Für Sigrid
Die warme Mittagssonne bringt die Luft zum Flimmern. Eine sanfte Brise tätschelt zärtlich die Baumwipfel der hohen Pappeln. Insekten summen leise. Aus der Ferne schallt Hundegebell herüber. Alles ist perfekt. Dich fröstelts leise an diesen Hochsommertag während Du in dem chilligen Loungesessel auf der Clubterrasse versuchst locker zu wirken. Der sonst so erfrischende Apérol Spritz erschreckt Deine Geschmacksnerven durch seine bitter-scharfe Note. Dein Kopfkarussell dreht sich – schneller und immer schneller.
Kennst Du das Gefühl? Du hast ein Turnier vor Dir. Ein Turnier, das Dir viel bedeutet. Du möchtest gewinnen. Nein, Du musst! Unbedingt. Verlieren kommt für Dich überhaupt nicht in Frage! Deine Chancen stehen 50:50. Es ist kein Turnier im herkömmlichen Sinne. Es ist ein Lochwettspiel, neudeutsch Matchplay. Also ein Match, ein Spiel, eine Partie. Wie beim Tennis. Du hast nur einen einzigen direkten Gegner.
Der Eintrag in die Liste erfolgte spontan nach einem feucht-fröhlichen Sonnenuntergang auf der Clubterrasse. Die Turnierleitung hat gelost, wer in der ersten Runde gegen wen bis wann gespielt haben muss. Wie beim Tennis im K.O.-System. Jeder gegen jeden – wer verliert, fliegt raus. Sieger des Finales hat die clubinterne Jahres-Matchplay-Trophy gewonnen.
Wie der Handicap-Unterschied berechnet wird, hast Du längst im Sekretariat erfragt. Aber wie diese Spielform abläuft, hat sich Dir bisher nicht erschlossen.
Die erste Runde hat Dein Gegner geschenkt. Das hat bei Dir ein seltsames Gefühl hinterlassen. Du giltst als offizielle Siegerin aus der Begegnung, ohne einen Schlag gemacht zu haben. Und jetzt, als es in die zweite Runde geht, musst Du gegen eine Gegnerin antreten, die auf Deiner persönlichen Hitliste weit hinter Zahnarzt und Norovirus rangiert. Klar, willst Du die schlagen. Mit vollem Einsatz willst Du spielen. Wobei Dein Charakter, Dein Stolz, Dein Wertegerüst nicht zulässt, bösartig oder hinterlistig zu handeln.
Gehört hast Du bereits einiges. Leider nichts konkretes. Lochwettspiel sei das einzig wahre. Es darf gepokert und gepresst werden. Es darf ein Ball, auch ein Loch, sogar das Match geschenkt werden. Einige prahlen, sie hätten ein reichhaltiges Arsenal an Druckmitteln im Lochwettspiel zur Verfügung. Hallo? Wie bitteschön geht das denn? Das schale Gefühl der Unsicherheit, des Nicht-Eingeweihten nagt an Dir. Ist es möglich, durch Unwissenheit ins offene Messer zu laufen? Wie ist es mit Pokern, Pressen und Taktieren beim Golfen? Und in welchen Situationen sollte wie agiert werden? Natürlich hast Du die Trainer im Club gefragt. Die simple Antwort „Spiel einfach Dein bestes Golf!“ hat Dir keine Erkenntnis beschert. Die Angebote der Online-Shops waren ernüchternd. In Foren wird darüber diskutiert, wie Gegner mit blöden Sprüchen verunsichert werden. Nein, das kann es nicht sein. Da ist mehr, etwas Anderes, etwas Wichtiges, etwas ganz Entscheidendes. Etwas Siegbringendes und Du beherrscht die Materie nicht.
Eigentlich bist Du vorbereitet, spielst Dein Handicap mit viel Luft und Leichtigkeit. Dich aufgrund von Unkenntnis von Deiner Gegnerin vorführen zu lassen? Nein! Einfach darauf hoffen, dass sie ebenso wenig Ahnung von der Materie hat wie Du? Das kannst Du nicht. Wenigstens eine Runde hat sie bereits gewonnen. Deine Hausaufgaben hättest Du gerne noch vorm Spiel gemacht! Du kommst aus Deiner Haut nicht heraus und willst es ganz genau wissen. Was genau ist ganz genau für Dich?
Diese Fibel ist für Dich als Golfer, Turnierspieler, Sportler. Und für Interessierte, die das Taktieren nicht nur beim Finale der Deutschen Golf Liga oder den Kontinentalvergleichen RyderCup und SolheimCup verstehen wollen. Es ist für Spieler, die ihr Potential im Lochwettspiel zur vollen Entfaltung bringen wollen.
Für Spieler, die perfekt vorbereitet in ihr Match gehen wollen. Für Ungeduldige, die keine Zeit haben, alle Möglichkeiten selber auszuprobieren. Es ist für Dich, um Dir Umwege zu ersparen und um Dir schnell kleine Erfolge zu geben. Du willst mit Spaß und Zufriedenheit auf Deinem höchsten Niveau Golf spielen um zu gewinnen ohne dabei Energie in unnötige Diskussionen aufgrund von Unkenntnis verschwenden zu müssen.
Im Lochwettspiel geht es um klug eingesetzte Verhaltensweisen, sowie um eine solide emotionale Grundausstattung und das Taktieren während des direkten Schlagabtausches – auf dem Golfplatz.
