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© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2020
© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2020
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Verlagsleitung Reise: Grit Müller
Verlagsredaktion: Stella Schossow
Autorin: Christiane Bauermeister
Redaktion: bookwise, München
Bildredaktion: Henrike Schechter
Schlussredaktion: Ulla Thomsen
Reihengestaltung: Independent Medien Design, Horst Moser, München
Kartografie: Huber Kartographie GmbH für Gräfe und Unzer Verlag GmbH
eBook-Herstellung: Anna Bäumner, Martina Koralewska, Renate Hutt
ISBN 978-3-8342-3142-0
1. Auflage 2020
GuU 3142-0 4_2020_2
Bildnachweis
Titelbild (Silhouette der Eisenbahnbrücke in Riga): stock.adobe.com: Ints Vikmanis
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Übersichtskarte
Mittelalter auf Schritt und Tritt. Die liebevoll restaurierte Altstadt mit ihren verwunschenen Gässchen und Giebelhäusern, den in ehemaligen Hansekontoren versteckten Restaurants und Läden und den beeindruckenden Sakralbauten ist ein architektonisches Juwel. >
Übersichtskarte
Großzügige Boulevards mit ansprechenden Läden und Straßencafés sowie ungewöhnliche Museen charakterisieren das Zentrum. Eine besondere Attraktion ist das Jugendstilviertel, von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. >
Übersichtskarte
Der einstige Arbeiterbezirk mit seinen jüdischen und russischen Einwohnern entwickelt sich gerade zum Szeneviertel.
Verfallene Industriebauten werden von Künstlern entdeckt und mit ungewöhnlichen Nutzungskonzepten wiederbelebt. >
Übersichtskarte
Das Viertel am anderen Ufer der Daugava erlebt eine Wiedergeburt: Viele Architekten und Künstler haben sich hier neuerdings niedergelassen und gestalten »ihr« Viertel gemeinsam, wobei viel Wert auf die Restaurierung der alten Holzarchitektur gelegt wird. >
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Interview mit Hagen Graf Lambsdorff: Die Geschichte der Deutschen in Riga >
Ein dunkles Kapitel in Rigas Stadtgeschichte: Das Haus des Schreckens an der Ecke. Ein geheimes KGB-Verlies >
Interview mit der Galeristin Ivonna Veiherte: Riga im Kunstrausch >
Zwei Letten – ein Chor: Wie die Letten zusammen mit ihren Nachbarn für ihre Freiheit sangen >
Melnais balzams – Balsam für Leib und Seele: Wie ein Likör aus Riga die Welt eroberte >
Die Stilsicherheit lettischer Damen: Immer gut angezogen >
Die Hanse in Riga: Wie der Handel das Gesicht der Stadt noch heute prägt >
Dainas – Bilder der lettischen Seele: Ein Schrank voller Lieder und Verse >
Wie sich die Kunst in Riga emanzipierte: Sozialistischer Realismus ist out – und der Zar ist weit! >
Lettlands erste Feministin: Aspazija – die Geschichte einer Frau >
Valentīna Freimane und das jüdische Ghetto: »Adieu, Atlantis«. Niemand wird vergessen! >
Die Russen sind im Kommen: Die größte Minderheit in Riga >
Rigas hölzerne Architektur: Weg mit der Abrissbirne >
Widerstand auf Lettisch: Wie die Einwohner Rigas auf Friedhöfen den KGB austricksten >
Auf den Spuren der vergangenen Zeit: Sowjetisches Erbe in und um Riga >
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© stock.adobe.com: ingusk
Eine so schöne Aussicht wie der Wetterhahn an der Spitze des Doms St. Marien auf Altstadt, Moskauer Vorstadt und Daugava hat man höchstens von der Aussichtsplattfom der Petri-Kirche (links im Bild, >).
Ungewöhnliche Perspektiven, charmante Orte und feine Details versprechen besondere Augenblicke.
