Buch

Wir sind Begleiter, egal ob wir unsere Eltern oder Angehörigen im letzten Abschnitt ihres Lebens beistehen, oder ob wir ehrenamtlich bzw. beruflich

„MENSCHEN JEDEN ALTERS BEGLEITEN“

Ich glaube es ist die Liebe, die Nächstenliebe, die uns zu Begleitern macht. Weder ein Helfersyndrom oder unsere eigene Angst vor Krankheit, Einsamkeit, Alter, Sterben und Tod, darf der Grund sein, jemanden zu begleiten. Ich rate jedem sich unbedingt zu prüfen.

Zum Begleiter wird man berufen. Es ist kein Beruf, wie z.B. Schneider oder Rechtsanwalt, sondern Berufung. Es ist auch kein Beruf, den man ausübt. Es ist eine Lebenseinstellung. Begleiter gehören unter anderen Menschen zu denen, die dafür berufen sind, Liebe zu lehren – vorzuleben, Menschenwürde und Lebenssinn zu vermitteln.

Ich gebe Anregungen aus meinen über fünfundzwanzig Jahren Erfahrung als Lebens-, Sterbe- und Trauerbegleiterin.

Ich zeige Wege zum Einstieg in die Begleitung, was wichtig ist in der Begleitung, sowie über den Umgang mit „Schutzbefohlenen“. Ich betone nochmals, dass es dabei nicht wichtig ist, ob man jemand aus der eigenen Familie oder fremde Menschen begleitet.

Besonders zeige ich aber Möglichkeiten, wie man sich selbst schützen kann um nicht die Sorgen, Probleme oder Schmerzen anderer Menschen zu übernehmen.

Ich möchte klarstellen, dass für mich „ein Begleiter“ nicht für das Männliche steht, sondern für „den Menschen“. Jede Frau und jeder Mann, ist „ein Mensch“.

Ilse Jedlicka

1210 Wien

E-mail: jedlicka@hausdesfriedens.at

Web: www.hausdesfriedens.at

August 2020

Cover: Kathi Jedlicka

Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7526-5091-4

Inhalt

EINFÜHRUNG und SELBSTSCHUTZ

Berufung

Ich glaube Gott schenkt uns so viel Liebe, die wir nicht verkraften könnten, würden wir sie nicht weitergeben. Sie ist das Wertvollste, das es in unserem Leben geben sollte. Ich denke, sie ist für die meisten von uns der Grund, dass wir viel von unserer Zeit für andere Menschen da sein wollen.

Weites glaube ich, Menschen, welche liebevoll mit anderen Menschen umgehen sind ein Juwel in unserer Gesellschaft. Das müssen nicht unbedingt regelmäßige Besuche sein, welche ganz sicher der Schliff und die Fassung des Juwels sind. Schon ein Gespräch mit dem Nächsten, aufmerksam und wachsam geführt, kann uns zum „Botschafter Gottes“ machen.

Ich bin überzeugt, wenn Sie den Wunsch verspüren Menschen in ihrer Krankheit, auf ihrem letzten Stück des Weges oder in Krisen zu begleiten, hat sich das in Ihrer Kindheit schon bemerkbar gemacht. Sie haben es wahrscheinlich damals noch nicht wahrgenommen. Nämlich nicht als die Wahrheit angenommen, es war Ihnen noch nicht bewusst.

Weiter glaube ich auch, dass Sie im Laufe Ihres Lebens einige spirituelle und übersinnliche Wahrnehmungen hatten. Vielleicht haben Sie sich bis jetzt mit niemandem darüber zu reden getraut, da lade ich Sie zu einem kostenlosen Gespräch ein. Melden Sie sich mit der Angabe, wie Sie mich gefunden haben unter:

jedlicka@hausdesfriedens.at

Eine der Voraussetzungen Begleiter, insbesondere Sterbebegleiter zu werden, ist, demütig zu sein.

