Dragon Child (3). Die Allianz




Roman


Digitale Originalausgabe

 

 

Impressum


Ein Imprint der Arena Verlag GmbH

Digitale Originalausgabe
© Arena Verlag GmbH, Würzburg 2017
Covergestaltung: Christian Eickmanns
Alle Rechte vorbehalten
E-Book-Herstellung: Arena Verlag 2017

ISBN: 978-3-401-84024-6

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Karte der Drachenlande

© Copyright Anderson Farah

 

Danksagung


Ich danke allen Drachenfans und hoffe, dass Euch auch diesmal die Abenteuer von Sophie und Melissa gefallen werden.
Ruth Omphalius

Kapitel 1: Der Traum

Sophie
Ein schreckliches Knacken fraß sich in Sophies Gehirn. Normalerweise hätte sie sich die Ohren zugehalten, doch gerade plagten sie ganz andere, weitaus größere Sorgen. Sie schwebte als Drache weit oben in der Luft. Sonst war ihr das Fliegen eine Freude, aber nicht diesmal. Das Unbeschreibliche, das sie hörte, konnte nur vom Kauen und Mahlen eines gewaltigen Gebisses stammen, vom Knacken und Splittern unterschiedlicher Knochen, die mit Wucht zerbissen wurden.

Sophie begann zu zittern, als das Wesen in Sicht kam, das die grauenhaften Geräusche verursachte. Es saß in einem dunklen, von Nebel verhangenen Tal wie ein Geier auf seiner Beute und tat sich, ohne auf etwas anderes zu achten, am Fleisch seines Opfers gütlich. Die Bestie war pechschwarz und so groß, dass sie weit aus den Schleiern des Bodennebels herausragte.

Als die fremde Kreatur ihren blutverschmierten Kopf hob, erkannte Sophie, dass das Ding, genau wie sie, ein Drache war - aber definitiv keiner, mit dem sie ein vertrautes Gespräch unter Artgenossen führen wollte. Der Drache blickte starr in den Nebel, schien Sophie jedoch nicht zu bemerken und widmete sich nach kurzem Innehalten wieder seinem Opfer.

Der gigantische Knochenbrecher übte eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf sie aus. Alles in ihrem Inneren sträubte sich dagegen, sich dem Monster zu nähern und sie versuchte, verzweifelt zu wenden, aber es funktionierte nicht. Wie mit unsichtbaren Schlingen gefesselt, wurde sie immer weiter zu dem schwarzen Drachen hingezogen. Trotz größter Anstrengungen konnte sie sich nicht wehren. Näher und näher trudelte Sophie heran und immer lauter hallten die Krach- und Knackgeräusche in ihrem Kopf. Der gierig fauchende Atem des Drachen ergänzte das furchtbare Fresskonzert in ihrem Kopf.

Kurz darauf setzte sich ein neuer Rhythmus durch, der immer lauter und schneller wurde: ein Herzschlag. Sophies Ohren begannen zu rauschen. Lebte das Opfer des Schwarzen etwa noch? Fraß er es bei lebendigem Leibe – oder kam dieses hektische, angsterfüllte Rasen von ihrem eigenen Herzen?

Sophie war jetzt so nah, dass sie fast den Kopf des Drachen mit ihren Klauen streifte. Sie selbst war winzig im Vergleich zu dem Giganten. Noch immer war das Monster mit seinem Opfer beschäftigt und schenkte ihr keine Beachtung. Noch ein winziges Stück, dann würde sie vielleicht sehen können, wen oder was der fremde Drache mit seinen nadelspitzen Klauen umklammerte. Bisher hatte der Nebel, vor allem aber sein massiger Körper die Beute verdeckt.

Mit einem unwilligen Fauchen hob der Schwarze plötzlich den Kopf. Sophie wich dem gewaltigen, dornenbewehrten Kopf mit einem schnellen Schlenker aus. Nun schwebte sie vor dem Haupt des Drachen und blickte ihm zum ersten Mal direkt in die Augen. Das Blut in ihren Adern begann bei diesem Anblick zu gefrieren, so sehr erschrak Sophie, als sie der eiskalte Blick des Fremden traf. Die zu bösartigen Schlitzen zusammengekniffenen Augen schienen sie dieses Mal für einen winzigen Moment wahrzunehmen und seine grünlich schimmernden Pupillen begannen, ihr jede Lebenskraft zu entziehen. Dann verlor der Gigant den Fokus erneut und Sophie konnte wieder atmen. Noch ein drittes Mal schaute er in ihre Richtung, nahm sie aber offensichtlich nicht mehr wahr. Er warf stattdessen seinen Kopf herum und schien etwas zu suchen. Tiefe Narben verunstalteten seine von Hass verzerrten Züge. Das Blut seines Opfers rann in breiten Strömen aus seinem Maul.

Unvermittelt hob er den Kopf und stieß ein triumphierendes Gebrüll aus. Sophie wäre fast abgestürzt, so heftig erschreckte sie dieser markerschütternde Schrei. Im nächsten Moment hob der schwarze Drache seine Beute mit einer seiner gewaltigen Klauen ein wenig an. Und zum ersten Mal sah Sophie, wer da in der Umklammerung des Monsters verblutete: Sie sah ihr eigenes zerschundenes Gesicht aus dem Bodennebel auftauchen.

Im selben Moment blickte das Untier sein Opfer mit feurigen Augen an und riss seinen gewaltigen Rachen auf. Die Kräfte, die Sophie wie an Fäden zu diesem Ort gezogen hatten, rissen sie nun förmlich nach unten und sogen Sophie in den Körper der Gefangenen. Das schreckliche Drachenmaul öffnete sich wie in Zeitlupe, plötzlich genau vor ihr, und würde ihr im nächsten Moment unweigerlich den Kopf abbeißen. Als sich das Haupt des Angreifers auf Sophie niedersenkte und sie seinen feurig-fauligen Atem roch, begann sie zu schreien. Sie schrie, als wolle sie nie mehr aufhören zu schreien. Denn, wer schrie, war noch nicht tot.

Jemand schüttelte sie und Sophie schlug unter Aufbietung aller Kraft die Augen auf. Schweiß rann ihr über die Stirn und sie zitterte am ganzen Körper. Erst ganz allmählich begriff sie, dass sie in ihrem Bett lag.

»Sophie, beruhige dich, du hattest einen Albtraum!« Frau Stifter saß neben ihrer Tochter auf der Bettkante und blickte sie besorgt an.

Sophie blinzelte sich den Schlaf aus den Augen und betrachtete ihre Menschenmutter, die müde und klein auf der Bettkante saß. Frau Stifter drückte Sophie kurz. »Meinst du, es geht wieder? Du musst doch irgendwann wieder einmal durchschlafen – und wir anderen auch«, sagte Frau Stifter und gähnte.

Sophie setzte sich auf und drückte kurz die Hand ihrer Mutter. »Ja, es geht schon. Geh nur wieder ins Bett«, antwortete sie. Frau Stifter nickte und stand auf. »Das Baby ist auch schon bald wieder dran!«, murmelte sie und winkte noch kurz von der Tür aus.

