British Columbia, Alberta, Yukon und Alaska
WESTKANADA UND ALASKA – LAND UND LEUTE
DIE ROUTEN
1 VON VANCOUVER AUF PANORAMASTRASSEN IN DIE ROCKY MOUNTAINS
Nationalparks, Panoramastraßen, Gletscher – Natur pur im Südwesten Kanadas
2 VON VANCOUVER ISLAND ENTLANG DER WEST COAST BIS IN DEN NORDEN
Die schönste Insel an der Pazifikküste, eine atemberaubende Fährpassage und ein einsamer Highway
3 AUF DEM LEGENDÄREN ALASKA HIGHWAY NACH NORDEN
Durch den Norden von British Columbia und den Yukon bis nach Alaska
4 ALASKA – DIE GRÖSSTE EXKLAVE DER ERDE – ERLEBEN!
Eine spannende Reise durch den nördlichsten Bundesstaat der USA
5 AUF DEN SPUREN DER GOLDSUCHER – RAUSCH NICHT AUSGESCHLOSSEN!
Über den Top of the World Highway nach Dawson City (Yukon) und bis Skagway (Alaska)
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PS.:
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Tiefe, unberührte Wälder, Blockhäuser, reißende Flüsse und tiefblaue Seen, Holzfällerund Goldsucherromantik, unendliche Weiten und individueller naturverbundener Lebensstil – das sind einige der Schlagworte, die uns bei der Frage nach Kanada sofort in den Sinn kommen. Ach ja, und Sport natürlich auch noch. Kanada ist die Heimat des Eishockeys und war Ausrichter der Olympischen Winterspiele 2010. Bei Alaska ist es vielleicht etwas schwieriger. Da denken wir an Kälte, Gletscher, Schnee, Hundeschlittenrennen, Permafrostboden, Erdöl und an das schwere Leben in der arktischen Natur. Natürlich stimmt das alles, aber es ist nur ein Teil der Wahrheit, es kratzt nur an der Oberfläche. Westkanada und Alaska sind an Faszination und Vielfältigkeit kaum zu überbieten.
Auf der ersten Reise nach Westkanada besuchen die meisten Touristen Vancouver und die Rocky Mountains, bei genügend Zeit steht vielleicht auch noch Vancouver Island auf dem Reiseprogramm. Das ist ein guter Einstieg, denn diese Reiseregion bietet eine große Vielfalt an Erlebnissen, an Landschaft und Natur, und dabei liegen die Highlights so nah beieinander, dass man sie schon in einem dreiwöchigen Urlaub erleben kann. Die Metropole Vancouver, für viele Kanadatouristen der Ausgangspunkt ihrer Reise und Übernahmeort für das angemietete Wohnmobil, hat alles, was man von einer Urlaubscity erwartet. Museen, Parks und Theater, Historie und Moderne, Shopping, Sightseeing und Nightlife – und dazu eine traumhafte Lage zwischen schneebedeckten Bergen und tiefblauen Fjorden. Nur wenige Kilometer nördlich umgeben den Reisenden Wildnis und Einsamkeit. Im Osten liegen Obst- und Weinanbaugebiete und nicht viel weiter erheben sich die vergletscherten Gipfel der Rocky Mountains in den blauen Himmel. Im Westen liegt schließlich die größte Pazifikinsel Vancouver Island mit einem urwüchsigen Regenwald, mit rauen Küstenlandschaften und dem britisch anmutenden Victoria. Auf unseren ersten zwei Touren kann man genau diese Vielfältigkeit erleben. Aber Vorsicht!! Es besteht akute Ansteckungsgefahr mit dem Virus Kanada, und dann will man immer mehr.
Die grandiosen Naturlandschaften im Norden von British Columbia, im Yukon und in Alaska werden dann vielleicht die nächsten Ziele sein. Auch dabei ist unser Tourenbuch ein hilfreicher Begleiter. Für manche Kanadareisende stellt sich die Frage, ob man lieber den Süden oder den Norden erkunden will, gar nicht. Sie sind Pensionäre oder Aussteiger auf Zeit und wollen Kanada und Alaska umfassend und ohne Zeitdruck bereisen. Mit dem eigenen von Deutschland nach Kanada verschifften Wohnmobil kann dieser Traum in Erfüllung gehen. Oder man schafft sich mit dem Kauf eines amerikanischen RV (Recreational Vehicle) die notwendige Unabhängigkeit. Das ist oftmals kostengünstiger als eine Langzeitmiete. Wie auch immer, ob drei Wochen oder drei Monate, es wird eine unvergessliche Reise – versprochen!
