Female Lovestories

Sammelband 3

 

 

 

Band 7: Honor, Thrill, Justice

 

Band 8: Temptation, Seduction, Change

 

Band 9: Chance, Possibilities, Luck

 

 

 

Frau/Frau Liebesromane von Casey Stone

 

Der Female Lovestories Sammelband 3 ist ein fiktives Werk, welches in der aktuellen Zeit spielt und von der Realität inspiriert wurde. Ähnlichkeiten zu tatsächlichen Ereignissen, lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Die Namen, Charaktere und Geschichte wurden allein für Unterhaltungszwecke kreiert.

Markennamen und Warenzeichen, die eventuell in diesem Buch verwendet werden, sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Eigentümer.

Kopieren, Vervielfältigung, auch auszugsweise nur mit Genehmigung des Autors.

 

© Casey Stone

2020
Ebook ISBN: 9783751906456

 

Impressum:

Casey-Stone.com

Wiesengrund 6

17207 Röbel/Müritz

 

Lektorat: KW Books

Korrektorat: ICT, KW Books

Covergestaltung: Nadine Kapp Coverdesign

 

Bildnachweise: Viorel Sima

shutterstock.com

 

 

Alle Rechte vorbehalten.

 

 

Honor, Thrill, Justice

 

 

Band 7 – Female Lovestories by Casey Stone

 

Liebesroman von Casey Stone

 

Inhaltsverzeichnis:

Impressum

Kurzbeschreibung

Widmung

Prolog

Kapitel 1: Victoria - Konsequenzen

Kapitel 2: Victoria - Neuanfang

Kapitel 3: Leila - Detective Sexy

Kapitel 4: Victoria - Wer sucht, der findet

Kapitel 5: Leila – Verhaften Sie mich!

Kapitel 6: Victoria - Gewissensbisse

Kapitel 7: Leila – Katz und Maus

Kapitel 8: Victoria – Verfallen

Kapitel 9: Leila - Stürmisch

Kapitel 10: Victoria - Zwiespalt

Kapitel 11: Leila - Risiko

Kapitel 12: Victoria - Geheimnisse

Kapitel 13: Leila - Vertrauen

Kapitel 14: Victoria - Schwieriger Fall

Kapitel 15: Leila – Die Wunden der Zeit

Kapitel 16: Victoria - Fortschritte und Veränderungen

Kapitel 17: Leila – Wiedersehen mit Beigeschmack

Kapitel 18: Victoria – Die heiße Spur

Kapitel 19: Leila - Game Over

Kapitel 20: Victoria - Herausforderung

Kapitel 21: Leila - Der Kreis schließt sich

Epilog: Leila

 

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Kurzbeschreibung:

 

Detective Victoria Storm hat beim Los Angeles Police Department eine blitzsaubere Karriere vorzuweisen. Ihre Laufbahn bekommt allerdings Risse, als sie sich zu einem kurzen Abenteuer mit der Frau ihres Vorgesetzten hinreißen lässt. Eine zweite Chance erhält sie, als sie zum County Sheriff nach Calabasas versetzt wird.

Während sie ihrem neuesten Fall nachgeht, trifft sie auf die Künstlertochter Leilani Shaw, die sie in Versuchung führt.

Doch plötzlich steht sie der wohl größten Herausforderung ihres bisherigen Lebens gegenüber.

Wird sie der Liebe eine Chance geben, auch auf die Gefahr hin, wieder einen großen Fehler zu begehen?

 

Widmung

 

Für Chantal, die im November 2018 alles an die Flammen des Woolsey Fires verlor.

Image

 

Prolog

 

Vor mir liegen noch zwei Meilen, dann bin ich endlich im Büro. Die Hoffnung, nicht zu spät dran zu sein, findet jedoch durch die morgendliche Rushhour ein schnelles Ende. Verdammt! Die Straßen nach Downtown L.A. sind wieder einmal hoffnungslos verstopft und ich stecke mittendrin. Na super! Vielleicht sollte ich mehr Spätschichten einlegen, um diesem elenden Verkehrschaos - zumindest morgens - aus dem Weg gehen zu können.

Während es nur in Schrittgeschwindigkeit vorwärtsgeht, klingelt mein Handy, auf dessen Display ich einen ganz bestimmten Namen entdecke.

»Morgen, Partner«, sage ich, nachdem ich das Gespräch angenommen habe.

»Wo bleibst du, Vic?«, fragt der mit beunruhigt klingender Stimme.

»Ich bin unterwegs, zähfließender Verkehr.«

»Du solltest dich ranhalten, der Captain will dich sprechen.«

»Was habe ich ausgefressen?«, erkundige ich mich.

»Keine Ahnung, Vic. Er hat nach dir gerufen und einen Brüller losgelassen. Scheint nach der großen Party vom Samstag nicht gut drauf zu sein.«

»Okay, ich gebe Gas«, lasse ich meinen Kollegen wissen und lege auf. Im Stillen hoffe ich, dass es nicht um die eine Sache geht, an die ich denke. Kopfschüttelnd versuche ich diesen einen ganz bestimmten Gedanken zu verdrängen und bemühe mich, einen Weg aus dem Chaos auf der Straße zu finden.

Nach einer nervtötenden Viertelstunde, die sich wie Kaugummi gezogen hat, verlasse ich den Highway 101 und erreiche Augenblicke später die Tiefgarage des Los Angeles Police Department Hauptquartiers. In dem Moment, als ich den Zündschlüssel herumdrehe und aus dem Schloss ziehe, klopft es an meiner Scheibe. Vor lauter Schreck fahre ich zusammen, dann entdecke ich meinen breitgrinsenden Partner neben meinem Wagen.

»Hast du das wirklich getan?«, nimmt er mich direkt nach dem Aussteigen ins Kreuzverhör.

»Keine Zeit. Ich bin spät dran, der Boss erwartet mich«, wiegele ich kurzerhand ab.

»Du weißt, dass ich dich als Partnerin sehr schätze, und ich habe wirklich kein Problem damit, dass du eine Lesbe bist, aber die Frau vom Captain in seinem Haus flachzulegen, ist der absolute Hammer, Vic!«, setzt er nach.

»Spinnst du? Geht‘s vielleicht noch etwas lauter?«, fahre ich ihn genervt an.

»Tut mir leid. Scheiße, Vic, du bist ein verdammt guter Cop und hängst dich immer zu einhundert Prozent rein, aber in dieser Sache hättest du dich lieber zurückhalten sollen.«

»Ich wusste nicht, dass sie seine Frau ist. Schließlich habe ich sie noch nie zuvor gesehen, weil ich private Unternehmungen mit den Kollegen oder meinem Vorgesetzten vermeide. Optisch kann die Frau nicht älter als Mitte zwanzig und auch gut seine Tochter sein. Wie dem auch sei, du bist an dieser Misere schuld«, rechtfertige ich mich entschieden und weise gleichzeitig seinen Vorwurf von mir.

»Wieso bin ich daran schuld?«, hinterfragt mein Partner mit einem skeptischen Blick.

