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Redaktion: Max Hänecke
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
Studienrat i. R. Rolf Leimbach war 47 Jahre Lehrer in Stadtlengsfeld. Als Mitglied des Wissenschaftlichen Rates für Unterstufenforschung an der Akademie der Pädagogischen Wissenschaften der DDR beteiligte er sich an der Weiterentwicklung von Lehrplänen sowie Lehrmaterialien für das Fach Heimatkunde. Seine Publikationen in der Fachzeitschrift „Die Unterstufe“ befassten sich mit methodischem Experimentieren und der Erziehung zur aktiven Fragehaltung. Er veröffentlichte zahlreiche methodische Handreichungen für den Heimatkundeunterricht. Er ist Autor zahlreicher Lehrbücher, Schülerarbeitshefte und Unterrichtshilfen für den Heimatkunde- und Sachunterricht.
Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Schuldienst intensivierte Rolf Leimbach seine heimatkundlichen Forschungen. Er veröffentlichte eine umfangreiche Chronik seiner Heimatstadt, die Geschichte des Porzellanwerkes Stadtlengsfeld, des Schulwesens, des Kaliwerkes Menzengraben sowie der Kirche. Weitere Arbeiten befassen sich mit den Hexenprozessen im 17.
Jahrhundert, den Ereignissen des Jahres 1848 in der Stadt Lengsfeld, der Brandkatastrophe 1878 und dem Jahr 1945. Einen besonderen Schwerpunkt bildet die Erforschung der einstigen israelitischen Gemeinde im Heimatort, die zu den größten in Thüringen zählte. Rolf Leimbach ist es ein stetiges Anliegen, die facettenreiche Geschichte seiner Heimatstadt vielen Bürgern und Gästen nahezubringen. Deshalb engagiert er sich im Kultur- und Geschichtsverein mit Vorträgen, Führungen und Ausstellungen.
Prof. Rolf Schlegel, ist Emeritus für Zytogenetik, Genetik und Pflanzenzüchtung, nach über 40 Jahren Erfahrung in Forschung und Lehre. Er ist Autor von mehr als 200 wissenschaftlichen Publikationen und anderen Abhandlungen, Koordinator internationaler Forschungsprojekte und Mitglied mehrerer internationaler Organisationen. Er veröffentlichte bereits erfolgreich fünf Fachbücher in englischer Sprache, herausgegeben von drei amerikanischen Verlagen. Rolf Schlegel diplomierte 1970 auf dem Gebiet der Genetik und Pflanzenzüchtung und promovierte 1973. Die Habilitation (Dr. sc.) folgte 1982. Er war langjährig an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, dem Institut für Genetik und Kulturpflanzenforschung der Akademie der Wissenschaften, in Gatersleben, dem Institut für Getreide und Sonnenblumenforschung, Dobrich/Varna sowie dem Institut für Biotechnologie der Bulgarischen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften tätig, darüber hinaus an verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen der USA, Brasilien, England, Japan, Russland und anderen Ländern. Seit geraumer Zeit hat er die Ahnenforschung seines Heimatortes Stadtlengsfeld zur Freizeitbeschäftigung gemacht. Dabei entstand eine
Datei von mehr als 24.000 Personeneinträgen aus der mehr als tausendjährigen Geschichte des Ortes. Die Schicksale der Menschen und deren Leben bieten Stoff für eine Vielzahl von Geschichten und historischen Darstellungen. Diese einem breiten Publikum kundzutun, ist eine neue Passion des Autors.
Man muss wohl erst zu den älteren Semestern gehören, um die Zeit und Muße zu finden, sich intensiver mit seiner Heimat und seinen Wurzeln zu beschäftigen. Beide Autoren haben seit geraumer Zeit das Privileg. Obwohl beide in Stadtlengsfeld geboren wurden, aufwuchsen und zur Schule gingen, haben sich ihre Wege durch das Berufsleben verloren. Erst im Jahr 2011 begegneten sie sich wieder. Der eine schon länger befasst mit der Geschichte der Rhön, der andere auf der Suche nach seinen Ahnen.