Kein Zweifel! Sophie war nicht von einem Drachen zerfleischt worden, sondern befand sich nach wie vor unversehrt in ihrem Zuhause in der Menschenwelt. Sie atmete erleichtert aus: nur ein Albtraum.

Doch als die Mutter seufzend die Tür hinter sich schloss und die Dunkelheit Sophie wieder umfing, lag sie noch lange wach. Es hatte sich alles so realistisch angefühlt. Sie hatte sogar den Atem des Drachen gerochen – seit wann gab es denn Träume mit Geruch?

Sophie überlegte, ob auch andere Menschen Gerüche träumen konnten oder ob das vielleicht damit zusammenhing, dass sie ein Drache war. Erst im vergangenen Jahr hatte Sophie herausgefunden, dass sie nicht einfach ein Mensch war, sondern auch ein Drache. Seither war eine Menge passiert.

Alles hatte damit angefangen, dass Sophie merkwürdige Veränderungen an sich festgestellt hatte. Plötzlich hatte sie, wenn sie in unangenehme Situationen geriet oder extrem wütend wurde, angefangen, sich in einen Drachen zu verwandeln und Feuer zu spucken. Und schließlich hatte sich sogar herausgestellt, dass sie fliegen konnte. Sie war ein echter Drache und nicht nur das: Sie war sogar eine waschechte Drachenprinzessin und Anwärterin auf den Thron der Drachenlande.

Sophie schloss die Augen und drehte sich in ihrem Bett auf die Seite. Auf diesen Teil hätte sie gern verzichtet. Mit der Prinzessinnennummer hatte der ganze Ärger überhaupt erst angefangen. Sophie stöhnte, als sie daran dachte, wie ihre Freundin Melissa und sie mit dem Elfen Silindur in die Drachenlande gereist waren und welche Abenteuer sie an diesem fremden Ort erlebt hatten. Für ihre Eltern hatte sie nur eine Urlaubsreise mit ihrer Freundin Melissa gemacht, tatsächlich waren sie aber mehrfach in Lebensgefahr geraten und Sophie hatte eine ganze Weile ihr Gedächtnis verloren.

Sie setzte sich auf und machte die Nachttischlampe an. Schlafen konnte sie jetzt sowieso nicht mehr. Wie gern würde sie jetzt eine Runde über der Stadt drehen, aber in letzter Zeit hatte sie es vermieden, sich in einen Drachen zu verwandeln. Sie wohnte in einer dicht besiedelten Gegend und früher oder später würde es auffallen, wenn hier ein Drache durch die Luft sauste. Außerdem hatten die Kra Sh’ed – gruselige Vogelmenschen – sie im vergangenen Jahr genau dadurch gefunden, dass sie Drachenmagie angewandt hatte. Im Moment fürchtete sie kaum etwas so sehr, als noch einmal von Wesen der Drachenwelt aufgespürt zu werden.

Ihre leibliche Mutter, die Drachenkönigin, hatte ihr ohnehin befohlen, sich in der Menschenwelt zu verstecken, also würde sie das auch tun. Trotzdem fehlte ihr das Fliegen. Sie hatte es so sehr geliebt, sich schwerelos zu fühlen und über den Himmel zu sausen. Vor allem war es wunderbar gewesen, mit Melissa zusammen zu fliegen. Melissa war Sophies erste und einzige Freundin.

Und was für eine Freundin – gemeinsam hatten sie alles geschafft: Sie waren den angsteinflößenden Vogelmenschen entkommen, hatten durch ein Magisches Tor die Drachenwelt betreten und dort gemeinsam mit vielen neuen Verbündeten einen grausamen Tyrannen besiegt. Wenn Sophie an den Hellen Herrscher dachte, lief ihr immer noch ein kalter Schauer über den Rücken.

Eigentlich hätten sie sich über ihren Sieg freuen sollen, aber das konnten sie nicht. Der Krieg hatte zahlreiche Opfer gefordert. Vor allem schmerzte es Sophie, dass Silindur seit dem Kampf um die Schwarze Festung vermisst wurde. Nachdem sie am Anfang nicht viel mit dem knurrigen Elfenmagier hatte anfangen können, war er schließlich ein guter Freund geworden. Melissa, die sich unentwegt mit Silindur gestritten hatte, schien ganz besonders unter seinem Verschwinden zu leiden. Wahrscheinlich hatte die gemeinsame Kerkerhaft in der Schwarzen Festung sie zusammengeschweißt.

Sophie hatte ein so schlechtes Gewissen, dass sie momentan gar nicht recht wusste, wie sie mit Melissa reden sollte. War es falsch gewesen, dem Befehl ihrer Mutter zu folgen und in die Menschenwelt zu flüchten? Aber was hätte Sophie ernsthaft gegen einen so großen Drachen wie Nahyr machen können, den die Drachenkönigin extra gesandt hatte, um sie wieder zurückzuschicken?

Sophie seufzte. Melissa war entschieden dagegen gewesen, die Drachenlande zu verlassen, ohne Silindur wiedergefunden zu haben. Nur widerstrebend hatte sie sich schließlich dazu bereiterklärt, Sophie in die Menschenwelt zu begleiten. Seither drängte die Freundin sie, in die Drachenlande zurückzukehren, um nach dem Elfen zu suchen, aber Sophie hatte Melissa immer wieder vertröstet. Am Anfang hatte sie tatsächlich geglaubt, dass Nahyr und die Elfenkundschafter am ehesten in der Lage wären, Silindur wiederzufinden. Sie kannten das Gelände und die Gefahren rund um die Schwarze Festung viel besser als sie und Melissa. Auch mit Grauschwinges Unterstützung hatte Sophie fest gerechnet. Der Vogelmensch hatte zunächst zu ihren Verfolgern gehört, war aber während ihres Aufenthaltes in den Drachenlanden zu einem guten Freund geworden. Er hatte ebenfalls versprochen, nach Silindur zu suchen. Jetzt, nachdem über sechs Monate vergangen waren und noch immer niemand aus der Drachenwelt eine Nachricht geschickt hatte, fürchtete Sophie, dass jede Rettung für Silindur einfach zu spät sein könnte.

