihren anderen positiven Einkünften begehren.
Im Blick dieser Fürsprache steht also eine Betätigung, die vornehmlich in dem Vermieten von Immobilien besteht. Das Begehren des Steuerpflichtigen nach steuerlichem Ausgleich seiner Vermietungsverluste ist verständlich. Denn der – vom Gesetz auch so vorgesehene – Verlustausgleich hat einen Wert, der – Jahr für Jahr – in der sofortigen Minderung der Steuerlast des Steuerpflichtigen besteht.
Dieses Plädoyer möchte nun ein Verständnis bewerben, welches das gesetzliche Zulassen des Ausgleiches des negativen Ergebnisses aus einer bestimmten Tätigkeit mit anderen positiven Einkünften des Steuerpflichtigen als eine Vorleistung des Fiskus mit Blick auf erwartete Steuereinnahmen infolge steuerlicher Erfassung positiver Einkünfte aus nämlicher Tätigkeit in späteren Jahren begreift. Es ist ein Verständnis dahingehend, der Steuerpflichtige möge – später und insgesamt – mindestens das zurückgeben, was er erhalten hat. Es ist ein Verständnis dahingehend, das Gesetz, das EStG, habe die Erwartung, jene Steuereinnahmen mögen betragsmäßig höher ausfallen werden als der Gegenwert der Vorleistung. Es ist also ein Verständnis, welches in dem Zulassen des Verlustausgleiches einen Staatskredit und damit den wohl wahren Geist des EStG (Fiskalzweck des Gesetzes) erkennt und diesen der Rechtsfolgenbestimmung nutzbar macht.
Kredit setzt Bonität voraus und darum geht es dem Gesetz: Wird der Vermieter mit seinem Engagement in späteren Jahren hinreichend Erträge erwirtschaften um – durch Versteuerung positiver Einkünfte aus dieser Vermietungstätigkeit – den „Kredit“ zu bedienen und schließlich – nebst Zinszahlung – ganz zu tilgen? Eine vollständige Tilgung wäre erreicht, wenn der Steuerpflichtige auf längere Sicht die Überschüsse der von ihm geltend gemachten Aufwendungen über die Einnahmen (hier: Staatskredit durch Verlustausgleich) durch ein späteres Überwiegen der Einnahmen über die Werbungskosten (hier: Versteuerung der Differenz zwecks Tilgung) wird vollständig ausgleichen können. Einfacher formuliert:
Bonität ist nur gegeben, wenn sich bei realistischer Betrachtung in einem überschaubaren Zeitraum die Erzielung eines positiven Gesamtergebnisses aus dem Vermietungsengagement erwarten lässt. Ist die Bonität nicht gegeben, ist, könnte man meinen, kein Staatskredit auszureichen, d. h. der begehrte Verlustausgleich findet nicht statt. Doch wie gelangt man zu solch einer Betrachtung, des Vermieters Verlustausgleich sei Staatskredit, den er durch spätere Steuerzahlungen aus genau dieser Tätigkeit tilgen müsse? Das Gesetz, das EStG, regelt so etwas jedenfalls nicht und selbst eine Andeutung in diesem Sinne sucht man vergebens.
Man könnte einen solchen Schluss möglicherweise ziehen, wenn man nur auf den Zweck, den Geist des EStG, Mittel für die öffentliche Hand zu beschaffen abstellt5 und zugleich erkennt, dass dieser Zweck nur erreicht werden kann, wenn auf Dauer gesehen positive Einkünfte für die Besteuerung erfasst werden können6. Die Ursachen für die Probleme, welche die heutige Rechtsfindung vornehmlich mit Bezug zu verlustbehafteter Vermietungstätigkeit umtreiben, liegen zuvörderst in dem Verhalten des modernen Gesetzgebers, der den Ur-Zweck seines Gesetzes, den Geist des EStG, noch immer nicht normiert hat7.
Dem Wortlaut des Gesetzes kann nicht entnommen werden, wie weit die Verlustakzeptanz des Gesetzes geht, d. h. ob und wenn ja, in welchem Umfange er den Verlustausgleich bei fortwährend verlustbehafteten Betätigungen einschränken bzw. ausschließen möchte. Zunächst wird an keiner Stelle im Gesetz, dem EStG, ausdrücklich ersichtlich, dass der Gesetzgeber willens ist, sich – im Wege des letztlich gesamtsteuermindernden Verlustausgleichs – an den negativen Einkünften eines Dauerverlustvermieters finanziell zu beteiligen.
Zugleich wird an keiner anderen Stelle dieses Gesetzes ersichtlich, dass der Gesetzgeber willens ist, einen (letztlich gesamtsteuermindernden) Ausgleich von dauernd negativen Einkünften eines Vermieters mit dessen anderen positiven Einkünften einzuschränken.
Die noch immer ausstehende legislative Beantwortung der Frage nach der Verlustakzeptanz des Gesetzes hat nun soweit geführt, dass die Judikative, der Fachsenat des BFH, in Fällen sog. dauernder verlustbehafteter Vermietung unter Verweis auf eine vom ihm erdachte unwiderlegliche Unterstellung einer sog. Einkunftserzielungsabsicht einen Verlustausgleich erzwingt. Davon soll hier die Rede sein.
Jedenfalls lässt sich nicht sagen, der Rechtsanwender dürfte, wenn er denn schon näheres über Gesetzgebers Willen in Bezug auf dauernde Vermietungsverluste nicht wisse, immerhin das Gesetz beim Worte nehmen, weil es nämlich gesicherte8 Erkenntnis ist, dass mit dem in der Norm des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG als „Einkünfte“ definierten „Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten“ tatsächlich – also anders als das Gesetz dort zum Ausdruck bringt – nicht lediglich positive Einkünfte gemeint sind9, weil ansonsten auch etwa die Norm des § 10d EStG, welche von nicht ausgeglichenen „negativen Einkünften“ spricht, hinsichtlich der sog. Überschusseinkünfte10 ohne Anwendungsbereich wäre.
In Österreich sieht man das anders11: Dort misst man dem im öEStG ebenso beschriebenen „Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten“ eine Bedeutung dahingehend zu, der dortige Gesetzgeber erwarte steuerlich ein positives Ergebnis12. Damit sind wir erneut am Anfang, denn eine Aussage darüber, in welchem Umfange und über welchen Zeitraum der deutsche Gesetzgeber einem Vermieter den Ausgleich negativer Ergebnisse aus dieser Nutzungsüberlassung mit dessen anderen positiven Einkünften zubilligt, lässt sich dem Zusammenspiel der Norm des § 2 Abs. 2 bzw. Abs. 3 EStG einerseits und der Norm des § 10d EStG nicht entnehmen.