»Du hast mich dazu genötigt, dich zu begleiten, obwohl ich von Anfang an dagegen war.«

»Teilschuld akzeptiert, aber dass du die Beherrschung verloren hast, geht auf deine Kappe. Ich muss dennoch ehrlich gestehen, ich hätte wahrscheinlich das Gleiche getan wie du, weil Mrs. Brown verdammt heiß ist. Lange Rede, kurzer Sinn: Der Captain ist deswegen ziemlich mies drauf, du solltest dich beeilen.«

»Danke für den Hinweis«, murmele ich vor mich hin, wende mich von ihm ab, gehe ein paar Schritte bis zum Aufzug und drücke die Ruftaste. Dann drehe ich mich noch einmal um und erkundige mich bei meinem Partner: »Wie hast du davon erfahren?«

»Du warst gerade weg, als ich in die Küche ging, um mir noch ein Bier zu holen. Dort traf ich auf den Captain, der mit seiner Frau stritt. Er verpasste ihr eine Ohrfeige, woraufhin es aus ihr herausplatzte. Er hat mich gebeten, Stillschweigen darüber zu bewahren.«

»Deshalb hast du es mir vorhin nicht gleich am Telefon erzählt, willst mich jetzt aber auch nicht ins offene Messer laufen lassen?«

Seine Miene verdunkelt sich und er nickt mir stumm zu.

»Danke, Partner. Es war schön, mit dir zusammengearbeitet zu haben«, bringe ich über die Lippen, dann betrete ich die Aufzugskabine. Im neunten Stock verlasse ich sie und steuere direkt des Henkers Büro an. Ich bin geliefert und werde wohl meinen Schreibtisch räumen dürfen, so ein Mist. Normalerweise habe ich mich und meine Triebe unter Kontrolle, doch am vergangenen Samstag konnte ich mich nach ein paar Gläsern Champagner und einigen abstinenten Wochen, was das Thema Sex angeht, nicht zurückhalten. Mit Kollegen stießen wir auf den 50. Geburtstag des Captains in seinem Garten an, unterhielten uns und sprachen eigentlich über nichts anderes als unsere Arbeit. Nach einer Weile tauchte diese unglaublich hübsche Blondine namens Carrie auf, die ich irrtümlicherweise für eine der Gäste hielt. Sie machte mir schöne Augen, schlich immer wieder um mich herum und erwischte mich später allein im Haus, als ich die Toilette suchte. Ohne große Worte fiel sie über mich her und wir hatten eine schnelle, aber sehr befriedigende Nummer. Dann verließ sie das Badezimmer mit den Worten, ich solle einen Moment warten, bevor ich ihr folge, da ihr Mann nichts davon erfahren sollte. Als ich sie fragte, wer ihr Gatte sei, verpasste sie mir mit der Antwort den Schock meines Lebens. Viele meiner Kollegen wissen, dass ich lesbisch bin und dazu stehe. Die Frau vom Boss zu vernaschen, wäre mir allerdings nie im Traum eingefallen. Vermutlich ist das der erste dunkle Fleck in meiner bisher blitzblanken Karriere als Detective beim Einbruchsdezernat des L.A.P.D.

Gedanklich auf Rauswurf eingestellt, klopfe ich an die Bürotür meines Vorgesetzten und lege die Hand auf die kalte Edelstahlklinke. Er wird mir bestimmt einen Einlauf verpassen, den ich in meinem Leben bisher noch nicht bekommen habe ...

 

Victoria

Konsequenzen

 

»Eintreten!«, vernehme ich die raue Stimme meines Vorgesetzten. Nach einem tiefen Atemzug schließe ich kurz meine Augen, drücke die Klinke hinunter und betrete Captain Browns Büro.

»Guten Morgen, Sir«, begrüße ich ihn und schließe die Tür.

»Guten Morgen, Detective Storm«, erwidert er. Sein Blick ist streng, doch ein leichtes Lächeln umspielt seine Lippen. Wortlos deutet er mit einer Hand auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Als ich darauf Platz genommen habe, erfüllt für einen Augenblick gespenstige Stille den Raum. Mein Boss sitzt einfach nur da und starrt mich an. Warum sagt er nichts?

»Sie hatten nach mir verlangt, Sir«, bringe ich mühsam hervor und versuche, dabei so ruhig wie möglich zu klingen.

»Ihre Marke und Ihre Dienstwaffe«, fordert der Captain mit einem Mal. Das war's, ich habe es gewusst! Ich zögere kurz, greife dann jedoch an meinen Gürtel, ziehe die Dienstmarke ab und löse das Pistolenhalfter, um ihm beides auf seinen Tisch zu legen. Im Gegenzug platziert er daneben ein paar Blatt Papier, auf denen ich das Wort Beurteilung lesen kann. Meine leichtsinnige Aktion in seinem Haus kostet mich meinen Job, und dafür könnte ich mich augenblicklich selbst ohrfeigen.

»Tut mir leid, was passiert ist, Sir. Ich gehe dann besser gleich«, lasse ich ihn leise wissen und greife nach dem Dokument.

»Nicht so schnell, Detective. Wir sind noch nicht fertig.«

»Ich wusste nicht ...«, setze ich an, um ihm alles zu erklären, doch dabei unterbricht er mich abrupt.

»Berufs- und Privatleben zu trennen, fällt vielen schwer. Sie gehören nicht zu diesen Menschen, Detective Storm. Das habe ich stets an Ihnen bewundert«, erklärt er mit ruhiger Stimmlage. »Sie geben privat kaum etwas von sich preis, handeln sehr kontrolliert, bis auf diese eine Sache.«

»Und dafür möchte ich mich aufrichtig entschuldigen, Sir«, merke ich hastig an.

»Ich gebe zu, als ich von Ihrer kurzen Liaison mit meiner Frau erfuhr, hätte ich Sie am liebsten vor allen Kollegen gefeuert. Wissen Sie, warum ich es nicht getan habe?«

»Weil ich rechtzeitig die Flucht ergriffen habe«, antworte ich, was ihm erneut ein kleines Lächeln entlockt.

»Zum einen das und zum anderen hat meine Frau mich darum gebeten, nicht zu hart zu Ihnen zu sein. Außerdem hätte ich Privat- und Berufsleben vermischt.«

»Es war ein Fehler, der mir aufrichtig leidtut, Sir. Ich werde die volle Verantwortung dafür übernehmen«, erkläre ich, auch wenn ich mich damit womöglich um Kopf und Kragen rede, und verstecke dabei meine zitternden Hände unter der Tischplatte.

»Sie hatten vor einem Jahr die Versetzung nach Calabasas in die Lost Hills Station angefragt. Ist das noch aktuell?«, möchte er überraschend von mir wissen. Damals ging mir die Fahrt nach Downtown und zurück nach Hause ständig auf die Nerven. Baustellenbedingt war ich täglich zwischen drei und vier Stunden auf der Straße unterwegs, schob dazu noch überlange Schichten und hatte kaum freie Wochenenden. Die Lost Hills Station ist nur knapp zehn Meilen von meinem Haus entfernt und erschien mir eine gute Alternative zum Hauptquartier im Herzen von L.A.

»Detective?«, holt mich Captain Brown aus meinen Überlegungen.

»Ähm, ja, entschuldigen Sie, Sir.«

»Ja zu Calabasas?«

»Ich nehme an, ich habe keine andere Wahl?«

»Vollkommen richtig, Detective. Begleiten Sie mich für einen Moment hinaus«, fordert er mich ruhig, aber bestimmt auf. Ich schnappe mir meine Papiere und verlasse hinter meinem Vorgesetzten den Raum. Im Großraumbüro bleiben wir mitten auf dem Hauptflur stehen; dann setzt der Captain einen Pfiff ab, der ihm sofort die Aufmerksamkeit aller Kollegen zuteilwerden lässt.