Neben der Geschichte des Films in Lettland gibt es eine Sammlung verbotener sowjetischer Filme zu sehen. >
Die Entwicklung der Hansestadt Riga wird nacherzählt. >
Die größte russisch-orthodoxe Kirche im Baltikum. >
Eine amüsante Stadtführung auf den Spuren des großen Komikers, dessen Geburtsstadt Riga ist. >
»Kas ir māksla?« (»Was ist Kunst?«), fragt die Kunstinstitution in neuer Umgebung mit neuem Konzept. >
Der beliebteste und älteste Park der Stadt lädt ein zum Spazieren, Flanieren – oder für eine Schachpartie. >
Das Museum hat ein Facelift bekommen – und vermittelt einen persönlichen Eindruck des Dichter-Paars. >
Halb verfallen, halb im Aufbruch, doch die Halbinsel ist ein echter Geheimtipp für Fotografen. >
Fisch, japanisch z.B. als Sushi zubereitet, spielt hier die Hauptrolle; gute Cocktails sind der nicht unwichtige Sidekick. >
Von außen bester Zuckerbäckerstil, von innen original 1950er-Jahre-Interieur und von oben beste Aussicht. >
Für Liebhaber von schrägem Nippes ist dieser berüchtigt-verschrobene Flohmarkt eine wahre Fundgrube. >
Engagierte Bürger und junge Kreative haben ein altes Viertel wiederbelebt – mit Bauernmärkten, viel Kunstgewerbe und Veranstaltungen unter freiem Himmel >
© mauritius images: Alamy/Jelena Safronova
45 km nordöstlich von Riga lockt Saulkrasti mit einem kilometerlangen Sandstrand. Es ist weniger los als in Jūrmala, die Küste aber ebenso attraktiv.
Riga entdeckt einen neuen Strand: weiße Dünen, Wälder zum Beerenpflücken, kleine Cafés … >
Im angesagten Speicherviertel, in Speicher Nr. 4, kann man den Musikern bei der Probe zuhören. >
Das sind sie – die Sehenswürdigkeiten, für die Riga weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt ist.
Im Herzen der Altstadt: Der größte und wohl auch wichtigste Sakralbau im Baltikum, dessen Ursprünge ins 13. Jh. zurückreichen. Nicht nur Musiker schätzen die Konzerte auf der Orgel, einem Wunderwerk der Orgelbau-Kunst. >
In der ehemaligen Börse, einem im 19. Jh. erbauten, prächtigen Palazzo im Stil der venezianischen Renaissance, eröffnete 2011 ein Museum mit vielen internationalen Kunstschätzen. >
Glanzstück am Rathausplatz. Das Haus der Kaufmannsgilde mit seiner reich verzierten gotischen Giebelfassade wurde behutsam wieder aufgebaut. >
Mit dem Motto »für Freiheit und Vaterland« ist es das wichtigste nationale Denkmal der Letten – 1931 bis 1935 allein durch Spenden finanziert und 28 m hoch. >
Die Geschichte der Besatzungen Rigas im 20. Jh. von Sowjetunion und Nazi-Deutschland prägen die Stadt bis heute. Ein wichtiges Museum für das Identitätsbewusstsein der Letten. >
Die Oper gilt vielen als das eigentliche Nationalheiligtum – ist das Singen für die Letten doch von besonderer historischer Bedeutung. Das Staraufgebot in dem 1991 restaurierten Haus ist international geprägt. >
Nach der Wiedereröffnung 2016 strahlt das größte Kunstmuseum des Baltikums in neuem Glanz – 5000 Exponate über lettische Malerei und Skulptur des 19. und 20. Jh. >
Rigas Jugendstilensemble mit seinen üppigen Fassadendekorationen ist in ganz Europa einzigartig. >
Ganz Lettland an einem Tag: Auf 80 ha kann man sich am Ufer des Juglas-Sees mit der bäuerlich geprägten Alltagsgeschichte Lettlands vertraut machen. Mehr als 100 alte Gehöfte wurden dort rekonstruiert. >
© dpa picture-alliance: Alexander Far
Ein Vierteljahrhundert von der Planung bis zur Eröffnung, Platz für vier Millionen Bücher auf 13 Stockwerken – die Lettische Nationalbibliothek ist ein Superlativ.