Dafür ist sicher, dass der Gesetzgeber eine Einschränkung des sog. Verlustausgleichs bei – auf Dauer besehener – Erwartung eines negativen Gesamtergebnisses aus dieser (Vermietungs)Tätigkeit (über mehrere Jahre oder gar den gesamten Zeitraum der „Vermietungsphase“) nicht in sein Gesetz aufgenommen hat. Sicher ist – bis auf weiteres – auch: Hat der Gesetzgeber keine solche Einschränkung vorgesehen, ist eine solche auch nicht zu vollstrecken13.
Der soeben beschriebene Verlustausgleich ist nichts anderes als eine Saldierung von Verlusten mit positiven Einkünften. Etwas technischer formuliert: Auch des Vermieters Verluste sind – anders als etwa § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG wörtlich sagt (siehe oben) – „Einkünfte“ im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG und sind somit in die Berechnung der „Summe der Einkünfte“ (§ 2 Abs. 3 EStG) mit negativem Vorzeichen rechnerisch einzubeziehen. Dieser Verlustausgleich innerhalb einer als auch zwischen verschiedenen Einkunftsarten ist nicht (ausdrücklich) im Gesetz geregelt, sondern muss erst aus dem Begriff „Summe der Einkünfte“ in § 2 Abs. 3 EStG erschlossen werden: Unter der „Summe der Einkünfte“ im Sinne dieser Norm ist derjenige Saldo zu verstehen, der nach horizontaler und vertikaler Verrechnung der Einkünfte verbleibt14.
Man spricht – hierbei eingedenk der Regelung des § 10d EStG – zusammenfassend vom Grundsatz der unbeschränkten Verlustverrechnung im deutschen Einkommensteuerrecht. Ob nun der unbeschränkte Verlustausgleich im Gesetzesworte ausdrücklich wird, wie dies vor 1974 der Fall war, oder ob er heute vom Rechtsanwender erst rechnend herbeigedeutet („Summe der Einkünfte“) werden muss, spielt – so sind, weil (soweit ersichtlich) bislang niemand etwas anderes behauptet hat, wir uns einig – für die Beantwortung der folgenden Frage (nächster Absatz) deshalb keine Rolle, weil selbst dann, wenn der Gesetzgeber den unbeschränkten Verlustausgleich wörtlich bestimmen würde, noch (immer) keinerlei Aussage zur Dauerstreitfrage, ob, und nach welchen Maßgaben im Einzelnen, eine Einkunftsquelle15 (objektiv) ertragsfähig sein muss16, getroffen worden wäre.
Dürfen also auch Vermieters Dauerverluste unbeschränkt ausgeglichen und verrechnet werden? Nun, das Gesetz sieht das jedenfalls so vor (§ 2 Abs. 2 EStG, § 2 Abs. 3 EStG). Eine diesbezügliche Beschränkung ist für Vermieter in keiner Norm formuliert. Die Frage aber ist: Muss das Gesetz im Sinne einer Beschränkung des Ausgleichs ausgelegt werden? Denn genau besehen läuft schon jedweder Verlustausgleich in der „Summe der Einkünfte“ des § 2 Abs. 3 EStG dem vom Großen Senat des BFH zur Begründung von steuerlicher Liebhaberei herangezogenen Fiskalzweck des EStG zuwider17. Infolge einer fehlenden Verlustausgleichsbeschränkung durch den Wortlaut des Gesetzes (alternativ: die Regelungen einer Verordnung), sieht der Große Senat des BFH den Fiskalzweck des EStG als „Begrenzer“ eines ansonsten schrankenlos möglichen Verlustausgleiches.
Wer so denkt, könnte erkennen, dass der Verlustausgleich als eine Art „Staatskredit“ vorzunehmen ist. Etwas anders gewendet: Der gemäß § 2 Abs. 3 EStG („Summe der Einkünfte“) unbeschränkt vorzunehmende Verlustausgleich ist nicht so ganz „im Sinne des Gesetzes“. So besehen war dem modernen Gesetzgeber mit dessen Gedanken einer „Mindestbesteuerung“18 bereits ein tieferes Verständnis des „Ur-Zwecks“19, des Geistes des EStG, zu bescheinigen20. Aber einmal abgesehen davon, dass dieses Regelungskonglomerat vielleicht etwas umständlich in Szene gesetzt worden war, ist der Gesetzgeber seinerzeit auf halben Wege stehen geblieben, weil nämlich sein Gesetzeswerk das Wesentliche noch immer nicht positiv geregelt hatte:
Tätigkeiten, die strukturell ungeeignet sind, öffentliche Mittel zu erschließen, können nicht zu Einkünften führen, mit der Folge, dass deren (negative) Ergebnisse einem unbeschränkten Verlustausgleich zwischen den Einkunftsarten nicht zugänglich sind. Insoweit haben Österreich und Deutschland etwas gemeinsam: Deren Einkommensteuergesetze regeln noch immer nicht, was sie doch eigentlich meinen.
Während sich die deutschen Rechtsfinder eigentlich schon seit den frühen Neunzehnhundertachtzigerjahren und bis heute noch immer ohne rechtes Ergebnis darüber beraten, in welchem Umfange man dem dauernd minus machenden Vermieter einen (ertrag)steuerlichen Ausgleich von Verlusten aus dieser Nutzung mit seinen anderen positiven Einkünften gestatten dürfe und was das Gesetz, das EStG, in dieser Hinsicht wohl wolle, hat man dafür in Österreich – zwar für alle möglichen Einkünfte aber auch speziell für jene des Vermieters21 – seit dem Jahre 1990/199322 ein konkretes, nämlich ein normatives, Regelwerk, welches freilich immer mal wieder ein wenig geändert wird. Die Rede ist von der dortigen Liebhabereiverordnung23, die bisweilen auch von deutschen Steuergerichten zitiert wird24.
