Versöhnung braucht Zeit

 

Gott sei Dank bin ich ein in sich ruhender, positiv denkender Mensch und nicht so leicht aus der Bahn zu werfen, und Gott sei Dank war das schon immer so. Sonst wäre mein Leben sicher anders verlaufen und ich hätte all die schlimmen Schicksalsschläge nicht verkraftet.


Was war geschehen?


Mit meiner Mama lebte ich in den ersten Jahren – mein Vater starb, als ich fünf war, in Berlin. Es ging uns gut, Mama hatte einen prima Job und ich viele Freunde, war eine gute Schülerin und spielte in meiner Freizeit am liebsten Hockey oder Handball.


Mein Leben änderte sich mit einem Schlag, als es an einem Montag an unserer Wohnungstür klingelte.


Als ich öffnete - dort standen zwei Polizisten in Uniform und eine Frau - , dachte ich mir nichts Böses, genauso wenig, als mich einer der Männer nach meinem Namen fragte. Sie holten ihre Polizeimarken aus den Jackentaschen, um sich auszuweisen und stellten sich namentlich vor. Die Frau hieß Blechschmidt, wie sie sagte.


Die drei drängten in die Wohnung, doch ich wollte sie nicht hereinlassen. «Geht nicht!», brachte ich hervor, «das hat mir meine Mutter verboten!»


«Aber wir sind von der Polizei, das hast du doch gerade gesehen», meinte der eine, «wir müssen dir etwas sagen, also bitte.»


Ich überlegte krampfhaft, was ich angestellt haben könnte, doch fiel mir nichts ein. Wortlos ließ ich sie in den Flur, danach ins Wohnzimmer.


«Setz dich», forderte mich Frau Blechschmidt auf.


Ich gehorchte. Mir kam die Situation sonderbar vor, irgendetwas stimmte nicht, das fühlte ich.


Doch dass meine Mutter verstorben war, ahnte ich nicht im Geringsten, wie auch? Ich nahm diese furchtbare Nachricht gar nicht richtig wahr, sondern saß ganz still auf dem Sofa.