»Alle zuhören, es gibt Neuigkeiten«, beginnt er. »Detective Storm wechselt auf eigenen Wunsch zum Los Angeles County Sheriff's Department nach Calabasas und wird dort die Kollegen bei deren bisher schwierigstem Fall unterstützen. Ich möchte mich an dieser Stelle bei ihr für elf hervorragende Dienstjahre bedanken.« Mit diesen Worten bekomme ich meine Versetzung erklärt, die wohl die einzig akzeptable Alternative zu meiner Entlassung aus dem Polizeidienst ist. Einerseits bin ich froh, noch einen Job zu haben, andererseits geht es alles rasend schnell, genauso wie die heiße Nummer mit Mrs. Brown.

»Sie sollten ein paar Worte an die Kollegen richten«, höre ich den Captain zwischen laut applaudierenden Kollegen flüstern. Es dauert noch ein paar Sekunden, bis es ruhiger wird und ich mir gedanklich auf die Schnelle eine kurze Rede zusammenstellen kann.

»Ich habe mich hier immer sehr wohl gefühlt, aber manchmal führt ein Weg in eine andere Richtung, als man zunächst dachte. Ich werde euch alle in guter Erinnerung behalten und sicher mal wieder vorbeischauen. Vielen Dank an unseren Captain, der mir bei dieser Entscheidung, die mir weiß Gott nicht leichtgefallen ist, volle Rückendeckung gab. Außerdem möchte ich allen Kollegen meinen Dank aussprechen, ihr seid einfach fantastisch.« Erneut hallt Beifall durch das Großraumbüro und vereinzelt sogar ein Pfiff. Ich bin hier immer mit jedem gut ausgekommen, auch wenn ich keine großartigen privaten Kontakte pflegte. Unter den gegebenen Umständen ist ein - nach außen hin - sauberer Abgang die beste Lösung. Und wenn der Captain mich versetzen kann, dann ist die Sache mit dem obersten Boss eh bereits abgesprochen, da nur dieser einen solchen Wechsel absegnen kann.

»Auf ein letztes Wort, Detective«, diktiert mich mein Vorgesetzter zurück in sein Büro. Dort setzt er sich an seinen Schreibtisch und bittet mich darum, ihm gegenüber Platz zu nehmen.

»Sie haben für den Rest des Tages und auch morgen frei. Falls noch irgendetwas zu übergeben ist, bitte an Ihren Partner. Melden Sie sich am Mittwochmorgen um acht Uhr bei meinem Kollegen, Sheriff Ortega. Er legt großen Wert auf Disziplin, also seien Sie pünktlich«, erklärt mein Boss.

»Verstanden, Sir. Dürfte ich Sie noch etwas fragen?«

»Nur zu, Detective.«

»Warum tun Sie das?«

»Sie meinen, die Versetzung statt des Rauswurfs?«

Nickend bestätige ich.

»Dass dieser Vorfall Konsequenzen für Sie haben muss, steht außer Frage. Unabhängig davon, haben Sie eine beeindruckende Karriere hingelegt und sind eine außergewöhnliche Polizistin. Sie leben für diesen Beruf, und das wollte ich Ihnen nicht nehmen. Immerhin haben Sie mir ein Stück meines Lebens zurückgegeben.«

»Ich verstehe nicht«, erwidere ich verdutzt.

»Lassen Sie es mich so formulieren, Detective, Ihre kleine Aktion hat dafür gesorgt, dass meine Frau und ich uns wie in den zweiten Flitterwochen fühlen«, löst er schließlich lächelnd auf.

»Ich verstehe, Sir«, sage ich leise. Offenbar gab es nach dem Streit den berühmten Versöhnungssex, was auch die relativ ruhige Art des Captains erklärt. Für gewöhnlich ist er in unangenehmen Situationen nicht der umgänglichste Typ, was jeder seiner Untergebenen, inklusive mir, weiß.

»Ich erwarte von Ihnen, dass Sie über die Ereignisse und dieses Gespräch stillschweigen wahren. Kann ich mich diesbezüglich auf Sie verlassen, Detective?«

Rasch erhebe ich mich und reiche ihm eine Hand. »Selbstverständlich, Sir. Danke, dass Sie sich für diesen Weg entschieden haben.«

»Richten Sie Sheriff Ortega Grüße aus. Ich wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute«, entgegnet er und ergreift meine Hand. Wenige Augenblicke später verlasse ich sein Büro und suche meinen Schreibtisch auf. Dort erwartet mich mein Partner mit zwei großen braunen und noch leeren Umzugskartons.

»Wo geht die Reise hin?«, fragt er neugierig nach. Als der Captain vorhin dieses Detail erwähnte, war Eric offenbar noch nicht hier.

»Ich sage nichts ohne meinen Anwalt.«

»Wir arbeiten seit drei Jahren zusammen, ich habe dir zweimal deinen lesbischen Arsch gerettet, den ich übrigens echt heiß finde, und trotzdem willst du mich dumm sterben lassen? Findest du das fair?«

»Hilf mir beim Packen, damit ich meinen freien Tag noch etwas genießen kann«, flüstere ich ihm verschwörerisch zu, ohne seine Frage direkt zu beantworten. Mein Partner ist verdammt clever und weiß mit diesen Informationsfetzen genügend anzufangen.

»Turner, in mein Büro!«, unterbricht uns Captain Browns barsche Stimme.

»Jetzt gibt's Saures«, scherzt mein Kollege.

»Geh schon, sonst gibt es für dich womöglich auch Ärger.«

Er zwinkert mir zu und lässt mich allein weiter meine Sachen packen. Als er beim Boss ist, kommen nacheinander ein paar Kollegen vorbei, um mich mit netten Worten zu verabschieden.

»Worüber grübelst du?«, holt mich mein Partner wenig später aus den Gedanken.

»Wir waren erst drei Tage zusammen unterwegs, als du dieses Foto gemacht hast«, erkläre ich mit einem kleinen Bilderrahmen in den Händen, auf dem ich in unserem Dienstwagen sitze und eine Minitorte halte. Es war mein 33. Geburtstag. Während ich anfänglich nicht besonders viel redete, um mir vom Frischling Eric Turner einen Eindruck zu verschaffen, plapperte dieser sympathische junge Kerl in einer Tour drauf los.

»Dein Gesichtsausdruck war göttlich, ich werde diesen Tag nie vergessen, Vic. Ich hoffe, wir bleiben weiterhin in Kontakt!«

»Natürlich, Eric. Jetzt lass uns aber nicht sentimental werden, erzähl mir lieber, was der Boss von dir wollte.« Augenverdrehend setzt er sich mit einer Pobacke auf meinen Schreibtisch, während ich weiterhin meine Sachen in den beiden Kartons verstaue.

»Ab morgen bin ich mit dieser neuen Kollegin unterwegs«, erklärt er, den Blick auf einen leeren Schreibtisch auf der anderen Seite des Ganges gerichtet.

»Ach komm, Anna ist doch ganz nett, und was ich so von ihr gehört habe, ist durchweg positiv«, mache ich ihm Mut.

»Sie ist nicht im Ansatz so abgeklärt wie du, soll Mundgeruch haben und außerdem werde ich das Gefühl nicht los, dass sie auf meinen Arsch scharf ist, so, wie sie mir immer nachschaut«, entgegnet Eric wenig begeistert.