Wenn er tot war, wäre es ihre Schuld, denn sie hatte nach der Schlacht entschieden, in die Menschenwelt zu gehen. Es war ihr damals gar nicht schwergefallen, weil sie aus irgendeinem Grund das Gefühl gehabt hatte, Silindur sei noch am Leben und in Sicherheit. Heute wusste sie nicht mehr, was sie glauben sollte. Hatten ihre Drachensinne ihr damals nur etwas vorgegaukelt? War Silindur in Wirklichkeit in größter Gefahr oder schon tot gewesen? Sophie machte sich jeden Tag mehr Vorwürfe. Eigentlich wäre sie am liebsten sofort zu Melissa gelaufen und hätte ihr von den schrecklichen Träumen erzählt, aber sie konnte einfach nicht. Waren diese Träume nicht ganz klar eine Warnung, sich im Moment von den Drachenlanden fernzuhalten? Was, wenn in der Drachenwelt tatsächlich das schwarze Monster auf sie lauerte? Diese Kreatur schien auf jeden Fall ein ganz anderes Kaliber zu sein als der Helle Herrscher. Manchmal war Sophie so zwischen dieser Angst und dem Wunsch, mit Melissa zusammen auf die Suche nach Silindur zu gehen, hin- und hergerissen, dass sie sich fast wünschte, sie hätte nie erfahren, dass sie ein Drache war. Und ihr Leben davor war alles andere als schön gewesen. Sie war von ihrem Bruder und den Mitschülern gequält und von Lehrern schikaniert worden. Erst seit sie von ihrer wahren Drachengestalt wusste, hatte sich das Blatt gewendet. Melissa war ihre Freundin geworden und nun hatte Sophie diese einmalige Chance wahrscheinlich verpatzt, weil sie im Grunde eben doch ein Feigling war. Melissa hatte von Anfang an das Abenteuer gesucht. Sie hatte als Mensch in dieser gefährlichen Umgebung überlebt und sich tapfer geschlagen, während Sophie selbst noch in ihrer Drachengestalt wie ein Riesentrottel in jede Falle getappt war. Gleich am Anfang hatte sie sich verirrt, dann war sie schlafgrassüchtig geworden und andauernd von irgendjemandem angegriffen worden. Zum Schluss hatte sie bei einer Bruchlandung sogar einen gefährlichen Baum umgeflogen – eine Fehlleistung, die leicht ein ganzes Elfenheer das Leben hätte kosten können.

Trotzdem waren alle höflich und freundlich gewesen, aber je länger die Sache her war, desto mehr reifte in Sophie der Verdacht, dass die Elfen vielleicht nur so nett zu ihr gewesen waren, um Konflikte mit dem Drachenthron zu vermeiden – schließlich war sie eine Prinzessin. Allerdings eine, die niemand wollte. Nachdem Sophie es ja schon gewohnt war, dass ihre Menschenmutter immer Simon, Sophies jüngeren Bruder, vorgezogen hatte, war es ihr wie eine Offenbarung vorgekommen zu erfahren, dass sie gar nicht in diese Familie gehörte, sondern noch eine andere Mutter hatte. Über ihren Vater hatte sie leider bisher nichts erfahren. Aber selbst, wenn Sophie die Drachenkönigin nicht kannte und es ihr immer noch seltsam vorkam, überhaupt von einem Reptil, wenn auch einem königlichen, abzustammen, hatte sie doch gehofft, endlich geliebt zu werden.

Doch die Königin war nicht einmal zur Schwarzen Festung gekommen, um Sophie zu sehen. Sie hatte sich nicht einen Moment losreißen können. Stattdessen hatte sie Nahyr als Boten geschickt, der dafür gesorgt hatte, dass Melissa und Sophie wieder in die Menschenwelt zurückgeschickt wurden. Wenn Sophie ganz ehrlich war, war sie vor allem auch deshalb zurückgekehrt, weil sie nicht auch noch in der Drachenwelt eine Mutter ertragen konnte, die sie nicht liebte.

Am liebsten hätte Sophie eine warme Dusche genommen, um ihre Muskeln zu entspannen und den Albtraum aus ihren Gliedern zu spülen. Aber vermutlich konnte ihre Mutter bei laufendem Wasser auch nicht schlafen. Also blieb sie einfach liegen und grübelte weiter. Fliegen wäre jetzt wunderbar. Während eines Fluges würde sie sich entspannen und alle Sorgen hinter sich lassen. Wenn Silindur hier gewesen wäre, hätte Sophie sicher ab und zu fliegen können, denn der Elf hatte sie auch früher schon magisch abgeschirmt und vor den Blicken der Menschen verborgen.

In diesem Moment vermisste Sophie Silindur mal wieder so sehr, dass ihr Herz richtig wehtat. Und mit Melissa war es fast noch schlimmer. Sie sah ihre Freundin jeden Tag, aber sie wusste einfach nicht, wie sie sich mit ihr aussprechen sollte. Es war eine verfahrene Situation. Melissa wollte unbedingt in die Drachenlande zurück, aber Sophie konnte einfach nicht.

Schon vor der ersten Reise in ihre Heimatwelt war sie von Albträumen geplagt worden. Damals hatten Kra Sh’ed sie durch ihre Träume verfolgt und dann auch in der Realität wiederholt angegriffen. Und obwohl sie ihre Drachensinne, seit sie wieder in der Menschenwelt war, höchstens mal versehentlich genutzt hatte, war sie sich sicher, dass ihr wieder einmal Gefahr drohte. Das schwarze Riesenmonster hatte es auf sie abgesehen und Sophie war davon überzeugt, dass es genau das mit ihr tun würde, was sie im Traum gesehen hatte, sollte es sie je erwischen.

Melissa hätte sicher kein Verständnis dafür, dass Sophie im Grunde aus Angst vor einem Traumgespinst kniff. Sie war immer so mutig und dabei war doch Sophie der Drache. Die Angstträume hatten direkt nach ihrer Ankunft in der Menschenwelt wieder begonnen, waren aber am Anfang nicht ganz so fürchterlich und vor allem so realistisch gewesen. Jetzt konnte sie kaum noch eine Nacht durchschlafen und kam sich vor wie ein Zombie.

Kapitel 2: Ungeduld

Melissa
Ungeduldig hackte Melissa auf ihrer Tastatur herum. Die Kirchturmuhr schlug zwei. Es war also schon wieder eine halbe Stunde vergangen, ohne dass sie wirklich weitergekommen war. Melissas Augen brannten von der Arbeit am Bildschirm. Obwohl sie sich einen Laptop mit hervorragenden Bewertungen zugelegt hatte, der einen Monitor mit automatischer Helligkeitsregelung und nicht spiegelnder Oberfläche und auch sonst alle Schikanen besaß, waren Kopfschmerzen und Augenbrennen seit Neuestem ihre ständigen Begleiter. Melissa hatte in den letzten Wochen eindeutig zu viel Zeit am Computer verbracht, um sich wieder zu regenerieren. Aber das störte sie nicht. Es störte sie viel mehr, dass all ihre Arbeit bisher nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt hatte.

»Verdammt, verdammt, verdammt!«, zischte Melissa, schaltete den Computer aus und gab ihrem Arbeitstisch einen Tritt.

Bei einem ihrer letzten Wutausbrüche hatte sie mit der Faust auf den Ausschaltknopf des Vorgängerlaptops geschlagen und das empfindliche Gerät damit ultimativ ausgeschaltet. Selbst ein Fachmann aus einer der Firmen ihres Vaters hatte ihre Daten nicht retten können. Hermann Van der Geeldt war nicht gerade erfreut darüber gewesen, seiner Tochter schon wieder einen Laptop kaufen zu müssen, aber es war ihm immer noch lieber, sie beschäftigt zu sehen als völlig deprimiert - wie in letzter Zeit immer häufiger, wenn er sie zu Gesicht bekam. Er hatte ihr mehrfach einen Vortrag darüber gehalten, dass man seine Gefühle im Zaum halten müsse, um in dieser Welt zu bestehen, Melissa aber ansonsten in Ruhe gelassen.

Immerhin versuchte Melissa, ihre Wut nun nicht mehr an dem neuen Laptop auszulassen. Dafür musste gelegentlich der Schreibtisch für die Ergebnislosigkeit einer Recherche büßen.

