Louis Weinert-Wilton
(1929)
Eine Stunde später wäre diese Begegnung nicht mehr unbemerkt geblieben, aber Inspektor Dawson war eben erst dabei, seine Anordnungen zu treffen.
Er hatte in seinem kleinen Dienstzimmer in Scotland Yard noch einmal alle Akten durchstudiert, die sich auf die Fälle der weißen Spinne bezogen und ließ sich nun den Sergeanten Meals kommen.
„Ich habe einige Sachen für Sie, die sehr dringlich und wichtig sind,“ sagte er zu dem wohlgenährten Manne mit dem freundlichen Gesicht. „Aber gehen Sie dabei behutsam vor, denn wenn Sie mir einen Schnitzer machen, werden Sie diesmal nichts zu lachen haben. Sie sind ja in manchen Dingen ganz geschickt, aber zuweilen gehen Sie zu scharf ins Zeug und verderben damit alles.“
Der vierzigjährige Meals lächelte verlegen wie ein Schuljunge, der einen Tadel erhält, und sah den Inspektor aus seinen wasserblauen Augen verschüchtert an.
„Ich weiß,“ gab er schuldbewußt zu. „Aber es soll nicht mehr vorkommen.“
„Das will ich zu Ihrem Besten hoffen,“ knurrte Dawson. „Also, diesmal tun Sie nur das, was ich Ihnen sage, nicht mehr. Übrigens,“ sprang er plötzlich ab, „etwas Neues über Lewis?“
Der Sergeant nickte bescheiden und legte ein kleines Päckchen vor den Inspektor auf den Tisch.
„Ich habe hinter einer der Portieren ein Paar Damenhandschuhe gefunden,“ sagte er halblaut, „und in einem der Finger stak ein Ring, der wahrscheinlich mit abgestreift worden ist.“
Dawson hob mit einem jähen Ruck den Kopf und schlug behutsam das Papier auseinander.
Er nahm die Handschuhe, besah sie eingehend, roch daran und griff dann nach dem Ring. Es war ein sehr kostbares Stück, ein Platinreif mit einer selten schönen Perle und einem Kranz großer regelmäßiger Brillanten.
„Nach meiner Schätzung mindestens drei- bis vierhundert Pfund,“ meinte er lakonisch. „Sind Sie auf keine Verlustanzeige gestoßen?“
„Nein. Ich glaube, die Verlustträgerin wird wohl keinen Wert darauf legen, die Sache an die große Glocke zu bringen,“ erwiderte Meals und blinzelte den Inspektor aus seinen freundlichen Augen vielsagend an.
Diesen schien das Thema augenblicklich nicht weiter zu interessieren, und er schob seinem Gehilfen das Papier samt seinem Inhalte wieder zu.
„Geben Sie die Sachen ins Depot. Das hat schließlich bis morgen Zeit. Anderes ist mir wichtiger. — Also hören Sie zu: Erstens möchte ich Ihnen Mrs. Muriel Irvine, die Besitzerin des Warenhauses ‚Zu den tausend Dingen‘, 72 Wardour Street, empfehlen. Sie wissen, wie ich das meine. Aber ich kann nicht lange warten, und es wäre daher gut, wenn Sie die Geschichte sofort in Angriff nehmen würden. Zweitens kümmern Sie sich wieder einmal um unseren alten Freund John Corner. Trachten Sie herauszubekommen was er in der letzten Zeit getrieben hat, und womit er sich jetzt beschäftigt. Vielleicht erfahren wir dabei manches, was für uns von Wert ist. Besonders begierig wäre ich zu wissen, ob er sich in der Gegend des Warenhauses von Mrs. Irvine öfter sehen läßt und was ihn dort hinzieht. Und im Laufe des morgigen Vormittags suchen Sie die Continental-Insurance Company auf, und lassen Sie sich von der Rechtsabteilung eingehend darüber informieren, weshalb an Mrs. Irvine bisher die Summe, auf die ihr verunglückter Gatte versichert war, nicht ausgezahlt worden ist. — So, das wäre alles. Vielleicht sehe ich mich heute noch einmal im ‚Klub der Siebenundsiebzig’ um. Man trifft dort immer einige Leute, die einen auf diesen oder jenen guten Einfall bringen. Und ich möchte auch das Zimmer, in dem Lewis seine schöne Seele ausgehaucht hat, doch noch einmal näher in Augenschein nehmen.“
Meals hatte dem Inspektor mit gespannter Aufmerksamkeit zugehört und sich einige Notizen gemacht. Sein frisches Gesicht glänzte vor Eifer, und er konnte es offenbar nicht erwarten, an die Arbeit zu gehen.
Aber Dawson rief ihn plötzlich noch einmal zurück.
„Lassen Sie das Ding hier sofort photographieren,“ sagte er, indem er die weiße Spinne aus der Zündholzschachtel nahm, „und geben Sie in der Nachrichtenabteilung den Auftrag, für sämtliche morgigen Abendblätter mit einem Abzuge folgende Anzeige aufzugeben: Zehn Pfund Belohnung“ — der Inspektor hielt einige Augenblicke inne, um sich den Text zu überlegen — „also, zehn Pfund Belohnung erhält derjenige, der bei der Whitehall-Division — in die Klammer setzen Sie: Scotland Yard — ein Exemplar vorstehend abgebildeter Spinne — in die Klammer: silberglänzender Glasleib, sechs Beine, zwei Körperringe und zwei Längsstreifen aus weißem Metall — abliefert oder anzugeben vermag, in welchem Geschäfte solche Nachbildungen zu haben sind oder bei wem er eventuell eine solche Spinne gesehen hat. Mitteilungen an Inspektor Dawson, Zimmer 18.“
Meals war noch mit der Niederschrift der letzten Worte beschäftigt, als der Inspektor bereits den Raum verlassen hatte.
„Diesen Artikel führen wir nicht,“ sagte Mrs. Muriel Irvine mit ihrer dunklen Stimme und legte den kleinen Gegenstand, den sie bisher zwischen ihren gepflegten Fingern prüfend hin und her gedreht hatte, wieder auf das Tischchen.
Es war eine kleine Spinne mit silberglänzendem Glasleib und Ringen und Beinen aus irgendeinem harten, weißen Metall.
Dawson sah die junge Frau unter seinen buschigen roten Brauen hervor einen Augenblick forschend an, ob sie vielleicht noch etwas sagen würde, dann hob er mit einem Ruck die breiten Schultern und schob die Spinne sorgfältig in eine Streichholzschachtel.
„Also nichts. Es tut mir leid, Mrs. Irvine, daß ich Sie bemüht habe.“
Die Besitzerin des Warenhauses „Zu den tausend Dingen“ lächelte verbindlich, und selbst der für solche Eindrücke unempfindliche Mann von Scotland Yard entdeckte, daß sie eine selten schöne Frau war. Wie sie so in ihrer ebenmäßigen Schlankheit vor ihm stand, reichte ihm der Scheitel ihres welligen braunen Haars fast bis zur Stirne, und Dawson war stolz darauf, nahezu an sechs Fuß zu messen.
Sie hatte ihn bereits mit einem leichten Neigen des feingeschnittenen Kopfes verabschiedet, als sie plötzlich das Thema, über das nur wenige Worte gewechselt worden waren, nochmals aufnahm.