»Mit seinem Partner kann man über alles reden ...«

»Sagt die große Geheimniskrämerin Victoria Storm«, unterbricht er mich breit grinsend. Auch ihm habe ich wenig von meinem Privatleben erzählt, dennoch weiß er mehr, als viele andere. Eric Turner ist einer von ganz wenigen Menschen, denen ich vertraue, und das auch nur, weil er diskret ist und die Dinge nicht an die große Glocke hängt.

»Gib ihr eine Chance, sie wird eine gute Polizistin«, wage ich mich zu prognostizieren.

»Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen und dich vor diesem Fettnäpfchen bewahren. Es tut mir ehrlich leid, Vic.«

»Wohl eher Fetteimer, aber schon okay, Partner. Es war mein Fehler und dafür sollte ich mich entschuldigen. Komm, hilf mir beim Tragen, ich will endlich hier raus.« Da meine persönlichen Sachen eingepackt sind, schnappen wir uns jeder einen Karton und gehen zum Aufzug.

Als wir diesen in der Tiefgarage verlassen, stockt mir kurz der Atem. Carrie Brown steht plötzlich vor mir und lächelt mich glücklich an. Es ist das erste Mal, dass ich sie bei uns sehe. Wären wir uns früher über den Weg gelaufen, hätte ich die Finger von ihr gelassen und würde jetzt vermutlich noch an meinem Schreibtisch sitzen, anstatt mit meinem Kram zu verschwinden.

»Hallo, Victoria«, begrüßt sie mich leise, schaut dann auf die beiden Kartons und legt die Stirn in Falten.

»Kannst du die schon zum Wagen bringen?«, frage ich Eric mit Blick auf meine Sachen.

»Klar, aber lasst euch bloß nicht bei irgendetwas erwischen«, sagt er, zwinkert mir zu und wartet, bis ich meine Kiste auf die seine gestellt habe. Obendrauf lege ich noch meine Wagenschlüssel.

»Hat er dich gefeuert?«, erkundigt sich Carrie leise, während sie meinem Partner nachschaut. Ich schüttele den Kopf, sage aber nichts. Stattdessen betrachte ich ihr langes blondes Haar und ihr bildschönes Gesicht. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass sie die Frau des Captains ist.

»Freigestellt?«

»Nein, auch nicht. Sei mir nicht böse, Carrie, aber ich sollte dazu besser nichts sagen. War schön, dich noch einmal zu sehen.«

»Hey, nicht so schnell«, entgegnet sie und packt mich sanft an einem Arm. »Ich wollte mich noch bedanken, weil ich mit dir diesen geheimen Wunsch ausleben durfte. Vielleicht sehen wir uns mal wieder? Du weißt schon, für eine kleine Wiederholung«, bittet sie mich tatsächlich.

»Sorry, aber das ist keine gute Idee«, wende ich ein.

»Wieso, weil du eine Freundin hast?«, hakt sie verschmitzt grinsend nach.

»Ich denke, du kennst das Warum.«

»Natürlich, schon klar. Ich kann deine Bedenken verstehen«, meint sie, als sie mich loslässt. Dann holt sie aus ihrer Handtasche eine Visitenkarte, die sie mir entgegenhält. »Lass dir Zeit und wenn du Lust hast, treffen wir uns einfach mal auf einen Kaffee.«

Gerade will ich ihr erneut mitteilen, dass das nicht so einfach ist, da drückt sie mir einen Finger auf die Lippen.

»Nur einen Kaffee, er wird es nicht erfahren, versprochen. Denk darüber nach, ich würde mich sehr freuen. Und danke, Victoria.« Ohne zu zögern, schiebt sie mir ihre Visitenkarte zwischen zwei Knöpfe meiner Bluse gezielt in den BH, drückt mir einen sanften Kuss auf eine Wange und betritt den Aufzug, der einen Wimpernschlag zuvor mit einem Piepen ankam. Zwei Kollegen, die ihn verlassen, nicken mir zu und laufen einfach an mir vorbei, während ich völlig perplex dastehe.

»Vic!«, ruft Eric nach mir. Rasch besinne ich mich und gehe zu meinem Wagen. »Sie hat Blut geleckt, oder?«

»Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, wehre ich seine neugierige Frage ab.

»Was der Captain nicht weiß, macht ihn nicht heiß.«

»Hör auf damit«, bitte ich ihn. Bevor er mich weiter ausfragen kann, reiche ich ihm eine Hand, um mich zu verabschieden, was er allerdings kopfschüttelnd ablehnt.

»Eine Umarmung muss drin sein«, fordert er schmunzelnd von mir. Schließlich gebe ich nach und lege meine Arme um ihn.

»Danke für alles, Partner.«

»Wir sehen uns wieder, verlass dich darauf«, verspricht Eric. »Ruf mich an, wenn dir langweilig ist oder du mich vermisst.« Sein Humor hat mich oft zum Lachen gebracht.

»Jetzt aber genug mit dem sentimentalen Quatsch. Pass auf dich auf und bis bald.« Ich schnappe mir meine Autoschlüssel, steige ein und starte den Motor. Mein Partner winkt mir beim Verlassen der Tiefgarage nach, bis ich ihn aus dem Blick verliere. So wie ich Eric kenne, steht er morgen früh mit zwei Bechern Kaffee vor meinem Haus, einfach nur, um sein Versprechen zu halten. Ich habe selten mit einem so verlässlichen und aufrichtigen Kollegen wie ihm zusammengearbeitet. Er wird mir fehlen, dessen bin ich mir sicher.

Gedankenverloren steuere ich meinen Wagen auf den Highway in Richtung Agoura Hills. Mir steht der Sinn danach, die Füße hochzulegen und nichts zu tun, obwohl ich weiß, dass es in meinen vier Wänden so aussieht, als hätte vor kurzem eine Bombe eingeschlagen. Ich wollte einen zusätzlichen freien Tag, allerdings hätte ich diesen gern unter anderen Umständen bekommen.

 

»Ich weiß nicht, was mich geritten hat, aber es war ein Fehler«, gestehe ich meiner besten Freundin Tracy, die mir auf meiner Veranda gegenübersitzt.

»Du hast getrunken, deinen Spaß gehabt und bist für den Quickie mit der falschen Frau versetzt worden. Du wolltest doch sowieso seit längerem weniger im Stau stehen und dafür öfter zu Hause sein. Tja, und so ist es auch gekommen. Worin genau siehst du jetzt ein Problem?«, möchte sie von mir wissen. Gestern verbrachte ich den Rest des Tages damit, mein Haus auf Vordermann zu bringen. Ich dachte, die Gedanken an das Geschehene einfach verdrängen zu können, doch sie verfolgten mich bis tief in die Nacht. Tracy ist die einzige Person in meinem Leben, der ich alles erzähle, ohne auch nur ein Detail auszulassen. Wir sind seit der Elementary School beste Freundinnen. Um mir den ganzen Frust von der Seele zu reden, verabredete ich mich mit ihr spontan zum Kaffee trinken.

»Ich musste quasi von jetzt auf gleich alles zurücklassen. Meinen Partner, die Kollegen ...«

»Und stundenlanges Herumstehen im Stau, jeden Tag aufs Neue«, unterbricht mich Tracy schroff.