 

Melissa war am Ende ihrer Geduld. Seit sie mit Sophie aus der Drachenwelt zurückgekehrt war, hatte sie gehofft, dass Sophie endlich begriff, dass sie einen schweren Fehler gemacht hatten. Sie hätten beide in den Drachenlanden bleiben und Silindur retten müssen. Immer wieder hatte sie versucht, Sophie klarzumachen, dass sie, als seine Freunde, viel größere Chancen hatten, Silindur zu finden. Denn niemand würde so hartnäckig sein – weder Nahyr noch die Elfen. Wahrscheinlich waren die bloß noch ein paar Mal über die Schwarze Festung geflogen und hatten Silindur dann seinem Schicksal überlassen. Und mit jedem Tag, den sie hier in der Menschenwelt so taten, als sei alles in Ordnung, schwanden seine Chancen auf Rettung. Melissa fühlte es genau! Er brauchte dringend ihre Hilfe. Es war zum Wahnsinnigwerden. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sich Melissa wahrhaft verliebt, etwas, das sie immer für eine romantische Erfindung gehalten hatte. Nur ganz kurz hatte sie das Glück kosten dürfen, das dieses Gefühl mit sich brachte.

Kurz nachdem sie gemeinsam in die Drachenwelt gereist waren, hatte alles angefangen. Der Moment, als sie Silindur zum ersten Mal in seiner wahren Gestalt gesehen hatte, war unglaublich gewesen. Sie hatte eine ungekannte Wärme in ihrem Inneren gespürt und hätte diesen neuen Silindur am liebsten direkt in die Arme genommen und nie mehr losgelassen.

Valuriel, Silindurs Cousine, hatte zugesichert, einen Boten durch eines der Tore zu schicken, wenn sie Silindur gefunden hatten. Aber bisher war noch keine Nachricht gekommen. Vielleicht wäre Melissa bei Sophie hartnäckiger geblieben, wenn sie gewusst hätte, wie sie überhaupt in die Drachenlande hätte zurückkehren können.

Was sie dazu brauchte, war zunächst mal ein aktives Magisches Tor. Und das hatte sie im Moment nicht. Diese Tore waren ja nicht gerade zuverlässig. Einige öffneten sich in einem gewissen Rhythmus, andere völlig chaotisch. Die Elfen hatten die Magischen Tore wohl ganz gut erforscht und wussten, ob es Wochen, Jahre oder Jahrhunderte dauerte, bis sich ein bestimmter Zugang wieder öffnete. Aber dieses Wissen war nur wenigen zugänglich. Silindur hatte bestimmte Informationen auch nur erhalten, weil man ihn mit einem Auftrag betraut hatte, der ihn über einen längeren Zeitraum in der Menschenwelt festhalten sollte.

Zunächst war Melissa davon ausgegangen, dass sie einfach durch dasselbe Magische Tor spazieren konnte, durch das die Kra Sh'ed in ihre Stadt gekommen waren. Diese Verbindung zur Drachenwelt lag, wie Melissa und Sophie erst später klargeworden war, auf dem Gelände einer alten Fabrik und war im vergangenen Jahr über einen längeren Zeitraum immer wieder passierbar gewesen. Eine komplette Hundertschaft der unheimlichen Kra Sh’ed war dort in die Menschenwelt eingedrungen.

Aber wann immer Melissa den Hof kontrollierte, konnte sie keine Anzeichen für ein Magisches Tor entdecken. Der Hof der alten Fabrik war einfach das, was er schon seit Jahren gewesen war: ein verlassener, vergifteter Ort ohne jedes Anzeichen von Magie. Melissa beschloss, eine Funkkamera an dem Hauptgebäude der alten Fabrik anzubringen. Auf diese Weise würde sie nicht nur sehen, ob sich das Tor überhaupt öffnete, sondern vielleicht auch, in welchem Intervall und für welchen Zeitraum. Leider hatte sich nichts getan. Das war sehr ärgerlich, aber Melissa kannte ja noch einen zweiten Zugang zu den Drachenlanden: Noxomis altamar.

Durch das Magische Tor auf der griechischen Insel Naxos waren Sophie, Silindur und sie selbst vor den Kra Sh’ed in die Drachenwelt geflüchtet. Dieses Tor war zwar weiter weg, aber wenigstens hatte es bis auf wenige Aussetzer einen relativ stabilen Rhythmus. Alle vier Wochen – pünktlich zum Vollmond – schuf das Tor während eines kurzen Zeitfensters eine Verbindung zwischen den beiden Welten, manchmal auch häufiger. Doch auch die Hoffnung, dieses Tor zu nutzen, hatte sich bald zerschlagen. In den vergangenen Monaten war Melissa zu jedem Vollmond nach Naxos gereist – vergebens. Das Tor hatte sich nicht gezeigt. Es war zum Verrücktwerden. War das Tor zusammengebrochen? Silindur hatte einmal erzählt, dass das immer wieder einmal geschah. Oder hatte es jemand verschlossen? Konnte man Magische Tore überhaupt schließen? Melissa wollte einfach nicht glauben, dass dieser Weg in die Drachenwelt nicht mehr existierte. Vielleicht hatte das Ding ja nur einen kurzen Aussetzer.

Da es Melissa so regelmäßig auf die Insel zog, hatte ihr Vater kurzzeitig einen heimlichen Freund vermutet und sogar einen Detektiv auf Melissa angesetzt. Nachdem sie den Mann schließlich ertappt und zur Rede gestellt hatte, hatte sie beschlossen, vorerst nicht mehr nach Naxos zu reisen. Es war gar nicht so einfach gewesen, den Detektiv festzusetzen, er war wirklich gut, doch Melissa hatte ja selbst auch schon Erfahrung in Sachen Beschattung gesammelt. Letzten Sommer hatte Melissa Sophie beschattet, um hinter das Geheimnis ihres seltsamen Verhaltens zu kommen. Sie konnte sich nicht mehr erinnern, was genau sie damals erwartet hatte herauszufinden, aber ganz sicher nicht, dass sich hinter dem unzugänglichen, dicken Mädchen ein Drache verbarg.

Sophie hatte Melissa aus einem Leben der Langeweile und Unterforderung herausgerissen und sie von einem Abenteuer ins nächste geführt. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sich Melissa wirklich frei gefühlt und das gute Gefühl gehabt, all ihre Talente wirklich nutzen zu können. Sowohl ihr Verstand als auch ihr Körper und ihre Instinkte waren ununterbrochen im Einsatz gewesen und das nicht nur zum Spaß, sondern um ihr Überleben zu sichern. Zum ersten Mal hatte sich Melissa wirklich lebendig gefühlt und nicht wie in diesem langweiligen Alltag, wo es vollkommen gleichgültig war, was sie konnte und wer sie wirklich war. Zuvor war das Einzige, was zählte, letztlich nur die Millionen der Firma Van der Geeldt gewesen. Wie eine Glocke hatte sich dieser Reichtum über Melissa gestülpt und sie seit ihrer Geburt von wirklichen Herausforderungen abgeschirmt. Doch dann war Sophie in ihr Leben getreten und hatte alles verändert. Melissa konnte es nicht verhindern, dass sich ein Seufzer aus ihrer Kehle stahl.