„Ich kenne zwar den Zweck Ihrer Nachforschungen nicht,“ meinte sie zögernd, „aber ich glaube kaum, daß Sie damit in den großen Geschäften des Westend Erfolg haben werden. Was Sie mir gezeigt haben, ist billigste Partieware und entspricht nicht dem Geschmack unserer Kunden. Vielleicht versuchen Sie es einmal in Stepney, Limehouse oder unten in Stodtwell, wo für solche wohlfeile Massenartikel eher eine Absatzmöglichkeit besteht.“
Sie brachte ihren Ratschlag mit höflicher Geschäftsmäßigkeit vor, und der Inspektor sah auf seinen unförmigen steifen Hut nieder und nickte gedankenvoll.
„Das habe ich schon getan. Genau kann ich es nicht sagen, aber es dürften wohl an die hundert Geschäfte sein, die ich wegen dieser Sache bereits abgelaufen habe. Aber überall hat man mir die unterschiedlichsten Insekten vorgelegt, nur solch eine Spinne wollte man nirgends gesehen haben. Es soll Importware aus der Tschechoslowakei sein, doch hat mir diese Aufklärung wenig geholfen. Das Zollamt führt seine Register nur nach Tarifposten, nicht nach Tierspezialitäten. Meine letzte Hoffnung hatte ich auf Sie gesetzt, Mrs. Irvine,“ schloß er, und es war deutlich zu hören, daß diese Worte mehr als eine Redensart bedeuteten.
Die junge Frau hob etwas betreten den Kopf und blickte in ein Paar harter grauer Augen, die durchdringend auf ihr ruhten. Der dunkle Teint ihres hochmütigen Gesichts wich für Sekunden einer wächsernen Blässe, und sie griff mit einer ihrer schönen Hände fahrig in die Luft. Aber im nächsten Augenblick hatte sie bereits ihr höfliches Lächeln wiedergefunden, und ihre Stimme klang kühl und gelassen wie immer.
„Wollen Sie mir vielleicht sagen, weshalb, Mr. Dawson?“
Sie deutete einladend auf einen der Fauteuils, aber der Inspektor zog es vor, stehen zu bleiben. Sein starkes knochiges Gesicht hatte einen lauernden Ausdruck, und er überlegte eine Weile.
„Bei der Geschichte will mir eines nicht gefallen, Mrs. Irvine,“ platzte er plötzlich barsch heraus. „Daß Sie nämlich die Spinne nicht wiedererkannt haben. Wenn man solch ein Ding schon einmal gesehen hat und noch dazu unter so ungewöhnlichen Umständen wie Sie, sollte es einem doch im Gedächtnis bleiben, denke ich.“
Er hielt inne und seine stechenden Augen hafteten durchdringend auf der regungslosen Frau, aber er begegnete einem so kühl fragenden Blicke, daß er die Selbstbeherrschung verlor.
„Wenn Sie Komödie spielen, muß ich Ihnen mein Kompliment machen,“ polterte er brutal los. „Aber auf die Dauer wird Ihnen das nichts nützen, und wenn Sie es auch noch so klug anstellen. Ich bin nun seit vierzehn Monaten hinter dieser Spinne her, und so wahr ich Benjamin Dawson heiße, eines Tages werde ich diese meine Hände auf das Tier legen, und dann wird das schreckliche Ende da sein. Benjamin Dawson hat noch auf keiner Fährte versagt,“ fuhr er etwas leiser fort, aber jedes Wort klang wie eine furchtbare Drohung, „und er hat sich auch noch nie an der Nase führen lassen. Fragen Sie in Scotland Yard, Madam, wenn Sie es nicht glauben sollten — und fragen Sie Mr. Pitt, wer ihm in den letzten Jahren die meisten Vögel für seine Schlinge geliefert hat ...“
Er brach plötzlich ab, und es schien ihm zum Bewußtsein zu kommen, daß er denn doch etwas zu weit gegangen war.
Mrs. Irvine hatte sich in einen der tiefen Klubsessel gleiten lassen, und in dem starren, hilflosen Blick, mit dem sie zu ihm aufsah, lag etwas, was ihn unsicher machte. Er ärgerte sich, daß er seine Karten vorzeitig aufgedeckt und dadurch vielleicht eine Chance eingebüßt hatte. Aber es war nun einmal seine Art, es hie und da mit derben Überrumpelungen zu versuchen, und er hatte dieser Taktik bereits manchen Erfolg zu verdanken. Diesmal allerdings hatte er zu früh und ganz gegen seine Absicht losgeschossen.
Das kam davon, weil er wegen der verdammten Spinne seine stählernen Nerven allmählich zu verlieren begann.
Die junge Frau ließ einige Sekunden peinlicher Stille verstreichen, bevor sie auf seinen Ausbruch erwiderte.
„Weshalb erzählen Sie mir das alles?“ fragte sie abweisend. „Und was berechtigt Sie überhaupt, so mit mir zu sprechen? Soll das ein regelrechtes Verhör sein? Wenn ja, dann stellen Sie mir klar und deutlich Ihre Fragen, und ich will sie ebenso klar und deutlich beantworten, soweit ich es vermag. — Bisher wollten Sie lediglich von mir wissen, ob wir solche Spinnen, wie Sie sie mir gezeigt haben, auf Lager hätten, und ich antwortete Ihnen wahrheitsgemäß mit einem ,Nein’.“
Dawson schob den mächtigen Unterkiefer vor und nickte.
„Allerdings. — Aber ist es lhnen wirklich gar nicht aufgefallen, daß genau solch eine Spinne, von der plötzlich in ganz London auch nicht ein Exemplar aufzutreiben ist, seinerzeit bei Ihrem Gatten gefunden wurde?“ Der Inspektor zog ein abgegriffenes Notizbuch aus der Tasche und blätterte einige Augenblicke darin. „Am 11. Juni vorigen Jahres war diese Spinne mit den übrigen Resten der Kleidungsstücke, dem gravierten Uhrdeckel und dem Trauring einer der wenigen Anhaltspunkte für die Identität des Toten, den man auf der Strecke der Untergrundbahn in Hampstead gefunden hatte.“ Um Dawsons breiten Mund zeigte sich ein lauernder Zug, und er sah wieder in sein Taschenbuch. „Und Sie selbst, Mrs. Irvine, haben bezüglich der Spinne folgendes zu Protokoll gegeben: ... Auch die Spinne spricht dafür, daß der Tote mit meinem Gatten Richard Irvine identisch sein dürfte. Wir führen ein Galanterie- und Bijouteriewarengeschäft in Fulham und erhielten Ende April eine zwölf Stück enthaltende Musterkollektion dieses Artikels, die mein Mann an sich nahm ... Warum er eine dieser Spinnen noch im Tode krampfhaft in der Hand hielt, vermag ich mir nicht zu erklären. Ebenso kann ich nicht sagen, wohin die übrigen elf Stück der Kollektion gekommen sind.“
Der Inspektor klappte das Buch geräuschvoll zu und steckte es in die Tasche.