DE-MUT, in diesem Wort steckt schon das Wort „MUT“.

Demut ist das Gegenteil von Hochmut. Ein Begleiter darf weder hochmütig noch überheblich sein, sonst ist er als Begleiter fehl am Platz. Es ist leider so, dass oft Lebens- oder Sterbebegleiter, sowie Psychotherapeuten viel zu überheblich sind. Ihnen geht es hauptsächlich darum, entweder Geld zu verdienen oder „wichtig“ zu sein. Da fehlt aber die Liebe. Bei meinen Gesprächen mit Trauernden oder Klienten, kommen immer wieder Menschen zu mir, welche sich von Therapeuten gedemütigt fühlten. Daher bleibt auch der Besserungserfolg aus.

Mein Motor, dass ich immer wieder weiter mache ist, dass ich zur Besserung beitragen darf. Da habe ich schon wahre Wunder erlebt. Dabei habe ich immer das Gefühl, es ist nicht meine Leistung, sondern der Heilige Geist hat gewirkt. Ich war das Werkzeug Gottes. Ich habe unter anderem den Lehrgang: „Ausbildung zum Begleiten bei Exerzitien im Alltag“ absolviert. Damals habe ich bei jedem Lehrblock angemerkt, dass diese Ausbildung zu wenig ist, um Menschen in Krisen begleiten zu können.

Ich denke, bei jeder Begleitung ist die Liebe das Wertvollste, das Mitgefühl das Wichtigste und die Lebenserfahrung das Hilfreichste.

Früher war ich der Meinung, jeder Mensch besitzt die Fähigkeit zu begleiten, denn es hat wohl jeder, egal ob jung oder alt, was ja relativ ist - wie das halb volle oder halb leere Glas, - Schmerz, Trauer und Entbehrung erlebt, auch schon als Kind. Ich habe gehört, wenn ein Baby bei der Geburt den mütterlichen Schoß verlässt, erlebt es bereits den ersten Abschied.

Heute weiß ich, begleiten in welcher Form auch immer, verlangt außer Liebe sehr viel Einfühlungsvermögen, Feingefühl, sowie Hingabe und Demut. Bereitschaft für Gott offen zu sein. Hin-Gabe und De-Mut, sich von ihm führen zu lassen. Dann ist es uns möglich, zu spüren, was anderen Menschen fehlt, beziehungsweise, wie wir anderen Menschen helfen können.

Es spielt keine Rolle, ob wir Angehörige unterstützen, ehrenamtlich tätig sind, oder ob wir beruflich begleiten.

Wenn wir beruflich begleiten, werden wir intensiver gefordert und haben weniger Möglichkeit der Abgrenzung. Daher freue ich mich, dass in vielen Krankenhäusern und anderen Institutionen, die mit Betreuung und Begleitung zu tun haben, für ihre Mitarbeiter Supervision angeboten wird. Trotzdem muss sich jeder gut prüfen, ob man für diesen Beruf geeignet ist, ansonsten brennt man zu leicht aus.

Bei der Begleitung oder Betreuung der alt gewordenen oder kranken Eltern, sowie anderer Familienangehöriger ist es sehr schwer sich abzugrenzen. Da sollte man sich Helfer organisieren, die uns bei der Begleitung unterstützen. Die uns z.B. vertreten, damit wir Möglichkeit haben, uns vom Stress, den die Betreuung sehr oft auslöst, zu befreien und loslassen zu können. Wenn es auch nur ein Tag ist oder einige Stunden sind, in denen wir uns „regenerieren“ können.

Betrachten Sie Ihr vergangenes Leben, Sie werden merken, ob Gott Sie für diese Auf-Gabe berufen hat. Das betrifft auch die Betreuung der eigenen Eltern.