Und nun war alles wie zuvor! Nein, schlimmer, denn Melissa wusste ja mittlerweile, dass es ein Leben gab, wie es ihr gefallen könnte. Sie wollte weiter mit Sophie Abenteuer erleben: Durch die Luft sausen und wilde Flugmanöver vollführen, gegen böse Schurken wie den Hellen Herrscher kämpfen und die geheimnisvollen Drachenlande mit all ihren seltsamen und gefährlichen Wesen erkunden. Sie wollte endlich sie selbst sein dürfen, nicht nur die Tochter des Magnaten Van der Geeldt.

Und dann war da natürlich noch Silindur. Ihr Herz schnürte sich zusammen, wenn sie an sein Lächeln und die Blicke dachte, die er ihr im Kerker des Hellen Herrschers zugeworfen hatte. Mit großer Zärtlichkeit dachte sie an seine seltsame Angewohnheit, stets seine Augenbrauen nach oben zu ziehen, wenn er mit etwas nicht einverstanden gewesen war. Er hatte sie bei ihren unkonventionellen Versuchen, ihre Flucht zu organisieren, unterstützt. Er hatte ihr mehrfach das Leben gerettet und als er am Ende von seiner eigenen mächtigen Abwehrmagie völlig ausgelaugt gewesen war, hatte sich Melissa große Sorgen gemacht.

Aber sie hatte damals gar keine Möglichkeit gehabt, bei Silindur zu bleiben. Sophies merkwürdiger Freund, der Kra Sh’ed Grauschwinge hatte sie einfach vom Turm geschubst und Sophie hatte sie weggebracht. Dann waren sie abgestürzt und Melissa hatte sich zunächst um Sophie kümmern müssen. Bis sie gemerkt hatte, dass Silindur als Einziger nicht gerettet worden war, war viel zu viel Zeit vergangen. Hunderte Male hatte sich Melissa die Ereignisse nach dem Sturm auf die Schwarze Festung vor Augen geführt. Hätte sie etwas anders machen können? Unwillig schob Melissa die Selbstvorwürfe beiseite. An der Vergangenheit konnte sie nichts mehr ändern. Jetzt war es wichtig, endlich wieder in die Drachenlande zu gelangen und alles menschen- und hoffentlich auch drachenmögliche zu versuchen, um Silindur aufzuspüren. Zunächst einmal musste Sophie unbedingt erfahren, dass beide Magischen Tore, deren Standorte sie kannten, nicht funktionierten. Vielleicht würde sie Melissa dann helfen, ein neues Tor zu suchen. Das war im Notfall ohnehin wichtig zu wissen und verstieß noch nicht einmal gegen die Befehle der Drachenkönigin.

Melissa ärgerte sich über diese Drachenkönigin. Sie war genau wie ihre eigene Mutter: Sie zeigte sich nie, gab aber aus der Ferne Befehle. Jedenfalls stand für Melissa fest, dass sie morgen mal ein ernstes Wörtchen mit Sophie reden würde. So konnte das nicht weitergehen.

Kapitel 3: Die Neuen

Sophie
Frau Lautenschläger riss wie immer die Tür zum Klassenraum schlagartig auf und wehte in wallenden pastellfarbenen Gewändern aus Ökobaumwolle herein. In letzter Zeit versuchte sie offenbar, ihrer dürren, knochigen Gestalt mit weiten Kleidungsstücken, die in mehreren Lagen übereinanderdrapiert waren, mehr Fülle zu verleihen. Allerdings wurde die Wirkung der voluminösen Konstruktion durch ihren ausgesprochen dünnen, langen Hals und ihre mageren Arme, die unter den Schichten hervorlugten, wieder zunichtegemacht. Auch ihre kantige schwarze Brille, die wie ein breiter Balken das Gesicht der Lehrerin in zwei Hälften teilte, stand in krassem Kontrast zu den sanften Tönen ihrer Kleidung und machte jedem sofort klar: Mit mir ist nicht zu spaßen!

Sophie zog instinktiv den Kopf ein, als könne sie so verhindern, ins Visier der Englischlehrerin zu geraten. Hoffentlich hatte die Lautenschläger sich nicht wieder einen ihrer Überraschungstests ausgedacht, in dem sie Fragen zu jedem Buch stellte, das sie im Unterricht je gelesen hatten. Sophie begann, nervös auf ihrem Bleistift herumzukauen. Für einen Lautenschläger-Test hatte sie jetzt überhaupt keinen Nerv.

Jedoch hatte die Englischlehrerin heute offenbar anderes im Sinn. Sie legte ihre Tasche auf das Lehrerpult und schob das dickglasige Brillenungetüm auf den Kopf. Entspannt ließ sie ihren unbebrillten Blick über die Klasse schweifen. Sophie konnte das gar nicht leiden, wenn die Lehrerin ihre Brille nicht aufhatte. Ohne den Zwang der starken Gläser lief das rechte Auge der Lehrerin immer ein deutliches Stück nach außen. Wie ein Chamäleon blickte Frau Lautenschläger dann in zwei unterschiedliche Richtungen und man konnte nie sicher sein, wen sie gerade ansah.

Heute schien sie allerdings niemanden genauer zu fixieren. »Guten Morgen!«, zwitscherte sie ungewohnt heiter. »Ich freue mich sehr, euch heute zwei neue Mitschüler vorstellen zu dürfen: Rostam Sagharichi-Raha - er kommt aus dem Iran - und Alexander von Wyrm.«

Sophie hatte bisher gar nicht bemerkt, dass hinter der Lehrerin noch jemand den Raum betreten hatte. Dort stand ein schmächtiger, blasser Junge, der die Klasse unsicher anblinzelte. Er war sehr klein und wirkte viel jünger als die restlichen Mitschüler.

Einige der Mädchen benahmen sich auf einmal äußerst merkwürdig. Sie hatten begonnen, mit ihren Haaren zu spielen und ein paar setzten sich besonders aufrecht hin und lächelten kokett. Seltsam. Was sollte das Getue? Hatten die Mädchen einen Streich für den Neuen geplant? Das wäre aber doch sehr grausam, aus Spaß mit ihm zu flirten.

Doch in diesem Moment ging Frau Lautenschläger um das Pult herum und gab den Blick auf den zweiten neuen Schüler frei. Nun verstand Sophie. Der Junge, der dort stand, war einfach überirdisch schön. Er war groß und schlank, dabei aber nicht schlaksig, sondern muskulös. Seine pechschwarzen Haare waren kurz geschnitten und leicht gegelt. Das kalte Neonlicht des Klassenraums verlieh diesem perfekt gestylten Haar einen metallischen Glanz, der in Sophie eine merkwürdige Sehnsucht erwachen ließ. Wie wäre es wohl, dieses unbekannte schwarze Haar anzufassen, zart darüberzustreicheln oder daran zu riechen? Dieser Gedanke sorgte dafür, dass sich ihre Nasenflügel unwillkürlich aufblähten und sich augenblicklich eine Gänsehaut über Sophies Rücken ausbreitete. Sie schauderte, aber es war ein angenehmes Schaudern.

