Das Reiterdenkmal
Es wurde in Deutschland gebaut und im Jahr 1912 zu
Kaisers Geburtstag in Windhoek enthüllt
(Foto 1998)
Kleine Historie des modernen Namibias
1487 Bartolomeo Diaz stellt in der Lüderitzbucht ein Kreuz auf
1887 Grossbritannien annektiert Walfish Bay
1883 Heinrich Vogelsang hisst die deutsche Fahne an der Lüderitzbucht
1884 Der Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz stellt die südwestafrikanischen Besitzungen unter den Schutz des Deutschen Reiches
1892 Gründung der Hafenstadt Swakopmund
1904 - 1906 Kampf gegen Namas und Hereros
1908 Erster Diamantenfund in Kolmannskuppe
1914 Erster Weltkrieg
1915 Kapitulation der deutschen Schutztruppen
1919 Südafrika erhält Verwaltungsmandat über Südwest
1939 Zweiter Weltkrieg, deutschstämmige Männer werden in Südafrika interniert
1966 Beginn Kämpfe Swapo - südafrik. Militär
1989 Erste Wahlen
1990 Südwest wird unabhängig unter dem Namen Namibia
1994 Südafrika tritt die Enklave Walvis Bay an Namibia ab
1999 Versuch der Abspaltung des Caprivi-Zipfels
Der tätige Mensch hat die Angewohnheit, sich selbst irgendwelche Ziele zu setzen.
Ob man sie erfüllt oder nicht, hängt ganz von der Persönlichkeit des einzelnen ab.
Nach der Reise in den Süden Namibias war es fast schon eine Selbstverständlichkeit, dem Norden ebenfalls einen Besuch abzustatten.
Zwar waren wir im Jahr 1998 bereits schon mal in dieses Gebiet gereist, aber in der Zwischenzeit – so die Unterstellung – dürfte sich einiges geändert haben. Und es fehlte noch der Nordosten mit dem Caprivi-Zipfel.
Der Normal-Reisende denkt beim Norden von Namibia in erster Linie an die Etosha-Pfanne mit ihrer unglaublichen Tiervielfalt. Der Norden, insbesondere auch der Nordosten, hat jedoch einiges mehr zu bieten.
Was treibt einen dazu, dieses Land erneut aufzusuchen, das auf den ersten Blick so spröde wirkt, unnahbar, rauh, wenig einladend, von kargen Wüsten durchwirkt?
Es ist so völlig anders als unser Europa, auch völlig anders als die Gebiete in Kenia und Tansania. Es hat einfach seinen eigenen Reiz, der sich erst bei längerer „Freundschaft“, so möchte ich es einmal nennen, dem Besucher entfaltet und ihn zur Wiederkehr animiert.
Dieses Buch enthält vorwiegend persönliche Reise-Eindrücke und stellt keinen Reiseführer dar. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass der eine oder andere, der schon einmal den Norden besucht hat, Bekanntes wieder entdeckt oder auffrischt. Und derjenige, dem der Norden Namibias noch terra incognita ist, erfährt eventuell den ersten Anstoss, sich einmal in diese Region aufzumachen.
Eines muss man jedoch vorausschicken: Reisen in Namibia, sei es der Süden oder der Norden, ist immer mit längeren Autofahrten verbunden. Geduld und Ausdauer sind daher die notwendigen Reisebegleiter. Es ist ein dünn besiedeltes Land. Es gibt keine Linienbusse und die wenigen Verbindungen mit der Bahn sind langwierig und nicht immer zuverlässig.
Falls man selbst fahren möchte: Man muss sich auf den Links-Verkehr als Folge der südafrikanischen Besetzung von 1915 – 1989 einstellen.
Soweit zur eigenen Motivation.
Die eigentlich ersten verlässlichen historischen Daten beginnen mit der Einwanderung der Deutschen Ende des 19. Jahrhunderts im Süden Namibias.
Zuvor hatte jedoch schon der Portugiese Bartolomeo Diaz dem Land eine kurze Stip-Visite an der Küste in der Nähe von Lüderitzbucht abgestattet, ohne jedoch weiter ins Landesinnere vorzudringen. Seine Intentionen gingen weiter nach Süden.
Die Besiedlung durch die Deutschen startete im Süden bei Lüderitzbucht, als im Jahre 1883 Heinrich Vogelsang an der Küste des heutigen Namibia die deutsche Fahne hisste. Der Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz hatte ihn beauftragt, mit den Afrikanern Handel zu treiben und vor allem Land zu erwerben.
Für einige Gewehre kaufte er einem Nama-Chief fünf Meilen Land an der Küste ab, und zwar mit einem Betrugsmanöver. Die Eingeborenen kannten den Unterschied zwischen den verschiedenen Meilen (noch) nicht.
Am 24. April 1884 werden die Besitzungen des Kaufmanns Adolf Lüderitz unter den Schutz des Deutschen Reiches gestellt. Auf der sog. „Kongo-Konferenz“ in Berlin 1888 /1899 werden die Ansprüche Deutschlands auf Südwestafrika international anerkannt.
Der mutige Kaufmann Lüderitz gerät aber durch seine Investitionen in finanzielle Schwierigkeiten. Sein Tod bei einer Bootsfahrt auf dem Oranje, dem heutigen Grenzfluss zwischen Namibia und Südafrika, ist bis heute ungeklärt.