„Damals hatten Sie mit Ihrem Gatten einen kleinen Laden im Südwesten, in dem Sie selbst bedienten, — heute sind Sie die alleinige Besitzerin dieses Warenhauses, das zwei Stockwerke einnimmt, gegen fünfzig Angestellte beschäftigt und zu den größten Geschäften Londons zählt. — Wie hoch war doch gleich die Summe, auf die Mr. Irvine versichert war?“ fragte er unvermittelt und pflanzte sich breitbeinig vor der jungen Frau auf.
„Fünfundzwanzigtausend Pfund,“ erwiderte diese gelassen und ohne einen Augenblick zu zögern. Sie hatte die Spitzen ihrer Finger aneinandergelegt, und ihre ganze Aufmerksamkeit schien ihren wunderbaren Händen zu gelten.
„Ein schönes Stück Geld für einen kleinen Geschäftsmann, dem es nicht gerade zum besten ging,“ meinte der Inspektor. „Soviel ich weiß, mußten Sie einige Monate vor dem Tode Ihres Gatten einen Ausgleich mit Ihren Gläubigern treffen, und nach dem seltsamen Unglücksfalle wurde eine Menge von Forderungen angemeldet. — Aber mit fünfundzwanzigtausend Pfund läßt sich schon etwas anfangen.“
Die junge Frau ließ sich durch die unverschämte Anzüglichkeit nicht aus der Fassung bringen.
„Sie scheinen zwar sehr gut informiert zu sein,“ sagte sie leichthin, „aber eines wissen Sie offenbar doch nicht. Daß nämlich die Versicherungssumme noch nicht zur Auszahlung gelangt ist.“
Über Dawsons breites Gesicht ging ein hämisches Grinsen, und er rieb sich mit sichtlicher Befriedigung die Hände.
„Oh, auch das ist mir bekannt. Diese Versicherungsgesellschaften sind manchmal verdammt umständlich und eklig, wenn es zum Zahlen kommt. Es scheint da in Ihrem Falle irgendeine Kleinigkeit nicht zu stimmen. Aber Sie können ja warten, Mrs. Irvine. Denn mit der Aussicht auf fünfundzwanzigtausend Pfund hat man schließlich einigen Kredit. — Dieses schöne Geschäft hier kann nicht billig gewesen sein.“
„Nein,“ gab sie unumwunden zu, „aber immerhin ganz preiswert.“
Der Inspektor hatte das Gefühl, daß die Frau sich nun völlig in der Gewalt hatte und daß er von ihr auch nicht ein Wort von dem erfahren würde, was er wissen wollte.
Tatsächlich war Mrs. Irvine seine letzte Hoffnung gewesen, denn an dieser unscheinbaren Spinne drohte sein Ruf als einer der Unfehlbaren von Scotland Yard zu Schanden zu werden. Dreimal war sie ihm während des letzten Jahres bei rätselhaften Kapitalverbrechen untergekommen, die noch immer der Lösung harrten, und gestern hatte man bei dem berüchtigten Charles Lewis das vierte Exemplar gefunden. Der Mann baumelte in einem versperrten Separatzimmer seines Spielklubs an einer Portierenschnur, und niemand wußte, wie er dahin gekommen und was vorgegangen war. In seiner krampfhaft geballten Rechten hielt er eine silberglänzende Spinne, und als Dawson das Ding erblickt hatte, stieß er einen fürchterlichen Fluch zwischen den gelben. Zähnen hervor. Lewis war einer der größten Schurken von London, und der Inspektor hätte ihm mit besonderer Genugtuung den Strick persönlich um den Hals gelegt; aber die verwünschte Spinne verdarb ihm das Vergnügen, das er sonst bei der Sache empfunden hätte.
„Haben Sie einen Mann namens Charles Lewis gekannt?“ wandte er sich plötzlich wieder an die junge Frau.
„Oder wissen Sie vielleicht, ob er zu den Bekannten Ihres Mannes zählte?“
„Nein,“ sagte sie nach einer kleinen Weile des Nachdenkens ruhig und unbefangen, „ich höre diesen Namen zum ersten Mal. Mein Mann hatte allerdings einen sehr großen Bekanntenkreis, aber ich habe mich um seinen Verkehr nie gekümmert.“ Sie richtete ihre großen dunklen Augen voll auf den Inspektor und suchte in seinen Mienen zu lesen. „Weshalb wollen Sie das wissen?“ fragte sie nach einer kleinen Pause, und es schien ihm, als ob diesmal ihre Stimme nicht ganz frei klinge. „Hängt das auch mit der Spinne zusammen?“
Dawson ließ sich mit der Antwort Zeit. Er überlegte, ob es von Vorteil sei, über die Sache zu sprechen, oder ob es vielleicht besser wäre, Mrs. Irvine, die zum ersten Male während ihrer Unterredung ein gewisses Interesse verraten hatte, ihren Mutmaßungen zu überlassen.
Je länger er diese Frau, die sich so meisterhaft zu beherrschen wußte, beobachtete, desto weniger wollte sie ihm gefallen, und er war sehr zufrieden mit der Eingebung, die ihn in das Kaufhaus „Zu den tausend Dingen“ geführt hatte. Denn wenn er vorläufig vielleicht auch ohne Ergebnis wieder gehen mußte, er hatte Mrs. Muriel kennen gelernt und wußte, woran er mit ihr war. Bis jetzt hatte er bezüglich der verwünschten Spinne im Dunkeln getappt, aber nun glaubte er, endlich einen Anhaltspunkt für seine Nachforschungen gefunden zu haben. Die kühle Fassung der interessanten Frau hatte ihn nicht zu täuschen vermocht. In ihrem Wesen und in ihrem ganzen Verhalten lag etwas, was sein Mißtrauen geweckt hatte, und er konnte sich auf seine Witterung verlassen. Irgend etwas war da nicht in Ordnung. Sie wußte unbedingt mehr, als sie sagen wollte, aber für solche Fälle hatte er eine bewährte Methode, der wohl auch die Nerven dieser beherrschten Frau auf die Dauer nicht standhalten würden. Sie ging sehr unruhigen Tagen entgegen, nachdem er nun einmal Verdacht geschöpft hatte, und es konnte nicht schaden, wenn er den Boden etwas vorbereitete.
„Eigentlich wollte ich zuerst sagen: ,Das geht Sie nichts an’,“ unterbrach er das Schweigen, „aber schließlich, warum sollen Sie nicht darum wissen? Es dürfte Sie ja sicherlich sehr interessieren. — Gewiß, auch meine letzte Frage hing mit der Spinne zusammen. Der ehrenwerte Mr. Charles Lewis ist nämlich gestern von Unbefugten aufgeknüpft worden, und man hat bei ihm ein solches Ding gefunden. Seltsam, wie? — Und vor fünf Monaten,“ fuhr Dawson langsam fort, „hatte der Edelsteinhändler Paul Rubin, dem man Juwelen im Werte von achtzigtausend Pfund geraubt und dann den Schädel eingeschlagen hatte, ebenfalls eine der Spinnen bei sich und noch einige Monate früher der erstochene Wächter der London Joint Stock Bank, die bei dieser Gelegenheit um hundertachtundvierzigtausend Pfund erleichtert wurde. — Von den zwölf Spinnen, die Ihr Gatte nach Ihrer Aussage bei sich hatte, wären damit vier zum Vorschein gekommen. Es bleiben also noch acht, und ich werde nun dafür sorgen, daß sie unter etwas anderen Umständen zu Tage gefördert werden. — Zunächst werde ich einmal versuchen, ob gegen eine Belohnung von zehn Pfund für das Stück wirklich in ganz London nichts von diesem Zeug aufzutreiben ist, und dann möchte selbst ich um keinen Preis der Welt im Besitz einer solchen weißen Spinne getroffen werden. Das unscheinbare Ding könnte seinem Besitzer mit fünfundneunzig Prozent Wahrscheinlichkeit den Kopf kosten. — Das werden Sie wohl verstehen. Mrs. Irvine?“
Die junge Frau saß mit leicht gesenktem Haupte da, und nicht eine Miene ihres kalten Gesichts verriet, daß die Worte irgendwelchen Eindruck auf sie gemacht hatten.