In wesentliche und spielentscheidende Strategien wurde ich in meinem ersten Lochwettspiel eingewiesen. Seitdem habe ich diese Techniken über 20 Jahre lang höchst erfolgreich in allen Ligen eingesetzt und kontinuierlich angereichert. So ausgestattet konnte ich regelmäßig Deutschlands beste Spielerinnen auflaufen lassen und hatte in keinem Match unnötige Situationen und Diskussionen. In der Rangliste wurde ich längst nicht mehr geführt. Ein Zufall? Nicht in dieser Regelmäßigkeit. An dieser Stelle sende ich meinen innigen Dank an die Mannschaftstrainer, die an mich geglaubt haben. Dank Vorschußlorbeeren und Vertrauen durfte ich trotz des enormen Handicap-unterschieds in der Bundesliga an der bedeutenden letzten Position des Torhüters spielen, um gegnerische Punkte abzuwehren.
Meine Erfahrungen und Erlebnisse möchte ich mit Dir teilen und Dir die Möglichkeit zu geben, „Tigerline“ zu gehen, Abkürzungen zu nehmen. Du bekommst Taktiken und Verhaltensweisen, um Deine Leistung zu steigern und Dich nicht beeinflussen zu lassen. Unnötige Diskussionen sind passée, wenn Du die Tipps annimmst und umsetzt und Deine Siegchancen steigen.
Heutzutage wird in Golfclubs wertschätzend geduzt. Wenngleich es sich auch für mich seltsam anmutet, erlaube ich mir, Dich wertschätzend zu duzen. Das vertrauensvolle Du hat einen tieferen Grund. Du wirst die Ideen, Theorien und Inhalte aus dieser Perspektive näher an Dich heran lassen.
Bitte erwarte keine Zauberformel oder Pflaster für Deine akuten Probleme. Du findest wesentliche Grundsätze, die es in sich haben. Für die individuelle Interpretation und Ausführungen der aufgeführten Methoden kann ich nicht in die Verantwortung gezogen werden. Verantwortlich bis immer Du, als Handelnde/r selber.
Beim Ausprobieren und Umsetzen wünsche ich Dir viel Spaß und gutes Gelingen, Stehvermögen und spannende Matches auf maximalem Niveau.
Der nichtgolfenden Gemeinde erklärt sich das Lochwettspiel mit der kurzen Überschrift: wie beim Tennis treffen zwei Spieler bzw Gegner aufeinander. Dabei wird pro Loch ein Punkt ausgespielt, der bei gleichem Ergebnis „geteilt“ wird. Parallel wird der englische Ausdruck „All Square“ benutzt oder das Ergebnis 0,5:05 ausgerufen.
Wer die meisten Löcher der Runde für sich verbuchen kann, ist Sieger des Matches – unabhängig vom jeweiligen Endergebnis. Lochspiele enden immer an dem Loch, an dem der sichere Sieg uneinholbar ist. Bei Gleichstand auf dem 18. Loch erfolgt ein Stechen. Meistens wird das als „sudden death“ ausgespielt. Der Spieler, der als Erster ein Loch über das 18. Loch hinaus gewinnt, ist Sieger.
Führt ein Spieler vor Beendigung der Runde uneinholbar, ist das Match vorzeitig beendet. Frühestens kann ein Lochspiel nach dem 10. Loch beendet sein. In dem außergewöhnlichen Beispiel hat der Spieler 10 Punkte Vorsprung und noch 8 Bahnen zu gehen. Das Ergebnis würde „10 und 8“ oder „10&8“ lauten. Würden die Spieler nach dem Ergebnis gefragt, ruft das Ausnahmetalent freudig „10 auf“, der Unterlegene wird widerwillig „8 down“, „8 zurück“ oder „8 hinten“ hauchen. Lautet das Ergebnis „1 auf“, wurde mit einem Punkt Vorsprung die Runde nach 18 Bahnen regulär beendet.
Kompliziert? Fleißig gerechnet wird bei clubinternen Netto-Lochwettspielen, sobald das schlechtere Handicap Vorgabeschläge dazu erhält. Einstellige Spieler müssen gegen Anfänger mindestens 3 Schläge besser sein, um ein Loch gewinnen zu können.
Eine der Besonderheiten beim Lochwettspiel ist das Schenken. Aus verschiedenen Gründen kann ein Schlag oder ein Loch geschenkt werden. Dabei gilt das geschenkte Loch als gewonnen. Ein geschenkter Schlag gilt als eingelocht. Natürlich immer unter Hinzurechnung des Schlages. Liegt ein Ball innerhalb einer Schlägerlänge am Loch, kann er geschenkt werden. Manche schenken auch 10cm kurze Putts nicht. Das Schenken ist ein entscheidender Faktor im Lochspiel, der das Spiel beschleunigt und um eine wesentliche emotionale Komponente ergänzt.
Die Geste des Schenkens lautet immer „Geschenkt!“ oder „Given!“. Bei anderer Wortwahl muss nachgefragt werden. Höchstens ist noch „Gimmie!“ zulässig. Manchmal wird „Gut!“ oder „Der ist gut!“ benutzt! Hier gilt es allerhöchste Vorsicht zu wahren. Dahinter verbirgt sich die berühmte Falle mit der Deklaration „Jahaaaa – Dein Putt war zwar gut – aber nicht geschenkt!“ In jedem Korrektorat wird das Wort „gut“ ersetzt durch großartig, beeindruckend oder ausgezeichnet. Erklärt Dein Gegner: „Dein Putt war ausgezeichnet!“ würdest Du dann den Ball aufnehmen?
Einige Regelverstöße, die im Zählspiel mit Strafschlägen bedacht werden, gelten im Lochwettspiel als Lochverlust. Hier gilt es aufmerksam zu sein und die Regeln zu kennen. Unter matchplaywinner.com findest Du die wesentlichen Regelunterschiede.