In der Zeit vor Inkrafttreten der Liebhabereiverordnung vertrat die Rechtsprechung Österreichs konsequent den Standpunkt der objektiven Liebhabereibetrachtung, wonach eine Betätigung objektiv ertragfähig sein muss, um als Einkunftsquelle zu gelten25. Dieser Grundgedanke liegt auch der Liebhabereiverordnung zu Grunde. Die Finanzverwaltung Österreichs26 beschreibt die von der Liebhabereiverordnung aufgegriffene Einsicht zur Notwendigkeit einer näheren Prüfung der Einkunftsquelleneigenschaft einer Betätigung mit einem Abgrenzungserfordernis von Einkommenserzielung und Einkommensverwendung27 und beruft sich dabei auf die im öEStG genannten Begriffe „Einkünfte28" und „Einkommen":
„Die Begriffe „Einkünfte" und „Einkommen" setzen eine Tätigkeit voraus, die von der Absicht des Steuerpflichtigen getragen ist, insgesamt eine wirtschaftliche Vermögensvermehrung zu erreichen. Für die Steuerbarkeit von Einkünften ist daher nicht nur erforderlich, dass sie im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 EStG 1988 anfallen, die Tätigkeit des Steuerpflichtigen muss vielmehr ein Streben nach Erzielung eines Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) erkennen lassen. Die Einkunftsquelleneigenschaft einer Betätigung setzt die Eignung einer Tätigkeit voraus, einen der positiven Steuererhebung aus der betreffenden Einkunftsart zugänglichen wirtschaftlichen Gesamterfolg innerhalb eines absehbaren Zeitraumes abzuwerfen. Die Liebhabereibeurteilung soll die Sphäre der Einkommenserzielung von jener der Einkommensverwendung abgrenzen.“.
Vornehmlich hinsichtlich der Vermietungseinkünfte gab es hierzu in der Vergangenheit reichlich Meinungsverschiedenheiten zwischen Verwaltung und Judikative. So hatten die „öRichter“ den LVO-Prognosezeitraum29 (bei „kleiner Vermietung“30) von lediglich 12 Jahren als zu kurz befunden31, mit Folge, das dieser auf 20 Jahre (höchstens 23 Jahre) „verlängert“ werden musste.
Jedenfalls ist dort von Liebhaberei auszugehen, wenn eine (nicht befristete) Vermietung innerhalb eines absehbaren Zeitraumes (s. o.) objektiv nicht geeignet ist, Gewinne (im Sinne eines Einnahmenüberschusses) zu erzielen32.
Man beachte: Zu einer Zeit, als die Österreicher noch zwölf Jahre33 als Kalkulationsmaß nahmen, hatte die deutsche Verwaltung noch die – vollends unrealistische – Vorstellung, der Kalkulationszeitraum müsse 100 Jahre34 betragen.
Ebenso bemerkenswert im Sinne einer gerechteren Handhabe ist auch die normative Liebhabereivermutung Österreichs bei sog. kleiner Vermietung a priori: Liebhaberei ist gemäß § 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung zu vermuten, wenn Verluste aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohnungen mit qualifiziertem Nutzungsrecht entstehen. Diese Annahme von Liebhaberei kann nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 Liebhabereiverordnung ausgeschlossen sein, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem überschaubaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erwarten lässt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinne einer wie vorstehend erwähnten ertragbringenden Tätigkeit geändert wird.
Der deutsche Rechtsanwender kennt ein solches Regelwerk nicht, welches aus Anlass der Erklärung eines Verlustes zur Anwendung gebracht werden soll35. Indes ist auch ihm aufgegeben, Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen darauf zu untersuchen, ob sie der Erzielung positiver Einkünfte „dienen“. Kommt er zur Verneinung dieser Frage, soll er daraus eine konkrete Rechtsfolge ziehen. Eine Rechtsfolge, die die Wirkung des Verbotes des Ausgleiches von Verlusten mit anderen positiven Einkünften hat, eine Wirkung also, welche ggf. die Regelungsanordnung des § 2 Abs. 2 EStG jedenfalls aber jene des § 2 Abs. 3 EStG („Summe der Einkünfte“) einschränkend berührt.
Dieser deutsche Prüfungsauftrag stammt – anders als jener Österreichs – aus Richters Feder36, denn dieses „dienen“ sei, so erklärt das deutsche Gericht, kennzeichnend für die Einkunftsarten des EStG. Diese besondere Kennzeichnung wird vom Gericht damit begründet, dass jene Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen, die auf die beschriebene Art und Weise „dienen“, diesen Einkunftsarten zu Grunde liegen. Dieses Dienen (der Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen) führt also deshalb zu besonderer Kennzeichnung37 (der Einkunftsarten), weil diese Kennzeichnung Einkunftsarten markiert, die (allein) solch dienende Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen erfassen. Für sich allein besehen sind dies zwei Behauptungen. Zur Begründung ihrer Richtigkeit verweist eine jede auf die jeweils andere38.
Diese Vorstellung ist des Verfassers isolierte Interpretation jener Aussage der grundlegenden Entscheidung des Großen Senates des BFH aus dem Jahre 198439, wonach es kennzeichnend für die Einkunftsarten ist, dass die ihnen zu Grunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen der Erzielung positiver Einkünfte dienen. Zur Begründung dieses „Dienens“ hat das Gericht aber außerdem erklärt, Zweck des EStG ist es, Mittel für die öffentliche Hand zu beschaffen und dabei den Steuerpflichtigen entsprechend seiner Leistungsfähigkeit heranzuziehen. Dieser Zweck, so das Gericht weiter, ist nur zu erreichen, wenn auf Dauer gesehen positive Einkünfte für die Besteuerung erfasst werden können.
Wie also geht der deutsche Rechtsanwender nun vor, wenn er sich einem Vermieter gegenüber sieht, welcher der Abgabenbehörde Jahr für Jahr ein negatives Ergebnis aus dieser Vermögensnutzung präsentiert? Dieses Werk plädiert für eine Wiederanwendung der Grundsätze des Großen Senates des BFH aus dem Jahre 198440. Werfen wir nun einen Blick in einen aktuellen Kommentar zum EStG41:
„§ 21 beruht auf der typisierenden Annahme, dass VuV… zu positiven Einkünften führt. Deshalb gebietet es der Normzweck dieser Regelung, bei einer auf Dauer angelegten Vermietung v. Wohnimmobilien regelmäßig davon auszugehen, dass der Stpfl. beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften… Insoweit ist die für alle Einkunftsarten geltende Einkünfteerzielungsabsicht bereichsspezifisch ausgeformt“42.
Der Verfasser versteht den Kommentator so: Der Gesetzgeber macht die sog. Einkunftserzielungsabsicht zum Besteuerungsmerkmal. Selbiger macht indes Unterschiede bei den verschiedenen Einkunftsarten. Jedenfalls bei den Vermietern, die längerfristig Wohnraum überlassen, legt er fest, sie müssten das Vorhandensein der Einkunftserzielungsabsicht nicht erst nachweisen43. Dies habe – stellvertretend für sie – das Gesetz bereits getan. Indes geht auch der Kommentator noch immer von der überkommenen These einer Verlusteinkunftsart44 aus, wenn er unter anderem notiert45:
„Obwohl es sich bei der Vermietung v. Immobilien um „ein geborenes Verlustgeschäft“ handelt, hat der Gesetzgeber diese Einkunftsart beibehalten“.