Aber Dawson war offenbar sehr zufrieden, denn als er wenige Augenblicke später die teppichbelegte Treppe des Hauses bedächtig hinabstieg, lag ein fürchterliches Schmunzeln auf seinem roten Gesicht.
In den belebten Stockwerken blieb er eine Weile stehen und sah mit Interesse in die lange Flucht der strahlend erleuchteten Verkaufsräume, in denen sich eine dichte Menge drängte. Das Warenhaus „Zu den tausend Dingen“ schien glänzend zu gehen, und der Inspektor schüttelte unwillkürlich mit dem Kopfe, als er seinen Weg fortsetzte. Es gab da einiges, das er sich nicht zusammenreimen konnte und das in seine fieberhaften Kombinationen über die weiße Spinne nicht recht passen wollte.
Auf der Straße hielt er nach einer Autodroschke Umschau, die ihn nach Scotland Yard bringen sollte. Er hatte es mit einem Male sehr eilig, die geheimnisvolle Sache an dem Ende aufzunehmen, das er eben gefunden zu haben glaubte.
Als der Wagen anfuhr, warf Dawson ganz mechanisch noch einen Blick auf die Front des Warenhauses, um plötzlich den Kopf blitzartig vorzuschnellen und das Gesicht an die Scheiben zu pressen.
Im Schatten des Portals, das er eben passiert hatte, stand eine Gestalt, die ihn höchlichst interessierte: Ein stutzerhaft gekleideter Herr mittleren Alters mit angegrautem Haar an den Schläfen und einer schwarzen Binde über dem linken Auge, die sein scharfgeschnittenes Gesicht noch markanter erscheinen ließ.
Der Inspektor lehnte sich wieder zurück und stieß einen leisen, langgezogenen Pfiff aus.
Es konnte ein Zufall sein, der Mann konnte vor dem stark besuchten Geschäfte tatsächlich auf irgendjemanden warten — aber Dawson freute sich doch, daß er John Corner, den Schlepper und Spießgesellen des toten Charles Lewis gerade noch im letzten Augenblick an der Schwelle des Warenhauses „Zu den tausend Dingen“ erblickt hatte ...
***
Der Mann von Scotland Yard war schon lange gegangen, als Mrs. Irvine noch immer in ihrem regungslosen Sinnen verharrte.
Erst der silberne Schlag der kleinen Uhr auf dem Kamin schreckte sie aus ihrem Brüten auf, und sie blickte mit so verstörten Augen durch den eleganten Raum, als ob sie aus einem entsetzlichen Traume erwacht wäre.
Plötzlich aber schnellte sie lautlos und geschmeidig zu den beiden Türen, von denen die eine nach dem Korridor, die andere zu den Kontorräumen führte, und schob die blinkenden Riegel vor.
Es drängte sie, etwas zu tun, was vielleicht Wahnwitz war, aber sie stand unter einem unwiderstehlichen Zwange, als sie mit kräftigen Armen den schweren Tresor öffnete und eines der kleinen Stahlfächer aufschloß.
Nachdem sie einen Stoß von Papieren beiseite geschoben hatte, brachte sie aus der hintersten Ecke einen einfachen Karton zum Vorschein, und wieder flog ihr Blick ängstlich forschend durch den Raum, ob sie auch wirklich allein und unbeobachtet sei.
Sie hielt die Schachtel eine lange Weile unschlüssig in der Hand, bevor sie den Deckel abhob und mit halbgeschlossenen Augen auf den Inhalt starrte.
Endlich griff sie mit spitzen Fingern hinein, und als sie die Hand wieder hob, hing daran ein großer Klumpen silberglänzender Spinnen, von denen einige klirrend wieder zurückfielen.
Muriel Irvine sagte sich, daß ihr Geldschrank von heute an für diese kleine unscheinbare Schachtel kein zuverlässiger Aufbewahrungsort mehr sei, und sie dachte darüber nach, wie sie sich des gefährlichen Besitzes entledigen könnte. Aber worauf sie auch verfiel, alles barg die Gefahr der Entdeckung, und es schien ihr am sichersten, die Spinnen auch weiter unter sicherem Verschluß zu behalten.
Sie versperrte den Schrank und machte sich dann an der Wandtäfelung unterhalb des breiten Doppelfensters zu schaffen. Als sie das kleine Geheimfach in dem dicken Mauerwerk freigelegt hatte, schob sie den Karton hinein, und damit schien sie ihre überlegene Ruhe wiedergewonnen zu haben. Sie sah nach der Uhr, die auf ein Viertel nach Fünf zeigte und schob geräuschlos die Riegel von den Türen zurück. Dann drückte sie auf einen der Knöpfe am Rande ihres Schreibtisches, die sie mit allen Räumen verbanden.
Miß Constancia Babberly, die Geschäftsführerin des Hauses, zog in ihrem Kontor die Mundwinkel höchst mokiert herab, als sie das Klingelzeichen vernahm.
„Mylady will sich wahrscheinlich bereits wieder empfehlen,“ sagte sie anzüglich zu dem jungen Korrespondenten, mit dem sie eben geschäkert hatte. „Ist Ihnen schon solch ein Chef vorgekommen, der das Kontor fast Tag für Tag einige Stunden vor Geschäftsschluß verlassen hätte? Mir noch nicht.“
Sie begann sich umständlich die etwas zu lang geratene Nase zu pudern und zupfte vor dem Spiegel kokett ihr Kleid zurecht.
Sie hatte die schlanke Linie einer eingetrockneten Mumie, was sie so schick und bestrickend fand, daß sie bestrebt war, möglichst viel davon sehen zu lassen. Ihre Kleider hatten einen Halsausschnitt, der sehr tief hinabreichte, und unten waren sie so kurz, als dies die Dessous zuließen.
Um ihre Stellung zu betonen, hatte sie sich eine ungemein hoheitsvolle Miene zurechtgelegt, die sie vor vielen Jahren einer Kundin, einer selbstbewußten Lady, abgeguckt hatte. Seit jener Zeit ging auch Miß Babberly mit dünnen Lippen und halbgeschlossenen Augen umher, aus denen sie ihre Umgebung mit vornehmer Blasiertheit anblinzelte. Gegen die weiblichen Angestellten war sie von der Bissigkeit einer alten Krähe, und nur die jüngeren Clerks durften sich ihrer Gewogenheit erfreuen. Ihnen zeigte sie statt der dünnen Lippen zwei Reihen bedenklich weißer Zähne und ließ dabei von Zeit zu Zeit ein glucksendes Lachen hören, das wie das Locken einer verliebten alten Henne klang.