Es darf kein „MUSS“ sein, die eigenen Eltern zu begleiten, zu betreuen oder zu pflegen. Es ist nicht jedem Menschen möglich das zu tun. Wenn z.B. jemand voll im eigenen Berufsleben steht, bleibt weder die Zeit noch die Kraft dafür. Da ist es schon wertvoll den Eltern zu zeigen, dass sie uns wichtig sind. Das muss aber nicht unbedingt selbst pflegen oder begleiten sein. Sehr oft ist es für jeden Beteiligten besser, fremde Hilfe anzunehmen. Wichtig ist es dabei, sich darum zu kümmern, dass die Obsorge liebevoll und zum höchsten Wohle der betreffenden Person abläuft. Man hat dadurch die Möglichkeit, statt Stress, Liebe und Wertschätzung zu vermitteln.

Begleiten heißt, miteinander gehen. Jemanden auf einem Weg begleiten. Für jemanden „DA SEIN“, wenn sein Weg beschwerlich ist.

Ein Begleiter muss „Stehvermögen“ haben, damit sich der Begleitete auf ihn stützen kann. Er muss aber auch wahrnehmen, im richtigen Moment aufzufangen. Dafür braucht man Erfahrung und Wissen über den Umgang mit Menschen.

Einfühlungsvermögen und Feingefühl gab uns Gott als Gaben mit ins Leben. Wissen und Erfahrung können wir uns aneignen.

Ich habe bisher viele Seminare, Lehrgänge, Studien und Vorlesungen besucht, um mir das Wissen anzueignen, welches man braucht, um Menschen besser verstehen zu können. Von den vielen Büchern, welche ich schon deshalb gelesen habe, ganz zu schweigen. Wenn Sie aber glauben, nun sei ich vollkommen, haben Sie sich schwer geirrt. Wahrscheinlich werde ich bis zu meinem eigenen Lebensende lernen müssen und immer noch nicht jeden Menschen verstehen können, oder wissen, was in ihm vorgeht.

Dazu kommt noch der Umgang mit der Natur. Es sind wenige Begleiter, denen bewusst ist, dass die Liebe zu Tieren und der Natur ein Bestandteil ihrer Aufgabe ist. Ein wichtiger Bestandteil sogar, weil es dabei um die Liebe geht.

Ehrenamt

10/07

Wäre das Seminar im Buddhistischen Zentrum nicht kurzfristig abgesagt worden, hätte ich nicht im Fernsehen die Ehrung der ehrenamtlichen Mitarbeiter Österreichs durch Papst Benedikt und Bundespräsident Fischer gesehen.

Beim Fernseher sitzend, fühlte ich mich wirklich angesprochen und geehrt, allerdings mehr vom Bundespräsidenten als vom Papst.

Unser Bundespräsident hat mich bereits des Öfteren, schon als er Nationalratspräsident war, tief berührt.

Ich habe mir die Stunden, die wir „Ehrenamtlichen“ „abdienen“, nicht gemerkt. Vor etwa 10 Jahren haben einige beherzte Leute, dazu gehörte Jutta Schrutz, angefangen, Ehrenamtliche zu erfassen und die Stunden, die wir der Bevölkerung schenken, errechnet. Das war der Beginn für das Suchregister im Sozialen Dienst und des Kataloges für Selbsthilfegruppen.

Mitleid im Konzentrationslager

Mitleid ist eine Form von Fremdenergie. Ich habe sie unbewusst vor vielen Jahren übernommen und es dauerte einige Zeit, bis ich mich davon befreien konnte.

Als meine ältere Tochter ca. eineinhalb Jahre alt war, war ich im Konzentrationslager Mauthausen. Das KZ war damals noch nicht zur Besichtigung geöffnet, daher war noch sehr viel von der Energie des Krieges an diesem Ort. Ich kannte mich damals nicht so wie heute mit Fremdenergie aus, sonst hätte ich wahrscheinlich anders gehandelt.