Das 2014 eingeweihte Gebäude wird »Schloss des Lichts« genannt und prägt mit seiner ungewöhnlichen Architektur Rigas Stadtsilhouette. >
Die Altstadt mit ihren Geheimnissen, das pulsierende Zentrum, die weiten Boulevards und Jugendstilvillen, der glitzernde Fluss, in der Ferne lockt die Ostsee – Riga, das »Paris des Nordens«, gilt es immer wieder neu zu entdecken.
Riga war noch Hauptstadt der Lettischen Sozialistischen Sowjetrepublik, als ich die Stadt zum ersten Mal besuchte. Ich studierte damals in Leningrad, und schon die Zugfahrt unterschied sich aufs Angenehmste von meinen vielen Reisen innerhalb der Sowjetunion: ein höflicher, zuvorkommender Schaffner, ein gepflegtes Coupé, in dem es statt nach abgestandenem Papyrossi-Qualm nach einem frischen Blumenstrauß duftete. Und im Speisewagen die Krönung: Champanskoje der feinen Marke Brjut, Rigaer Abfüllung, in Kristallgläsern serviert.
»Dies ist Riga. Dieses Raten, welche Farbe die nächste Stunde haben wird.«
Ojārs Vācietis, Dichter
Als der Zug morgens in Riga einfuhr, erklang auch nicht die Sowjethymne, sondern die Ouvertüre zu Richard Wagners großer tragischer Oper »Rienzi«, deren Libretto er, wie ich später erfuhr, 1838 in Riga vollendete. Meine Freundin Maija Tabaka, eine in Lettland berühmte Malerin, holte mich am Bahnhof ab: eine elegante Erscheinung in knallrotem Samtcape mit hohen Plateaustiefeln. Ungewöhnlich zu sowjetischer Zeit. Aber eigentlich war ich schon gar nicht mehr in der Sowjetunion, ich befand mich in einer Stadt, in der die Uhren auch damals schon anders tickten, nicht unbedingt nach Moskauer Zeit, sondern irgendwie europäisch, nordeuropäisch, ja hanseatisch. Schon bei dieser ersten Begegnung mit Riga war mir klar, dass auch der Eiserne Vorhang die Stadt nicht von ihrer hanseatisch geprägten Vergangenheit trennen konnte. Damals waren viele Bauwerke, die an die stolze Vergangenheit erinnern, verwahrlost. Heute aber strahlt Riga. Es gilt, das »Paris des Nordens« wieder zu entdecken: das Jugendstilviertel im Zentrum, die restaurierten mittelalterlichen Gebäude der Altstadt, die Museumsvielfalt, die weiten Boulevards. Nicht zu vergessen die neuen Szenetreffs um die Miera- und Sporta-Straße im Zentrum, in Pārdaugava um die Nometņu-Straße, in der Moskauer Vorstadt um die Lāčplēša-Straße. Alles ist zu Fuß leicht zu erreichen, von der Alt- in die Neustadt ist es ein Katzensprung. Natürlich gibt es auch heute noch graue Vorstädte mit Plattenbauten aus den 1960er-Jahren. Aber gerade vernachlässigte Gegenden werden von den Einwohnern Stück für Stück zurückerobert. Unberührte Natur im Delta der Daugava wird aufgespürt, am großen Ķīžezers-See entstehen Erholungsgebiete. Die städtischen Friedhöfe mit ihren beeindruckenden Monumenten und die Gedenkstätten in den Wäldern vor den Toren der Stadt, die an die Greueltaten der Nazis erinnern, sind erst nach Gründung der Republik Lettland 1991 wieder zugänglich geworden.