»Ja, das schon, aber trotzdem ging alles viel zu schnell«, erkläre ich meine Gefühle.

»Vicky, du machst dir zu viele Gedanken. Dein Boss erwartet von dir Stillschweigen, also wird es wohl kaum die Runde machen, falls du dich diesbezüglich sorgst.« Kopfschüttelnd verneine ich ihre Vermutung. Meine Kollegen werden von dem kleinen Abenteuer mit Mrs. Brown sicher nichts erfahren, aber das ist es nicht.

»Ich kann dir nicht erklären, was genau in mir vorgeht. Vermutlich bin ich einfach nur zu erschöpft und brauche etwas Ruhe.«

»Frau Detective und Ruhe? Ich glaube eher, du brauchst mal wieder eine Nacht, in der wir ordentlich durchfeiern und ganz viel Spaß haben werden«, erwidert Tracy. Dazu hebt und senkt sie mehrmals ihre Augenbrauen.

»Auf keinen Fall!«, gebe ich rasch von mir. Als ich das letzte Mal mit meiner Freundin feiern war, endete es beinahe in einer Katastrophe. Sie ist hetero, sehr attraktiv und ein Männermagnet. Mit ihr unterwegs zu sein, bedeutet zwangsläufig, mit jeder Menge Macho- und Anmachsprüche konfrontiert zu werden, auf die ich getrost verzichten kann. Darauf bin ich überhaupt nicht scharf.

»Wann hattest du das letzte Mal Sex, die schnelle Nummer mit Frau Captain nicht mitgezählt?«, holt Tracy mich aus meinen Überlegungen.

»Warum fragst du danach?«

»Keine Gegenfragen, einfach nur antworten«, fordert sie schmunzelnd von mir.

»Ich weiß nicht, da müsste ich länger überlegen«, murmele ich vor mich hin.

»Was? Ich kann dich nicht hören«, behauptet meine Freundin, obwohl ich mir sicher bin, dass sie mich ganz genau verstanden hat.

»Es ist zu lange her.«

»Okay. Und deine letzte Beziehung? Nein, warte, antworte nicht, vielleicht bekomme ich es selbst hin!« Sie zählt mit Hilfe ihrer Finger, was mir verdeutlicht, dass sie tatsächlich nachrechnet.

»Zwei Jahre und zwei Monate«, verkündet sie schließlich Sekunden später ihr Ergebnis, mit dem sie in etwa richtigliegt.

»Vielen Dank für die Erinnerung, aber ich brauche weder Sex noch eine Beziehung.«

»Oh doch, du brauchst beides, so gut kenne ich dich, Vicky. Du arbeitest zu viel, wodurch so einiges auf der Strecke bleibt. Ich bin mir sicher, dass ein paar Glücksgefühle viel an deiner Situation ändern könnten.«

»Und woher soll ich die bekommen, außer von meinem Vibrator?«, hinterfrage ich skeptisch. Für mich ist es kaum vorstellbar, einfach so einer Frau zu begegnen, die zum einen mit meinem Job und zum anderen mit meiner Abgeklärtheit - wie Eric es immer bezeichnet - klarkommt.

»Singlebörsen im Internet!«, ruft Tracy und greift nach ihrem auf dem Tisch liegenden Handy. Mit schnellen Bewegungen tippt und wischt sie auf dem Display herum, bis sie laut zu lachen beginnt.

»Was ist so lustig?«, erkundige ich mich.

»Ach nichts«, wiegelt sie ab.

»Hey, erst heiß machen und dann fallen lassen ist ziemlich gemein. Jetzt rück schon mit der Sprache raus.«

»Sonst?«

»Sonst was?«, hake ich nach.

»Willst du mich verhaften, wenn ich schweige?« Tracy kann sich ihr Lachen nicht mehr verkneifen und prustet laut los. Dann reicht sie mir ihr Handy und ich begreife, warum sie vor lauter Gelächter beinahe von ihrem Stuhl fällt. Ich betrachte die ersten drei Profile auf einer Partnervermittlungsseite für Lesben - alles Männer und nicht gerade attraktive.

»Die haben sich offenbar verirrt oder halten sich für Frauen«, kommentiere ich den Anblick amüsiert und gebe das Handy zurück.

»Anschreiben?«

»Das ist nicht dein Ernst, Tracy!«

»Nein, war doch nur Spaß. Wir machen es ganz anders. Konzentriere du dich auf deine neuen Aufgaben, ich checke mal ein paar Börsen für dich und kümmere mich um ein paar Dates. Sagen wir eines pro Woche?«

»Ich halte es grundsätzlich für keine gute Idee«, wende ich entschieden ein. »Im Internet findet man ganz sicher nicht den Partner fürs Leben.«

»Du suchst also etwas Langfristiges, das ist doch schon mal ein Anfang. Irgendwelche Vorlieben?«

»Nein«, stöhne ich genervt, weil mir dieses Thema langsam zu viel wird.

»Zier dich nicht so. Halt kurz still«, bittet meine Freundin und richtet zugleich die Kamera ihres Mobiltelefons auf mich aus. »Und einmal lächeln, Vicky!«

»Schau mich an! Für ein vernünftiges Foto müsste ich mich erst einmal umziehen und schminken, also lass den Quatsch!«

»Du bist so, wie du bist, und da du dich nicht darum kümmerst, wird deine beste Freundin die Sache in die Hand nehmen. Kein Stress für dich, mehr Spaß für mich. Somit ist doch alles in Butter. Jetzt halt still und lass mich machen. Es tut nicht weh, vertrau mir einfach.« Sie piesackt mich so lange, bis ich endlich nachgebe und lachend in ihre Handykamera schaue. Tracy nutzt die Situation natürlich gleich aus und knipst unzählige Fotos.

»Sehr schön! Daraus kann ich doch etwas machen und ganz nebenbei habe ich endlich mal ein aktuelles Foto von dir«, sagt sie und zwinkert mir zu. Überzeugt bin ich von der Sache nach wie vor nicht, aber sie wird keine Ruhe geben, bis sie Erfolg hat. Sollte dabei tatsächlich ein Date herauskommen, wäre wenigstens sie zufrieden.

»Wann passt es dir zeitlich am besten?«

»Ein Date wahrzunehmen?«, hinterfrage ich.

»Nein, Vicky! Um für mich nackt auf dem Tisch zu tanzen. Natürlich für die ersten Dates!«, erwidert Tracy, über ihr Handy hinwegschmunzelnd.

»Ich muss erst einmal schauen, wie hoch das Arbeitsaufkommen in der Lost Hills Station ist und wie meine Einsatzzeiten sind. Captain Brown sprach davon, dass ich die Kollegen bei ihrem schwierigsten Fall unterstützen soll.«

»Versuch dich ruhig davor zu drücken, du weißt ganz genau, wie hartnäckig ich sein kann. Um was für einen Fall geht es?«

Ahnungslos zucke ich mit den Schultern, woraufhin meine Freundin mir einen skeptischen Blick zuwirft.

»Ich liebe berufliche Herausforderungen und lasse mich überraschen«, merke ich rasch an.

»Kugelschreiber auf dem Schreibtisch zu drehen, kann auch eine Herausforderung sein«, scherzt mein Gegenüber. »Samstagabend wird schon passen.«

»Hey, du entscheidest hier über meinen Hintern«, beanstande ich mit einem gespielt entsetzten Gesichtsausdruck.