Kanada ist nach Russland das flächenmäßig zweitgrößte Land der Welt. Mit 9 984 670 Quadratkilometern ist es fast so groß wie Europa, diese große Fläche teilen sich aber gerade mal 37 Millionen Menschen. Das sind etwas mehr als drei Einwohner pro Quadratkilometer. In Europa sind die Bevölkerungszahl und die Einwohnerdichte rund 20-mal höher.
Die größte Nord-Süd-Ausdehnung von Kap Columbia auf Ellesmere Island im Nunavut-Territorium bis nach Middle Island in Ontario beträgt 4634 Kilometer. Cape Spear auf Neufundland ist 5514 Kilometer von der Westgrenze des Yukon zu Alaska entfernt. Durch das riesige Land zieht sich im dichter besiedelten Süden, parallel zur US-Grenze, der Trans-Canada-Highway. Er ist die einzige Bundesstraße in Kanada. Von St. John’s in Newfoundland and Labrador bis nach Victoria auf Vancouver Island in British Columbia beträgt die Straßenlänge 8030 Kilometer. Obwohl schon 1962 eröffnet, wurde der Highway erst 1971 komplett fertiggestellt. Vorher musste man streckenweise auf Straßen in den USA ausweichen oder die Eisenbahn benutzen. Die Canadian Pacific Railway errichtete von 1881 bis 1885 die erste transkontinentale Verbindung von Montreal bis nach Vancouver und legte damit den Grundstein für die dynamische wirtschaftliche Entwicklung der westkanadischen Provinzen, vor allen von British Columbia.
Der höchste kanadische Berg ist mit 5959 Metern der Mount Logan in den St. Elias Mountains (Yukon), die längsten Flüsse sind der Mackenzie River mit 4260 und der Yukon River mit 3185 Kilometern Länge. Mit einer Fläche von 82 000 Quadratkilometern ist der Lake Superior etwa so groß wie Österreich. Er ist das zweitgrößte Binnengewässer der Erde. Durch den See verläuft die Grenze zwischen Kanada und den USA. Diese Grenze hat eine Gesamtlänge von 6404 Kilometern und ist damit die längste Grenze zwischen zwei Staaten. Weitere 2477 Kilometer Grenzlinie trennen Kanada von Alaska. Noch viel länger ist die Küstenlänge Kanadas, diese beträgt fast unvorstellbare 202 000 Kilometer.
In Kanada gilt der kanadische Dollar, der in Banknoten von 5 $ bis 100 $ und in Münzen von 1 ¢ bis 2 $ ausgegeben wird. Auffällig ist, dass alle Münzen und die 20-$-Banknote das Abbild von Königin Elisabeth II. tragen. Die Begründung ist einfach, Kanada ist formal eine konstitutionelle Monarchie innerhalb des britischen Commonwealth of Nations. Zu diesem Staatenbund gehören neben dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland noch weitere 53 souveräne Staaten, zumeist die ehemaligen britischen Kolonien. Unter ihnen auch Australien, Indien und Südafrika. Königin Elisabeth II. ist somit das Staatsoberhaupt und die »Königin von Kanada«. Sie wird durch einen Generalgouverneur und in jeder Provinz durch einen Vizegouverneur vertreten. Theoretisch liegt die exekutive Staatsgewalt bei der britischen Königin und den Gouverneuren. In der Praxis geben sie aber alle politischen Geschäfte an das Kabinett ab und nehmen nur zeremonielle und repräsentative Funktionen wahr. Die Wahrnehmung ihrer Hoheitsrechte in einem Konflikt- oder Krisenfall bleibt jedoch bestehen. Offiziell ist Kanada eine als Bundesstaat organisierte parlamentarische Demokratie mit einem Premierminister an der Spitze. Das Land gliedert sich in zehn Provinzen und drei Territorien. Als Amtssprachen sind Englisch und Französisch festgelegt. Alle Formulare, Dokumente und Hinweisschilder müssen zweisprachig ausgeführt sein. Das wird in ganz Kanada so praktiziert, nur die französischsprachige Provinz Quebec widersetzt sich der Gleichberechtigung der zwei Sprachen. Die Politik in Quebec wird dominiert von der Diskussion über die französische Sprache und Kultur im sonst überwiegend englisch geprägten Kanada und von der Möglichkeit einer staatlichen Unabhängigkeit. 1995 sprach sich die Bevölkerung Quebecs in einem Referendum mit der knappen Mehrheit von 50,6 % für den Verbleib in Kanada und gegen eine eigenstaatliche Unabhängigkeit aus. Diese Streitfrage bleibt weiterhin aktuell und wird viel diskutiert.