Das Land war von der weltweiten Finanzkrise ebenso gebeutelt wie Zypern. Doch von Pessimismus keine Spur. »Zusammenhalten, an die Traditionen erinnern, neue Ideen entwickeln« – das ist die Devise für die zukünftige Stadtentwicklung.
© privat
Christiane Bauermeister lebt als freie Autorin mit dem Schwerpunkt Osteuropa in Berlin. Als sie in den 1980er-Jahren im Rahmen eines Graduiertenstipendiums in Leningrad studierte, besuchte sie häufig das sowjetische Riga. Schon damals hat sie ihr Herz an die alte Hansestadt verloren. Die Entwicklung des freien Riga und seiner vitalen Kulturszene, den Wiederaufbau des »hölzernen Rigas« und das Heranwachsen an Europa verfolgt sie bis heute aufmerksam. Christiane Bauermeister ist langjährige MERIAN-Autorin.
Riga hat rund 700.000 Einwohner, Tendenz fallend. 1990 lag die Einwohnerzahl Rigas noch bei fast einer Million. Knapp ein Drittel der Letten lebt in Riga. Im Vergleich zum übrigen Land ist der Anteil der russischsprachigen Bevölkerung in Riga mit rund 40 Prozent besonders hoch.
Klima (Mittelwerte)
Riga hat 304 Quadratkilometer Stadtfläche und ist damit recht groß. Davon entfallen 15 Prozent auf Erholungs- und Grünflächen. Auf einem Quadratkilometer leben etwa 2500 Einwohner.
Riga besitzt 40 Museen und 12 Theater, 7 öffentliche Orchester, 10 Kinos, 14 öffentliche und 10 Bibliotheken für Jugendliche, 4 private Ballettschulen und Volkshochschulen in 5 Bezirken. Hinzu kommen 3 Staatliche Universitäten, darunter die Stradiņš-Universität Riga, an der auch Ausländer gegen eine Gebühr Medizin studieren können, sowie 11 Hochschulen und Akademien und 6 private Hochschulen. Riga war 2014 Europäische Kulturhauptstadt.
Das Lettische gehört neben dem Litauischen zum baltischen Zweig der indogermanischen Sprachfamilie und ist mit den slawischen Sprachen nicht näher verwandt. Untereinander verständigt man sich wieder in zunehmendem Maße auf Lettisch. Auch die im Land lebenden Russen müssen die lettische Sprache heute in Wort und Schrift beherrschen. Englisch wird in Hotels und Restaurants überall gesprochen.
Das Land ist durch seine Geschichte protestantisch geprägt. Die evangelische Kirche hat etwa eine halbe Million Mitglieder, die katholische an die 400.000. In Riga fühlen sich nur rund 27 Prozent überhaupt einer Konfession zugehörig. Im Vergleich zu der stark atheistisch geprägten Zeit unter den Sowjets bedeutet diese Zahl aber eine gewaltige Zunahme.
Die rund die 300 Flüchtlinge, die die Stadt aufgenommen hat, spielen in dieser Aufstellung keine Rolle.
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Von der Plattform der Petri-Kirche (vorne, >) aus warnten Wächter über Jahrhunderte die Stadt vor Gefahren. Hinten ist der Dom St. Marien (>) zu sehen.
Die Daugava teilt die Stadt in zwei Teile, in die Altstadt (Vecrīga) und das Zentrum am Ostufer sowie in Pārdaugava (wörtlich: jenseits der Daugava) am Westufer.