Diese frühe Annahme46 wurde schon vor Jahren entkräftet: Statistisch ist nachgewiesen, dass der Fiskus mit dieser Einkunftsart seit dem Jahre 2003 „im Plus“ ist47. Überhaupt musste schon vor dem rechnerischem Erkennen eines Fiskal-Überschusses ernsthaft gefragt werden, ob das (bloße) Nichthandeln des Gesetzgebers, etwa in Bezug auf ausbleibende Einträglichkeit zu Gunsten des Fiskus, ein ausreichendes Indiz für die Zuweisung eines besonderen, etwa eines „neuen“ Regelungszwecks sein konnte48.
Wenn die Norm des § 21 EStG ihrer ureigenen Aufgabe als Fiskalzwecknorm einmal wieder „Ehre macht“49 und ein temporäres „Abrutschen“ des Fiskus in die Verlustzone für Zwecke der Normauslegung schon bisher untauglich war50, wie könnte es dann möglich sein, dass die, nach der Erkenntnis des Großen Senates des BFH für alle Einkunftsarten geltende Einkünfteerzielungsabsicht derart „bereichsspezifisch ausgeformt“51 ist, dass sie bei dauernden Vermietungsverlusten eines sog. Dauervermieters einfach so (Vermutung des BFH), permanent (jedes Jahr aufs neue52) und unwiderleglich53 vorhanden ist?54
Kann das vom Großen Senat des BFH näher beschriebene Erfordernis einer ganz besonderen Absicht (Einkunftserzielungsabsicht55) einer (derart) weitergehenden Differenzierung überhaupt zugänglich sein? Denn die Erkenntnis solcher Ausdifferenzierung könnte in Ansehung des schweigenden Gesetzes selbst auch nur dem Bereich teleologischer „Rechtsfindungsgestaltung“ entsprungen sein.
Die Bindung des Richters an Gesetz und Recht (Artikel 20 Abs. 3, Artikel 97 Abs. 1 GG), gestattet sie überhaupt den Anbau einer – allerdings gegenläufigen – Teleologie an eine andere? Schließlich hatte der Große Senat des BFH hatte im Jahre 198456 – mit etwas anderen Worten – nur das bestätigt, was der Reichsfinanzhof mit seinem Urteil vom 14.3.192957 so wuchtig zum Ausdruck brachte: Es sei oberster und alleiniger Zweck des Einkommensteuergesetzes „dem Reiche“ Einnahmen zu verschaffen. Damit haben diese Gerichte zugleich eine „Einheitsbetrachtung“ des EStG dargetan und den Geist des EStG in den Vordergrund ihrer Rechtsfindung gerückt.
Dieser Einheitsbetrachtung des EStG als eine Art Fiskalgesamtheit ist auch das BVerfG gefolgt, wenn es zum Ausdruck bringt, der „Zustandstatbestand“58 einer auf das Erzielen eines Überschusses angelegten Erwerbsgrundlage muss aus dem System des Einkommensteuergesetzes erschlossen werden59. Es erwähnt dabei nicht, weil es der Rechtsanwender offenbar zu wissen hat, dass die Rechtsprechung die Arbeit bereits geleistet hat. Damit bestätigt das BVerfG mittelbar den teleologischen Systemschluss des Großen Senates des BFH in dessen gedanklichem Anschluss an die Fiskalvorstellung der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs60.
Wenn aber nun ein Revisionsrichter zur Auffassung gelangte, jedenfalls bei den Immobilienvermietern müssten die „Gewichte“ zu Gunsten der Steuerpflichtigen „verschoben werden“61, wie würde er sich dann mit diesem Erfordernis einer auf das Erzielen eines Überschusses angelegten Erwerbsgrundlage auseinandersetzen? Wie also könnte ein Fachrichter des Obergerichts angesichts dieser Präjudizien überzeugend demonstrieren, dass ausgerechnet bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§§ 2, 21 EStG) „alles anders“62 sei und also dieser aus dem Geist eines Fiskal-EStG als Ganzheit zu erschließende „Zustandstatbestand“ einer auf das Erzielen eines Überschusses angelegten Erwerbsgrundlage bei dauernden Vermietungsverlusten eines Dauervermieters einfach so, permanent und unwiderleglich vorhanden ist?
Immerhin reden wir über ein Besteuerungsmerkmal, welches, wie es bereits der Große Senat des BFH zum Ausdruck brachte, stets der fallbezogenen Feststellung seines Vorhandenseins bedarf63. So vermag der Verfasser die zustimmende Haltung Mellinghoff’s, des Verfassungsrechtlers, zu einer Vermutungsrechtsprechung64, die – so jedenfalls der Verfasser selbst65 – ohne legislative Ermächtigung eine unwiderlegliche Vermutung im Sinne einer materiellen Typisierung aufstellt, schwerlich nachzuvollziehen66.
Nicht unwiderlegliche Vermutung67 auf Sachverhaltsebene, sondern Gesetzesauslegung soll es zwar sein68, wie der IX. Senat des BFH erst auf eingehende Kritik der Untergerichte69 erklärte70. Doch was der IX. Senat des BFH so leicht als Auslegung benennt, muss tatsächlich auch tatbestandskonkretisierende Gesetzesauslegung sein71. Allein die Behauptung des BFH, es handele sich um Norminterpretation72, reicht zur Überzeugung seiner Prüfer freilich nicht aus: Es bedarf schon einer methodischen Nachvollziehbarkeit der Rechtssätze des IX. Senates des BFH dahingehend, dass das präsentierte Ergebnis des BFH auch tatsächlich die Frucht einer Auslegung des Gesetzes ist:
Die Auslegung (des Gesetzes) betrifft nicht die Feststellung von Sachverhalten, sondern die Interpretation von Normtatbeständen73, während die unwiderlegliche Vermutung den Sachverhalt betrifft74 und nur durch Gesetz begründet werden kann75. Die Berufung auf vorhandene oder fehlende Einkunftserzielungsabsicht liegt im Wesentlichen auf dem Gebiet des Tatsächlichen76 („innere Tatsache“). Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung muss sich die „innere Tatsache“ „Einkunftserzielungsabsicht“ durch schlüssige äußere Tatsachen manifestieren77. Einkunftserzielungsabsicht kann danach nur durch Rückschluss aus erkennbaren äußeren Tatsachen festgestellt werden: Aus Hilfstatsachen muss auf die Haupttatsache (Einkunftserzielungsabsicht) geschlossen werden78.