»Und eines Tages wirst du mir dafür dankbar sein, Vicky.«

»Wir werden es sehen«, entgegne ich. Das wird niemals funktionieren, dessen bin ich mir sicher. »Möchtest du auch noch einen Kaffee?« Wortlos stimmt sie zu und tippt eifrig auf ihrem Handydisplay herum. Mit unseren leeren Tassen gehe ich ins Haus.

Als ich ein paar Minuten später zurückkehre, bemerke ich, dass meine beste Freundin wie ein Honigkuchenpferd vor sich hin grinst.

»Was ist so lustig?«, möchte ich in Erfahrung bringen, doch sie schweigt beharrlich. Deshalb versuche ich, einen Blick auf ihr Telefon zu erhaschen, welches sie jedoch blitzschnell umdreht.

»Ich erhöhe meine Prognose auf mindestens drei Dates pro Woche«, sagt sie schließlich.

»Wirst du mir auch erklären, wie du zu dieser Annahme kommst?«

»Dein Profil ist seit zwei Minuten online und bereits ein Dutzend Besucherinnen haben es sich angeguckt. Eine Nachricht hast du übrigens auch schon bekommen«, löst Tracy breit grinsend auf.

»In so kurzer Zeit ist das unmöglich. Du machst Witze, oder?« Ihr vehementes Kopfschütteln lässt mich zweifeln. Ich bin zwar tagtäglich im Internet unterwegs, habe mich aber mit Partnerbörsen oder Ähnlichem nie wirklich beschäftigt und kann kaum einschätzen, wie viel in solchen Portalen los ist.

»Goldie Beverly Hills zwinkert dir zu. Soll ich zurückzwinkern?«

»Nein!«, antworte ich entschieden.

»Zu spät«, kontert Tracy mit einem triumphierenden Lächeln.

»Hast du mal daran gedacht, was passiert, wenn mein neuer Boss mich im Internet findet?«

»Erstens bist du eine wunderschöne Frau, die jeder Mann gern anschaut, auch dein Boss. Und zweitens geht das außer uns beiden niemanden etwas an. Menschen, die wenig Zeit haben, suchen im World Wide Web nach Gleichgesinnten, das ist das Normalste auf dieser Welt, Süße.«

»Na ja«, murmele ich vor mich hin. Ich kann mich nach wie vor nicht mit Tracys Ideen anfreunden.

»Gehen wir heute Abend zusammen ins Kino?«, wechselt sie überraschend das Thema.

»Das wird mir zu spät. Ich sollte mich ausruhen und ordentlich ausschlafen, damit ich morgen zu einhundert Prozent bei der Sache bin«, lehne ich ab.

»Dann brauche ich ja gar nicht danach fragen, ob wir wie früher feiern gehen, oder?«

»Ich weiß, wir waren lange nicht mehr zusammen weg. Aber bitte sei mir nicht böse, denn ich weiß nicht, wo mir derzeit der Kopf steht. Lass uns das ein anderes Mal machen«, schlage ich vor.

»Ich kann dich verstehen, Vicky. Dennoch solltest du darüber nachdenken, einfach Spaß zu haben, dann wird die Welt ganz schnell wieder anders aussehen«, redet Tracy mir ins Gewissen.

»Den könnte ich nach Carries Vorstellung sicher sofort haben.«

»Wie kommst du darauf, Vicky?«

»Sie kam mir gestern, als ich ging, in der Tiefgarage entgegen und war mehr als deutlich, aber irgendwie ist mir die Lust darauf vergangen.«

Plötzlich springt sie auf und schaut mich mit weit aufgerissenen Augen an. »Moment mal! Frau Captain hat dir ein unmoralisches Angebot gemacht? Warum hast du davon bisher nichts erwähnt?«

»Ach, nicht so wichtig.«

»Völlig falsch, Süße! Was hat sie gesagt?«

»Dass sie mich wiedersehen will und sich eine Wiederholung unseres kleinen Abenteuers wünscht, was ich allerdings abgelehnt habe«, erkläre ich leise. »Es würde nichts bringen, denn genau wegen dieser Aktion bin ich erst in diesen Schlamassel geraten. Captain Brown erfährt mit Sicherheit wieder davon und wird mich einen Kopf kürzer machen.«

»Du arbeitest nicht mehr unter ihm und genau aus diesem Grund sollte es dir völlig egal sein. Leg seine Frau richtig flach und hab Spaß.«

»Besser nicht, sonst fliege ich auch gleich in Lost Hills raus.«

»Du bist momentan ein hoffnungsloser Fall, Vicky.«

»Danke, das hilft mir ungemein«, erwidere ich in sarkastischem Tonfall.

»Vielleicht hast du recht, solltest dich ausruhen und einen klaren Kopf kriegen. Deshalb werde ich dich jetzt auch allein lassen. Okay?«

»Okay. Danke, dass ich dir mein Herz ausschütten durfte.«

»Dafür sind beste Freundinnen da«, meint Tracy, tritt hinter den Stuhl, auf dem ich sitze, und schlingt ihre Arme um mich. »Melde dich und erzähl mir unbedingt, wie das neue Department ist.« Nach einem kleinen Kuss, den sie mir auf meine rechte Wange drückt, löst sie sich von mir und verlässt über das Gartentor mein Anwesen. Ich bleibe noch einen Moment sitzen, starre hinunter in das ausgetrocknete Flussbett, welches sich direkt hinter meinem Grundstück befindet, und versinke in Gedanken.

 

Victoria

Neuanfang

 

Die Türklingel reißt mich am nächsten Morgen aus dem Schlaf. Mein Wecker zeigt kurz nach sechs Uhr an. Ich hätte noch mindestens eine halbe Stunde schlafen können, doch irgendjemand scheint etwas dagegen zu haben. Da es gerade wieder läutet, springe ich aus dem Bett und laufe nach vorne zur Tür, um nachzusehen, wer mir schon so früh auf die Nerven geht.

»Guten Morgen«, begrüßt mich Eric und hält mir dazu einen Becher Kaffee entgegen. Eigentlich hatte ich gestern Früh mit ihm gerechnet und war froh, als er nicht aufgetaucht war.

»Hast du dich verfahren?«, murmele ich vor mich hin.

»Nope, ich wollte einfach nach dir sehen, Partnerin«, erklärt er mit einem breiten Grinsen und fügt dann noch, »ich wollte lediglich sicherstellen, dass du pünktlich bist und keinen Ärger bekommst, denn so wie du aussiehst, hattest du die ganze Nacht wilden, hemmungslosen Sex mit einer heißen Blondine« hinzu.

»Du weißt, wann ich anfange?«, hinterfrage ich stutzig, da er offenbar auf den Arbeitsbeginn in der Lost Hills Station anspielt. Von mir hat er diesbezüglich keinerlei Informationen bekommen.

»Ja, natürlich. Ich hatte schließlich die beste Lehrerin im Recherchekurs«, erwidert er, mir zuzwinkernd.

»Dann hast du nicht gründlich genug geforscht, ich bin nämlich allein«, erkläre ich in Bezug auf seine Spekulation zur wilden, durchzechten Nacht. »Möchtest du reinkommen?«

»Ich dachte schon, du fragst nie.«

Gähnend bewege ich mich in die Küche, um uns Frühstück zuzubereiten. Als die Pfanne auf dem Herd steht und ich den Kühlschrank öffne, steht Eric plötzlich neben mir.