Von Mrs. Irvine war sie nichts weniger als entzückt. Sie haßte junge Frauen, besonders wenn sie dazu auch noch hübsch waren, und sie hatte alles Mögliche an ihnen auszusetzen. Jede Andeutung einer Form beleidigte ihr ästhetisches Gefühl, und ein Büstenansatz schien ihr ebenso scheußlich wie ein Buckel.
Aber auch im geschäftlichen Verkehr gefiel ihr Mrs. Irvine nicht. Sie hatte eine so kühle, herablassende Art, ihrer ersten Angestellten ihre kurzen bestimmten Anordnungen zu erteilen, und sie war jeder Vertraulichkeit so wenig zugänglich, daß Miß Constancia vor Ärger das Blut in den Adern kochte. Sie revanchierte sich aber damit, daß sie dann die faltigen Mundwinkel noch tiefer herabzog und die Miene einer Fürstin aufsetzte, die eine ganz gewöhnliche Plebejerin zu kränken versucht. Soweit glaubte sie auf Grund ihrer zwanzigjährigen Tätigkeit im Hause „Zu den tausend Dingen“ und infolge ihrer Unentbehrlichkeit gehen zu dürfen. Mehr allerdings wollte sie nicht wagen, denn Mrs. Irvine machte nicht den Eindruck, als ob sie sich besonders viel bieten ließe, und Miß Babberly war zu klug, um es auf einen Versuch ankommen zu lassen.
Als sie das Chefzimmer betrat, das in seiner ganzen Ausstattung mehr einem reizenden Boudoir als einem Geschäftskontor glich, war die junge Frau bereits dabei, die Handschuhe zuzunesteln.
Sie schien in Eile zu sein und blickte nicht einmal von ihrer Beschäftigung auf.
„Ich gehe,“ sagte sie kurz. „Die Kassenblocks und die Schlüssel lassen Sie wie immer in meine Wohnung bringen. Und morgen vormittag können Sie zwischen zehn und ein Uhr nicht mit mir rechnen. Dafür werde ich morgens pünktlich kommen und die Post erledigen.
„Sehr wohl,“ erwiderte die Geschäftsführerin, aber ihre Miene verriet, daß sie das höchst ungehörig fand.
Sie wollte dies endlich einmal noch etwas deutlicher zum Ausdruck bringen und zu verstehen geben, was das so vernachlässigte Geschäft an ihr hatte. Schließlich waren sieben Pfund die Woche wirklich ein Bettellohn für ihre langjährige Dienstzeit und die Arbeitsleistung, die ihr aufgebürdet wurde.
„Madam können sich völlig auf mich verlassen,“ fuhr sie daher selbstbewußt fort. „Es sind allerdings die Stunden des regsten Geschäftsverkehrs,“ meinte sie mit nachdrücklicher Betonung, „und man muß gehörig hinterher sein, um völlig allein den großen Betrieb zu überblicken.“
Sie war höchst gespannt, was Mrs. Irvine hierzu meinen würde, aber die Antwort, die sie erhielt, befriedigte sie nicht.
Mrs. Muriel stand bereits an der Tür, als sie sich nochmals umwandte und die Geschäftsführerin mit einem nachdenklichen Blick aus ihren dunklen Augen ansah.
„Das kann ich verstehen,“ stimmte sie zu. „Aber es handelt sich nur mehr um wenige Tage. Ich beabsichtige, eine weitere Kraft einzustellen, die Sie sehr wesentlich entlasten wird.“
Sie verschwand mit einem leichten Kopfnicken, aber wenn Blicke töten könnten, wäre sie wohl kaum weit gekommen.
Als Mrs. Irvines hohe schlanke Gestalt im Portal erschien, trat der Herr mit der Binde über dem linken Auge ihr in den Weg und lüftete höflich den Hut.
Die junge Frau dankte sehr kühl und mit einer leichten Falte zwischen den Brauen, aber als der Mann ihr einige Worte zugeflüstert hatte, folgte sie ihm willig zu der eleganten Limousine, die an der Seitenfront des Hauses in einer schmalen Quergasse hielt.
Es war nach den späteren Feststellungen genau 9 Uhr 40 Minuten, als der im ganzen Polizeikorps bekannte Detektiv von einem patroullierenden Wachmanne zum letzten Male gesehen wurde. Er stand an einem der östlichen Ausgänge von Regents Park und schien jemanden mit großer Ungeduld zu erwarten, war aber dann plötzlich verschwunden.
Kurz vor Mitternacht lief bei dem Criminal Investigation Department die Meldung ein, daß Inspektor Dawson in Camden Town nächst der Chalk Farm-Station ermordet aufgefunden worden sei. Sein Körper war noch nicht ganz erkaltet und wies außer tiefen Strangulierungsspuren, die offenbar von einer starken Drahtschlinge herrührten, einen tödlichen Stich im Rücken auf. Die krampfhaft geschlossene Rechte hielt eine weiße Spinne umklammert.
Die Stunden, die folgten, zählten zu den übelsten, die Scotland Yard je durchlebt hatte.
Sir James Gaskill, der Chef des Constablerwesens, nahm mit eisigem Schweigen die einlaufenden Berichte entgegen, und nur das Zucken um seinen bartlosen energischen Mund verriet, wie es in ihm gährte.
Dann war das Telephon im Chefzimer länger als eine Stunde in geheimnisvoller Tätigkeit, aber kein Wort drang durch die gepolsterte Türe.
Durch die düsteren Gänge kroch das Grauen, und auf allen Mienen lag verbissene Wut und erwartungsvolle Spannung.
Knapp nach halb zwölf war Sergeant Meals von seinen ersten Nachforschungen zurückgekehrt, und sie mußten sehr Wichtiges ergeben haben. Seine Augen strahlten, und er suchte mit fieberhaftem Eifer Dawson im Hause aufzustöbern. Dann telephonierte er nach allen Richtungen, aber der Inspektor war nirgends zu erreichen.
Als die Schreckensbotschaft kam, brach Meals förmlich zusammen, und die letzten Aufträge, die er von dem Toten erhalten hatte, interessierten ihn nicht mehr, da er ja nichts damit anzufangen wußte.
Es dämmerte bereits, als aus dem Zimmer des Chefconstablers plötzlich die Klingel durch das ganze Haus schrillte.
Die Kommissare, Oberinspektoren und Inspektoren versammelten sich erwartungsvoll um den grünen Tisch, aber Sir James schien es kurz machen zu wollen, denn er lud sie nicht einmal ein, Platz zu nehmen.
„Das tragische Schicksal unseres armen Dawson dürfte Ihnen wohl den Ernst der Lage klargemacht haben,“ sagte er. „Wir müssen gründliche und rasche Arbeit tun, und ich rechne damit, daß jeder von Ihnen alles aufbieten wird, um diese empfindliche Scharte, die uns einen unserer Besten gekostet hat, wieder auszuwetzen.“
Er neigte bereits verabschiedend den Kopf, als Herbert Bates, der jüngste und ehrgeizigste der Kommissare, sich die Chance nicht entgehen lassen wollte.
„Sir, wer, befehlen Sie, soll den Fall aufnehmen?“ fragte er ehrerbietig.
