Gerhart Hauptmann
Der Apostel
Gerhart Johann Robert Hauptmann wurde am 15. November 1862 als jüngstes von vier Geschwistern in Obersalzbrunn in Schlesien geboren, wo sein Vater Robert und seine Mutter Marie ein Hotel betrieben. Von 1874 bis 1878 besuchte er in Breslau die Realschule, danach nahm er eine Landwirtschaftslehre bei seinem Onkel in Lohning (heute Łagniewniki Średzkie) auf, die er jedoch nach eineinhalb Jahren aus gesundheitlichen Gründen wieder abbrechen musste.
Von 1880 bis 1882 besuchte Hauptmann die Bildhauerklasse der Königlichen Kunst- und Gewerbeschule in Breslau. Zum Wintersemester 1882/83 nahm er ein Studium der Philosophie und Literaturgeschichte an der Universität Jena auf, das er aber ebenfalls bald wieder abbrach. Nachdem auch Versuche, als Bildhauer oder Zeichner Fuß zu fassen gescheitert waren, wandte er sich dem Theater und der Schriftstellerei zu.
Hauptmann lebte in den folgenden Jahren zunächst im brandenburgischen Erkner in der Villa Lassen, in der sich heute ein Gerhart-Hauptmann-Museum befindet. Er schrieb Dramen, Schauspiele und Komödien, die von Publikum und Fachwelt anerkennend aufgenommen wurden. 1889 zog er nach Berlin. Mit dem Drama „Vor Sonnenaufgang“, das seinerzeit einen Skandal auslöste, gelangte Hauptmann auch über Berlin hinaus zu einer gewissen Bekanntheit. 1891 zog er nach Schreiberhau im schlesischen Riesengebirge, wo ihm mit dem Drama „Die Weber“, dessen Thema der Aufstand der schlesischen Weber im Jahr 1844 ist, der endgültige Durchbruch gelang.
1905 wurde Hauptmann zum Ehrenmitglied der „Berliner Secession“ ernannt, einem Zusammenschluss von Künstlern, der sich um die Jahrhundertwende zur führenden deutschen Kunstvereinigung entwickelte. Er wurde drei Mal mit dem österreichischen Grillparzer-Preis ausgezeichnet, und erhielt 1905 die Ehrendoktorwürde des Worcester College der University of Oxford sowie 1909 der Universität Leipzig. 1912 wurde Hauptmann mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Im Jahr 1932 verlieh ihm, als er sich auf einer Vortragsreise durch die USA befand, die Columbia University die Ehrendoktorwürde. Im selben Jahr erhielt er den Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main.
Hauptmanns Beziehung zum Nationalsozialismus war distanziert. Er war kein Anhänger entsprechender Ideologien, auch in seinem Werk taucht nichts Entsprechendes auf. In umgekehrter Richtung war das Verhältnis ebenfalls nicht ungetrübt. Das NS-Regime beobachtete das Werk Hauptmanns und sein Schaffen aufmerksam und kritisch, eine offene Konfrontation wurde aber vermieden, da den Machthabern bewusst war, wie beliebt Hauptmann in der Bevölkerung war. Im Jahr 1944 nahm Hitler ihn schließlich in die Liste besonders begnadeter deutscher Künstler auf, was Privilegien wie die Befreiung von der Pflicht zum Kriegsdienst mit sich brachte.
Gerhart Hauptmann starb am 6. Juni 1946 in Agnetendorf (Agnieszków). Einen Monat zuvor hatte er erfahren, dass die polnische Regierung auf seine Ausreise bestand. Auch eine Beerdigung vor Ort wurde nicht genehmigt. Die Beisetzung fand erst 52 Tage nach seinem Tod auf dem Inselfriedhof in Kloster auf Hiddensee statt.
„Mut und Eifer hatte die Angst seiner Seele allmählich wieder verdrängt. Er ging nicht wissend wohin, predigend im Geiste und bei sich selbst zu allem Volke redend: Ihr seid Fresser und Weinsäufer. Auf Euren Tafeln prangen kannibalisch Tierkadaver. Lasst ab vom Schlemmen! Lasst ab vom ruchlosen Morde der Kreaturen! Früchte des Feldes seien Eure Nahrung! Eure seidenen Betten, Eure Polster, Eure kostbaren Möbel und Kleider, tragt alles zusammen, werft die Fackeln hinein, dass die Flamme himmelanschlage und es verzehre! Habt Ihr das getan, dann kommt – kommt alle, die Ihr mühselig und beladen seid und folgt mir nach!“