Strukturen eines Radnetzes
Radnetze können in unterschiedlicher Weise abgewandelt sein und dadurch Hinweise auf die Herstellerin geben. Bei Herbstspinnen und Streckerspinnen findet man eine offene Nabe (ein »Loch« in der Mitte). Bei der Sektorenspinne fehlt ein Sektor des Netzes. Bei der Wespenspinne und der Konusspinne läuft ein breites Seidenband, das sogenannte Stabiliment, von der Nabe aus nach oben und unten.
Inhalt
Der Kosmos-Farbcode teilt die Spinnen nach den Lebensräumen, in denen Sie überwiegend vorkommen, in sieben Gruppen ein:
In und an Häusern
Gärten
Wiesen
Trockenrasen
Wald- und Wegränder
Wälder
Feuchtgebiete
Körperbau einer Spinne (Kreuzspinne)
Strukturen eines Radnetzes
Typische Spinnennetze
Faszinierende Spinnen
Viele Menschen, selbst naturbegeisterte, stehen Spinnen mit entschiedener Abneigung gegenüber. Möglicherweise spielt ihr Gift eine Rolle, oder ihre Bewegungsweise, oder der Beutefang mithilfe eines Netzes, oder die Tatsache, dass bei einigen Arten die Weibchen nach der Paarung die Männchen auffressen. Diese Abneigung ist aber ganz unangebracht, meistens wohl anerzogen und eigentlich nicht begründbar, zumal es bei uns keine wirklich gefährlichen Giftspinnen gibt. Ganz im Gegenteil, unter den uns umgebenden Kleintieren gehören Spinnen zu den biologisch interessantesten und im Übrigen auch nützlichsten.
Porträt der Springspinne Marpissa pomatia
DER AUFBAU DES BUCHES
Dieses Buch kann zwar nur einen Teil der über 1000 in Mitteleuropa heimischen Spinnenarten behandeln, es möchte jedoch Vorurteile abbauen, die Schönheit der Spinnen aufzeigen und das Interesse der Leser an ihren hochinteressanten Lebensweisen wecken. Das Buch ist farblich nach den Lebensräumen der verschiedenen Spinnenarten gegliedert, in denen sie überwiegend vorkommen. Die einzelnen Porträts sind wiederum in die Rubriken Merkmale, Vorkommen und Wissenswertes unterteilt.
WAS MACHT SPINNEN SO BESONDERS?
Spinnen gehören wie die Insekten zu den Gliedertieren, unterscheiden sich aber von den Insekten auf den ersten Blick durch ihre acht Beine und die sechs oder acht Einzelaugen. Der Körper ist zweigeteilt, am Vorderkörper (Prosoma) sitzen die Laufbeine sowie die Taster (Pedipalpen) und die Giftklauen (Cheliceren). Der Hinterkörper enthält die inneren Organe sowie die Spinndrüsen und Spinnwarzen.
DIE SYSTEMATIK DER SPINNEN
Die grundsätzliche Einteilung der Spinnen richtet sich nach der Ausrichtung der Cheliceren: bei den orthognathen Spinnen, zu denen die Vogelspinnen, aber auch drei Arten bei uns gehören, sind die Cheliceren nach vorn gerichtet und ihre Giftklauen arbeiten parallel zueinander; bei den labidognathen Spinnen dagegen sind die Cheliceren gegeneinander gerichtet, sodass sie Beutetiere »in die Zange« nehmen können. Zu den Letzteren gehört die überwiegende Mehrzahl der Arten.
GESCHICKTE JÄGER
Viele, aber nicht alle Spinnen fangen ihre Nahrung in Netzen, obgleich alle Spinndrüsen besitzen. Zahlreiche Arten streifen entweder aktiv auf dem Boden oder in der Vegetation herum oder sie sind perfekt getarnte Lauerjäger, die ihre Beutetiere entweder optisch erkennen oder, wenn sie nachts unterwegs sind, mithilfe ihres Tastsinns jagen. Tagaktive Jäger besitzen daher meist ein stark vergrößertes Augenpaar, das ihnen zuweilen sogar räumliches Sehen ermöglicht.