„Kapitän Raymond Conway, der überwachende Kommissar von Dover,“ erwiderte Sir James leichthin, als ob es sich um die selbstverständlichste Sache von der Welt handeln würde.
Wenige Minuten später ging der Name in den Mauern von Scotland Yard von Mund zu Mund, aber niemand wußte damit etwas Rechtes anzufangen. Er war in den letzten zwei Jahren oft genannt worden, doch da man seinen Träger nie zu Gesicht bekommen hatte, und auch die Kollegen von Dover nur geheimnisvoll mit den Achseln zuckten, wenn man danach fragte, hatte er förmlich einen mythischen Klang bekommen.
Muriel Irvine saß bei ihrem zeitigen ersten Frühstück, von dem sie kaum etwas berührte, als ihr Raphael Summerfield gemeldet wurde.
Sie war bereits vollkommen angekleidet und bereit, das Haus zu verlassen, um nach dem Geschäfte zu fahren, aber dieser Besuch war ihr wichtiger.
Summerfield war ein großer knochiger Mann mit einer mächtigen Adlernase, die etwas ins Rötliche spielte, und mit einem krausen Kopf, der im ersten Viertel eines jeden Monats tiefschwarz, im zweiten blauschwarz, im dritten blaugrün und im letzten Viertel in allen erdenklichen Farben schillerte. Der buschige, ebenfalls gekräuselte Schnurrbart unter der gebogenen Nase war dagegen immer von tadellosem Schwarz, da er sich mit Hilfe einer alten Zahnbürste viel leichter in Stand halten ließ, als ein ganzer Haarwald.
Die Haarpflege war eine der vielen kleinen Schwächen von Raphael Summerfield. Ansonsten war dieser ein sehr gescheiter Mann, und wenn er es bloß zum Solicitor in Fulham gebracht hatte, so lag dies nur daran, daß er nicht höher hinaus gewollt hatte. Jedenfalls war er mit dem, was er erreicht hatte, vollkommen zufrieden, obwohl seine Einkünfte äußerst bescheiden waren. Das kam daher, daß er drei gleich undankbare Sorten von Klienten hatte: Solche, die er sofort hinauswarf, solche, von denen er sich nicht bezahlen ließ, und solche, die ihm von selbst nicht zahlten.
Mrs. Irvine hatte es bei ihm durchgesetzt, in die Sonderklasse einer wirklich zahlenden Klientin eingereiht zu werden, aber sie war genötigt, die lächerlichen Honorarforderungen, die er ihr halbjährig überreichte, durchschnittlich um fünfzig Prozent zu erhöhen.
Dadurch war allerdings zwischen ihr und Mr. Summerfield ein ziemlich schwieriger Rechtsstreit entstanden, indem sich der Anwalt auf die für Fulham geltenden Taxen berief, während Mrs. Irvine darauf beharrte, daß für sie als Geschäftsinhaberin in Westend unbedingt nur die für diesen Distrikt festgesetzten Gebühren in Betracht kommen könnten.
Der Streit war derzeit noch immer in Schwebe und wurde von beiden Teilen mit großer Erbitterung geführt, während das von Mrs. Irvine in ihrer Bank angelegte Separatkonto „Raphael Summerfield“ unablässig Zinsen trug.
Der Anwalt blieb einen Augenblick an der Türe stehen, streckte mit der Rechten seinen vorsintflutlichen, aber tadellos gebügelten Zylinder, mit der Linken eine dicke Aktentasche weit von sich und neigte feierlich den Kopf.
„Ich habe mich um neuneinhalb Minuten verspätet, Mrs. Irvine,“ entschuldigte er sich mit hohler Stimme, „aber die Verkehrsmittel von heute sind eben unberechenbar. Solange die Omnibusse noch von vernünftigen lebendigen Geschöpfen in Bewegung gesetzt wurden, waren sie weit rascher und zuverlässiger. Ich hatte mir seinerzeit eine Fahrzeittabelle nach allen Richtungen angelegt, daraus das arithmetische Mittel gezogen, und es kam damals in den allerseltensten Fällen vor, daß ich eine Verspätung von eineinhalb bis zwei Minuten zu verzeichnen hatte.“
„Grämen Sie sich nicht darüber, Mr. Summerfield,“ tröstete ihn die junge Frau mit einem schalkhaften Lächeln, das man ihrem kühlen Gesicht gar nicht zugetraut hätte. „Die Hauptsache ist, daß ich Sie nicht verpaßt habe, denn hier plaudert es sich gemütlicher und ungestörter als im Kontor.“
Sie deutete einladend auf einen der Stühle am Frühstückstisch und klingelte.
„Sie werden eine Tasse Tee mit mir nehmen.“
„Eine Tasse Tee?“ meinte er überlegend, während er den Zylinder umständlich zu Boden stellte, da ihm seine engen Beinkleider mit dem Ledersteg die äußerste Vorsicht geboten. „Vielleicht. Ich habe zwar bereits um 6 Uhr 13 Minuten gefrühstückt und bin ein entschiedener Anhänger einer streng geregelten Lebensweise, aber bei der Unregelmäßigkeit, die nicht nur im Verkehr, sondern in unserem ganzen öffentlichen Leben eingerissen ist, läßt sich dieses Prinzip heute nicht mehr so unbedingt aufrechterhalten.“
Er ließ sich steif am Frühstückstische nieder und sah interessiert zu, wie das Mädchen den goldgelben Tee eingoß. Dann begann er in weiten Kreisen in der Tasse zu rühren, und seine etwas kurzsichtigen Augen irrten verlegen und erwartungsvoll in dem reizenden Raume umher.
Muriel erinnerte sich plötzlich. Sie stand auf und brachte selbst eine kostbare alte Karaffe herbei und füllte mit deren Inhalt die Tasse des Anwalts bis an den Rand.
Summerfields große Nase blähte sich zu einem wolllüstigen Schnuppern, und über sein Gesicht glitt ein verzücktes Lächeln.
Oh, irgendein Fruchtsaft,“ lispelte er und begann heftig zu blinzeln.
„Ja, ein Fruchtsaft aus Jamaika,“ erklärte die junge Frau.
„Oh, noch dazu aus Jamaika! Ich dachte mir es gleich. Fruchtsäfte von so köstlichem Aroma vermögen nur besonders gesegnete Landstriche hervorzubringen.“
Er kostete mit Behagen, und als ihm die schöne Frau die appetitlichen Brötchen zuschob, griff er verträumt und ganz mechanisch zu.
Mr. Summerfield hatte bereits die dritte Tasse Tee geleert, als er plötzlich aus seinen Träumen aufschreckte. Er sah Muriel sehr vorwurfsvoll an, und seine Stimme klang noch hohler als sonst.
„Sie machen viel zu viel Geschichten mit mir, Mrs. Irvine. Komme ich zu Ihnen als Anwalt oder als Gast? Als Anwalt,“ stellte er fest. „Und einem Anwalt hat man nicht einen herrlichen Tee mit einem köstlichen Fruchtsaft aus Jamaika vorzusetzen, sondern man hat ihm einfach zu sagen: Nehmen Sie Platz und legen Sie los!“
Er erhob sich mit einem Ruck, knöpfte den altmodischen Gehrock feierlich zu und schleppte seine umfangreiche Aktenmappe herbei. Er war mit einem Male ein ganz anderer, sachlich und bestimmt, und seine sonst so gespreizte Redeweise wurde kurz, klar und bündig.