Bereits die ersten Gespräche waren von großem Konsens und individueller Begeisterung geprägt. Es brauchte somit nicht allzu lange, um neue Ideen und gemeinsame Pläne zu gebären. Basierend auf dem bereits angehäuften Fundus an geschichtlichen Daten, Personenbeschreibungen, Fotos sowie schriftlichen Belegen bestand die Frage, wie man die Vielzahl von Informationen einem breiteren Publikum, insbesondere aus Stadtlengsfeld, nahe bringt. Eine Möglichkeit sahen die Autoren in monatlichen Kurzgeschichten, die im Lokalanzeiger „Baier-Boten“ veröffentlicht wurden. Sehr schnell war aber zu erkennen, dass die schriftstellerische Produktivität der beiden Autoren größer war als die Kapazität eines Monatsblattes. Daher rührte der Gedanke, einzelne historische Beiträge in Buchform zu publizieren. Ein erstes Buch erschien im Jahr 2013 unter dem Titel „Hexen und Werwölfe“. Das Echo auf diese Ausgabe war ungemein groß. Durch das gute Marketing des Verlages geriet das Werk auch an Lengsfelder, die den Ort schon längst verlassen hatten. Gerade sie waren begeisterte Leser.
Die positive Resonanz auf den ersten Band aus der Reihe „Lengsfelder Geschichten“ und die Fülle noch nicht publiziertem Material über den Heimatort war Ansporn, ein weiteres Werk zu verfassen. Der zweite Band sollte bewusst etwas anders gestaltet werden. Es gab den Gedanken, eine Art Lesebuch zu verfassen, das sich vor allem an die jüngere Generation von Stadtlengsfeldern richtet.
Die Jungen gestalten ihre Zukunft. Die Älteren geben die Vergangenheit weiter, damit Zukunft gelingt. In Kapiteln unterteilt, wird die Geschichte des Ortes in geraffter Weise dargestellt. Eine gewisse Chronologie wurde angestrebt. Auf einprägsame Episoden, Geschichtchen und Briefzitate wird dennoch nicht verzichtet. Instruktive Abbildungen sowie Darstellungen erleichtern das Verständnis des Inhaltes. Für ein möglichst ungestörtes Leseerlebnis wird im Text auf Erläuterungen und Fußnoten verzichtet. Sie sind aber für einem solchen historischen Abriss unverzichtbar. So finden sich Wort- und Begriffserläuterungen am Ende des Buches. Eine hochgestellte Ziffer am jeweiligen Wort markiert den Querverweis zum Buchende. In eckige Klammern gesetzte Zahlen weisen auf Literaturstellen, Quellen sowie weiterführende Literatur hin. Ein Verzeichnis der Referenzen ist am Ende des Buches eingefügt worden. Zum leichteren Wiederauffinden von Textpassagen gibt es ein Sach- und Personenverzeichnis. Mit dem lassen sich jederzeit wieder die gesuchten Passagen finden. Ein Register verwendeter Abkürzungen gibt es ebenfalls.
Insbesondere die jungen Leser können ihre geschichtliche Kompetenz anhand eines kapitelweise eingefügten Wissensquiz überprüfen. Wenn es schwierig werden sollte gibt es auch die Antwort auf die Fragen.
Viel Vergnügen beim Lesen.
Die Autoren
Stadtlengsfeld & Gatersleben, im November 2014
Die Autoren möchten Herrn Redakteur Matthias Mayer (Marburg - Ginseldorf) für die redaktionelle Durchsicht des Manuskripts danken. Frau Hannelore Schmidt aus Vacha, Claudia Maria Greifzu aus Kaltennordheim, Herrn Udo Stanelle aus Gehaus, Inge Schlegel und Gisela Walter aus Stadtlengsfeld sowie Rudolf Nensel aus Otzbach danken wir für die sehr interessanten Anregungen.
Nach der letzten Eiszeit [1], die vor etwa 12.000 Jahren zu Ende ging, war auch Europa ein sehr armseliger Landstrich (vgl. Abb.1). Die Eiszeiten hatten Mitteleuropa weitgehend entwaldet. Gemeint ist etwa der Bereich zwischen Nordsee, Alpen, Ostsee und Schwarzem Meer. Zahlreiche Tier- und Pflanzenarten konnten große Räume nicht wieder besiedeln oder starben ganz aus. Erst langsam begann eine Wiederbelebung der öden Erde. So nach und nach entwickelte sich wieder ein Urwald. Mit der Rückwanderung der Bäume nach dem Ende der Eiszeit setzte auch die intensive Besiedelung der Region durch den Menschen ein. Der naturnahe Wald ging schrittweise verloren, entweder durch künstlich angelegte Forste oder durch mehr oder minder starke menschliche Eingriffe. Vom Menschen genutzte Bäume wie Buche und Eiche, Fichte und Kiefer dominierten mehr und mehr. Waldweiden sind eine frühe landwirtschaftliche Form der Waldnutzung, bei der das Vieh zum Weiden in den Wald getrieben wurde. Je nach Stärke der Nutzung lichtete sich der Wald oder starb. Gehölze, die nicht gerne gefressen wurden, wie z. B. der Wacholder, dominierten die Fluren. In der Nähe von Stadtlengsfeld, am Fuße des Baiers, gibt es noch heute solche Wacholderhuten. So konnten im Mittelalter an vielen Stellen aufgelichtete, parkartige Landschaften entstehen, die gelegentlich auch Platz für erste Siedlungen boten.