Da ich seit meinem achtzehnten Lebensjahr mit einigen jüdischen Frauen befreundet war und der damalige Oberrabbiner Prof. Akiba Eisenberg, der Vater vom pensionierten Wiener Oberrabbiner Dr. Paul Chaim Eisenberg, mein väterlicher Lehrer des Judentums war, wollte ich nachempfinden, wie es den jüdischen Frauen mit ihren Kindern vor der Vergasung ergangen ist. Ich nahm meine Tochter an der Hand und ging mit dem Gefühl, ich wäre eine Jüdin, durch die Baracken zum Bad, in dem statt Wasser aus den Duschen Gas strömte und die Menschen tötete.

Wieder zu Hause in Wien angelangt, hatte ich zwei Wochen starke Depressionen. Da ich seit meiner frühesten Kindheit oft unter Depressionen gelitten habe, konnte ich aber schon ganz gut damit umgehen. Nun aber kam ich aus den Depressionen nicht heraus. Als ich darüber nachdachte, was die Ursache sein könnte, fiel mir das KZ ein. Nun erst konnte ich die Depressionen verstehen. Heute weiß ich, dass diese Depressionen Fremdenergie war, die ich mir selbst geholt habe. Zwar damals unbewusst, aber doch gewollt, weil ich mich in die jüdischen Frauen versetzt habe. In jemand anderes zu versetzen heißt, seine Energie übernehmen.

Kann ein Sterbebegleiter lossprechen?

2002

Auch wenn sie sich mit der röm. kath. Kirche nicht näher befassen, glaube ich, sie wissen noch vom Religionsunterricht, was „lossprechen“ heißt. Ich hatte mich zu einem Vortrag bei der Akademie für Lebens-, Sterbe- und Trauerbegleitung im Kardinal-König-Haus angemeldet. Ich habe aber mit einer Freundin, die von Irland auf Besuch da war und wegen des Liedes: „Ein kleines Wegerl im Helenental“, das Helenental sehen wollte, den Tag im Helenental verbracht. Wir machten eine kleine Wanderung, ich zeigte ihr den von mir oft besuchten Kreuzweg in Heiligenkreuz und wir besichtigten das Stift. Logischerweise war ich anschließend müde und wollte nicht mehr zum Vortrag.

Nun beginnt es interessant zu werden. Zwei Wochen vorher hatte ich einen Vortrag nicht besucht und damit es nicht heißt, die Ilse Jedlicka ist unverlässlich, wollte ich unbedingt dieses Mal zuhören. Ich fuhr also todmüde nach Lainz. Bevor ich vom Auto ausstieg, überlegte ich noch einmal, ob ich nicht doch nach Hause fahren sollte. Es bestand nämlich die Gefahr, dass ich vor Müdigkeit einschlafen würde. Ich hörte in mich hinein, dabei wurde mir bewusst, dass es einen bestimmten Grund gibt, weshalb ich hier bin. Der inneren Stimme folgend, ging ich in den Saal, wo der Vortrag sein sollte. Ich war zu früh dran, deshalb ging ich wieder zum Auto und wollte nach Hause fahren. Ich hatte den Motor noch nicht gestartet, als ich die Eingebung hatte heute hier sein zu müssen. Also ruhte ich mich im Auto aus und ging dann zum Vortrag.

Beim Vortrag dachte ich nach einiger Zeit: „Das alles, was der Vortragende erzählt, ist selbstverständlich, darüber einen Vortrag zu halten ist gewagt“. Es gingen auch zwei Frauen weg. Ich wollte mich anschließen, blieb aber trotzdem sitzen. Wäre vor der Pause gesagt worden, dass es anschließend an die Pause eine Diskussion gibt, wäre ich ganz sicher nicht geblieben. Während der Diskussion fragte ich mich noch einmal was das ist, denn ich wollte gehen und ging wieder nicht. Ich wollte auch nicht sprechen, weil ich ganz einfach nur müde war.