»Ich kümmere mich darum, mach du dich fertig«, wendet er ein.

»Jetzt weiß ich, warum du keine Freundin hast.«

»Weil ich mich ums Frühstück kümmere?«

»Nein, weil du am frühen Morgen schon Stress machst«, erwidere ich amüsiert.

»Wenn du dadurch pünktlich bist, nerve ich dich ab jetzt jeden Morgen.«

»Untersteh dich!«, rufe ich auf dem Weg ins Bad.

»Geiler Arsch!«, kontert mein ehemaliger Partner und setzt dazu einen Pfiff ab. Provokant wackele ich auf den letzten Metern mit meinen Hüften, was ihn jubeln lässt. Der Kerl ist echt süß, geht es mir kurz durch den Kopf.

Um keine Zeit zu verlieren, dusche ich im Eiltempo, style meine Haare, trage ein dezentes Make-up auf und suche mir etwas Passendes zum Anziehen raus.

»Kann ich so gehen?«, möchte ich von Eric wissen, als ich mich ihm im dunkelblauen Hosenanzug präsentiere.

»Scheiße, ja!«, entfährt es ihm. »Wo sind die Jeans und hellen Blusen geblieben, die du sonst immer trägst?«

»Alle in der Wäsche.«

»Lass sie dort, denn du siehst heiß aus, Vic. Setz dich, das Frühstück ist fertig.« Schmunzelnd nehme ich am Tresen Platz und bekomme einen Teller mit Pancakes gereicht.

»Du bist eingestellt«, nuschele ich mit dem ersten Happen im Mund.

»Perfekt! Für dich arbeite ich immer noch am liebsten.«

»Kann es sein, dass eine gewisse neue Kollegin dir Kopfzerbrechen bereitet?«, versuche ich in Erfahrung zu bringen.

»Lass es mich so formulieren: Ich würde gerne weiterhin mit dir zusammenarbeiten, weil ich bei dir weiß, woran ich bin. Außerdem hast du den heißeren Hintern«, erklärt er.

»Aber den älteren.«

»Egal, ich stehe auf erfahrene Frauen«, flachst Eric weiter. Obwohl ich nicht weiß, was mich im neuen Department erwartet, und ich deshalb ein wenig in Sorge bin, schafft er es, mich mit seinen Späßchen zum Lachen zu bringen.

»Dann sollte ich dir meine beste Freundin vorstellen, die ist noch ein paar Monate älter und viel heißer, als ich es je sein könnte«, spreche ich den Gedanken aus, der mir augenblicklich in den Sinn kommt.

»Soll das die Bezahlung für das Frühstück sein oder die Entschädigung, weil ich ab heute nicht mehr mit dir zusammenarbeiten darf?«

»Such es dir aus«, sage ich dazu nur.

»Ich werde darüber nachdenken.«

Während wir das Frühstück genießen, resümiert Eric über ein paar unserer vergangenen Einsätze und hält meine Laune damit oben. Mir wird noch einmal richtig bewusst, was ich mit meiner schnellen Nummer verloren habe. Bleibt nur zu hoffen, dass mein neuer Partner genauso locker drauf und entspannt ist wie Eric Turner.

Nachdem wir fertig sind und das Haus verlassen haben, will ich mich von meinem ehemaligen Partner verabschieden, der jedoch anderes im Sinn hat.

»Steig ein, ich fahre dich.«

»Ich bin alt genug und besitze ein eigenes Auto«, lehne ich ab.

»Nun mach schon, Vic, und lass dich nicht zweimal bitten.«

»Und wie soll ich nach Feierabend wieder nach Hause kommen? Etwa mit dem Bus?«

»Ich dachte da an deinen neuen Dienstwagen«, erwidert er ganz locker. »Steig ein, sonst kommst du zu spät.« Er lässt mich einfach stehen und nimmt auf dem Fahrersitz Platz. Nach kurzer Überlegung habe ich einen Verdacht, deshalb steige ich auf der Beifahrerseite ein und fokussiere Eric.

»Hat Captain Brown dich beauftragt?«, frage ich ganz direkt.

»Womit soll er mich beauftragt haben?«

»Lass die Spielchen, Eric, du bist ein ganz schlechter Lügner. Du bist nicht zufällig vorbeigekommen, denn eigentlich müsstest du selbst schon längst im Büro sein. Also halte mich nicht zum Narren und sag mir die Wahrheit!«, fordere ich eindringlich von ihm.

»Okay, du hast gewonnen. Ich soll dich bei Sheriff Ortega abliefern.«

»Warum? Befürchtet Captain Brown, ich würde Mrs. Ortega an meinem ersten Tag flachlegen?«, frage ich mit ironisch klingender Stimme nach.

»Vielleicht macht er sich Sorgen und will einfach nur, dass du einen guten Start im neuen Department hast. Du kennst ihn, er hat sich immer um all seine Schäfchen bis zur letzten Minute gekümmert. Schon mal daran gedacht, Vic?«

An seinen Worten ist etwas Wahres dran. »Nein, das kam mir nicht in den Sinn«, gebe ich zurück und schüttele kurz den Kopf.

»Die Zeit wird knapp«, ist das Letzte, was Eric sagt, bevor er den Motor startet und losfährt. Auf dem Weg zur Lost Hills Station schaue ich schweigend aus dem Fenster und denke über seine Worte nach. Aufgrund dessen, was ich getan habe, kann ich nicht so recht glauben, dass es Captain Brown interessiert, wie es mit mir weitergeht. Klar, er hat mich versetzt, anstatt mich rauszuschmeißen, aber dennoch begreife ich nicht, warum er Eric abstellt, um mich zu begleiten.

»Woher willst du wissen, ob ich einen Dienstwagen bekomme?«, frage ich leise an meinen Ex-Partner gewandt. Schmunzelnd schaut er kurz zu mir rüber, bevor er seinen Blick wieder auf die Straße heftet.

»Ich glaube, ich habe dir nie erzählt, dass ich damals, bevor ich ins Hauptquartier nach Downtown kam, ein paar Wochen in der Lost Hills Station war.«

»Das ist mir neu. Warum erzählst du erst jetzt davon?«

»Du hast dich anfangs nie für mich oder das, was ich getan habe, interessiert und warst immer sehr reserviert. Dann ging es einfach unter, beziehungsweise war nicht weiter von Belang.«

»Stimmt, ich erinnere mich«, gebe ich kleinlaut von mir.

»Keine Sorge, Vic. Deine neuen Kollegen werden dich mögen. Und falls du keinen Wagen bekommst, weißt du ja, wer dich heute Abend nach Hause chauffiert«, meint Eric amüsiert.

Wenige Augenblicke später halten wir auf dem Parkplatz des Sheriff Departments. Im Vergleich zum Hauptquartier in Downtown ist es verhältnismäßig klein, wirkt allerdings recht gemütlich. Keine Wolkenkratzer drum herum und keine genervten Leute die sich permanent durch den Verkehr hupen.

»Bist du bereit?«, möchte Eric von mir wissen.

»Ich denke, den Rest schaffe ich allein«, lautet meine Antwort.

»Dessen bin ich mir sicher, trotzdem begleite ich dich, denn ich will ein paar alten Kollegen hallo sagen.«

»Warum erinnert mich das gerade an meine Kindheit?«

»Weil deine Mum oder dein Dad dich immer zum Kindergarten gebracht haben?«, erwidert er lachend.