Am Ende des Buches und in den entsprechenden Kapiteln werde ich auf die Geschichte noch einmal eingehen, da es in diesem Buch in erster Linie um den Norden Namibias geht.
Jetzt lebten also die ersten Deutschen in Deutsch-Südwest, wie es später hiess. Aber vom Süden in Lüderitzbucht bis in den Norden war noch ein weiter Weg. Man muss die „Pioniere“, so möchte ich sie einmal bezeichnen, bewundern, dass sie in Anbetracht der vor ihnen liegenden Strapazen nicht verzweifelten oder für eine Rückreise plädierten. Die vor ihnen liegende Wüste war gnadenlos. Im Norden die lebensfeindliche Namib-Wüste, die man nicht zu durchqueren wagte. Bis zum nächsten, einigermassen lebenswerten Flecken mit einer Wasserquelle, dem heutigen Städtchen Aus, waren es über hundert Kilometer. Mit Ochsengespannen transportierte man seine Habseligkeiten, um irgendwo eine Bleibe oder die Grundlage für eine Farm zu finden.
Das Land jedoch war gross, riesig gross. Mit Mut und Entschlossenheit drangen sie weiter nach Osten und Norden vor. Eine Besiedelung voller Schweiss und Qualen, die man sich heute mit den asphaltierten oder geschotterten Strassen kaum noch vorstellen kann. Und das alles mit Ochsen-Gespannen und Pferden.
Nicht immer ging es friedlich dabei zu. Die Eingeborenen fühlten sich durch die Landansprüche der Neusiedler in ihren angestammten Rechten und Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt, was zu Aufständen führte. Viele Siedler, ihre Familien und auch die vom Deutschen Reich entsandten Schutztruppler verloren dabei ihr Leben. In der Christuskirche in Windhoek ist an der rechten Seite eine umfangreiche Bronze-Tafel zu sehen, die die Namen der gefallenen Soldaten einschliesslich ihres Dienstrangs enthält.
Aber sie blieben nicht nur im Süden, sie zogen hinauf über Keetmanshoop, Mariental, Windhoek, die Etosha-Pfanne und bis in den äussersten Nordosten, der heute den Namen Caprivi trägt.
Eine gewaltige Leistung, die man noch mehr zu schätzen weiss, wenn man diese Entfernungen selbst einmal er„fahren“ hat.
Ausgangspunkt dieser Reise war wieder das Hotel Heinitzburg in Windhoek, das uns für die erste Nacht nach einer Rundfahrt durch den Ort als erstes Nachtquartier diente.
Dieses Hotel hat eine interessante Vorgeschichte.
Die Heinitzburg in der gleichnamigen Strasse wurde 1904 von dem Architekten Sander gebaut. Der Graf von Schwerin schenkte diese Burg seiner Verlobten, einer geborenen von Heinitz, während er – so sagt man - ganz züchtig in einem Nebenhaus wohnte, das allerdings durch einen Geheimtunnel mit der Burg verbunden war. Im Jahr 1996 baute ein Deutscher diese Burg zu einem exklusiven Hotel mit 16 Zimmern um. Sein Sohn Tibor Raith führt nunmehr das Hotel.
Auch wenn man nicht im Hotel wohnt, lohnt sich der Besuch des Gartenlokals mit einer hervorragenden Sicht auf das unten liegende Windhoek.
Nach einem exzellenten Abendmenu und einigen Kostproben aus der opulenten Weinkarte im Feinschmecker-Restaurant „Leo’s at the Castle“ starteten wir am nächsten Morgen gen Norden.
Die Strasse bis zum nächsten Ort Okahandja ist nicht gerade mit Sehenswürdigkeiten gesegnet. Man ist dabei, die Strasse vierspurig auszubauen, denn über diese Strasse verläuft neben dem Verkehr nach Norden der Hauptverkehr weiter nach Swakopmund und dem einzigen Tiefsee-Hafen Walvis Bay.
Die einzige Attraktion sind die beiden Kunsthandwerksmärkte, deren Hauptprodukte Holzschnitzereien sind. Kein afrikanisches Tier ist verschont geblieben, in jeglichem Holz, in jeder Grösse bis hin zu mannshohen Figuren. Fast alle Stände zeigen die gleichen Objekte, Eingeborenen-Statuen, Schmuck und Tuchwaren. Wer nur photografiert ohne zu kaufen erhält schon mal eine deutliche verbale Ermahnung, doch gefälligst ein paar namibische Dollar locker zu machen. Aber wohin mit solchen Figuren? Zum einen sind wir erst am Beginn der Reise und die Fluggesellschaften sind auf Übergepäck nur gegen Aufpreis eingestellt.
Auf fast schnurgerader Strasse führt der Weg weiter nach Otjiwarongo. Einige markante Berge sind auf beiden Seiten zu sehen, so der Omatako mit 2200m. Links und rechts der Strasse wieder die unendlich vielen Zäune, die Namibia durchqueren und die einzelnen Farmen abgrenzen und auf diese Weise das Ausbrechen ihrer Ziegen, Schafe, Rinder und Pferde verhindern sollen. Man sagt, sämtliche Zäune aneinander gereiht, könnten viermal den Erdball umspannen.