Dann aber entwickelte sich eine heiße Diskussion darüber, ob wir Sterbebegleiter statt einem Priester, im Namen Gottes, Sünden vergeben oder davon lossprechen dürfen. Die Diskussion wurde aggressiv, besonders dem Vortragenden gegenüber, der erklärte, dass Sterben und Tod nicht unbedingt nur von den christlichen Kirchen geprägt sein muss. Verzeihung, Vergebung, Erlösung hat Gott für jeden Menschen gegeben, ohne Ausnahme von Rang, Namen, Herkunft oder Religion.

Wie oben schon erwähnt, ich war sprechfaul. Ich bemerkte aber öfter, dass mich der junge Mann mit dem Mikrophon fragend anschaute. Plötzlich forderte er mich auf zu sprechen und schon hatte er mir das Mikro in die Hand gedrückt. Ich fing aber nicht an zu reden, damit ich die Diskussion der fünf oder sechs Leute nicht unterbreche. Nach einiger Zeit wollte ich ihm das Mikro zurückgeben, er aber sagte ich sollte es noch halten. Es war auch an der Zeit mit dem Vortrag Schluss zu machen. Da mischte sich der junge Mann in das Gespräch und erklärte, dass noch zwei Wortmeldungen, die sehr geduldig gewartet haben, anzuhören sind. Ich war gar nicht nervös, wie ich es sonst bin, wenn ich vor Leuten spreche. Ich stand auch nicht wie die anderen Leute auf, sondern blieb sitzen, wie ich das bei solchen Gelegenheiten immer tue, damit ich nicht so gesehen werden kann. Als ich sprach, wurde es ganz still im Saal. Man hätte außer meiner Stimme eine Stecknadel fallen hören können. Die Leiterin der Akademie stellte sich auf und beobachtete mich mit strahlenden Augen. Viele der anderen Menschen im Saal hatten Bewunderung in ihren Augen, denn ich sagte Folgendes: „Ich bin seit über zehn Jahren Sterbebegleiterin. Wenn ein Sterbender einen Priester verlangt hätte, weil er glaubt, nur durch ihn können ihm Gott oder andere Menschen verzeihen, hätte ich ganz sicher einen Priester geholt. Bis jetzt hat aber bei mir niemand, der im Sterben lag, einen Priester verlangt. Doch werde ich immer wieder gefragt, wie es im Jenseits sein wird. Ich möchte dazu sagen, ich durfte bei einem Unfall vor vierzehn Jahren ein Nahtod- und ein Todesnaherlebnis erfahren. Es war ein unbeschreiblich schöner Zustand. Ich glaubte, im sogenannten Himmel gewesen zu sein. Als ich wieder ins Leben eingetreten war, war mir bewusst, mich hat ein Motorrad niedergefahren. Ich lebe wieder, aber wenn ich umgedreht werde, kann ich doch für immer tot bleiben. Ich war ganz entsetzt, weil ich nicht wusste was ich zu tun habe, wenn ich jetzt sterbe. Doch dann kam ein Satz, den ich ein paar Mal gedanklich sagen musste, um zu verstehen, was er aussagt. Es war als käme dieser Satz von außen und lautete: „Alle die ich verletzt habe, verzeiht mir bitte.“ Wieder hatte ich ein sehr gutes Gefühl. Ich fühlte mich frei und ungebunden. Bereit zu sterben. Das ist es, was ich Sterbenden vermitteln kann. Wenn jemand am Anfang des Gespräches ganz verkrampft ist und am Ende gelöst, dann glaube ich, ist Vergebung geschehen.“

Ich bin mir nicht sicher, ob das was in den Augen des Vortragenden glänzte, Tränen waren. Er sprach sehr gerührt und sah mich dabei liebevoll an, als er sagte, dass es das war, was er vermitteln wollte.

Was meinen Sie, war es der Wille Gottes, dass ich hier war? Ist es für Sterbebegleiter das Wichtigste auf die innere Stimme zu hören?