Die Rhön war in frühen Zeiten von dichten Buchenwäldern bewachsen. Die Buche hatte ein sehr weites Verbreitungsgebiet. Gemeint ist die Rotbuche mit dem lateinischen Namen Fagus sylvatica. Sie kann somit die unterschiedlichsten Standorte besiedeln. Sie bevorzugt aber feuchtes, warmes Klima, relativ milde Winter und hohe Niederschläge. Sie meidet große Nässe im Boden oder zu trockene Böden. Die Rhön mit ihrem verwitterten Muschelkalk, Sandstein oder Basalt bot gute Voraussetzungen für den raschen Wuchs der Buche (vgl. Abb. 2 und 3).
Buchonia nannten die ersten Siedler die nördliche Rhön und das Fuldaer Becken, was etwa dem heutigen östlichen Hessen entspricht.
Die Bezeichnung hat sicherlich etwas mit dem Namen der Buche zu tun. Buchonia ist ein ursprünglich keltisch besiedeltes Waldgebiet und später ein fränkischer Gau, eine Art Verwaltungsbezirk.
Schon in Jahren vor der modernen Zeitrechnung wird Buchonia in den Urkunden erwähnt. Ab dem 8. Jahrhundert findet Buchonia als Untergau des fränkischen Grabfeldes als politisches Verwaltungsgebiet Berücksichtigung. Später wurde die Region, einschließlich „Lengisfelt“ zur mittelalterlichen Gaugrafschaft „Tullifeld“ (vgl. Abb. 3). Grafen im Tullifeld waren die fränkischen Babenberger mit Poppo II. (878/880 -906), Poppo III., (gest. 945) und Adalbert (Bruder von Poppo III.).
Quiz 1: Wer kennt sich am besten aus? Also los und Punkte sammeln!
Was weiß ich? | Wähle richtig aus! | Punkte |
Auf welchem Erdteil liegt Stadtlengsfeld? | Asien - Europa - Amerika - Australien - Antarktis | 5 |
Lebten während der Eiszeit Menschen in der Rhön? | Ja Nein | 5 |
Welcher Baum wächst besonders gut in der Rhön? | Fichte - Tanne - Eiche - Buche - Birke - Esche | 5 |
Gesamt | 15 |
Das Zeitalter der antiken Kelten begann um das Jahr 800 vor der Zeitrechnung und dauerte bis etwa zum Jahr Null an. Die Kelten beherrschten große Teile Europas (vgl. Abb. 1), schmiedeten als erste das Eisen und brachten eine Kultur hervor, deren Spuren bis ins Heute sichtbar sind. Die großen, kräftigen und rothaarigen Kelten waren kunstfertige Handwerker und betrieben hochentwickelte Landwirtschaft (vgl. Lengsfelder Geschichten III).
Ihre Druiden vollzogen mystische Rituale. Viele Berge, Flüsse und Städte verdanken ihre Namen den Kelten. Julius Cäsar (100 - 44 v. Z.) führte gegen die Gallier01, wie die Römer sie nannten, um das Jahr 50 v. Z. den Gallischen Krieg. Bis zur Rhön kam das Kriegsgeschehen aber vermutlich nicht. Auf dem Dietrichs- und Öchsenberg, zwischen denen das Tal der Goldenen Aue gelegen ist, findet man Reste großer Ringwallanlagen, Grabhügel und Quellheiligtümer. Die Höhensiedlung von etwa zwölf Hektar auf dem Gipfel des Öchsens diente wohl dem Schutz der Handelsstraße „Antsanvia” (vgl. Lengsfelder Geschichten III), welche hier entlang vom Rhein- Main-Gebiet in das Thüringer Becken verlief. Bei Sünna fand man einen reich verzierten Halsreifen aus Bronze. Wissenschaftler befassen sich schon lange mit der Geschichte der Besiedlung der Rhön. Die Rhön ist ein kleines Mittelgebirge im Grenzgebiet der deutschen Länder Bayern, Hessen und Thüringen (vgl. Kap. I, Abb. 2). Der höchste Berg der Rhön ist die im hessischen Bereich liegende Wasserkuppe. Sie ist 950 Meter hoch. Dieses Gebirge gehört zu einer Kette von Vulkanen, die sich von der Eifel – ganz im Westen Deutschlands – über den Westerwald, den Vogelsberg und die Rhön selbst bis nach Schlesien erstreckt. Vor etwa 18 Millionen Jahren gab es große vulkanische Aktivität in unserer Heimat. Die vielen Vulkane prägen bis heute die Landschaft. Die überall aufragenden Kuppen sind die verwitterten Reste jener Vulkane. Der Name „Rhön“ geht vermutlich auf das keltische Wort „rain“ oder „raino“ zurück. Es bedeutet so viel wie hügelig. Das abgeleitete Wort „Rain“ für einen Hang ist heute noch gebräuchlich.