Die Netze der netzbauenden Spinnen sind äußerst verschiedenartig gestaltet. Neben ganz unterschiedlich geformten Radnetzen gibt es Hauben- oder Deckennetze, röhrenförmige Wohngespinste mit einer Netzdecke oder Stolperfäden davor. Manche Arten werfen sogar Fangfäden oder Netze über ihre Beute und fesseln sie so. Insgesamt sind der Bau eines Netzes und die Fähigkeit, Spinnfäden zu produzieren, elegante Methoden, um einerseits einen größeren Umkreis zu bejagen, aber auch um wehrhafte Tiere ungefährdet zu erbeuten.
Die meisten Spinnen belegen ihre Netze mit Klebetröpfchen, an denen Beutetiere festkleben. Einige Arten jedoch geben aus einer vielporigen Spinnplatte, dem Cribellum, sehr dünne, stark kräuselnde, nicht klebende Fäden ab, die mit einem Kamm am Hinterbein, dem Calamistrum, auf das Netz aufgebürstet werden. So werden heftig strampelnde Beutetiere in einem Dickicht von Kräuselfäden gefesselt.
Bei fast allen Arten stehen die Cheliceren mit Giftdrüsen im Prosoma in Verbindung, sie dienen dazu, das Beutetier zu töten. Dieses wird danach durch Verdauungsenzyme aufgelöst, sodass es anschließend ausgesaugt werden kann – denn Spinnen können nicht kauen.
Gemäß ihrer Größe bilden Insekten aller Art die Hauptbeute unserer einheimischen Spinnen. Es ist fast unglaublich, welche Mengen an Insekten, darunter etliche Schädlinge, jährlich von Spinnen verzehrt werden. Infolge ihres Giftes, aber auch der vielgestaltigen Netze, können viele Spinnen sehr wehrhafte und erstaunlich große Insekten erbeuten. Die Giftigkeit steht daher mit der Art der bevorzugten Beutetiere in engem Zusammenhang, doch sei wiederholt: In Mitteleuropa braucht man sich vor Spinnen nicht zu fürchten!
Das farbenprächtige Männchen von Euophrys petrensis
FORTPFLANZUNG
Die Fortpflanzung der Spinnen geschieht auf indirektem Weg, indem das Männchen sein Sperma mit dem stark verdickten und ausgehöhlten Endglied des Pedipalpus aufnimmt und dieses in die weibliche Geschlechtsöffnung, die Epigyne, einführt. Da Spinnen Räuber und die Weibchen meist größer als die Männchen sind, geschieht die Annäherung meist unter ritualisierten Beschwichtigungsgesten des Männchens. Das wird übrigens nur bei wenigen Arten nach der Paarung vom Weibchen gefressen. Die Eier werden in einem versponnenen Kokon abgelegt, der entweder aufgehängt oder bei manchen Arten auch vom Weibchen getragen wird. Die Entwicklung ist direkt, das heißt, die Jungspinnen gleichen sofort den Erwachsenen.
Eine Radnetzspinne sitzt im Zentrum ihres Netzes.
VIELE SPINNEN SIND GEFÄHRDET
Zahlreiche Spinnen, besonders die Arten der Wärmegebiete, Trockenrasen und Heiden, sind heutzutage in ihrem Bestand gefährdet, weil ihre Lebensräume durch menschliche Einwirkung zerstört oder stark beeinträchtigt sind. Es wäre zu wünschen, dass nicht nur die Arten geschützt werden, sondern in stärkerem Maß auch ihre Lebensräume, damit uns und unseren Nachkommen ein faszinierender und vielgestaltiger Teil unserer belebten Umwelt erhalten bleibt.