Ich möchte noch von diesem Abend weitererzählen, damit sie etwas zum Lachen haben. Der nächste und letzte Sprecher war ein evangelischer Pfarrer. Er begann mit dem Satz: „Ich bin einer der nicht gefragten Priester.“ Alle lachten und nickten mir vielsagend zu.

Wieder einmal freute ich mich, dem göttlichen Ruf gefolgt zu sein. Es gibt mir ein so wunderbares Gefühl, geführt und geleitet zu werden.

Gesprächsführung von Kathi Jedlicka

Eigentlich ist die Gesprächsführung eine Kunst, Technik oder Methode, die am besten jeder beherrschen würde oder sich zumindest damit beschäftigen sollte. Viele Einzelheiten z.B. in Bezug auf Körpersprache sind uns gar nicht bewusst, die aber den positiven oder negativen Verlauf und Ausgang eines Gesprächs bestimmen. Diese Dinge beherrscht oder versteht man nicht von Natur aus, weil man sprechen, denken und fühlen kann, wie manche Menschen behaupten. Eine Einführung auf diesem Gebiet kann jedem egal welcher Berufsgruppe angehörig hilfreich sein.

Es ist nebenbei anzumerken, dass es verschiedene Zugänge oder Techniken (in) der Gesprächsführung gibt, z.B. systemisch, personenzentriert, NLP (Neuro-Linguistisches Programmieren). KlientInnen-Gespräche in der Individualhilfe können den Charakter von Kooperationsgesprächen haben, jedoch auch den von Verhandlungs- oder gar Streitgesprächen. Das „Gesprächsklima“ ist nicht unbedingt ein Zeichen der Qualität des Gesprächs. (Pantucek, P.: Skriptum Lebensweltorientierte Individualhilfe und Beratung. 4.3)

Was ich mir für die Zukunft auf jeden Fall merken werde, ist, dass ein DSA (Anm. d. Red. Dipl. Sozial Arbeiter, gilt aber auch für Begleiter) das Gelernte im Umgang mit Klienten zwar oft perfekt ausführt, aber im Umgang mit Kollegen oder im Alltag nicht umsetzen kann bzw. gar nicht auf die Idee kommt, dass er es da anwenden kann. Ich werde also versuchen, auch da die Nerven und den Kopf zu behalten...

Ich glaube das Allerwichtigste, ist das Überprüfen des eigenen Bildes, das während des Gespräches, oft auch schon vorher, entsteht. Man soll dessen bewusst sein, dass man dazu neigt, Vorurteile zu haben, denn das tut jeder. Und im gewissen Sinn ist es auch notwendig, um sich überhaupt eine Meinung bilden zu können. Dieses Bild oder diese Vorurteile beziehen sich nicht nur auf die Person des Gesprächspartners an sich, sondern auch ganz besonders auf seine Gefühle.

Zu oft schließt man voreilig auf die Befindlichkeit und die Gefühle des Gegenübers: „Ich verstehe dich. Mir ist es da auch schon oft so ergangen!“ Man soll hinterfragen und so das Bild überprüfen, sodass der Klient/Gesprächspartner entscheiden kann, ob er mit dieser Definition seiner Lage zufrieden ist.

Insbesondere in einem Beratungsgespräch kann man erst dann eine Lösung anbieten, wenn man sich überhaupt sicher ist über die Zustimmung des Klienten. Diese Sicherheit erreicht man, wenn das Gegenüber mit einem Kopfnicken meine Darstellungen bestätigt, denn, wie wir wissen, ist die Körpersprache Großteils ausdrucksstärker als die Sprache. „Der Mensch bringt Leiden ebenso, oft sogar eindeutiger, durch averbales Verhalten -Gesichtsausdruck, Körperhaltung, Handlungen- zum Ausdruck“ (Lüssi, Systemische Sozialarbeit, 1.11.c2), was meiner Meinung nach trotzdem keine Garantie der richtigen Interpretation der Körpersprache gibt. Das gilt auch für alle Abmachungen etc.:

GESAGT ist nicht VERSTANDEN - VERSTANDEN ist nicht EINVERSTANDEN- EINVERSTANDEN ist nicht DURCHGEFÜHRT - DURCHGEFÜHRT ist nicht BEIBEHALTEN

(Zielerreichung nach Andreas Schmied).

