Ich widme dieses Buch

Hans Pilz

(Manfred Schwarzmeier): Stahlzwingerweg 1954

Siemens 1963 Thomas Ascherl und Manfred Schwarzmeier an der Fräßmaschine.

Bild (Georg Meckl): Eisstoß

Regensburg mit belebtem Neupfarrplatz vor Einführung der Fußgängerzone in den 90er-Jahren

Blick von den Winzerer Höhen, aufgenommen am 6. Dez. 2013

Obere Bachgasse im März 2015

Inhaltsverzeichnis

Bild (K.Ludwig): vor dem Bahnhof von Regensburg

Zum Buch

Mein Anliegen ist es, Erinnerungen festzuhalten, die Regensburg ausmachen.

Ein Streifzug durch einige Stadtteile wirft Schlaglichter auf die jüngste Vergangenheit, die zum Teil noch im Erlebnisbereich älterer Regensburger liegt.

Natürlich hat Regensburg noch weit mehr interessante Orte zu bieten, die im Folgenden nicht erwähnt werden und weitere Bücher notwendig machen würden.

Viele haben mich bei der Gestaltung des Buches unterstützt, ohne sie wäre es in dieser Form nicht möglich gewesen.

Mein besonderer Dank gilt:

 

Wiggerl Aumeier Georgine Lintl
Hans Peter Bauer Peter Milić
Gerhard Degen Irma Pilz
Jürgen Fischer Verena Rosenkranz
Heinz Groenewold Erich Stürzl
Herbert Haberäcker Jürgen Scholze
Franz Handerer Helmut Schmidt
Anton Heinzlmeir Karl Schneeberger
Franz Hohenleutner Ludwig Schuderer
Max Janker Günter Schradin
Kirsten Karius Karl Schwarz
Martin Kempter Manfred Schwarzmeier
Johannes Liegl Tobias Wittmann

sowie vielen Weiteren, die nicht namentlich genannt werden möchten.

Ihnen allen herzlichen Dank!

Regensburg Liegt gar schön. Das Foto wurde am 10. August 2014 aufgenommen

Das Besondere an Regensburg

Regensburg hat vielerlei Besonderheiten aufzuweisen, die es allen anderen Städten in Deutschland voraus hat.

1. Die Lage der Stadt

Sie liegt am nördlichsten Punkt der Donau

Sie ist umgeben von fünf völlig verschiedenen Landschaften, die alle direkt an die Stadt heranreichen, das ist einmalig in Deutschland:

  1. im Osten das Waldgebiet des Bayerischen Waldes aus Urgestein (meistens Granit und Gneis)
  2. im Westen das Juragebirge aus Kalkstein
  3. im Norden die Flusslandschaften von Naab und Regen
  4. im Süden das Niederbayerische Hügelland mit der Holledau (Hopfenanbau)
  5. im Südosten die fruchtbare Donauebene mit Lößboden, der so genannte Gäuboden

So hat bereits Goethe aus seiner Italienreise festgestellt:
„Regensburg liegt gar schön. Die Gegend musste eine Stadt anlocken“

2. Die Geschichte der Stadt

in der Antike

Regensburg wurde im Jahre 179 in der Regierungszeit des Römischen Kaisers Marc Aurel als Legionslager gegründet

Regensburg ist die einzige Stadt, die eine in Stein gehauene Gründungsinschrift als Geburtsurkunde vorweisen kann (heute im Stadtmuseum zu besichtigen)

im Frühmittelalter

Von hier aus regierten die ersten bairischen Herzöge das Land Baiern, ebenso zeitweise deutsche Kaiser

Damit war Regensburg sozusagen die Hauptstadt Baierns und des Deutschen Reiches

im Hochmittelalter

Regensburg blühte auf durch den Fernhandel von Italien bis Russland, organisiert von mächtigen und reichen Familien, den Patriziern

Jedes der Geschlechter baute sich eine Stadtburg mit einem hohen Turm

in der Neuzeit

Nach dem 30-jährigen Krieg wurde Regensburg der Ort des „Immerwährenden Reichstages“, also das politische Zentrum aller deutschen Länder, und damit neben Wien die Hauptstadt des Deutschen Reiches