Bestimmt konnten alle anderen sehen, was in ihr vorging. Verdammt, was war nur plötzlich los mit ihr? Sophie wollte die Augen von dem Neuen abwenden, aber es gelang ihr nicht. Im Gegenteil, sie hatte noch lange nicht genug von ihm gesehen. Wie hypnotisiert starrte sie ihn an und konnte einfach nicht wegschauen. Es kam Sophie so vor, als wäre die Zeit stehen geblieben. Sie prägte sich sein Gesicht Millimeter für Millimeter ein. Seine wunderschönen Augen waren von dichten Wimpern umrahmt und schimmerten grünlich, als der Junge seinerseits die Klasse mit seinem Blick abtastete. Endlich schaute er auch für einen winzigen Moment in Sophies Richtung und sie wäre zweifellos in diesen außergewöhnlich dunklen grünen Augen versunken, wenn der Blickkontakt länger angedauert hätte. Aber seine Augen verweilten nicht, sondern schweiften weiter im Klassenraum umher und Sophie blieb nichts anderes übrig, als seine wunderbar gerade Nase zu betrachten, die ein bisschen zu groß war, als dass er auf langweilige Model-Art perfekt gewesen wäre. Und dann ertastete Sophies Blick den Mund des Jungen. Rechts über seinen Lippen verlief eine winzige Narbe nach oben. Wo er die wohl herhatte? Sophie spürte ein Grummeln im Bauch, hoffentlich würde nicht ausgerechnet jetzt ihr Magen knurren. Hilfe! Frau Lautenschläger sagte etwas, aber Sophie hörte gar nicht hin. Sie konnte einfach nicht darauf reagieren, denn ihre gesamte Aufmerksamkeit war nach wie vor von dem Fremden gefangen genommen. Gerade war er ein paar Schritte weitergegangen und sein Mund bewegte sich. Er schien nun auch etwas zu sagen. Sophie beobachtete das Auf und Ab dieser wunderbaren Lippen und …

»Kannst du deine Tasche da bitte wegnehmen, ich will mich hinsetzen«, drang es plötzlich in Sophies Ohren und eine graue Wand schob sich zwischen sie und den neuen Jungen. Völlig verdattert schaute sie auf. Vor ihr stand der andere neue Schüler, der ihr den Blick verstellte und sie auf höchst unsanfte Art wieder in die bittere Realität zurückholte. Automatisch griff Sophie nach ihrem Rucksack, der auf dem freien Platz neben ihr stand, und ließ ihn neben sich auf den Boden fallen.

»Hi, ich heiße Rostam Sagharichi-Raha. Aber du kannst mich einfach Ross nennen«, sagte der Junge. »So haben sie mich jedenfalls in meiner alten Schule genannt.«

Sophie war noch nicht ganz bei sich. Mit einer fahrigen Handbewegung fuhr sie sich über den Mund. Hatte sie etwa gesabbert?

»Ich heiße Sophie«, antwortete sie abwesend.

Ross, oder wie er hieß, schien es nicht zu stören, dass sie so kurz angebunden war. Er packte seine Schreibsachen aus und wandte sich dem Unterricht zu.

Frau Lautenschläger hatte bereits begonnen, über die neue Lektüre zu sprechen, aber Sophie bekam noch immer überhaupt nichts mit.

Das war wieder einmal typisch. Es gab nur zwei freie Plätze. Aber natürlich setzte sich die halbe Portion neben sie. Und wo war Prinz Charming gelandet? Neben Melissa! Das war ja klar!

 

Melissa
Verflixt, eigentlich hatte sich Melissa auf eine ruhige Englischstunde gefreut. Frau Lautenschläger machte sich gewöhnlich nicht die Mühe, zwischen mündlichen und schriftlichen Noten zu unterscheiden. Und Melissa, die zwei erstklassige Arbeiten abgeliefert hatte, musste nicht damit rechnen, so bald drangenommen zu werden. Deswegen hatte sie einige Unterlagen mitgebracht, die sie gerade studierte und von denen sie sich Hinweise auf weitere Magische Tore erwartete. Jetzt musste sie ihren Kram zusammenraffen, weil sich dieser neue Typ neben sie setzte. Das war doch zum Auswachsen.

»Hallo, ich heiße Alexander«, stellte sich der Neue gerade vor und ließ sich neben Melissa auf den freien Stuhl sinken. Er lächelte nicht und so sah sich Melissa auch nicht zu mehr gezwungen als zu einem kurz angebundenen: »Melissa!« Der Neue nickte, wandte den Blick danach aber nicht ab.

Himmel, hoffentlich ist der nicht gerade auf der Suche nach einer Freundin, zuckte es Melissa durch den Kopf. Sie hatte gerade gar keinen Nerv, sich einen verliebten Typen vom Hals zu halten. Sie musste sich voll und ganz auf ihre Aufgabe konzentrieren.

Ob mit oder ohne Sophie, Melissa würde so bald wie möglich ein Tor finden und den Zeitpunkt bestimmen, wann es sich öffnen würde. Außerdem würde sie sich eine anständige Ausrüstung besorgen, um Silindur ausfindig zu machen, und sie würde nicht eher aufgeben, bis sie genau wusste, dass er in Sicherheit war. Oder im schlimmsten Fall, bis sie seinen Tod nachweisen konnte. Diesen Gedanken schob sie allerdings sofort wieder weit von sich. Das durfte einfach nicht sein.

Wenn sie jetzt eines nicht gebrauchen konnte, dann eine Ablenkung von ihrem klar definierten Ziel. Es war alles sowieso schon schwieriger, als sie gedacht hatte. Weil sie momentan keine Ahnung hatte, wie sie ein neues, ihr noch unbekanntes Tor aufspüren sollte, hatte Melissa sich zunächst einmal auf die allgemeinen Reisevorbereitungen gestürzt. Es war zwar unbefriedigend, eine Expedition auszustatten, wenn man den Weg noch nicht kannte – oder überhaupt sicher sein konnte, dass es einen Weg gab –, aber Melissa wusste einfach nicht, was sie sonst tun sollte.

Zunächst hatte sie begonnen, alle Informationen aufzuschreiben, die sie über die Drachenlande besaß. Sie wollte für alles gewappnet sein: wilde Tiere, feindliche Völker und, nicht zu vergessen, alle Arten von gefährlichen Pflanzen. Neben der Anschaffung allgemeiner Ausrüstungsgegenständen wie eines Ultraleichtzelts samt selbst aufblasender Luftmatratze und eines Schlafsacks für alle Temperaturen, Koch- und Essgeschirr, Medizinkasten, Lampen und Leuchtraketen hatte sie auch diverse Waffen recherchiert. Waffen waren in Deutschland nicht leicht zu bekommen, für Minderjährige sowieso. Ein zusätzliches Problem für Melissa war allerdings, dass die meisten Waffen nicht ohne Eisen oder Stahl auskamen. Melissa wusste nicht, ob sich Stahl ebenso fatal auf die Magischen Tore auswirkte wie Eisen, aber sie hatte auch keine Lust, das im Selbstexperiment herauszufinden. Zunächst hatte sich Melissa für einen modernen Hochleistungsbogen aus Kunststoffverbundmaterialien mit einer Auswahl von Pfeilen für verschiedene Ziele interessiert, aber das Ding schien ihr für ihre Zwecke doch zu sperrig zu sein. Stattdessen hatte sie sich mehrere Obsidianklingen besorgt. Das glasartige Vulkangestein war sehr scharf und im Zweifelsfall würde sie sich damit verteidigen können. Außerdem hatte Melissa einen Hakenwerfer erstanden, mit dem sie Kunststoffhaken inklusive Kletterseilen verschießen konnte. Schließlich wusste Melissa nicht, in welchem Gelände sie sich fortbewegen würde. Außerdem übte sie seit ein paar Wochen den Schusswaffengebrauch, damit sie den Hakenwerfer einwandfrei bedienen konnte, und ging mehrmals in der Woche in den Klettergarten, um sich auf schwergängiges Gelände vorzubereiten.