Wenn der IX. Senat des BFH nun darlegt, Einkunftserzielungsabsicht sei bei so genannter Dauervermietung unwiderleglich vorhanden, so überbrückt er das Fehlen hinreichend schlüssiger äußerer Tatsachen (hier: positive Prognose und das Fehlen einer privaten einkunftsfremden Motivation für die Verlusthinnahme) mit deren schlichten Unterstellung79. Nicht vorhandene, zumindest aber nicht erwiesene äußere Tatsachen (Hilfstatsachen) werden seitens des BFH fingiert. Sie werden von ihm unumkehrbar, also endgültig vorgetäuscht, denn selbst umfassender Beweis (der Abgabenbehörde, des Untergerichts) im Einzelfall dafür, dass die hierfür erforderlichen äußeren Tatsachen unter keinen Umständen feststellbar sind, soll nach den insoweit eindeutigen Vorgaben des IX. Senates des BFH unbeachtlich und Einkunftserzielungsabsicht gleichwohl vorhanden sein80.
Der IX. Senat des BFH spricht damit den für die Liebhabereibeurteilung wesentlichen Merkmalen des individuellen Sachverhaltes, namentlich der Höhe und der (bisherigen wie vermutlich künftigen) Dauer der Verluste (Mehrjahresanalyse) sowie den Ursachen dieser Verluste, die Entscheidungserheblichkeit ab. Kurz: (Äußere) Tatsachen werden kraft Richterspruch unwiderleglich vermutet. Es liegt – nach dem hier bisher ausgebreitetem Verständnis – eine unzulässige Sachverhaltsunterstellung durch die Rechtsprechung vor81.
Der IX. Senat des BFH versteht sich selbst aber in (wohl) folgendem Sinne anders82: Weil der BFH aber so nicht vorgehe, sondern bei festgestellter Dauervermietung die Haupttatsache (Einkunftserzielungsabsicht) unter ausdrücklichem Hinweis auf seine teleologisch-historische Beleuchtung der Norm des § 21 Abs. 1 EStG als gegeben annehme, solle darin der Vollzug einer rechtlichen Wertung bestehen83. Der dabei vorab festzustellende Umstand der Dauervermietung solle also nicht als Indiz in eine Gesamtbewertung eingehen, sondern – so muss der BFH nämlich weiterhin verstanden werden – löse schon als selbständig zu prüfendes „Quasi-Tatbestandsmerkmal“ bei dessen Erfüllung eine konkrete Beurteilung der Tatfrage (Einkunftserzielungsabsicht liegt vor) aus. Nach dem eigenen Verständnis des BFH liege darin aber nicht – wie soeben formuliert – eine Beurteilung der Tatfrage sondern eine Rechtsfolge84.
Für sich besehen kann dieser Vorgang durchaus als rechtliche Wertung zu beurteilen sein. Aber eben auch nur innerhalb dieses gesetzesfernen85 richterlichen Gedankengerüstes, weshalb der Verfasser auf den Bruch dieses Konzeptes mit der Gesetzesrealität hinweisen möchte: Weil das Gesetz (§ 21 Abs. 1 EStG) weder ein solches „Quasi-Tatbestandsmerkmal“ noch eine solche Rechtsfolge formuliert hat, muss diese Beleuchtung der Norm des § 21 Abs. 1 EStG mit dem Schlusse der Existenz einer Art Gesetzesfiktion besonders kritisch hinterfragt werden. Jedenfalls noch zulässig, weil die Grenze zulässiger Rechtsfindung nicht überschritten, wäre diese Rechtsprechung, wenn die ihr zu Grunde liegende Typisierung bzw. Fiktion möglich, also dem Richter gestattet wäre.
Weil aber nun solche Gestattung vornehmlich mit Blick auf die richterlich bestimmte Unwiderleglichkeit der „Rechtsfolge“, der Fiktion, Vermutung oder wie auch immer man dies bezeichnen mag, davon abhängig ist, ob jener richterliche „Beurteilungsvorgang“ Rechtsanwendung oder Tatsachenfeststellung ist86, belegt dies einmal mehr die Notwendigkeit, Sachverhaltsebene und Rechtsebene strikt voneinander zu trennen87 und deren rechtssichere Feststellung unbedingt möglich zu machen88: Ausgelegt wird der Gesetzestext und ermittelt wird – nach den Regeln des Beweismittelrechtes – der Tatbestand.
Hierbei hilft uns der klare Blick auf das gesetzte Recht um mit dem so gewonnenen Eindruck einen Abgleich mit dem zu prüfenden Richterspruch vorzunehmen: Es kann keine „Auslegung“ dessen geben, was nicht vorhanden ist. Ist es also richtig, dass die Norm des § 21 EStG zu sog. steuerrechtlicher Liebhaberei tatsächlich überhaupt nichts regelt89, so kann eine richterliche „Auslegung“ dieses „Nichts“ auch nur Schriftgut ohne Normbezug sein, welches sich also nicht für den Rang einer Norminterpretation zu qualifizieren vermochte. Diese Lektüre aus Bundesrichters Feder ist – nun ordentlich entkleidet – nur ein Spruch, eine normferne Behauptung, die die (innere) Haupttatsache (Einkunftserzielungsabsicht) als gegeben vorbestimmt.
Dergleichen wäre gewiss noch gängig, wenn der Richter den Zusatz der Endgültigkeit (hier: Unwiderleglichkeit) wegließe, weil er dann nur – denken wir an den sog. Indizienbeweis oder an eine Anscheinsbeweiskonstruktion90 als weiche, formelle Typisierung91 – eine immerhin zulässige Ausweitung der Tatfrage vornähme92. Ob eine solche Anscheinsbeweiskonstruktion93 mit Blick auf die Strukturen des Liebhabereirechts, welche – auch mit Blick auf die Einschränkung einer lediglich mittelbaren Beweisführung94 – eine besonders eingehende Untersuchung des Sachverhaltes erforderlich macht, tatsächlich ein geeignetes Instrument wäre oder ob es nicht besser wäre, sofort nach den Gründen für andauernde Verlust zu „fahnden“95, ist freilich eine andere Frage. Etwa Heuermann96 lehnt die Verwendung eines Anscheinsbeweises jedenfalls deshalb ab, weil es an einem
„aus dem Tatsächlichen gewonnenen Erfahrungssatz, dass letztlich positive Einkünfte erzielt werden“
fehle97. Das könnte richtig sein, es fehlt jedoch erst recht an einer aus dem Gesetze gewonnenen Vermutung, dass im Dauer-Vermietungs-Einzelfalle letztlich positive Einkünfte erzielt werden98. Die Verwendung eines beweisrechtlichen Ansatzes lehnt der IX. Senat des BFH indes ab99 und es ist zuvörderst diese bundesrichterlich bestimmte Endgültigkeit, diese Unwiderleglichkeit, diese apodiktische, materielle Bestimmung des Vorhandenseins der Haupttatsache (Einkunftserzielungsabsicht), die den Verfasser zur beständigen Fortführung seiner erprobten Kritik100 motiviert. Es muss nämlich zugelassen werden, jedwede höchstrichterliche Vermutung durch Gegenbeweis zu entkräften101.