3. Die bauliche Substanz

Regensburg besitzt umfangreiche originale Bauten aus allen Perioden seiner fast 2000-jährigen Geschichte

aus der Römerzeit

Erhalten geblieben sind vor allem Teile des Kastells
die Hälfte des Nordtores des Lagers, die Porta Prätoria
große Teile der Lagermauer an der Ostseite von Castra Regina

aus der Zeit der baierischen Herzöge

die Kirchen Alte Kapelle und Ulrichskirche und mehrere romanische Kirchen
der Burgturm, fälschlich genannt „Römerturm“

aus der Zeit des Hochmittelalters

der Dom

eine ganze Anzahl von Patrizierburgen mit Türmen aus der Neuzeit

Eine Reihe repräsentativer Gebäude beherbergte die Gesandtschaften deutscher Länder während des Immerwährenden Reichstages

Heute ist Regensburg die Hauptstadt der Oberpfalz

2007 wurde ihr der Rang eines Weltkulturerbes verliehen

Regensburg besitzt eine Universität und ist Standort namhafter Industrien, z. B. BMW und Siemens

Regensburg ist die einzige original erhaltene Großstadt des Mittelalters in Deutschland. Glücklicherweise wurde die Altstadt im 2. Weltkrieg kaum beschädigt. Besonders prägend sind die zahlreichen Kirchen aus allen Epochen seiner Geschichte.

Text mit freundlicher Genehmigung von Herrn Oberstudienrat Armin Eder †

Der Immerwährende Reichstag

Blick von der Brückstraße zur Goliathstraße mit dem Goliathhaus

Blick von der Goltiathstraße zur Porta Prätoria Unter den Schwibbögen

Kumpfmühl

Kumpfmühl liegt im Süden von Regensburg und ist einer der ältesten Stadtteile. Es ist ein beliebtes und schönes Wohnviertel, dessen Namen an die Kumpfmühle erinnert, die schräg gegenüber der Theresienkirche in der Gutenbergstraße gestanden hat. Diese Mühle wurde vom Vitusbach angetrieben, ihr Name bezieht sich auf Kumpfen, die am Mühlrad angebracht waren und das Wasser effektiver auf die Mühlsteine übertragen konnten als ein Mühlrad, das „nur“ mit Holzbrettern bestückt war. Kumpfen waren also hölzerne Schöpfkellen, die eine Mühle zur höheren Leisung befähigten. Eine Mühle mit Kumpfen war etwas Besonderes, daher entstand auch der Name Kumpfmühle, der dieses Stadtviertel bis heute bezeichnet (Bild rechts). Die Mühle am Vitusbach wurde am 28. Dezember 1944 durch Bomben zerstört und nicht mehr aufgebaut.

Die Geschichte des Viertels reicht bis in die Jungsteinzeit zurück und hatte auch in der Römerzeit große Bedeutung, die Römer bauten hier ein Kastell zur Überwachung der Verkehrswege. Über diese geschichtlichen Zusammenhänge wurde bereits viel veröffentlicht, daher befasst sich mein Buch mit der jüngsten Vergangenheit, als Kumpfmühl ein wichtiges Wohnviertel für die Regensburger wurde, und auch heute noch ist.

Die geografischen Gegebenheiten prädestinierten Kumpfmühl, insbesondere den Eisbuckel für das Lagern von Lebensmitteln in kühlen Kellern, die leicht in den weichen Sandstein gegraben werden konnten. Das Klima in diesen Kellern ist so ideal, dass Eis vom Winter den ganzen Sommer über erhalten blieb und z. B. für das Kühlen von Bier genutzt werden konnte. Diese Keller wurden in die sogenannten Eisbuckelschichten gegraben, das ist ein merglig, schwach sandig und kieseliger Kalkstein, der in der Kreidezeit entstanden ist. Diese Eisbuckelschichten erhielten ihren Namen nach dem Eisbuckel in Kumpfmühl, denn sie wurden hier zum ersten Mal benannt. Diese grau-gelblichen Kalksteinschichten können Wasser speichern, aber nicht in großer Menge weiterleiten. Die Keller haben somit eine ideale Feuchtigkeit, es bildet sich aber kein Grundwasser.