Ein weiteres Konfliktpotenzial besteht im Umgang mit den Ureinwohnern, also den Angehörigen der First Nations und der Inuit. Diese fühlen sich von der Regierung bevormundet und finanziell benachteiligt. Streitpunkt ist unter anderem die Erschließung des Nordens und die Förderung von Bodenschätzen. Sie fordern Mitbestimmung und Lizenzabgaben der in- und ausländischen Firmen direkt an die Stämme. Der kanadische Staat bemüht sich um die Beilegung des Konfliktes. Finanzielle Unterstützung, die Übertragung politischer Rechte wie das volle Wahlrecht seit 1960 oder die komplette Übergabe des Nunavut-Territoriums in die Selbstverwaltung der Inuit im Jahr 1999 sind Beispiele für das Agieren der Regierung. Trotzdem kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen bei der Rohstoffexploration und dem Abbau von Bodenschätzen, bei der Abholzung von Wäldern in ihren traditionellen Gebieten oder bei der Landaufteilung.
632 unterschiedliche Stämme der First Nations gibt es in Kanada, knapp ein Drittel davon in British Columbia. Der Anteil der Kanadier, die sich selbst als Angehörige einer indigenen Gruppe bezeichnen, lag bei der letzten Volkszählung bei 3,8 %. Mehr als 96 % der heutigen Bevölkerung sind also in den letzten 200 Jahren in Kanada eingewandert. Anfangs waren es vor allem Siedler britischer und französischer Abstammung, später kamen zunehmend auch Italiener, Holländer, Polen und Deutsche dazu. Besonders die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg brachten eine sehr starke Immigrationswelle aus Deutschland. 3,4 Millionen, also jeder zehnte Kanadier, gaben bei der letzten Volkszählung an, deutscher Herkunft zu sein. In den letzten 30 Jahren waren die Immigranten aus Asien mit 58 % die größte Einwanderergruppe.
Die Reiserouten im vorliegenden Tourenbuch verlaufen durch drei Regionen. Die Touren 1 und 2 beschreiben die schönsten Reiseziele in der südlichen Reiseregion British Columbia und im Grenzgebiet von Alberta. Tour 3 stellt die Verbindung zwischen British Columbia und der zweiten Reiseregion, dem Yukon, her und endet in Alaska. Die beliebtesten Reiseziele in Alaska, unserer dritten Reiseregion, werden in Tour 4 aufgezeigt, und mit unserer letzten Tour lernt man das Yukon-Territorium noch näher kennen.
Reiseregion British Columbia
British Columbia, im Südwesten Kanadas gelegen, erstreckt sich von der US-Grenze im Süden bis zum 60. Breitengrad im Norden und von den Rocky Mountains im Osten bis zur Pazifikküste im Westen. Dort liegen annähernd 7000 Inseln vor der zerklüfteten Küste, die größte davon ist Vancouver Island. In British Columbia leben heute 4,8 Millionen Menschen (13 % der Einwohner Kanadas) auf einer Fläche von 944 735 Quadratkilometern (9,5 % der Fläche Kanadas). Hauptstadt der Provinz ist Victoria auf Vancouver Island. Die Geografie wird durch mehrere Gebirgszüge bestimmt, die annähernd parallel in Nord-Süd-Richtung verlaufen. Im Osten bilden die Rocky Mountains eine natürliche Grenze, und im Westen erstrecken sich die Coast Mountains über 1600 Kilometer entlang der Pazifikküste. Mit 4019 Metern ist der Mount Waddington die höchste Erhebung dieses Küstengebirges und der höchste Berg von British Columbia. Zwischen den zwei flankierenden Gebirgszügen liegen weitere Gebirgsketten, Hochebenen und Täler mit lang gezogenen Seen. Längster Fluss der Provinz ist der Fraser River.
