Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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1. Auflage 2015
© Christoph Janßen
Fotografie Umschlag von derthomasonline / photocase.de
Gesetzt aus Day Roman, 10 Punkt
Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 978-3-7392-6341-0
Für Maik
und meine Freunde
an den Schauspiel- und Opernhäusern
Der Aberglaub‘, in dem wir aufgewachsen, verliert, auch wenn wir ihn erkennen, darum doch seine Macht nicht über uns. – Es sind nicht alle frei, die ihrer Ketten spotten.
GOTTHOLD EPHRAIM LESSING
Was SHAKESPEARE wohl dazu sagen würde? In Theatern, Opern- wie Schauspielhäusern, nicht nur hierzulande, wird es tunlichst vermieden, seine Tragödie MACBETH beim Namen zu nennen. Verheißungsvoll ist immer nur die Rede von »dem schottischen Stück.«
Und falls doch einmal jemand, sei es aus Unachtsamkeit oder banaler Ungläubigkeit, das verbotene Wort ausspricht – Macbeth – darf es ihn nicht wundern, falls sich sein Gegenüber unvermittelt drei Mal um die eigene Achse dreht oder gar abrupt gen Ausgang stürzt.
Klingt vielleicht skurril, kann aber passieren jenseits des roten Vorhangs, mitten in der zauberhaften Welt des Theaters. Zauberhaft bezieht sich dabei in diesem Buch weniger darauf, was sich auf den Brettern, die die Welt bedeuten, abspielt, sondern zauberhaft verweist auf den folgenden Seiten vielmehr auf den abergläubischen Kult, den Glauben an Zauber, Flüche und Theatergeister, der sich über die Jahrhunderte hinter der Bühne und rund um das Theater etabliert hat.
»Tempel des Aberglaubens« nennt PETER DANZIGER die Theater nicht ohne Grund und stellt in seinem Nachschlagewerk rund um das Theater, DIE ALPHA-BETISCHE THALIA, fest: Naturgesetze und Analogieschlüsse des gesunden Menschenverstandes sind im Theater aufgehoben.
Wenngleich, bei genauer Betrachtung lässt sich so manches Verhalten durchaus sehr gut mit gesundem Menschenverstand nachvollziehen. Dieses kleine Buch will eine Hilfe dabei sein, die auf den ersten Blick bisweilen verstörenden Regularien und abergläubischen Brauchtümer rund um die Theaterbühnen zu verstehen. Für diejenigen unter Ihnen, die bislang kaum oder gar keine Berührung damit hatten, ist es genauso gut Reiseführer beim ersten Ein- oder Abstieg in die unglaubliche Welt der Theatergeister.
So oder so: Meine Recherchen haben spannende und aufschlussreiche Ergebnisse zu Tage gefördert, die Ihnen hoffentlich gleichermaßen Freude bereiten wie mir während der Arbeit an diesem Buch.
*
Frei nach dem in Theaterkreisen gerne zitierten Motto »Dezenz ist Schwäche« steigen wir in das Thema Aberglaube am Theater mit viel Tamtam ein:
Donner und Blitz. Dann: Auftritt dreier Hexen.
Damit beginnt die erste Szene in besagtem schottischen Stück. Die drei Hexen als Personifizierung des Übernatürlichen, des Schicksals, beschwören im Folgenden mit Flüchen das Unglück herauf.
Unheilsschwestern, Hand in Hand
Schwärmend über Meer und Land,
Ziehen so rundum, rundum.
Dreimal dein und dreimal mein,
Und dreimal noch, so macht es neun!
Still! - Der Zauber ist geknüpft.
MACBETH, 1. Akt, 3. Szene
Die Verwünschungen aus dem Drama übertragen sich, so der Aberglaube in Theaterkreisen, schon beim bloßen Aussprechen des Titels auf das jeweilige Schauspielhaus. Noch gefährlicher wäre einzig, wenn direkt aus dem Stück rezitiert würde. Schlimmstenfalls die Szenen mit den drei Hexen. Nicht auszudenken, was das zur Folge haben könnte!
Also nimmt man in Theatern das Wort Macbeth aus Sicherheitsgründen tunlichst nicht in den Mund. »Call it ‚that Scottish play‘« lautet die Verhaltensanweisung, wenn wir dafür auf SHAKESPEARES Muttersprache zurückgreifen. »Nenn‘ es das schottische Stück.«
Die möglichen Ursachen der Angst vor MACBETH sind dabei ganz und gar nicht fern von dieser Welt.
Die Tragödie entwickelte sich nach ihrer Veröffentlichung schnell zum Kassenschlager an den Theatern. Daher war es kein gutes Zeichen, wenn sie, gerade an den kleineren Häusern, zum Ende einer Saison noch eilig auf den Spielplan genommen wurde. War dies doch oft ein Indiz dafür, dass es finanziell alles andere als rosig aussah. Mit der Inszenierung von Shakespeares Straßenfeger wurde ein letzter Versuch unternommen, finanziell noch »die Kurve zu kriegen« und das Theater vor dem Ruin zu bewahren. Scheiterte dieser Rettungsversuch, so war das schottische Stück auch gleich das letzte Stück dieses Theaters überhaupt.