Natürlich entstand kein Eis in den Kellergewölben, denn dort herrscht ganzjährig eine fast gleichbleibende Temperatur. Darum musste das Eis im Winter von den zugefrorenen Flüssen und Weihern gebrochen und zu den Kellern transportiert werden. Das war sehr mühsam, denn es ging den Berg hinauf, die Pferde- und Ochenkarren mussten Schwerarbeit leisten. Darum lohnte es sich durchaus, Eisgerüste aufzustellen, mit deren Hilfe man direkt über den Kellern Eis produzieren konnte. Die Winter waren damals vermutlich viel härter und hatten lange Kälteperioden, in denen es gelang, eine gute Eisernte einzubringen. Die aufgestellten Eisgerüste wurden täglich mit Wasser besprengt, damit sich eine dicke Eisschicht bildete, die dann abgeschlagen und in den jeweiligen Keller gebracht werden konnte.

In diesen Kellern wurde Bier eingelagert, das dann natürlich auch gerne in Biergärten über den Kellergewölben getrunken wurde. So entstanden beliebte Ausflugslokale mit großen Kastanienbäumen in den Gärten, die im Sommer nicht nur von Kumpfmühler Bürgern aufgesucht wurden und werden. Kastanienbäume in den Biergärten waren kein Zufall, sie wurden zur Beschattung der Keller bewusst gepflanzt und erfüllen zum Teil auch heute noch ihren Beitrag zur Gemütlichkeit der Biergärten.

Im Bereich Kumpfmühl, Eisbuckel, Königswiesen gab es zahlreiche Keller, die zum Teil noch vorhanden sind und auch heute oberirdisch als Biergärten genutzt werden. Der Behnerkeller befand sich im Bereich der Kleingartenanlage nördlich der St.-Wolfgangs-Kirche, er ist teilweise eingestürzt. Der Nockerlkeller in Königswiesen wurde auch zur Schwammerlzucht genutzt. Dann gab es noch den Stadlerkeller, den Stadtkeller, den Kneitinger Keller und den Brandl Keller. Einer der bedeutendsten Keller war der Fikentscherkeller, der später Veri-Fischer-Keller genannt wurde und heute zum Gasthaus und Hotel Wiendl gehört. (Bild nächste Seite)

Bild Der Veri-Fischer-Keller (vormals Fikentscherkeller) am Eisbuckel ist heute das Hotel Wiendl. Auf dem Bild sieht man das Restaurant und Cafè Rohrmeier, einen Kolonialwaren- und einen Milchladen der heutigen Besitzerfamilie um 1919. 1935 bekam es den Namen „Gaststätte Wiendl“. Der Keller auf diesem Anwesen hat zwei Stockwerke und ist insgesamt 16m tief. Außer Bier wurden in Kriegszeiten Lebensmittel, wertvolles Geschirr usw. gelagert. Auch als Schutzraum bei Fliegerangriffen war der Keller von großer Bedeutung. Die Bewohner des Eisbuckel, die Arbeiter der nahegelegenen Bundesbahn und auch das Personal der Milchwerke suchten den Keller bei Fliegeralarm auf.

Bild (Friedrich Fuchs): Die Kumpfmühle an der Gutenbergstrasse, Ecke, Am Mühlbach, gab dem Stadtteil Kumpfmühl den Namen. Auf dem Bild war die Mühle schon lange Zeit still gelegt, das Anwesen gehörte der Stadt seit 1916, der Betrieb wurde 1917 eingestellt. In alten Schriften soll die Kumpfmühle bereits im 14. Jahrhundert erwähnt worden sein.

Bild (Stadt Regensburg Bilddokumentation): zeigt die Kumpfmühle nach der Bombardierung im 2. Weltkrieg am 30.09.1946. Das schlanke Stallgebäude hatte den Bombenangriff überstanden, verfiel aber nach und nach und wurde auch abgerissen. Im Hintergrund sind die Wohnböcke der Fikentscherstrasse zu sehen.

Die Zeichnung der Mühle auf Seite → wurde von Andreas Reindl 1944 angefertigt und ist ein Repro nach Karl Bauer, Regensburg

Panorama von Regensburg vom Ziegetsberg aus gesehen um 1901 (Peter Milić):
Im Vordergrund sieht man die Ziegelei Wiedenmann, dort ist heute der Karl-Freitag-Park. Rechts der Bildmitte ist die Theresienkirche mit ihrer Umfassungsmauer um den ehemaligen Schulgarten zu sehen.