Unbewusst kritzelte Melissa kleine Figürchen auf ihren Block, die ihr gewöhnlich beim Denken halfen.

»Was zeichnest du da?«, unterbrach der Neue plötzlich ihre Gedanken.

Melissa blickte auf. Hatte er sie die gesamte Zeit angestarrt? Sie hatte nicht darauf geachtet. Dann fiel ihr Blick auf ihr Heft. Ohne dass es ihr aufgefallen war, hatte sie einen Drachen mit Reiter gezeichnet. Der Drache hob übermütig den Kopf, als wolle er gleich brüllen oder Feuer speien, während der Reiter den Arm in die Höhe hob und sein Schwert in den Himmel reckte. Melissa schluckte. Kein Zweifel, sie hatte mal wieder Sophie und sich selbst gezeichnet.

»Ähm, das ist nichts weiter!«, krächzte Melissa und räusperte sich. »Ich überlege, eine Graphic Novel zu zeichnen. Aber das sind erste Entwürfe und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt!«

Damit klappte sie das Heft zu und starrte den Neuen so lange an, bis dieser sich wieder den Ausführungen von Frau Lautenschläger widmete und sie in Ruhe ließ.

 

Alexander
Das war ja leichter, als er gedacht hatte. Die Prinzessin war wirklich nicht schwer zu finden gewesen. Eine wirklich gute Karte mit hilfreichen Beschreibungen hatte ihn schon nach wenigen Tagen in die richtige Stadt und schließlich zur richtigen Schule geführt. Ohne diese Anweisungen wäre er allerdings völlig verloren gewesen. Diese Menschen hatten für ihn am Anfang alle gleich ausgesehen. Doch seit er in dieser menschlichen Gestalt – quasi auf Augenhöhe – mit diesen merkwürdigen Wesen war, entdeckte er nach und nach doch zahlreiche Unterschiede zwischen ihnen. Wie bei seiner eigenen Art gab es größere und kleinere, die Haut-, Haar- und Augenfarben waren ebenfalls ein deutliches Unterscheidungsmerkmal. Auch wenn die Unterschiede nicht so deutlich waren wie bei seinem Volk. Es gab dicke und dünne, manche hatten mehr Muskeln und andere waren schwächlich – wie bei jeder anderen Spezies eben auch.

Aber da war noch mehr. Schon nach dieser kurzen Zeit in der Menschenwelt hatte Alexander bemerkt, wie wichtig es für diese Wesen war, wie sie auf andere ihrer Art wirkten. Sie brachten diese Vorliebe vor allem durch Kleidung zum Ausdruck, aber auch durch Körperbemalung und Haartracht. Das Dumme war, dass nicht leicht zu erkennen war, warum sich jemand in der einen oder anderen Weise kleidete oder schmückte.

Bei den Völkern seiner Welt, den Drachenlanden, lagen die Dinge da schon einfacher. Seine Art trug keine Kleidung, aber er kannte diesen Brauch von den Elfen. Sie trugen ebenfalls unterschiedliche Kleidung, aber diese waren, sowohl was die Materialien anging als auch in Bezug auf die Farben, ein logischer Spiegel der Funktionen, die ein Elf jeweils in der Gesellschaft ausübte. Es war nur logisch, dass ein Späher sich in Grün- und Brauntönen kleidete, damit er bei einer Mission mit den Farben des Waldes verschmelzen konnte, und eher widerstandsfähige Materialen wählte. Die Berater und Politiker schritten dagegen stets in schreienden Farben umher und wählten extravagante Stoffe, damit sie die Aufmerksamkeit der anderen, und vor allem der Königin, auf sich zogen. Natürlich wäre es heutzutage gar nicht nötig, diese Kleiderordnung beizubehalten, da jeder Elf über genügend Magie verfügte, um sich jederzeit zu tarnen. Trug ein Späher gern rot, dann genügte eine Handbewegung und er verschmolz trotzdem mit seinem Hintergrund. Aber die Elfen hatten sich an die Farbaufteilung gewöhnt und sie seit den Tagen der Alten Zeiten beibehalten. Ähnlich konservativ verfuhren sie mit den Stoffen. Die Verarbeitung der unterschiedlichen Materialien war so perfektioniert worden, dass niemand auf die Idee gekommen wäre, grundsätzlich etwas daran zu ändern.

Diese Menschen dagegen experimentierten anscheinend die ganze Zeit mit Formen, Farben und Materialien. Zwar gab es auch Kleidung, die Beruf oder Stand anzeigten, aber die Grenzen waren durchlässig. Es war auch nicht immer zu erkennen, was einen Gegenstand wertvoll und damit zum Zeichen einer höheren Klasse machte.

Ohne die genaue Vorbereitung, auf die sein Auftraggeber bestanden hatte, hätte sich Alexander sicher sofort verraten. Es schien jedoch, als habe er zumindest die ersten Hürden gemeistert. Nun musste er nur noch das Vertrauen der Prinzessin gewinnen und sie dazu bringen, mit ihm in die Drachenlande zurückzureisen. Alexander blickte seine Tischnachbarin aufmerksam an. Sie war sehr schön - für menschliche Begriffe. Das war ihm sofort klar gewesen, als er sie beim Hereinkommen zum ersten Mal gesehen hatte. Sie hatte sich nicht auffällig benommen oder bisher etwas Herausragendes gesagt, aber allein ihre stolze, aufrechte Haltung hob sie ab von all den normalen Menschen in diesem Raum, die müde über ihren Tischen hingen oder weit zurückgelehnt auf ihren viel zu kleinen Stühlen hockten.

Und dann hatte sie diesen Drachen mit Reiter gezeichnet. Alexander schmunzelte. Als ob sie ihn mit ihrer kleinen Ausrede hinters Licht führen könnte. Dieser Drache war so exakt und realistisch gezeichnet; das Bild war definitiv kein Produkt menschlicher Fantasie. Melissa hatte auf jeden Fall schon echte Drachen gesehen – zumindest sich selbst in einer spiegelnden Wasseroberfläche.

Alexander lächelte. Er war froh, sie endlich gefunden zu haben. Allerdings musste er jetzt besonders behutsam vorgehen, sie schien nicht gerade zugänglich zu sein. Gerade hob sie den Kopf und ihre Blicke trafen sich erneut. Alexanders Lächeln wurde breiter und, wie er hoffte, anziehender, aber Melissa lächelte nicht zurück. Im Gegenteil: Sie rollte genervt mit den Augen und wandte ihre Aufmerksamkeit der Lehrerin zu, die in einem für Alexanders Ohren äußerst langweiligem Singsang einen Text in einer anderen Menschensprache vorlas.