Touristisch interessant sind die Altstadt und das Zentrum. In der Altstadt allein stehen zwölf historisch wertvolle Kirchen. Die Neustadt mit ihren breiten Boulevards entstand erst um die Mitte des 19. Jh., als die Schutzwälle und Wehranlagen um die Altstadt herum abgetragen wurden. Das war eine weise Entscheidung der Stadtverwaltung, denn ihr verdankt das Zentrum die Parkanlagen und großzügigen Boulevards. Pārdaugava gehört erst seit dem 19. Jh. zu Riga, vorher galt es als eigene Kleinstadt. Heute ziehen immer mehr Bürger der Stadt in dieses Viertel, in dem es noch ruhig und beschaulich zugeht. Im Villenvorort Mežaparks, dem Waldpark, stehen im östlichen Teil teure Villen – auch noch aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Hier war eine der ersten Gartenstädte Osteuropas entstanden. Im Arbeiterviertel Grīziņkalns, im östlichen Teil des Zentrums gelegen, stehen noch besonders viele Holzhäuser. Auch der Moskauer Vorstadt etwas südlich davon sieht man heute noch an, dass hier viele arme Leute gewohnt haben, überwiegend Russen und Juden. In Sarkandaugava an der Daugava im nordöstlichen Teil der Stadt stehen noch bis heute viele der Plattenbauten von damals.
Riga erstreckt sich zu beiden Ufern der Daugava (Düna), etwa 10 km vor der Mündung des Flusses in die Ostsee am Rigaer Meerbusen. Riga ist die Hauptstadt von Lettland, das aus den vier historischen Regionen Kurland (Kurzeme) im Westen, Livland (Vidzeme) im Nordosten, Lettgallen (Latgale) und Semgallen (Zemgale) besteht. Letzteres ist ein schmaler Streifen zwischen der Daugava (Düna) und der Grenze zu Litauen.
Lettland ist seit der Auflösung der Sowjetunion 1990 wieder eine parlamentarische Demokratie und seit 2004 Mitglied der NATO und der EU, seit 2014 auch Mitglied des Euopäischen Währungsgebiets. Seit März 2019 bekleidet Arturs Krišjānis Kariņš das Amt des Ministerpräsidenten. Rigas Bürgermeister war seit 2009 Nils Ušakovs, 1976 geboren. Erstmals wurde mit ihm ein ethnischer Russe ins Bürgermeisteramt gewählt. Ušakovs strebte eine bessere Verständigung zwischen Letten und Russen an. Er wurde im April 2019 überraschend entlassen. Seine eigene prorussische Partei »Harmonie« beschuldigte ihn der Korruption, die die Finanzierung der Verkehrsbetriebe betraf. Ušakovs allerdings gehört heute dem Europäischen Parlament an. Erst im Sommer 2019 konnte ein neuer Bürgermeister gewählt werden, Oļegs Burovs von der Partei (GKR, »Ehre, Riga zu dienen«). Er legte die alte Koalition mit »Harmonie« wieder auf und berief junge Politiker in seine Regierung. Sein Hauptziel ist die Bekämpfung der Korruption und das Wiederherstellen des Vertrauens in die Banken, die sich über die letzten Jahre in Lettland einen sehr schlechten Ruf durch schmutzige Geldgeschäfte eingehandelt haben.
Die Stadtverwaltung tagt im Rathaus am Rathausplatz in der Altstadt und hat 60 Mitglieder. Derzeit sind vier Fraktionen im Stadtrat vertreten, neben den Sozialdemokraten sind dies die Christdemokraten, die Kommunisten und die Grünen.
Bis noch vor wenigen Jahren konnte Lettland mit Zuwachsraten des Bruttosozialprodukts in Höhe von 12 Prozent glänzen. Infolge der weltweiten Finanzkrise von 2008 gingen die Wachstumsraten rapide bergab. Immerhin ist es der Regierung mit ihrer eisernen Sparpolitik inzwischen gelungen, ihren Not-Kredit von 2009 in Höhe von 7,5 Mrd. € zurückzuzahlen. Das Wirtschaftswachstum beträgt nun 4 Prozent. Die Arbeitslosenrate liegt derzeit bei etwa 9,4 Prozent. Das durchschnittliche Bruttoeinkommen in Riga beträgt 1044 €.