Bilder Luftaufnahmen vom 14. Oktober 2014

Der Hügel auf dem Kumpfmühl und der Eisbuckel liegen, war ein beliebtes Ausflugsziel der Regensburger. Nicht nur der schönen Bierkeller wegen, denn in der heißen Jahreszeit war es im Stadtzentrum schwül und stickig. Der Mangel an Müllabfuhr und Kanalisation wirkten sich in den Sommermonaten ungünstig aus, wodurch ein Ausflug in die frische Luft der kühlenden Biergärten sehr beliebt war. Wer es sich leisten konnte, besaß sogar ein Häuschen in Kumpfmühl, um die Sommerfrische dort zu verbringen. Noch erhalten ist das sogeannte Salettl, in dem die Fürstäbtissin Maria Josepha Felicitas von Neuenstein um 1810 die Sommer genoss. Es befindet sich im Karl-Bauer-Park gegenüber der St.-Wolfgangs-Kirche. Dieser Karl-Bauer-Park sollte eigentlich den Bewohnern des angrenzenden Altersheims in der Kumpfmühler Straße dienen, ist aber leider seit Jahren nicht von dort aus für die alten Menschen zugänglich und wird auch weitere Jahre nur von der Bischof-Wittmann-Straße aus begehbar sein. In den Jahren des Um-und Neubaus des Altenheimes wurde kein Zugang für die Heimbewohner eingeplant.

Das Salettl im Karl-Bauer-Park ist leider eine ewige Baustelle. Alle Rettungsversuche gestalten sich ausgesprochen langwierig. Ein neues Dach schützt immerhin den Bestand des Häuschens. Foto vom September 2014

Bild: Ein Blick über die Häuser des St.Wolfgangsbauvereins zur Kirche St. Wolfgang, eine der architektonisch bedeutendsten Kirchen Regensburgs, erbaut 1938 bis 1940 von Dominikus Böhm

Bild: Blick über die Fürstengartensiedlung (Hofgartensiedlung) und die Kleingartenanlage am Vitusbach. Foto vom Oktober 2014.

Bild: Die Kumpfmühler Straße im August 2014

Bild: Die Karthauser Straße, als alles noch geruhsamer zuging

Bild vom 06.02.2015: Blick vom Neubau des Altenheimes zur Baugrube nach Süden. Die Investoren haben das Geschäft mit der Altenpflege entdeckt und breiten sich großzügig aus. Es wurden ca. 20% des Parks abgeholzt, auch 5 bis 6 große Bäume die unter die Baumschutzverordnung fallen.

Die Zimmer im neuen Investoren-Altenheim werden sofort gefüllt, denn das Bürgerstift in der Altstadt, St. Michael am Singrün, wird aufgelöst und die Bewohner alle nach Kumpfmühl umgesiedelt. Dieses Michelstift am Singrün ist eines der schönsten Altenheime in der Stadt und wurde erst am 10. Mai 2001 feierlich eingeweiht. Es gehört zum Weltkulturerbe und wird unter fadenscheinigen Argumenten geschlossen. Ein Schmankerl für Investoren wird frei.

Im neuen Gebäudekomplex des Altenheims an der Kumpfmühler Straße ist auch die Krabbelstube „Kükennest“ der Johanniter untergebracht, für diese Kinder ist auch kein Garten vorhanden, sie müssen im Haus bleiben.

Bild vom 6. Februar 2015: Blick vom Neubau des Altenheims zum Salettl Das Gebäude am rechten Rand des Bildes oben, der sogenannte „Saustall“, wird abgerissen und durch einen Neubau für den Fuhrpark des Stadtgartenamtes ersetzt.

Der nächste Kahlschlag für eine Zufahrt wird nicht zu vermeiden sein. Das Salettl wird saniert und als Unterkunft für die Angestellten des Stadtgartenamtes genutzt. Im Obergeschoß wird ein Vereinsheim für den Kumpfmühler Geschichts- und Kulturverein entstehen. Vom sogenannte Karl-Bauer-Park bleibt bestenfalls eine Allee übrig.