„Hier, Mrs. Irvine,“ sagte er, indem er seine große Hand auf ein dickes Aktenbündel legte, „ist unsere Gegenschrift. Ich habe sie nur mitgebracht, damit Sie wissen, wie so etwas beiläufig aussieht. — Lesen müssen Sie sie nicht, denn Sie würden sie ohnehin nicht verstehen,“ fügte er beruhigend hinzu und schob die riesigen Manschetten, die aus den etwas zu kurzen Ärmeln geglitten waren, sorgfältig wieder zurück. „Zu solch einer gewundenen Logik gehört ein gewundenes Juristengehirn. Unsere Gerichte wollen nun einmal, daß selbst der einfachste und klarste Fall möglichst kompliziert wird, damit er nach etwas aussieht. Sonst hätte ich mich viel kürzer gefaßt.“
Er rückte seinen Rock zurecht und setzte sich in Positur, als ob er im Begriffe stünde, vor den Schranken eines Gerichtshofes ein Plaidoyer zu halten.
„Ich habe mich schon lange darauf gefreut, einmal meine Meinung über die Versicherungsgesellschaften öffentlich sagen zu können, und nun ist der Augenblick gekommen. Ich glaube, es wird den aufgeblasenen Herren nicht sehr angenehm klingen, und sie werden bedauern, mit uns angebunden zu haben,“ meinte er mit sichtlicher Befriedigung.
Dann streckte er pathetisch den Arm aus, senkte den Kopf und sah die junge Frau mit einer düsteren Falte zwischen den schwarzen Brauen an.
„Auf der einen Seite,“ begann er mit dumpfer Grabesstimme, „die Versicherungsgesellschaften, das Großkapital, stolze Paläste, Direktoren mit ungezählten Millionen, Villen und Autos — auf der andern Seite der Bürger, der Beamte, der Angestellte, der von der Arbeit seiner Hände lebt und der gezwungen ist, sich und seine Angehörigen für jene Zeit sicherzustellen, da er nicht mehr imstande sein wird, diese Arbeit zu leisten. Unablässig, Tag und Nacht, werden ihm die Lockungen der Versicherungsgesellschaften in die Ohren gebrüllt, in die Augen geschleudert, und wenn er einen Agenten hinauswirft, stehen bereits zwei andere vor der Türe. Er wird umworben, bedrängt, gequält, bis sein Widerstand zusammenbricht und er die Police unterschreibt. — Nun ist er glücklich versichert und lernt seine Pflichten gegenüber der Gesellschaft gründlich kennen. Er wird gemahnt, wenn er mit seinen Zahlungen auch nur einen Tag säumig ist, er wird gepfändet, und das fette Kapital schluckt seine Prämien, wenn er nicht weiter kann und vorzeitig ausspringt. Die Gesellschaft kennt keine Stundung, sie kennt keine Rücksichtnahme, sie kennt nur ihr verbrieftes Recht.“
Summerfield schnappte einige Augenblicke nach Luft, bevor er ebenso pathetisch wie bisher fortfuhr.
„Aber einmal kommt endlich die Stunde, da die Police fällig wird — und in dieser Stunde, hochehrenwerte Richter, ändert sich mit einem Male das bisherige Bild. Die Versicherungsgesellschaft möchte den Mann, den sie einst umworben, den sie jahrelang an seine Pflichten gemahnt und drangsaliert hat, am liebsten nicht gekannt haben. Nun, da ihre Pflichten beginnen, hat sie kein sonderliches Interesse mehr an ihm und hat vor allem Zeit. Sie beginnt zu nörgeln, zu erheben und wenn dies, wie in unserem Falle, auch nur halbwegs möglich ist, zu prozessieren. Sie kann warten, sie kann prozessieren,“ konstatierte er mit erhobener Stimme, „denn sie hat Geld. Der arme Versicherte aber oder seine Hinterbliebenen durchleben eine Zeit qualvollen Hangens und Bangens und bitterster Not.“
Der Anwalt schlug in höchster Erregung auf den Tisch, daß die Tassen sprangen und rollte entrüstet mit den Augen.
„Ist das Moral, hochverehrte Richter,“ brüllte er, „ist das gleiches Recht — und gibt es da einen Zweifel, welche Seite der schirmende Arm des Gesetzes stützen muß?“
Summerfield atmete tief auf, fing die flüchtig gewordenen Röllchen wieder ein und blickte Muriel stolz und erwartungsvoll an.
„Ich danke Ihnen, daß Sie sich meiner Sache so annehmen,“ sagte sie, aber es klang etwas kühl, und auch während seines temperamentvollen Plaidoyers war sie nicht sonderlich begeistert gewesen. Sie hatte nervös mit den Fingern gespielt, und zuweilen schien es, als ob seine Ausführungen sie geradezu peinlich berührten.
„Sie haben nichts zu danken,“ wehrte er kurz ab. „Ich vertrete nur das Recht und meine innerste Überzeugung.“
Die schöne Frau hob langsam den Blick und ließ ihn mit einem gequälten Ausdruck des Zweifels auf dem Anwalt haften.
„Sie wissen, daß ich mich leider zu dieser Überzeugung nicht so ganz durchringen kann,“ wandte sie leise ein, aber der energische Summerfield hatte dafür nur eine überlegene Handbewegung.
„Jawohl, ich weiß. Sie haben mir das schon einmal gesagt. Sie haben zwar seinerzeit die Effekten, die man Ihnen vorlegte, als Eigentum Ihres Mannes anerkannt, aber nachher sind in Ihnen allmählich Bedenken aufgestiegen, ob der Verunglückte wirklich Ihr Gatte war. — Was hat Sie auf diese seltsame Idee gebracht?“ forschte er.
Diese direkte Frage versetzte Mrs. Irvine offensichtlich in Verlegenheit. Sie schwieg einen Augenblick und hob dann ratlos die Schultern.
„Ein gewisses Gefühl,“ meinte sie unbestimmt.
„Ein gewisses Gefühl!“ echote Summerfield geringschätzig. „Da haben wir’s.“ Er tippte mit dem gewaltigen Zeigefinger auf seine Akten und sah Muriel mißbilligend an. „Ein Gefühl ist kein Argument in einem Prozeß,“ erklärte er entschieden. „Hier handelt es sich um Beweis und Gegenbeweis. — Wir haben die Behauptung aufgestellt, daß Mr. Richard Irvine verunglückt ist, und wir haben hierfür den Beweis erbracht, so weit dies unter den besonderen Umständen eben möglich war. Natürlich kann man einen Mann, der unter die Räder eines Zuges geraten ist, den Herren Direktoren der Versicherungsgesellschaft nicht als wohlerhaltene Leiche auf den Schreibtisch legen. Das ist zuviel verlangt und einfach eine Schikane. Wir haben ihnen aber zumindesten den Wahrscheinlichkeitsbeweis geliefert, daß der Mann tot ist — und wenn sie nicht wenigstens gleich gewichtige Wahrscheinlichkeitsbeweise dafür erbringen, daß er am Leben ist, müssen sie bezahlen. Verstehen Sie, Mrs. Irvine?“
„Ich verstehe,“ sagte sie und nickte nachdrücklich. „Und ich bin unausgesetzt bemüht, neue Beweise zu sammeln — ob sie nun für mich oder für die anderen von Nutzen sein mögen.“
Der Anwalt starrte sie aus großen Augen an, und sein Gesicht begann plötzlich ebenso rot zu schimmern wie seine Nase.