In und an Häusern
Kellerspinne
— Amaurobius ferox
MERKMALE Eine große, untersetzte, ziemlich kurzbeinige Spinne; bis zu 15 mm lang; schwarz, mit undeutlicher, etwas hellerer Zeichnung auf dem Hinterkörper. VORKOMMEN Vor allem in Kellern und anderen dunklen Orten, in wärmeren Gegenden auch im Freiland, zum Beispiel an Weinbergsmauern. WISSENSWERTES Einige wenige, zwar miteinander nah verwandte, aber zum Teil recht unterschiedlich gestaltete Spinnenfamilien werden als »Kräuselspinnen« zusammengefasst. Die Kellerspinne ist eine Kräuselnetzspinne, die keine Klebetröpfchen, sondern stark gekräuselte Spinnwolle für ihr Netz benutzt. Die Spinnwolle wird von einer Siebplatte am Hinterleib, dem Cribellum, ausgeschieden und mit einem Borstenkamm an den Hinterbeinen, dem Calamistrum, auf das Netz gekämmt. Die Beutetiere kleben nicht im Netz fest, sondern verfangen sich darin. Das trichterförmige Netz wird meist am Boden in Ecken, Nischen und hinter Gerümpel angelegt und die Spinne fängt damit allerlei Ungeziefer, das sich in Kellern und Schuppen aufhält, vor allem Kellerasseln.
In und an Häusern
Federfußspinne
— Uloborus plumipes
MERKMALE Eine kleine, 4–6 mm lange, bizarr gestaltete Radnetzspinne mit sehr flachem Vorderkörper und hohem, dreieckigem, etwas buckligem Hinterleib und mit sehr langen Vorderbeinen, deren Schienen ein auffälliges Haarbüschel tragen. Die Färbung ist sehr verschiedenartig. VORKOMMEN Die Spinne stammt ursprünglich aus den Tropen, ist aber heutzutage bei uns in Gewächshäusern und Gartenmärkten weit verbreitet. WISSENSWERTES Diese kleine Spinne ist eine Einwanderin aus den Tropen. Sie erschien zuerst im Mittelmeergebiet, dann vor knapp 20 Jahren auch erstmals in Deutschland. Inzwischen ist sie bei uns weit verbreitet. Sie ist gleichfalls eine Kräuselnetzspinne, die aber ein Radnetz spinnt, das mit Kräuselwolle belegt ist. Das horizontale Netz wird zwischen größeren Pflanzen, etwa Kakteen und andere Sukkulenten, ausgespannt und kann fast 30 cm im Durchmesser erreichen. In Gewächshäusern kann man erwachsene Tiere ganzjährig antreffen.
In und an Häusern
Speispinne
— Scytodes thoracica
MERKMALE Eine kleine, 4–6 mm lange, sehr langbeinige, gelbliche oder hellbraune Spinne mit zahlreichen dunklen Flecken auf Körper und Beinen und einer charakteristischen schleifenförmigen Zeichnung am schräg nach hinten ansteigenden Vorderkörper, der bei dieser Spinne etwa so groß wie der Hinterleib ist. VORKOMMEN Bei uns fast ausschließlich in (älteren) Häusern, im Mittelmeergebiet auch im Freiland. WISSENSWERTES Der Name dieser kleinen Spinne bezieht sich auf ihre eigenartige Weise des Beutefanges. Die nachtaktive Spinne schleicht geradezu bei der Nahrungssuche an Wänden entlang. Hat sie ein Beutetier entdeckt, bleibt sie stehen, hebt den Vorderkörper an und »speit« dann aus ihren Chelicerenklauen klebrige Spinnfäden zickzackartig über ihr Opfer, das dadurch an den Boden gefesselt wird. Danach wird das wehrlose Opfer durch den Giftbiss getötet und ausgesaugt. Wie viele nachtaktive Spinnen ist sie bei Orientierung und Beutefang auf ihren Tastsinn angewiesen. Die langen, beweglichen Haare an den Beinen können selbst noch kleinste Luftbewegungen wahrnehmen.