Die Kelten gehören mit großer Wahrscheinlichkeit zu den frühesten Siedlern in unserem Gebiet. Der Begriff „Kelten“ (griechisch = keltoi) wird erstmals von griechischen Geographen und Historikern des 4. bis 6. Jahrhunderts vor der Zeitrechnung erwähnt, zum Beispiel von Herodot um das Jahr 450 vor der Zeitrechnung. Ob sich alle zu jener Zeit lebenden germanischen Stämme so bezeichneten, ist nicht überliefert. Ein griechischer Autor berichtet über die Kelten: „Wein lieben sie über alle Maßen; den Wein gießen sie in sich hinein … bis sie berauscht in den Schlaf … fallen“. Kann es sein, dass wir diese Eigenschaften bis in die Gegenwart bewahrt haben?
Einst siedelten die Kelten im Quellgebiet der Donau. [4] Es sind Volksgruppen der Eisenzeit in Europa. Ihre größte Verbreitung hatten sie um das Jahr 275 vor der Zeitrechnung (vgl. Abb. 1). Es ist nicht genau ergründet, wie aus einer so kleinen Gruppe sich über Jahrhunderte eine Macht entwickelte, die zeitweise fast ganz Europa beherrschte, ja ganzen Staaten durch Überfälle den Todesstoß versetzte. Dabei hatten die Kelten nie selbst ein eigenes Staatsgebilde. Bei ihnen gab es keine Herrscher und Beherrschte, keine Armen und Reiche. Soweit man weiß, gab es keinen privaten Besitz, mit dem man Reichtum anhäufen konnte. Die Kelten lebten in einer Gesellschaft als Gleiche unter Gleichen. Menschen mit keltischen Wurzeln leben heute noch in der französischen Bretagne, im englischen Wales und im westlichen Irland. Dort hat sich auch die keltische Sprache erhalten.
In Süddeutschland, insbesondere entlang der Donau, wuchsen große, stadtähnliche Siedlungen. Man nennt sie Oppidium. Die Bezeichnung geht auf Caesars Schrift „De Bello Gallico“ (Der Gallische Krieg) zurück, in der er gallische Schanzanlagen beschrieb. Oppida (Mehrzahl von Oppidium) waren in ganz West- und Mitteleuropa verbreitet. Charakteristisch sind vor allem die Befestigungen durch eine mit Erde oder Steinen verfüllte Schalmauer aus Holz, der so genannte „Murus Gallicus“(vgl. Abb. 2).
Die Besiedlung beginnt in der Jungsteinzeit (um 2.000 v. Z.) mit den Schnurkeramikern. Sie töpferten schnurartige Verzierungen an ihre Tongefäße. Belegt sind keltische Höhensiedlungen an der fränkischen Saale aus der Mittelsteinzeit, 4.500 Jahre v. Z., und in der hessischen Rhön die Milseburg, 1200 - 800 vor der Zeitrechnung. Nachgewiesen ist auch eine Kette von ringförmigen Wallanlagen auf dem Öchsenberg bei Wölferbütt, der Hessenkuppe bei Dermbach, dem Rutheberge bei Kaltensundheim, dem Dammersfeld oder am Kreuzberg bei Bischofsheim.