Ich glaube, das sollte man sich vor allem als Sozialarbeiter (aber auch in jedem anderen Beruf bzw. ehrenamtlich, wo man es mit einer Klientel, oder auch mit Patienten zu tun hat) immer wieder vorhalten!

Auch Schweigen ist oft etwas, das falsch verstanden werden kann. Es ist schon wahr, dass auch keine Antwort eine Antwort ist, wie das Sprichwort sagt, oder man nach Paul Watzlawick nicht nicht-kommunizieren kann, aber Schweigen kann vieles sagen wollen und verschieden interpretiert werden. Wenn ich mir nicht sicher bin, was man mir mit seinem Schweigen sagen will oder ich es einfach nicht aushalten kann, weil ich gewohnt bin, dass man mich anschweigt, um mir zu demonstrieren, dass ich etwas falsch gemacht habe, dann sollte ich es im Gespräch zum Thema machen, bevor ein falscher Eindruck oder vielleicht eine Kette von Missverständnissen entsteht.

Es gibt also auch in der Gesprächsführung einen Haufen Regeln, wenn man will, eine Einmal-Eins. Eine Zusammenstellung von solchen Regeln oder ein solches Einmal-Eins ist auf dem Handout „Das Personenzentrierte Beratungsgespräch“ aufgelistet. Ein paar davon möchte ich herausgreifen:

* Sorge für einen sicheren Rahmen („Setting“): Raum, Zeit, Ruhe usw.

Wie der Beratungsraum seiner Meinung nach aussehen und ausgestattet sein sollte, beschreibt Peter Lüssi in seinem Lehrbuch Systemische Sozialarbeit (2. 1b Die Ausstattung des Sozialdienstes). Ich halte es bei einem Beratungsgespräch für besonders wichtig, dass die Tür möglichst dicht ist, sodass der Klient den Eindruck hat, mit dem Gesprächspartner unter sich zu sein. Er soll den Eindruck der Diskretion haben. Also auch keine Glastüren, wo man von außen hineinsehen kann. Umgekehrt geht es auch darum, dass möglichst keine Reize von draußen hineingelangen, damit das Gespräch ungestört verlaufen kann. Bei aggressiven oder motorisch unruhigen Gesprächspartnern ist das Gespräch im Gehen (Spaziergang) zu erwägen.

Gespräche sollten nicht länger als eine Stunde dauern, da für beide Gesprächspartner die Gefahr der Ermüdung besteht. Dieser Zeitrahmen sollte für beide klar sein.

Es sollte auch „klar ersichtlich“ sein, d.h. man sollte eine Uhr für beide gut sichtbar platzieren. Ständiges auf die Uhr Sehen macht kein gutes Klima. Es ist aber notwendig, dass man sich vom Gesprächsverlauf her nach der Zeit, die noch zur Verfügung ist, richten kann. Um der geistigen Ermüdung vorzubeugen und eine gute geistige Verarbeitung der Gespräche zu gewährleisten, sollte der Berater auch mindestens fünf Minuten Pause zwischen den Gesprächen einhalten, ebenso eine Mittagspause. Den Dienstschluss sollte er genau einhalten und versuchen die geistige, oder „gefühlsmäßige“ Arbeit nicht mit nachhause zu nehmen. Das nennt man abgrenzen. (siehe auch Lüssi, 3.223.b)

Richtiges Abgrenzen in helfenden Berufen ist auch ein besonders wichtiges Thema. Aber ich möchte in dieser Arbeit nicht zu sehr darauf eingehen. Grundsätzlich geht es darum, das Leben und die Probleme der Klienten nicht zu den eigenen zu machen und die Arbeit vom Privatleben getrennt zu halten. Regelmäßiger Austausch mit den Kollegen, regelmäßige Fort- und Weiterbildung und Supervision helfen dabei und machen unsere Arbeit professionell. Man darf auch nicht vergessen, wie wichtig ein gesundes und ausgeglichenes Privatleben ist!