Wenn wir noch einmal bedenken, dass schon eine widerlegbare Vermutung in Gestalt eines Anscheinsbeweises – mit welchem die anderen Senate des BFH im Liebhabereirecht regelmäßig arbeiten – lediglich eine Ausdehnung der Sachverhaltsfeststellung darstellt102, so fällt die richterliche Aufstellung einer Vermutung, deren Gegenteil kraft Richters ergänzender Anordnung nicht bewiesen werden darf, ebenso in die Ebene der Feststellung des Tatbestandes. Denn beide genannten Vermutungen (Anscheinsbeweis: widerleglich; materiell typisierende Unterstellung: unwiderleglich) treffen abstrakte Aussagen über den Sachverhalt: Sagt ein richterlicher Anscheinsbeweis, Einkunftserzielungsabsicht liege wegen Vorliegens der Voraussetzungen dieses Anscheinsbeweises vor, ist damit der Tatbestand festgestellt.
Sagt eine andere richterliche Vermutung, deren Gegenteil nicht bewiesen darf, Einkunftserzielungsabsicht (Haupttatsache) liege wegen Vorliegens der Voraussetzungen dieser Vermutung vor, ist damit ebenso der Tatbestand festgestellt, denn es wird – unter Verzicht auf Ausermittlung und Bewertung von Hilfstatsachen (hier: Prognose, nicht einkünfterelevantes Motiv des Steuerpflichtigen) – auch mit dieser unwiderleglichen Vermutung ein erforderliches Fragment des Steuertatbestandes, nämlich ein sog. Tatbestandsmerkmal (hier: innere Absicht, Haupttatsache) als gegeben erklärt. In den beiden genannten Fällen, also widerleglich oder nicht, hat der Richter die Existenz dieses Tatbestandsmerkmals (vor)bestimmt, wenn die Voraussetzung der jeweiligen Vermutung vorliegt.
Der Anscheinsbeweis kann niemals Instrument der Rechtsanwendung sein103. Die in Rede stehende unwiderlegliche Fiktion / Vermutung des IX. Senates des BFH bei sog. Dauervermietung kann aber ebenso nicht Rechtsanwendungswerkzeug sein104, weil es sich bei jeder typisierenden Betrachtungsweise um eine vereinfachte Form der Gesetzesanwendung handelt, bei der es um Entbindung von der Sachaufklärungspflicht geht und somit der Sachverhaltswürdigung zuzurechnen ist105. Wer dazu den Großen Senat des BFH106 richtig versteht, wird diese richterlichen Vorbestimmungen schon deshalb nicht als rechtliche Wertung einordnen können, weil der rechtliche Wertungsvorgang im Wesentlichen abgeschlossen ist:
Der Große Senat hat mittels klar formulierter Voraussetzungen für steuerrechtliche Liebhaberei (Stichwort: zweigliedriger Liebhabereibegriff) doch im Wesentlichen gesagt was – rechtlich – Sache ist. Sachverhaltsbestimmung in Bezug auf das Vorhandensein von Haupttatsachen ist nicht Norminterpretation107. Allenfalls hat der IX. Senat die Grenze zwischen Rechtsanwendung und Tatsachenfeststellung zu Gunsten der Tatsachenfeststellung verschoben108, wobei dieser „Verschiebevorgang“ nicht gleichsam aus sich selbst heraus zum Akt der Rechtsanwendung werden könnte.
Mit dieser starren „Vorhandenseinsvermutung“ hat der IX. Senat des BFH die Frage nach dem Tatbestandsmerkmal Einkunftserzielungsabsicht, nach dieser inneren Tatsache als Haupttatsache, einwandfrei im tatsächlichen Bereich gelöst109 oder besser: Zu lösen versucht, denn diese „Lösung“ ist mangels Rechtmäßigkeit – hier: „verbotene“110 materielle Typisierung111 – eben keine methodisch nachvollziehbare Wertung, sondern nur ein Übergriff in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers. Aber selbst wenn man etwas anders heranginge und meinte, Interpretation des Normtatbestandes und Tatbestandsfeststellung seien vornehmlich in Sachen Liebhabereibeurteilung gerade nicht einwandfrei zu trennen112, so wird man aber doch einem Überwiegen der Sachverhaltsermittlung im Rahmen der Gesamtbeurteilung das Wort reden müssen:
Freilich ist die Ermittlung eines Sachverhaltes immer (zugleich) auch Beurteilung des Sachverhaltes nach Maßgabe des anzuwendenden Rechts. Aber auch dieser Vorbeurteilungs- bzw. Filterungsprozess, bisweilen auch als „Hin- und Herwandern des Blickes“ bezeichnet, ist Teil der vom Recht vorgeschriebenen Ausermittlung des Sachverhaltes. So ist etwa das Notieren und Auflisten von Werbungskostenüberschüssen des „Vermieters Schulze“ etwa, um etwas zu sagen, der letzten dreizehn Jahre seit Beginn seiner Vermietung allein bedingt durch dem Umstand, dass der Große Senat des BFH eine so genannte Mehrjahresanalyse des Geschehens verlangt.
Dieses Selektieren und Aufbereiten des Vorgefundenen nach Maßgabe der Skizze des Großen Senates (an Stelle eines dem entsprechenden Gesetzestextes) ist (noch) Bestandteil der Feststellung des Sachverhaltes, weshalb reine Rechtsanwendung bei der Feststellung der Einkunftserzielungsabsicht ausscheidet. Deshalb „verwandelt“ auch die vom IX. Senat des BFH immer wieder ins Treffen geführte Norm des § 21 Abs. 1 EStG die nach den Vorgaben des Großen Senates des BFH erforderliche Tatsachenfeststellung113 nicht in „besondere Rechtsanwendung“, schon weil die Norm des § 21 Abs. 1 EStG zu den Fragen der Einkunftserzielungsabsicht nichts regelt, etwas derartiges nicht einmal antippt, mit der Folge dass ein diesbezügliches Auslegungsbedürfnis114 der Norm des § 21 Abs. 1 EStG a priori nicht besteht.