Eine rund 600 km lange Menschenkette verband 1989 als Protest gegen die sowjetische Besatzung Hunderttausende Litauer, Esten und Letten.
Von deutschen Kaufleuten gegründet und im Laufe der Geschichte deutsch, schwedisch, polnisch und russisch geprägt, ist Riga heute eine europäische Großstadt.
Zu Beginn des 13. Jh. gelangen die baltischen Stämme unter eine Jahrhunderte währende Fremdherrschaft. Deutsche Kaufleute waren die Ersten, die über Lübeck gemeinsam mit Missionaren und Kreuzrittern, die ihnen bewaffneten Schutz gewähren sollten, die Daugava hinaufgefahren waren. Angeführt wurden sie von dem aus Bremen stammenden Bischof Albert von Buxthoeven, der mit einer Bulle des Papstes ausgestattet war, die ausdrücklich die Missionierung der baltischen Staaten legitimierte, indem er sie zum Kreuzzugsgebiet erklärte. Der Bischof erkannte die strategische Position an der heutigen Rigaer Bucht und gründete mit Kaufleuten aus Sachsen, Westfalen und Hamburg die Hafenstadt Riga. Die Siedlung wurde zur Hauptstadt von Livland erklärt und dem Schutz der Schwertbrüder anvertraut.
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Im 17. Jh. wurde Riga wegen seiner Lage nach Stockholm zur wichtigsten Stadt im schwedischen Reich. Gustav II. Adolf ließ sie aufwendig neu befestigen.
Der russische Zar soll sich vor Beginn des Großen Nordischen Krieges (1700–1721) inkognito in Riga aufgehalten haben. Offensichtlich wollte er erkunden, wie nützlich ihm eine mögliche Einnahme der Ostseestadt sein könnte. In der Palaisgasse am Dom, heute Palejas iela, ist er abgestiegen. Der Stadtrat wollte ihm den Aufenthalt besonders angenehm machen und stellte ihm ein Areal in Flussnähe für ein Schloss zur Verfügung. Der Zar starb zu früh, um diese Pläne zu realisieren.
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Das Denkmal erinnert an die Revolution von 1905, als auch in Riga am 13. Januar 70 Demonstranten erschossen wurden oder auf der Flucht in der Daugava ertranken.
1905 kam es in St. Petersburg zur Revolution, die sich gegen zaristische Willkür richtete und für mehr Rechte der Arbeiter eintrat – und scheiterte. Diese Ereignisse wurden in Riga von den Mitgliedern der dortigen Lettischen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, schon 1904 gegründet, genau verfolgt. In großen Fabriken zettelte die Partei in der Folge spontane Streiks und Demonstrationen an. Durch die Moskauer Vorstadt zogen streikende Arbeiter und wurden an den Brücken von der zaristischen Polizei zurückgedrängt. Es kam zu Plünderungen und Brandstiftungen in Riga und auf dem Land, willkürlich wurden auch deutsche Lehrer, Ärzte oder Pfarrer ermordet. Der Hass der Letten auf die deutsche Dominanz, auf deutsche Besitztümer in Stadt und Land, war so groß, dass er sich in diesen unkontrollierten Ausschreitungen artikulierte.
Nach dem Sturz des Zaren proklamiert Lettland die Unabhängigkeit. Am 11. August 1920 wird Lettland als Republik international anerkannt. Das Land durchlebt in jenen Jahren alle Kinderkrankheiten einer jungen Demokratie: Wechselnde Regierungen, zersplitterte Parteien und ausufernde Korruption sind an der Tagesordnung. Das Vorbild, im Guten wie im Schlechten, ist die Weimarer Republik. Autoritär gebärdet sich schließlich Kārlis Ulmanis: Als »Führer« mit diktatorischen Vollmachten lenkt der Ministerpräsident ab 1936 die Republik. Er ließ in der Nachbarschaft des Doms ganze Straßen abreißen, die Altstadt sollte als Stadt der Deutschen verschwinden. In den letzten Jahren wurden allerdings einige der Gebäude behutsam wieder aufgebaut.