Die Nutzung der Salzunger Solequellen geht ebenfalls bis in die Keltenzeit zurück. Die von dem römischen Geschichtsschreiber Tacitus beschriebene „Salzschlacht“ zwischen den germanischen
Stämmen der Chatten (Hessen) und Hermunduren im Jahr 58 n. Z. könnte somit auch im heutigen Salzunger Gebiet stattgefunden haben. Mit dem dort gewonnenen Salz wurde intensiv gehandelt. Es hatte zeitweise den Wert des Goldes. Der Salzhandel geschah entlang alter Wegerouten durch die germanischen Lande. Der so genannte „Eselspfad“ am westlichen Teil des heutigen „Sophienparkes“ von Stadtlengsfeld ist ein beredtes Zeugnis aus jenen Vorzeiten. Hier wurde Salz auf dem Rücken von Eseln von Salzungen aus über Lengsfeld in Richtung Hessen transportiert.
Auch der Baier mit knapp 714 Meter Höhe weist an seinen Hängen Spuren von frühen Siedlern auf. Steinwälle und Hügelgräber zeugen davon (vgl. Abb. 3 und 4). Der Vulkanberg hatte eine ideale Lage. Von seinem Gipfel ließen sich große Gebiete überblicken.
Rückten Feinde an, war es leicht, sich frühzeitig zu schützen. Es waren zumeist Fliehburgen, die errichtet wurden. Die Fliehburg auf dem Baier war auch nicht ständig bewohnt. Nur wenn fremde Stämme in kriegerischer Absicht durch unsere Gegend zogen und die keltische Bevölkerung ihnen nichts entgegenzusetzen hatte, suchte sie dort Schutz. Das konnte durchaus für längere Zeit passieren. Davon zeugen Hügelgräber am Fuße des Berges. Als man einige öffnete, fand man keltische Grabbeigaben. Solche Ringwallreste, Hügelgräber und Bodenfunde (wie Werkzeuge, Waffen, Schmuck) sind sehr frühe Zeugen jener keltischen Besiedelung. Nicht nur Gegenstände belegen das. Selbst in unserer heutigen deutschen Sprachen leben die Kelten fort. Viele Worte wie Apfel (aballa), Berg (banna, benna), Biber (bebro, bibros), Bruder (bratir, brathair), Brücke (briwa), drei (tri), Eisen (isarno), Geheimnis (runo= raunen), heilig (sakro), Karre (karro), Leder (letro), Meer (mori), rot (roudo), Schweine (sukko = sucken), weiß (windo) oder Wolle (wlana) gehen auf einen keltischen Ursprung zurück.
Noch einmal diente der Berg als Zufluchtsort und Versteck, nämlich am Ende des Zweiten Weltkrieges um das Frühjahr 1945. Es versteckten sich einige Soldaten in einer Kalksteinhöhle unweit von Unteralba (vgl. Abb. 3 und 5). Sie hatten sich von der „kämpfenden Truppe“ der damaligen faschistischen Wehrmacht abgesetzt, die schon längst in ungeordneter Flucht vor den amerikanischen Truppen auch unser Gebiet durchzogen. In der Höhle wollten diese Soldaten das Ende des Krieges abwarten, um nicht doch noch in sinnlosen Gefechten zu sterben. Hätte man sie als „fahnenflüchtige“ entdeckt, wären sie sofort hingerichtet worden. Angeblich wurden die Soldaten von Frau Teske und ihrer Tochter verpflegt. Sie wohnten in dem damals noch einsamen Haus auf der Unteralbaer Seite des Baiers, dicht am Waldrand. Frau Teske hatte auch einen Esel. Der war weit und breit bekannt und half der Frau, ihre Einkäufe auf die Höhe zu tragen. Für die Kinder von Gehaus war ein Esel ein exotisches Tier. Frau Teske galt als Künstlerin. Sie gestaltete aus Holz verschiedene Figuren. Gestorben ist sie 1989 in Gehaus.
Auch der „Rhönpaulus“ soll in der Höhle am Baier gehaust haben. Verbürgt ist das aber nicht.
Der Eingang zur Höhle ist gut verborgen. Kriechend konnte man etwa 10 Meter in die Höhle eindringen. Sie sollte heute nicht mehr betreten werden. Der lockere Kalkstein könnte einstürzen und den ungebetenen Besucher unter sich begraben. Die Höhle dient lediglich noch den Fledermäusen als Quartier.
Kaum ein anderer Berg in unserer Heimat ist so sagengeschmückt wie der Baier. In vielen Geschichten wird erzählt, dass es hier nicht geheuer zugeht. Seltsame Geräusche aus dem Innern des gewaltigen Hügels sollen die Menschen damals erschreckt haben. Furchteinflößende Gestalten jagten nächtliche Besucher am Berg in die Flucht. Unerklärliche Lichterscheinungen versetzten so manchen Verirrten in panische Angst. Andere Sagen erzählen auch von prunkvollen Schlössern und funkelnden Schätzen im Innern des Baiers.