„Machen Sie keine Dummheiten,“ grollte er ärgerlich. „Erstens ist das überflüssig, und zweitens verstehen Sie nichts davon. — Oder haben Sie vielleicht jemanden, der Ihnen bei dieser albernen Sache an die Hand geht?“ forschte er mißtrauisch. „Dann sagen Sie mir’s ruhig, und ich trete ihm den ganzen Prozeß ab. Ich habe keine Lust, mir den Karren in den Dreck fahren zu lassen. Daß Sie nicht so ganz aufrichtig zu mir sind, weiß ich ja schon längst, aber Frauen müssen nun einmal selbst vor ihrem Beichtvater und ihrem Anwalt ein letztes Geheimnis haben, sonst kommen sie sich splitternackt vor und fühlen sich nicht wohl. Solange es sich hierbei um Ihre Vermögensverhältnisse handelte, die mir nicht recht klar sind, habe ich nichts gesagt, denn die gehen mich nichts an. Meinetwegen lassen Sie sich übers Ohr hauen, von wem und wie Sie wollen,“ bemerkte er bissig, „aber wenn Sie mir mit Ihren Nachforschungen“ — die Art, wie er das Wort betonte, verriet, wieviel er davon hielt, — „in meinen schönen Prozeß hineinpfuschen, dann mache ich Schluß. Jawohl.“
Er richtete sich kerzengerade auf und begann mit gereiztem Gesicht seine Akten zusammenzuraffen, ohne die junge Frau eines weiteren Blickes zu würdigen.
Diese verharrte wortlos mit der verlegenen und schuldbewußten Miene eines gescholtenen Schulmädchens und schien einen schweren Kampf zu bestehen. Sie schätzte den originellen Summerfield, sie wußte, daß sie an ihm nicht nur einen vortrefflichen Anwalt, sondern auch einen aufrichtigen Freund hatte, und eine Stimme in ihr drängte sie, sich ihm in diesem günstigen Augenblicke rückhaltlos anzuvertrauen. Aber dann dachte sie daran, wie weit sie schon gegangen war, daß da selbst der gerissene Mann kaum mehr einen Rat wissen dürfte, und die Furcht vor seinen gescheiten Augen, die sie bereits in starrer Bestürzung auf sich ruhen fühlte, verschloß ihr die Lippen.
Der Anwalt war über ihr Schweigen nicht gekränkt, denn er war ein guter Menschenkenner und wußte, daß er seine Klientin, für die er in seinem einsamen Herzen sehr viel übrig hatte, erst mit sich selbst fertig werden lassen mußte.
Er streckte wieder den Zylinder und die Mappe von sich, um sich ebenso feierlich, wie er gekommen war, zu verabschieden.
„Der Umstand, daß Sie mir die Ehre erwiesen haben, mich an Ihrem köstlichen Frühstück teilnehmen zu lassen,“ begann er mit Würde, indem er einen Blick auf seine eiförmige silberne Taschenuhr warf, „sowie die Wichtigkeit und Kompliziertheit der Prozeßmaterie haben es mit sich gebracht, daß ich Sie um ungefähr zwölf Minuten länger in Anspruch genommen habe, als ich ursprünglich vorhatte. Wollen Sie dies gütigst entschuldigen.“
Er beugte mit Grandezza den Nacken, aber auf einmal stand Muriel vor ihm und streckte ihm mit einem warmen, bittenden Blick in den dunklen Augen die Hand entgegen.
Summerfield war einige Augenblicke ratlos, weil er nicht wußte, was er mit dieser Hand beginnen sollte. Dann kam ihm eine Erleuchtung: Er klemmte die Mappe rasch zwischen die Knie, nahm den Zylinder in die Linke und schüttelte Mrs. Irvines Rechte sehr kräftig.
„Wenn Sie mich dringend brauchen sollten, so rufen Sie mich,“ sagte er nachdrücklich. „Trotz der Unberechenbarkeit unserer heutigen Verkehrsmittel glaube ich, Ihnen doch innerhalb sechsundfünfzig Minuten jederzeit zur Verfügung stehen zu können.“
„Haben Sie ihn schon gesehen?“ fragte Meals plötzlich hastig, während er sich im Protokoll eine Reihe von Personalien ausfolgen ließ.
„Wen?“ brummte der alte Sergeant Stevens gleichmütig zurück, der ebenso grau und vergilbt aussah wie seine Akten, unter denen er seit mehr als zwanzig Jahren hauste.
„Nun, Kommissar Conway. Er soll schon drei Tage im Dienst sein, aber es hat ihn noch niemand zu Gesicht bekommen.“
Meals steckte die Nase in einen der Strafauszüge und fuhr mit dem Finger suchend über die einzelnen Spalten.
„Er hat das Zimmer Nummer 7 im Erdgeschoß eingeräumt bekommen,“ setzte er fort, als der andere schwieg. „Sie wissen, das mit den zwei Ausgängen. Man kann über ein paar Stufen direkt ins Freie gelangen ...“
Der Detektivsergeant mußte jedoch wahrnehmen, daß Stevens für das Thema tatsächlich nicht das geringste Interesse hatte und vertiefte sich daher wieder in seine Arbeit. Nach einer Weile fühlte er aber doch das Bedürfnis, sich über die eigenartige Sache weiter auszusprechen.
„Es ist wohl in Scotland Yard noch nicht dagewesen, daß man vor den eigenen Leuten Verstecken gespielt hätte. Nicht einmal bei den Oberen hat sich Conway bisher sehen lassen, und es ist kein Wunder, daß diese darüber verschnupft sind. Als ich heute vor Kommissar Bates seinen Namen nannte, machte jener ein Gesicht, als ob er Essigsäure geschluckt hätte. — Nun, mir kann es recht sein. Aber ich bin neugierig, wie der Herr Kommissar auf diese Weise mit dem Fall Dawson fertig werden will. Allein kann er die Geschichte doch nicht gut machen. Der arme Dawson war gewiß ein tüchtiger Mann, aber er hat mich doch immer wieder zu Verschiedenem gebraucht.“
Meals seufzte hörbar und wischte sich rasch über die Augen.
„Aber jetzt ist unsereiner scheinbar ganz überflüssig geworden,“ fuhr er mit leichter Bitterkeit fort. „Und selbst wenn man aus eigenem Antrieb etwas tun wollte oder etwas zu melden hätte, wüßte man nicht, wie das anfangen.
Der Herr Kommissar hat eine Diensteinteilung, nach der man sich nicht gut richten kann. Einmal kommt er um 7 Uhr morgens, das nächste Mal um 12 Uhr nachts ...“
„Es ist unter Nummer 2755 der Befehl verlautbart worden, alle Meldungen an Kommissar Conway schriftlich im Protokoll zu hinterlegen,“ bemerkte Stevens trocken. „Er läßt sich seine Mappe immer von dem diensthabenden Wachmann holen.“