Im August 1939 schließen die Sowjetunion und Deutschland den berüchtigten Hitler-Stalin-Pakt mit den geheimen Zusatzprotokollen, in denen das gesamte Baltikum den sowjetischen Territorialinteressen unterstellt wird. Die Sowjetunion zwingt die lettische Republik zur Beistandserklärung und zur Stationierung sowjetischer Truppen auf ihrem Territorium. Im August 1940 folgt die Umgestaltung Lettlands in eine sozialistische Sowjetrepublik, Industrie, Banken und Landbesitz werden verstaatlicht. Tausende Letten, unter ihnen Offiziere, Geschäftsleute, Grundbesitzer und viele Intellektuelle, werden verhaftet und in sibirische Gulags geschickt.
Noch unter Michail Gorbatschow wurden der Pakt sowie die Zusatzprotokolle verurteilt, heute versucht die russische Führung, beides zu rehabilitieren und zu rechtfertigen.
Als 1944 die Rote Armee als Sieger nach Riga zurückkehrt, sollen angeblich freie Wahlen mit dem Ziel einer Volksregierung eine gewisse Legitimität vortäuschen und der kommunistischen Partei zum Sieg verhelfen. Nicht wenige Bürger Rigas treten in den 1950er-Jahren der kommunistischen Partei bei, in der Hoffnung, wenigstens Teile der nationalen Kultur zu retten. Ein gewaltiger Irrtum, wie sich auch in den Jahren nach Stalins Tod herausstellen sollte. Eine »Russifizierung« ist nicht mehr aufzuhalten: Aus der ganzen Sowjetunion werden Russen nach Lettland umgesiedelt. In Riga beträgt der Anteil der russischen Bürger in den 1960er-Jahren schließlich mehr als 56 Prozent. In Rigas damaliger Stalin-Allee, der Brīvības Ecke Stabu Brīvības iela, wird in einem Wohnhaus eine Filiale der Tscheka, später des KGB eingerichtet. Hier wurden unschuldige Bürger eingesperrt, verhört und auch ermordet. (Näheres dazu im Text: »Das Haus des Schreckens an der Ecke«. >)
Sängerfeste dienten in Lettland schon immer der Stärkung des nationalen Selbstbewusstseins. Das erste große nationale Liederfest fand 1873 in Riga statt, von »Jungletten« organisiert, und richtete sich gegen die zaristische Willkür. In den zumeist lettischen Liedern, die im Laufe der Jahre immer wieder und nicht nur zu den Sängerfesten ertönten, ging es in erster Linie um Hoffnung auf Selbstbestimmung und nationale Identität. Selbst die Herrschaft der Sowjets konnte das Singen nicht unterdrücken. Michail Gorbatschows Politik von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) wurde von den baltischen Ländern begrüßt. So kam es im August 1989 zu einer einzigartigen Aktion: In einer 600 Kilometer langen Menschenkette von Vilnius über Riga bis Tallinn wurde der Freiheitswillen der Menschen mit Kerzen und Liedern zum Ausdruck gebracht.
Hagen Graf Lambsdorff, aus dem alten baltischen Adelsgeschlecht, ist selbst Kurländer und war der erste deutsche Botschafter in Lettland nach dem Austritt aus der Sowjetunion. Er erzählt über die Deutsch-Balten in Riga.
Was erinnert in Riga heute noch an die Deutsch-Balten?