Woher kommt dieser sagenhafte Reichtum? Auch der Baier, der wie kaum ein anderer Berg so majestätisch seine Umgebung überragt, übte auf die Menschen zu jeder Zeit eine magische Anziehungskraft aus und beflügelte ihre Fantasie. Was auf diesem Berg zu Hause war, konnte nur ein außergewöhnliches Wesen sein. Zu manchen war es böse, zu anderen war es gut. Durch seine Lage und Unwegsamkeit ist die Natur durch den Menschen hier wenig verändert worden. Lichterscheinungen oder seltsame Geräusche haben beim genaueren Hinsehen ganz natürliche Ursachen.
Die meisten Sagen sind wahrscheinlich im 15. und 16. Jahrhundert entstanden, als Menschen aus Italien sich am Baier zu schaffen machten. Man nannte sie hier „die Welschen“02 oder„Venediger“03. Das sollen kräftige Gestalten gewesen sein, aber klein von Wuchs. Bergleute eben, die an oder unter der Oberfläche des Baiers nach Mineralien schürften, mit denen man die glutflüssige Glasmasse bunt färben konnte. Auch für Edelmetalle dürften sie ein offenes Auge gehabt haben, wie der Name „Goldborn“ am Fuße des Baiers vermuten lässt. Diese „Welschen“ hatten kein Interesse, dass man ihrem Treiben zuschaute. Den Reichtum des Berges wollten sie nicht mit anderen teilen. Sie mögen aus diesem Grunde manche Geschichte vom „unheilbringenden Berg“ in die Welt gesetzt haben.
Was weiß ich? | Wähle richtig aus! | Punkte |
Wo leben die Stadtlengsfelder? | Flachland - Hochgebirge - Mittelgebirge - Küste | 5 |
Was zeichnet die Rhönlandschaft aus? | lange Flüsse - Wasserfälle - hohe Felsen - Vulkanberge - Steppe | 5 |
Welche Art von Gestein kommt in der Rhön besonders vor? | Basalt - Kalkstein - Porphyr - Sandstein - Granit - Gneis - Kreide (Drei Antworten auswählen!) | 15 |
Welche Stämme von Menschen besiedelten die Rhön sehr früh? | Sorben - Alemannen - Goten - Friesen -Kelten - Slawen | 5 |
Nenne drei keltische Worte, die heute noch im Gebrauch sind! | Pro Wort: 5 Punkte | 5, 10, 15 |
Gesamt | 45 |
Nach dem Ende des Weströmischen Reiches nach dem Jahr 476 drängten verstärkt germanische Stämme in das vormalige Einflussgebiet der Römer. Es waren unter anderen die Franken04, die jene Gebiete übernahmen. Die Kelten wurden nach und nach verdrängt. Dennoch hinterließen sie zahlreiche heute noch gebräuchliche Orts-, Gelände- und Gewässernamen. Die Bezeichnungen zeugen davon, dass die Kultur der Kelten teilweise von den nachrückenden Stämmen übernommen oder in ihren Alltag einbezogen wurde. Selbst die Völkerwanderungszeit überlebten einige keltische Bräuche.
Die Völkerwanderung ist die Wanderbewegung vor allem germanischer Stämme in Europa (vgl. Abb. 1). Diese Bewegung wurde durch die Hunnen05 verstärkt, die um das Jahr 375 nach Mitteleuropa drängten. Sie lösten eine Art Massenflucht bei vielen Völkern aus. Durch das Gebiet der Rhön zogen vor allem Langobarden06,
Vandalen07, Markomannen08. Zu kriegerische Auseinandersetzungen kam es oft, nämlich wenn die Einheimischen ihr Land verteidigten. Es blieben am Ende wohl nicht viele Menschen übrig. Jeder weiß, was Kriege anrichten.
Erst nach und nach wurde es in der Rhön wieder friedlicher. Es waren vermutlich Franken4, Chatten09 und Hermundurer10, die nunmehr in den Wäldern und Tälern der Rhön Fuß fassten.
Bereits um das Jahr 500 entstand in Fulda ein merowingischer11 Königshof mit einem ausgedehnten Wirtschaftsgebiet. Nachdem Jahr 700 gelangte dieses Gebiet in die Hand der Karolinger12, die das Christentum förderten. Der Heilige Kilian13 – Apostel der Franken – taufte schon im Jahr 686 in Haselbach den ersten Christen. Haselbach ist heute ein Ortsteil von Bischofsheim in der Rhön. Schon 50 Jahre später ließ Bonifatius14 in Fulda durch seinen Schüler Sturmius ein Kloster errichten. Das war im Jahr 744.