Auch diesen Aspekt fand er merkwürdig an den Menschen: Sie hatten es anscheinend immer noch nicht zu einer verbindlichen Allgemeinsprache gebracht. Stattdessen mussten sie viel Zeit und Geduld aufbringen, um die Sprachen der anderen zu verstehen. In den Drachenlanden hatte man schon genug damit zu kämpfen, die Sprachbarrieren zwischen den verschiedenen Arten zu überwinden. Niemand wäre auf die Idee gekommen, innerhalb der eigenen Art unterschiedliche Sprachen zu erlauben. Natürlich gab es bei den Drachen, Elfen, Trollen und anderen Bewohnern der Drachenlande lokale Dialekte, aber jeder war doch in der Lage, die Hochsprache der eigenen Art zu sprechen und zu verstehen. Alles andere war auch dumm. Es behinderte die Verständigung und gab den Vermittlern zu viel zusätzliche Macht. Wie die Kobolde in früheren Zeiten den Elfen durch falsche Übersetzungen geschadet hatten, so könnten auch die Vermittler der Menschen lügen, wenn es ihren Zwecken dienlich war. Oder die Wahrheit zumindest so auslegen, wie es ihnen gefiel. Nicht verstehen machte abhängig. Alexander schüttelte den Kopf. Diese Menschen waren schon seltsam. Wieso ließen sie zu, dass ihre Art in so viele Teile zerfiel? Vermutlich hatte das Verhalten der Menschen vor allem damit zu tun, dass es in ihrer Welt keine vergleichbar entwickelte Art gab. Das allerdings könnte sich schon bald ändern.

Kapitel 4: Flugzeuge im Bauch

Sophie
Nach der Schule rannte Sophie, so schnell sie konnte, aus dem Gebäude. Sie wollte nur eines: so schnell und so weit weg wie möglich von Melissa und Alexander.

Ihr Bauch wurde ganz heiß, wenn sie nur an ihn dachte. Dieser Junge hatte etwas an sich, was sich Sophie überhaupt nicht erklären konnte. Als sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte, hatte die Erde geschwankt – jedenfalls war es Sophie so vorgekommen. Ihr war im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser im Mund zusammengelaufen und nur mit knapper Not hatte sie verhindern können, auf ihr Heft zu sabbern. Das war so peinlich gewesen! Am liebsten wäre Sophie im Boden versunken. Während des gesamten Unterrichts hatte Sophie den Jungen anstarren müssen. Ihr Blick hatte sich ohne ihr Zutun förmlich an ihm festgesaugt. Irgendwie bekam sie zwar mit, dass der andere neue Schüler, der nun neben ihr saß, immer mal wieder versucht hatte, sie anzusprechen, aber sie hatte nicht reagieren können. Ihre gesamte Aufmerksamkeit war von Alexander absorbiert worden. ALEXANDER – Sophie schmeckte den Namen auf der Zunge. Er passte zu ihm. Sah er doch genau aus, wie sich Sophie einen großen Eroberer vorstellte. Sie seufzte.

Und dann war die ganze Situation gekippt. Alexander hatte plötzlich Melissa angesprochen und Sophie hatte sofort den wortwörtlich beißenden Schmerz der Eifersucht in sich gespürt. Es fühlte sich an, als ob Flammen in ihrem Hals hinaufsteigen wollten und wahrscheinlich war auch genau das passiert. Sophie war völlig unvorbereitet gewesen. Nur mit allergrößter Mühe war es Sophie gelungen, sich nicht in einen Drachen zu verwandeln oder Feuer zu spucken. Zum Glück schien niemand bemerkt zu haben, was in ihr vor sich ging.

Mit aller Kraft hatte sich Sophie den gesamten Schultag über gezwungen, nicht zu Alexander und Melissa hinüberzuschauen. Aber ihre Reaktion hatte Sophie so sehr erschreckt, dass sie auf keinen Fall riskieren wollte, sich womöglich doch noch zu verwandeln. Deshalb war sie zunächst völlig ohne Plan losgelaufen, bis ihre Schritte sie ganz automatisch quer durch die Stadt und auf Nebenwegen an den Stadtrand zu dem kleinen Eichenwald geführt hatten.

Sophie zögerte einen Moment. Seit sie in den Drachenlanden gewesen war, hatte sie ihren alten Rückzugsort am Schilfsee nicht mehr aufgesucht. Wollte sie wirklich in alte Gewohnheiten zurückfallen und alles mit sich allein ausmachen? Aber wem hätte sie schon erzählen können, was heute passiert war? Sophie gab sich einen Ruck und lief in das feuchte Wäldchen hinein. Wo sollte sie schließlich sonst hin? Sie musste sich unbedingt beruhigen und zu Hause ging das momentan nicht.

Das neue Baby weinte ziemlich viel. Oma Aenne wiegte zwar stets verständnisvoll den Kopf und murmelte etwas von ersten Zähnchen, aber auch sie war fast gar nicht mehr zu Hause. Sie hatte sogar schon die ein oder andere Nacht bei einer Canasta-Partnerin übernachtet, obwohl Oma Aenne es hasste, in einem fremden Bett zu schlafen. Auch von Sophies Vater war in letzter Zeit kaum etwas zu sehen. Er musste in dem kleinen Familienunternehmen für Baustoffe nun nicht nur seine Arbeit bewältigen, sondern auch die von Sophies Mutter. Am schlimmsten aber ging es Simon, Sophies jüngerem Bruder. Seit das Baby auf der Welt war, redete er fast überhaupt nicht mehr. Er lief herum wie ein Zombie mit blasser Haut und blutunterlaufenen Augen. Schon immer hatte er viel mit seinen Freunden am Computer gezockt, aber mittlerweile lebte er völlig in der Welt der Gamer. Zunächst hatte Sophie es ganz gerecht gefunden, dass er einmal mitbekam, was es bedeutete, jüngere Geschwister zu haben, die plötzlich die ganze Aufmerksamkeit der Eltern auf sich zogen. Dann hatte Simon ihr fast ein bisschen leidgetan, weil sich sein Leben so abrupt geändert hatte und mittlerweile machte sie sich fast Sorgen um ihn.

Allerdings hatte Sophie keine Ahnung, wie sie Simon trösten konnte. Irgendwie war sie nicht die richtige Person für diese Aufgabe. Sie selbst war nicht gerade damit einverstanden, wie ihre Menscheneltern sie behandelt hatten. Was ihre Dracheneltern anging, war die Sache noch komplizierter. Über ihren leiblichen Vater hatte sie überhaupt keine Informationen und ihre Drachenmutter glänzte durch Abwesenheit. Angeblich hatte sie Sophie hier bei dieser Menschenfamilie untergebracht, um sie zu schützen. Aber wer wusste schon, welche Gründe sie wirklich dafür gehabt hatte. Wahrscheinlich waren Reptilien einfach keine guten Mütter.