In und an Häusern
Große Zitterspinne
— Pholcus phalangioides
MERKMALE Mit 7–10 cm Länge die größte unserer Zitterspinnen. Sie besitzt extrem lange Beine. Der Körper ist blassbraun mit undeutlichen dunklen Flecken. VORKOMMEN Bei uns fast ausschließlich in trockenen Kellern und Häusern, selbst in modernen Betonbauten. Im Mittelmeergebiet auch in Höhlen. WISSENSWERTES Der Name dieser überall häufigen Spinne bezieht sich auf ihr Verhalten, das sie bei Belästigung zeigt: Dann zittert sie sehr schnell in ihrem Netz. Zitterspinnen legen ihre unregelmäßigen Netze häufig an der Decke in Ecken an, gern dicht beieinander, und sie vertragen sich offenbar gut. Sie überwältigen selbst große, wehrhafte Tiere, sogar andere Spinnen, indem sie diese von hinten mit Klebfäden fesseln und dann, manchmal gemeinschaftlich, aussaugen. Sie sind oft die einzigen Spinnen in Häusern, und ihre überall herumhängenden langen Spinnfäden können im Haushalt lästig werden.
In und an Häusern
Fettspinne
— Steatoda bipunctata
MERKMALE Eine etwa 4–7 mm lange, auffallend fettglänzende Kugelspinne. Färbung mehr oder weniger dunkel bräunlich, Hinterkörper mit einer undeutlichen, helleren Zeichnung. VORKOMMEN Vor allem in Gebäuden, selbst in sehr trockenen, stark beheizten Räumen. Außerdem im Freiland an Felsen und an Baumrinde. WISSENSWERTES Offensichtlich bildet die wachsartige Oberfläche ihres Hinterleibs einen guter Schutz gegen Austrocknung, denn die Fettspinne kann sehr lange ohne Nahrung und Wasser auskommen, und dies sogar in sehr trockenen Räumen. Ihr weitmaschiges Netz wird in Ecken und Nischen angelegt und ist oben mit Spannfäden befestigt, während nach unten Fangfäden herabhängen, die am Ende mit Klebetröpfchen besetzt sind. Die Männchen besitzen ein Stridulationsorgan aus parallelen Rillen am Vorderkörper, über die eine Kante am Hinterleib bewegt wird. Es dient der Erzeugung von Lauten, die möglicherweise bei der Paarfindung und der Paarung eine Rolle spielen.
In und an Häusern
Höhlenspinne
— Nesticus cellulanus
MERKMALE Kleine, kugelige Spinne von etwa 5 mm Länge mit sehr langen, auffallend gebänderten Beinen. Färbung gelblich bis hellbraun, Hinterkörper gefleckt, Vorderkörper mit auffälligem, zweimal eingeschnürtem dunklen Mittelband. VORKOMMEN An feuchten, dunklen Orten, in feuchten Kellern, aber auch in Höhlen und Bergwerksstollen. Weit verbreitet, aber nicht häufig. WISSENSWERTES Diese kleine Spinne ist mit den Kugelspinnen verwandt und baut wie diese ein unregelmäßiges, weitmaschiges Netz, häufig geradezu einen Netzteppich, von dem die mit Klebetröpfchen besetzten Fangfäden herabhängen. Auch die Spinne hängt kopfüber in ihrem Netz. Die an den Klebetröpfchen hängende Beute wird von der Spinne nach oben gezogen. Gefangen werden vor allem verschiedene kleine Fluginsekten, etwa Pilzmücken, die ebenfalls an derartigen feuchten Orten leben.
In und an Häusern
Höhlenbaldachinspinne
— Porrhomma convexum
MERKMALEVORKOMMENWISSENSWERTES