Durch diese Lage wurde die Rhön vom 8. bis zum 11. Jahrhundert im Wesentlichen von Fulda bestimmt und regiert (vgl. Abb. 2).
Erst mit der Übergabe der Kaiserburg bei Salz (in der Nähe von Bad Neustadt) an der Fränkischen Saale samt dem dazugehörigen Gebiet, das sich bis zur Fuldischen Grenze erstreckte, wird eine neue Entwicklung in der Region eingeleitet. [7] Das geschah am 15. Mai des Jahres 1.000 als Kaiser Otto III. die Kaiserburg an den Bischof von Würzburg abtrat.
Von der Henneburg bei Würzburg ausgehend baute das Grafengeschlecht der Henneberger im Jahr 1310 ein weitläufiges Territorium auf. Als im Jahr 1583 die Henneberger ausstarben, fiel ihr Erbe an die Wettiner15 und damit an Thüringen. Jene Grafen, Äbte des Klosters Fulda, das Bistum Würzburg sowie die Henneberger bestimmten für lange Zeit das Geschehen in der Rhön. Die Mehrzahl der armen Bauern und Handwerker hatten in der Zeit der Ritter, Äbte und Grafen nichts zu sagen. Sie hatten nur zu tun, was man ihnen befahl. Es dauerte noch Jahrhunderte bis eine demokratische Mitsprache erkämpft wurde.
Jene Ordnung besteht bis zur Säkularisation im Jahre 1803, das heißt bis zu der Zeit als Kirche und Staat getrennt wurden. In Europa begann die Säkularisierung mit der Aufklärung16 und erreichte während der Französischen Revolution17 ihren Höhepunkt.
Die Verstaatlichung führte letztlich zur heutigen Dreiteilung der Rhön. Die westlichen Gebiete der Rhön gelangen über Preußen an Hessen, die südlichen an Bayern, und die nordöstlichen an Thüringen.
Was weiß ich? | Wähle richtig aus! | Punkte |
Was ist ein Volk? | Kriegsschar - Menschenmenge - Gemeinschaft von Menschen - Staat | 5 |
Was versteht man unter einer Völkerwanderung? | Honigsuche der Bienen - Besiedlung von Hawaii durch die Polynesier - Wanderung europäischer Stämme der Frühzeit | 5 |
Welche Völkerstämme durchzogen die Rhön? | Ubier - Angeln - Ostgoten - Vandale -Goten | 5 |
Wann begann die große Völkerwanderung? | vor 10.000 Jahren - vor 5.000 Jahren -vor 1.600 Jahren - vor 1.000 Jahren | 5 |
Was ist Fulda? | Fluss - Stadt - Berg - Kloster - Bischofssitz - Land (Vier Antworten auswählen!) | 20 |
Gesamt | 40 |
Als Bonifatius im Jahr 719 zum ersten Mal nach Thüringen kam, fand er noch kein christliches Volk vor. Es lebten offensichtlich noch Heiden und Christen friedlich nebeneinander. Jener Bonifatius wurde um das Jahr 675 als Wynfrith in der englischen Grafschaft Wessex nahe Exeter geboren. Er gilt als einer der frühen christlichen Missionare. Er war aber vermutlich nicht der erste, der den christlichen Glauben in unsere Region brachte.
Zuvor gab es iro-schottische Wandermönche, die schon seit längerer Zeit das Land durchzogen und den Glauben an Jesus Christus weitergaben. Zudem brachte die fränkische Kolonisation mit ihren Königshöfen das Christentum. Letztere zogen sich entlang der fränkischen Saale und der Werra von Süd nach Nord, das heißt über Mellrichstadt, Meiningen, Walldorf, Salzungen und Dorndorf sowie weiter nach Gerstungen und Mihla.
Papst Gregor II. beauftragte besagten Bonifatius mit der Missionsarbeit in Mitteldeutschland. Im Unterschied zu den Sachsen, dem einzigen Stamm, der sich der Christianisierung massiv entgegenstellte und dann auch zwangsmissioniert wurde, geschah die Missionierung in allen anderen Regionen Germaniens mehr oder weniger freiwillig.