Doch selbst wenn man die hier in Rede stehende höchstrichterlich verfügte „unwiderlegliche Vermutung“ für ein permanentes Vorhandensein einer Einkunftserzielungsabsicht bei dauernder Wohnraumvermietung dennoch als eine Frage der Norminterpretation115 einordnen wollte, so müsste zu diesem Zweck eine legislative Ermächtigung existieren. Denn der gesetzliche Tatbestand muss einer typisierenden „Rechtsanwendung“ zumindest zugänglich sein116. Der Rechtsanwender, hier im Blick der IX. Senat des BFH, müsste also vom Gesetzgeber zu einer solchen Fiktionsbildung ermächtigt worden sein117.
An einer solch legislativen Gestattung fehlt es indes: Die Norm des in § 21 Abs. 1 EStG sagt dazu nichts. Überhaupt hat diese Norm zu Fragen der Einkunftserzielungsabsicht keinerlei Bezug, bis auf die Tatsache, dass auch sie – als Glied im System des EStG – dazu dienen soll, möglichst sämtliche positiven Einkünfte des Steuerpflichtigen steuerlich zu erfassen118. Anders als der IX. Senat des BFH dazu vorträgt, ist eine solche Typisierung in der Norm des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht angelegt119. Dort, im Gesetz, ist ja nicht einmal etwas derartiges angedeutet120.
Folglich kann die richterlich bestimmte Ausblendung von wesentlichen Teilen des Sachverhalts auch nicht über begriffliche Umwege zur „Norminterpretation“ umbenannt werden. Das Gesetz sagt dazu nichts, deutet nichts dergleichen an und die Fiktion des IX. Senates bleibt also das, was sie in Tatsächlichkeit ist: Eine Fiktion in Gestalt einer unwiderleglichen Sachverhaltsvermutung121. Damit bringt der IX. Senat des BFH aber nur eine verfehlte Methode der Sachverhaltsfeststellung zur Anwendung122. Denn die von ihm bei sog. Dauervermietung unterstellte Einkunftserzielungsabsicht ist eine oft wahrheitswidrige Behauptung, auf deren Grundlage der IX. Senat den Sachverhalt umdenkt um die Wahrheit (etwa oft: so wie dieser Vermieter es anstellt, wird er bei Dauerverlusten bleiben) zu verschleiern123.
Dies ist mit Blick auf den in der Verfassung festgeschriebenen Vorbehalt des Gesetzes und den gerade das Steuerrecht prägenden Ermittlungs- bzw. Untersuchungsgrundsatz unzulässige „Rechtsfindung“124: Dem sachaufklärungsverpflichteten Untergericht, der sachaufklärungsverpflichteten Finanzbehörde muss die Möglichkeit eingeräumt bleiben, den Beweis für den wahren Sachverhalt, nämlich das Fehlen der Einkunftserzielungsabsicht, anzutreten:
Allein richterlich bestimmte Beweisabschneidung ist Unrecht und einmal genau besehen wendet der IX. Senat des BFH die typisierende Betrachtung doch nur deshalb an, weil seine nicht begründbare Eigenwertung von einer unwiderleglich zu unterstellenden Einkunftserzielungsabsicht einen wissenschaftlichen Anstrich erhalten soll. Tatsächlich ist die vom IX. Senat des BFH vorgenommene materielle Typisierung aber nur eine unzulässige, gesetzwidrige Methode der Sachverhaltsermittlung.
Doch immerhin, das muss man ihm lassen, legt der IX. Senat des BFH einige Ausdauer an den Tag, wenn es darum geht, seine Rechtsposition aufrecht zu erhalten: Sieht er sich dem Vorwurf gegenüber, er habe den wesentlichen Sachverhalt (nicht, wie er aber solle, geprüft sondern) unwiderlegbar unterstellt, was er indes nach einvernehmlicher Rechtsprechung der Bundesgerichte nicht dürfe, so trägt er vor, nein, dies sei es nicht, es sei Auslegung einer Norm125.
Hat der etwa Verfasser dem Senat sonach noch einmal umfassend wie dezidiert erläutert, dass die unwiderlegliche Unterstellung der für die Rechtsfindung maßgeblichen Sachverhaltsbestandteile schon wegen dieser Tatsache und mangels entsprechendem Auslegungsbedürfnisses126 der Norm des § 21 Abs. 1 EStG schon denknotwendig nicht Norminterpretation sein könne127, trägt jener Richter128, der so gern von den bipolaren Elementen129 berichtet, erneut vor, es gehe nicht um eine unwiderlegliche Vermutung (auf Tatsachenebene), sondern um Gesetzesauslegung130.
Weil etwa jener Richter die Anstöße der Kritik erneut nicht gewürdigt hat131, möchte der Verfasser nun wiederkehrend auf die verfehlte Methode der richterlichen Sachverhaltsfeststellung hinweisen: Gesetzesauslegung ist dies nicht132, sondern eine unwiderlegliche Sachverhaltsvermutung und so etwas ist – da sind sich die Gerichtshöfe einig – seit den Neunzehnhundertsechzigerjahren133 nicht mehr zulässig134. Es handelt sich hierbei135 auch um den Ausdruck eines Einvernehmes aller fünf obersten Gerichtshöfe über eine genau bestimmte, mithin absolute Grenze zur Art und Weise der Auslegung des Gesetzes. Dies ist indessen nicht nur eine unverbindliche Empfehlung an den Rechtsfinder sondern geltendes Recht.
Starre, unwiderlegliche Typisierung war (nur) Sache des Reichsfinanzhofs. Der methodengebildete Richter im modernen Verfassungsstaat greift darauf nicht mehr zurück136. Der IX. Senat des BFH soll deshalb noch einmal aufgefordert sein, Schluss zu machen mit solch unredlicher Vorgehensweise; dies ist keine verfassungskonforme Auslegungsmethodik. Der BFH stellt eine unwiderlegliche Regel (Sachverhaltsfiktion137) auf. Zugleich nimmt er für sich in Anspruch, die Ausnahmen von dieser Regel allein zu bestimmen und zu definieren.
Er nimmt also für sich in Anspruch, ohne entsprechend normative Ermächtigung eine Aufteilung in begünstigte Fallgruppen und eben nicht begünstigte Fallgruppen festzuschreiben. Ist ein Fall wegen Erreichens der vom BFH bewusst sehr niedrig gehaltenen Hürden (das dauernde Ausweisen negativer Einkünfte aus der Vermietung von Wohnraum reicht nämlich schon aus) als der begünstigten Fallgruppe zugehörig einzustufen, soll zugleich den Behörden und den Untergerichten der Beweis des Gegenteiles (kein begünstigter Fall, weil – Sachverhalt – Einkunftserzielungsabsicht nicht vorliegt) abgeschnitten sein. Ein solches Vorgehen ist – im Ergebnis – das Setzen von Recht138.