*Zeige Interesse am Gesprächs-Partner (auch nonverbal). Man soll durch die Körperhaltung einen interessierten Eindruck vermitteln, ebenso durch Mimik und Bemerkungen sowie Rückfragen und Wiederholungen.

Besonders wichtig ist dies auch in Situationen, in denen ein Dolmetscher vermittelt. Es geschieht zu leicht, dass der Dolmetscher zum GP wird, wenn sich der Berater nicht durch sein Verhalten (seine Körperhaltung etc.) einbringt.

* Ein personenzentriertes Beratungsgespräch ist keine Diskussion. Es geht nicht darum, wer Recht hat, oder wer schuld ist, sondern ob man einander verstehen kann.

Ich darf dem GP keine Meinung aufzuzwingen versuchen. Seine Eigenverantwortung soll gewahrt/gefördert werden.

*Beziehe dich auf die Person, des GP, auf seinen Bezugsrahmen, seine Gefühle, nicht ausschließlich auf das „Problem“.

Oft dient die erste Zeit der Beratung dem Kennenlernen und Überprüfen bzw. dem Aufbau des Vertrauens. Da steht das Problem gar nicht im Vordergrund. Oft wird, wahrscheinlich um den Berater zu testen, ein anderes als das tatsächliche Problem („covert problem“) vorgeschoben, nämlich das „presented problem“ (Pantucek, 4.2.1.,) Es ist also das Augenmerk sowohl auf Inhalt als auch auf die Beziehungsebene zu lenken.

Ähnlich sind „Die 10 Gebote für den Arbeiter in der Gesundheitsfürsorge“ vom Netzwerk Klientensachverständige. Großteils decken sich die beiden Quellen: Hier wird allerdings auch noch angeführt, dass man keine unverständliche Sprache verwenden soll. Man soll sich hier so gut es geht auf den Klienten einstellen und eine für ihn verständliche Sprache benutzen (das betrifft auch den Satzbau, nicht nur Vokabular). Ebenso wichtig wie die Regeln, von denen ich nun einige wenige herausgegriffen und erläutert habe, finde ich die Beobachtungskriterien für Praktikanten bei Erst- und Beratungsgesprächen. Es geht hierbei darum, die Gesprächssituation, von der wir ja noch viele erleben werden, zu erfühlen, ein bisschen ein Gespür dafür zu bekommen, beobachten zu üben und gewisse Beobachtungskriterien zu internalisieren.

Wie wirkt der GP/Klient, wie tritt er auf? Was will er, was erwartet er sich vom Berater?... Wie ist die Beziehung zwischen Berater und Klient/GP? Einstieg und Verlauf? Konfliktsituationen? Wie verhält sich der Berater? Wie geht er vor? Wie wirkt er?

Literatur: Pantucek Peter: Skriptum, Lüssi Peter, 1992: Systemische Sozialarbeit, Bern-Handouts Methoden und HF/Handlungsfeld Familie (Plener), Peters Karin: Skriptum zum Seminar „Chancen und Grenzen der Sozialarbeit“.

Begleitung von Familienangehörigen und Verwandten

Wir Begleiter müssen trotz aller Fürsorge für andere Menschen auch auf unsere eigene Familie gebührend achten.

Wahrscheinlich wissen Sie genauso wie ich, dass Begleitung „in den eigenen Reihen“, damit meine ich die eigene Familie und Verwandtschaft im weiteren Sinne, komplizierter ist, als bei fremden Menschen. Umso besser muss man sich prüfen, ob man genug Selbstwertgefühl hat, um über so manche Verletzungen hinwegsehen zu können.