Hagen Graf Lambsdorff: Da ist in erster Linie das wiedererrichtete Rathaus in der Altstadt zu nennen, es war der Sitz des deutsch geprägten Stadtrates. Auch die Fenster in der Kleinen Gilde mit ihren Zunftzeichen weisen auf die deutsche Vergangenheit hin, das deutsche Handwerk war lange sehr bedeutsam für die Stadt. Nicht zu vergessen das Schwarzhäupterhaus, das ganz fabelhaft wieder aufgebaut wurde. Es gehörte unverheirateten Kaufleuten, die zwar nicht regierten, aber durch ihre wirtschaftliche Potenz großen Einfluss auf die Stadtentwicklung hatten.
Warum wurden die Deutsch-Balten im Mittelalter zur herrschenden Oberschicht?
Sie kamen mit dem Deutschen Orden ins Baltikum, der Orden hat dann Familien aus Deutschland nachgezogen, und diese brachten Bauern und Handwerker mit. Sie trafen auf eine einfache Bevölkerung, die kaum lesen und schreiben konnte. Aus dem Westen Europas kam also Bildung ins Land. Der deutsche Adel saß dann Jahrhunderte auf dem Land, in Riga dominierten deutsche Bürgermeister den Stadtrat.
Wann wurde diese Herrschaft infrage gestellt?
Es begann damit, dass Kindern lettischer Bauern – teils bis 1816 noch Leibeigene – in Schulen auf Gutshöfen und nahe Pastoraten Lesen und Schreiben beigebracht wurde. Deutsche Geistliche hatten die Bibel ins Lettische übersetzt und so zur Entstehung der lettischen Schriftsprache beigetragen. Später studierten die Kinder an der deutschen Universität in Dorpat, heute Tartu.
Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich, wie überall in Europa, der Nationalismus. »So kann es nicht weitergehen, wir sind das Volk, wir mögen die Deutschen nicht«, hieß es bei den sogenannten Jungletten. Das Verhältnis der lettischen Intellektuellen zu den Deutschen wurde schlecht. In der Revolution von 1905 hatte das schreckliche Folgen: Besonders im lettisch besiedelten Teil des Baltikums kam es zu Aufständen, die blutig verliefen. Hunderte Gutshäuser wurden abgebrannt, Gutsherren, auch Pastoren, Anwälte und Ärzte umgebracht. Ein Mitglied meiner Familie wurde von einem lettischen Revolutionär erschossen. Die Revolution ist bekanntlich gescheitert, der Zar hat als Strafe Kosaken nach Lettland geschickt, von beiden Seiten ist damals schrecklich gehaust worden …
Zum Bruch kam es nach Ende des Ersten Weltkriegs. Lettland wurde ein eigener Staat, entmachtete die deutsche Oberschicht und enteignete den Landbesitz. Die erste Souveränität dauerte allerdings nicht lange. Nach dem Hitler-Stalin-Pakt von 1939 und dem geheimen Zusatzprotokoll wurden die Deutschen »Heim ins Reich« beordert. Hitler hatte das Baltikum Stalin zur Beute gegeben.
Nach gut 500 Jahren haben die Deutschen das Baltikum also verlassen, und es begann eine fünfzigjährige grausame, teils mörderische Sowjetherrschaft.
Wie ist das Verhältnis zwischen den Deutschen bzw. Deutsch-Balten und den Letten heute?
1991 kam ich als erster Botschafter nach Riga und ging davon aus, dass es sehr schwierig werden würde. Als ich dem Präsidenten des Obersten Sowjets – so hieß das damals noch – mein Beglaubigungsschreiben überreicht hatte, zogen wir uns zu einer Tasse Tee zurück. Wir sprachen natürlich über Politik, überraschend aber auch über deutsch-baltische Familien, darunter über meine. Und ich war sehr erstaunt, als der Präsident dann sagte: »Wenn die Angehörigen der alten deutschen Familien, die so lange hier mit uns gelebt haben, wiederkommen und uns beim Aufbau unserer jungen Republik helfen wollen, sind sie herzlich willkommen.«