Im Jahr 724 kam Bonifatius ein zweites Mal nach Thüringen und schaffte sogar Massenbekehrungen. Neben Taufe und christliche Lehre hatten diese Bekehrungen auch eine Umstellung der Ernährung zur Folge. Die Bekehrten durften nun kein Pferdefleisch mehr essen, auch Biber, Hasen, Störche und Raben waren tabu. Es war verboten, innerhalb der Verwandtschaft zu heiraten.
Die Grenzen des neu gebildeten Bistums Erfurt waren zugleich die Thüringer Stammesgrenzen. Der Thüringer Wald bildete nach Süden eine Grenze, die Saale und Unstrut im Osten, der Harz nach Norden. Südwestlich lagen die heutigen Orte Salzungen, Dorndorf und Vacha. Nach den Überlieferungen begann man im Jahr 791 die zunächst vagen Grenzen zu fixieren. Auf der rechten Seite des Feldatales, zwischen dem heutigen Stadtlengsfeld und Weilar, hoch im Wald am „Eisköpfchen“ wurden Eichen gepflanzt. Ein Dienstadliger des Klosters Hersfeld dirigierte die einheimischen Pflanzer. Die Pflanzreihe bildete nunmehr von der Höhe hinab ins Tal eine „grüne“ Grenze (vgl. Abb. 1 und 2).
Nachdem Karl der Große (747/48 - 814), der König des fränkischen Reiches und seit dem Jahr 800 sogar römischer Kaiser war, schenkte er dem Kloster in Hersfeld Land (vgl. Abb. 1). Die südliche Grenze jener Landschenkung verlief genau dort, wo die Landvermesser die Eichen setzen ließen. Eine „Mark Dorndorf“ ist in der Schenkungsurkunde vom 31. August 786 an das Kloster Hersfeld belegt [12]. Die Historiker sehen in dem unten erwähnten Ort Badelachen einen seinerzeit unbefestigten Königshof, der an dieser wichtigen Furtstelle der Werra – kurz vor der heutigen Werrabrücke - dem damaligen Reiseverkehr diente. Etwa einen Kilometer nördlich der heutigen Brücke befand sich ursprünglich eine Furt durch die Werra. Im Jahr 1186 wurde Vacha bereits mit einer Holzbrücke über die hier in drei Armen fließende Werra erwähnt. Der Bau der Steinbrücke von 1342 soll sich sehr schwierig gestaltet haben. Eine Sage berichtet, dass der mittlere Bogen immer wieder einstürzte, bis ein neugeborenes Kind lebendig eingemauert wurde.
Aufgeführt ist folgender Verlauf der Grenze des geschenkten Landes (vgl. Abb. 1).
Es ist erstaunlich, welche Flurbezeichnungen über 1.300 Jahre noch immer im Lengsfelder Sprachgebrauch sind. Früher waren die Menschen offensichtlich inniger mit ihrer unmittelbaren Umgebung verbunden. Wer kennt die heutigen Flurbezeichnungen von Stadtlengsfeld?
Schritt für Schritt wuchsen kirchliche Verwaltungsstrukturen, die zum Teil bis in die Gegenwart fortdauern. Das Geisaer Amt sowie das Amt Fischberg (Dermbach) haben sich bis in 20. Jahrhundert erhalten. Wo es administrative Strukturen gibt, gab es auch Eigentum. Wo Eigentum existiert, entstehen fortan Streitigkeiten um die Pfründe.
Schon kurz nach Bonifatius kam es im 8. Jahrhundert zu ersten Schenkungen an die Klöster. In unserer Region waren es vor allem die Klöster in Fulda und in Hersfeld. Es kam zudem zur Einrichtung von Königshöfen. Solche wurden im Jahr 815 in Geisa, Spahl und Vacha geschaffen, 755 in Salzungen und 786 in Dorndorf. Diese wurden mit dem Kloster Hersfeld verbunden. In den umliegenden Siedlungen wurden nach und nach die kirchlichen Regeln durchgesetzt. In den frühen Zeiten durften Taufen und Begräbnisse nur in den wenigen Pfarrkirchen erfolgen, Messen und Predigten auch in Kapellen, für die der Pfarrer Gehilfen hatte. Die Kirchen waren noch aus Holz gebaut. Täglich um neun Uhr wurde eine Messe gefeiert. Regelmäßige Gebetsstunden wurden abgehalten. Mindesten alle zwei bis drei Wochen war sonntags zu predigen. Vor Ostern hatte der Pfarrer die Gemeinde zur Beichte aufzufordern, die Vergebung von Sünden konnte auch durch Geld erfolgen.
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