»Du gemeiner Schuft, das wirst du mir büßen«, scherze ich und haue ihm leicht auf den Oberarm. Schließlich steigen wir aus und gehen hinein.

Bereits am Empfang bin ich positiv überrascht. Der Bereich ist in zarten Beige- und Rosétönen gestrichen und zahlreiche Kübelpflanzen zieren ihn.

»Eric, bist du das?«, höre ich eine weibliche Stimme fragen. Mein ehemaliger Partner bestätigt und fällt überraschend einer Blondine mit unendlich langen Beinen um den Hals. Die beiden verhalten sich, als würden sie sich schon eine Ewigkeit kennen.

»Melanie, das ist Victoria Storm, euer neuer Detective. Vic, darf ich vorstellen: Deputy Sheriff Melanie Parker.«

»Hi, freut mich, dich kennenzulernen«, sage ich mit ausgestreckter Hand.

»Wow! Ich wusste nicht, dass Eric so eine attraktive Partnerin hat. Du siehst bezaubernd aus«, erwidert sie und ergreift meine Hand. Sie weiß, dass wir Partner sind oder besser gesagt waren? Mein Blick wandert zu Eric, der genüsslich vor sich hin grinst.

»Hast du Zeit für einen Kaffee, Eric?«, möchte Melanie wissen. Als er zustimmt, fühle ich mich plötzlich fehl am Platz. Doch bevor ich etwas sagen kann, meint die riesige Blondine, dass sie mich schnell zum Sheriff bringen wird und ich ihr folgen soll.

»Viel Glück«, wünscht mir mein ehemaliger Partner.

»Danke.«

Nur wenige Augenblicke später stehe ich meinem neuen Vorgesetzten gegenüber, der seinem silbergrauen Haaren nach noch älter sein muss als Captain Brown. Zuerst wirft er einen Blick auf seine klobige Armbanduhr, danach schaut er mir direkt in die Augen und beginnt zu lächeln.

»Sehr vorbildlich, Detective Storm«, lobt er mein pünktliches Erscheinen. »Willkommen in der Lost Hills Station.«

»Vielen Dank, Sheriff Ortega.«

»Steve spricht in den höchsten Tönen von Ihnen.«

»Das freut mich zu hören, Sir. Captain Brown lässt Ihnen Grüße ausrichten.«

»Danke. Melden Sie sich gleich bei Pamela. Sie händigt Ihnen Ihre Uniform aus und erledigt alles weitere. Sergeant Stevenson ist Ihr Partner, er wird sich um den Rest kümmern«, erklärt er.

»Uniform?«, hinterfrage ich, was einen skeptischen Blick nach sich zieht.

»Bei uns tragen alle Kollegen, egal welchen Rang sie haben, die gleiche Kleidung. Ist das ein Problem für Sie?« Ich hasse Uniformen, weil jeder auf den ersten Blick erkennt, wo du arbeitest. Meine Beförderung zum Detective war in dieser Hinsicht ein Segen, da ich auch in Jeans und Bluse im Büro erscheinen durfte.

»Nein, Sir«, antworte ich und darf anschließend gehen.

Na das fängt ja gut an, geht es mir auf dem Weg durch den Kopf.

»Du musst Victoria sein!«, ruft mir eine kleine rothaarige Frau zu, die eben jene genannte Uniform trägt. Lange dunkelgrüne Hose und hellbraunes Hemd. Na super!

»Bist du Pamela?«, frage ich, nachdem sie direkt vor mir steht und freudestrahlend meine ausgestreckte Hand schüttelt.

»Ja. Ich bin etwas spät dran, weil zu Hause jemand meinte, sich vor meinem Dienstbeginn noch wortwörtlich auskotzen zu müssen«, erwidert sie und verdreht dabei ihre Augen. »Komm mit, ich zeige dir gleich dein Büro.«

Da Eric und auch Melanie nirgends zu sehen sind, folge ich der Polizistin, die mindestens einen Kopf kleiner ist als ich. Sie führt mich über einen kleinen Flur zu einer Tür, an der ich ein Schild mit meinem Namen entdecke. Als sie diese öffnet, finde ich mich in einem kleinen lichtgefluteten Raum wieder. In dessen Mitte steht ein großer Schreibtisch, auf dem neben einem Monitor zahlreiche Akten liegen. Pamela lässt zunächst die Rollos hinunter und erklärt mir dann in aller Seelenruhe, dass dies mein neuer Arbeitsplatz sei.

»Das sind die Akten deines ersten Falls. Alle anderen Kollegen haben zwischenzeitlich resigniert, vielleicht kannst du ihn lösen.« Neugierig werfe ich einen Blick auf den Stapel. Malibu-Agoura Einbrüche kann ich darauf erkennen.

»Ich liebe Detektivarbeit und werde mein Bestes geben.«

»Na dann, richte dich häuslich ein und viel Spaß«, gluckst Pamela schmunzelnd, als sie den Raum verlässt.

»Warte!«, rufe ich ihr nach. Sie kehrt zurück und schaut mich mit einem fragenden Blick an. »Der Sheriff sagte, du händigst mir meine Uniform aus.«

»Kommt sofort«, informiert sie mich und ist nur einen Wimpernschlag später verschwunden. Solange sie weg ist, nehme ich an meinem Tisch Platz und schaue mich um. Es ist überraschend ruhig. Ganz anders, als ich es vom Großraumbüro im Hauptquartier gewohnt bin. Mal abgesehen von der Uniform, könnte ich mich hier wohlfühlen.

Die Minuten vergehen, bis Pamela wieder in der Tür steht. Statt meiner Uniform hält sie eine Tasse in ihren Händen.

»Milch und Zucker?«, erkundigt sie sich bei mir.

»Ich trinke ihn schwarz wie die Nacht.«

»Okay«, mehr sagt sie nicht.

»Gab es keine Uniform mehr?«, versuche ich in Erfahrung zu bringen.

»Die Uniform war nur ein Scherz. Es wäre wenig vorteilhaft, wenn du einen Fall bearbeitest und man aus einer Meile Entfernung sieht, dass die Cops im Anmarsch sind«, erklärt sie amüsiert.

»Puh, da bin ich aber froh«, sage ich leise.

»Du gefällst mir, Victoria. Ich denke, wir werden gut miteinander auskommen. Wenn du irgendetwas brauchst oder Fragen hast, kannst du dich jederzeit an mich wenden.«

»Sehr nett von dir, vielen Dank.« Das, was mir noch auf der Zunge liegt, behalte ich dann lieber für mich. Doch aus irgendeinem Grund bemerkt meine neue Kollegin, dass ich eigentlich noch etwas sagen will, und nähert sich einen Schritt.

»Los, raus damit, was brennt dir auf der Seele?«, fordert sie mich mit einer Stimmlage auf, die mir kurz den Anflug einer Gänsehaut beschert.

»Ähm ... nichts, ich muss mich erst an all das hier gewöhnen«, behaupte ich.

»Du hast eine Frage, ich sehe es in deinen Augen. Keine Angst, du kannst mir vertrauen«, beteuert Pamela. Kann sie Gedanken lesen? Diese Frau ist etwas gruselig.

»Ich habe mich nur gerade gefragt, wo mein ehemaliger Partner steckt, weil wir uns noch nicht voneinander verabschieden konnten«, gebe ich einfach vor.