Rechtsetzung ist indes dem Gesetzgeber vorbehalten139. Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind die Finanzgerichte im Steuerrecht im Rahmen und nach Maßgabe gesetzlicher Ermächtigung zur typisierenden Gesetzesauslegung berechtigt140. Der Gesetzgeber selbst hat jedoch nichts dergleichen bestimmt oder auch nur derlei Bestimmungsrecht in die Hände des Richters gegeben. Weder die vom BFH verkündete unwiderlegliche Regel noch die vom BFH dazu verkündeten Ausnahmen noch die Definitionen dieser Ausnahmen (einschl. ihrer teils bizarren Untertypisierungen) kommen im Gesetz irgendwie (auch nicht andeutungsweise) zum Ausdruck. Es fehlt also bereits an dem für die Schaffung einer solchen Rechtsanwendungsfiktion erforderlichen Typisierungsspielraum141, also an der gesetzlichen Gestattung eines solchen „Tatsachenunterstellungsverfahrens“142. Wenn sich eindeutig und zweifelsfrei belegen lässt, dass auch die langfristige Vermietung einer Immobilie nicht zu einen Totalüberschuss führen wird und private Motive für die Hinnahme der dauernden Verluste vorliegen, kann die Einkunftserzielungsabsicht unter Berücksichtigung der konzeptionellen Vorgaben des Großen Senats des BFH nicht mehr willkürfrei unterstellt werden143:
In jedem vom ihm bestimmten Anwendungsfalle einer unwiderleglichen Unterstellung der Einkunftserzielungsabsicht überschreitet der IX. Senat des BFH also die Grenze, die der Entwicklung des Rechts von verfassungswegen gesetzt ist und verletzt in diesen Unterstellungsfällen den Grundsatz der Gewaltenteilung. Der IX. Senat des BFH möge daher – längerfristig auch in seinem eigenen Interesse – eine Liebhabereirechtsprechung zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anbringen, die die hierzu aufgestellten Vorgaben des Großen Senates des BFH für diese Einkunftsart auch tatsächlich in Rechtssätzen umsetzt:
Seit dem Ergehen der sog. Grundsatzentscheidung IX R 80/94144 aus dem Jahre 1997 kommt es in Sachen privater Vermietung von Wohnraum viel häufiger zu Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung darüber, ob die Vermietung steuerrechtlich zu berücksichtigen oder als unbeachtliche Liebhaberei zu beurteilen ist, als in den Dezennien zuvor145. Selbst der Tatsachenrichter muss immer erst den IX. Senat des BFH „fragen“ (mittelbar durch Zulassung der Revision) ob dieses oder jenes Dauerverlustmodell eine liebhabereiprüfungswürdige Ausnahme sein darf146. An sich unnötige Revisionsverfahren sind die Folge solch stark verzweigter Rechtsprechung, die apodiktische Festlegungen trifft, welche Sachverhalte vom Tatsachenrichter auf Liebhaberei geprüft werden dürfen und welche nicht147. Die seit dem Jahre 1997 zunehmende Anzahl der Vermietungs-Liebhaberei-Streitverfahren hat mit der „neuartigen“ Methodik des IX. Senates des BFH zu tun: Ein hölzernes Regel/Ausnahme-Konstrukt, welches der Senat bei Belieben um ein weitere Ausnahmen erweitert.
Die Untergerichte haben – nach dieser Konzeption des BFH – insoweit kein Mitspracherecht. Dies hat dazu geführt, dass Verwaltung und Untergerichte quasi dazu genötigt wurden, entsprechend verlustträchtige Fälle erst einmal vor den BFH zu bringen, während die Steuerpflichtigen regelmäßig vortragen, gerade ihr Fall werde aber von der Typisierung des BFH erfasst.
Erst auf nachhaltigen Druck von Untergerichten hat der BFH im Laufe der Jahre zwar ein paar neue Ausnahmen gesetzt, jedoch überwiegend erklärt, es liege keine Ausnahme vor. „Gesetzt“ ist insoweit die zutreffende Bezeichnung, weil der BFH für sich allein in Anspruch nimmt, eine unwiderlegliche Regel samt Ausnahmen in die Welt zu setzen: Der IX. Senat des BFH „spielt“ also den „Gesetzgeber“, denn er greift immer wieder massiv in dessen verfassungsgegebene Kernkompetenzen über.
Nachdem Verwaltung und Untergerichte – so einige solcher sind dem BFH aber auch ohne zu widersprechen gefolgt – im Laufe der Jahre „müde“ wurden, dem IX. Senat des BFH immer aus neue zu „erklären“, dieser oder jener Sachverhalt müsse aber doch auf Liebhaberei geprüft werden dürfen, der IX. Senat des BFH jedoch immer wieder mahnte, vornehmlich Höhe und Dauer der Verluste rechtfertigten es bei Dauervermietung nicht, eine Überprüfung der Einkunftserzielungsabsicht vorzunehmen, konzentrieren sich die Streitigkeiten nun vornehmlich darauf, herauszufinden, ob dieser oder jener Fall, die Voraussetzungen, für die Annahme einer jener vom BFH bisher gesetzten „Ausnahmetatbestand“ erfülle. Derlei Streitigkeiten um das Vorliegen von Ausnahmen liegen indes – wenn man sich nur bemüht, den Großen Senat des BFH richtig zu verstehen – rundweg neben der Sache: Liebhaberei, so darf man den Großen Senat des BFH vereinfachend verstehen, liegt dem Grunde nach vor, wenn auf Dauer gesehen nicht mit einem, die Gesamtaufwendungen übersteigenden, Einnahmenüberschuss gerechnet werden kann und diese Tatsache von privaten, einkunftsfremden, Motiven begleitet wird.
Die praktische Umsetzung dieser schlichten Formel ist bestimmt nicht leicht. Dies berechtigt den IX. Senat BFH aber nicht zur Aufstellung eigener „Tatbestandsmerkmale“ nach Maßgabe eines (nur) von ihm ausgedachten Regel-Ausnahme-Szenarios fernab des Gesetzes. Diese Berechtigung ist hier umso deutlicher zu verneinen, weil die vom BFH „erfundene“ Regel eine Vermutung darstellt, die, wie der BFH selbst immer wieder betont hat, von der Abgabenbehörde nicht widerlegt werden kann. Da liegt der Hund begraben: So darf nur der Gesetzgeber vorgehen148. Die Kritik an dieser Unwiderleglichkeits-Rechtsprechung ist nicht neu149. Der BFH hält gleichwohl ohne Rücksicht auf die hiergegen vorgetragenen Argumente noch immer an seiner „Typisierungspolitik“ fest150.
151