Als erster Europäer soll der englische Freibeuter Sir Francis Drake 1579 auf Vancouver Island gelandet sein. Der griechische Seefahrer Juan de Fuca segelte 1592 im Auftrag Spaniens an der Pazifikküste entlang. Er suchte nach der Nord-West-Passage und entdeckte stattdessen die später nach ihm benannte Wasserstraße zwischen Vancouver Island und der Halbinsel Olympic (heute State Washington, USA). Danach vergingen fast 200 Jahre, bevor der spanische Seefahrer Juan Francisco de la Bodega y Quadra an der Pazifikküste landete und das Land für die spanische Krone in Besitz nahm. Vier Jahre später erhob der englische Seefahrer James Cook auf die gleiche Region britische Besitzansprüche. Zwischen 1792 und 1794 erkundete George Vancouver, ein Offizier der britischen Royal Navy, die Pazifikküste und kartografierte die Inseln und den exakten Küstenverlauf. Das von ihm kartografierte Gebiet erklärte er ebenfalls zum Besitz Großbritanniens. Der sich daraus ergebende Konflikt zwischen Spanien und Großbritannien konnte 1794 friedlich beigelegt werden.
Die europäische Besiedlung war stark von den Interessen der Pelzhandelsgesellschaften getrieben. Die britische Hudson’s Bay Company erweiterte ihren Wirkungsbereich in Richtung des Pazifiks, später kamen die Pelzhändler der französischen North West Company ebenfalls in dieses Gebiet. Die meisten der großen Entdecker dieser Zeit standen im Auftrag der North West Company und suchten nach neuen Handelswegen. So erforschte beispielsweise John Mackenzie den Peace River und den später nach ihm benannten Mackenzie River, 1793 entdeckte er den Fraser River und etablierte am Athabasca Pass eine Pelzhandelsroute über die Rocky Mountains. Simon Fraser befuhr 1808 als Erster den später nach ihm benannten Fraser River vom heutigen Prince George bis zur Mündung in den Pazifik bei Vancouver. Eine beispielhafte Leistung vollbrachte David Thompson, ein Kartograf und Pelzhändler der North West Company. Er befuhr den Columbia River auf seiner ganzen Länge und kartografierte ab 1811 über zehn Millionen Quadratkilometer Wildnis, eine Fläche, zehnmal so groß wie das heutige British Columbia. Seine Karten waren so exakt gezeichnet, dass sie noch 100 Jahre später von der kanadischen Regierung genutzt wurden. Die Expeditionen dienten auch dem Ziel, neue Standorte für Handelsposten zu erschließen. 1794 wurde Fort St. John, am heutigen Alaska Highway gelegen, als erste dauerhafte europäische Siedlung in British Columbia gegründet.
1843 errichteten die Briten das Fort Camosun auf Vancouver Island und festigten damit ihren Anspruch auf die Insel. Die britische Kronkolonie Vancouver Island wurde 1849 gegründet. Der Festlandteil wurde 1858 zur britischen Kronkolonie British Columbia. Aus Spargründen wurden diese beiden Kolonien dann am 6. August 1866 zu den Vereinigten Kolonien von Vancouver Island und British Columbia fusioniert. Für die Besiedlung, Erschließung und wirtschaftliche Entwicklung hatte die Suche nach Rohstoffen und vor allem nach Gold eine große Bedeutung. Während des Fraser- und Cariboo-Goldrausches strömten Zehntausende Menschen in das bis dahin unbesiedelte Gebiet, sie bauten Städte und schufen Handelswege. Dabei schleppten sie aber auch Krankheiten ein, denen die Ureinwohner nicht gewachsen waren. 1862 starben rund 14 000 Indianer an den Folgen einer Pockenepidemie.
Am 20. Juli 1871 trat die Vereinigte Kolonie der kanadischen Konföderation bei und konstituierte sich als Provinz British Columbia. Im Gegenzug verpflichtete sich der neu gegründete kanadische Bundesstaat, innerhalb von zehn Jahren eine transkontinentale Eisenbahnverbindung zu schaffen. Diese Anbindung von British Columbia an das restliche Kanada war neben seiner bevorzugten Lage am Pazifik die Grundlage für die dynamische wirtschaftliche Entwicklung der Provinz. Der Seehandel mit Asien florierte, Bergbau, Holzwirtschaft und Fischerei entwickelten sich, und der Tourismus wurde zu einer bedeutenden Wachstumsbranche. Heute gehört der Großraum Vancouver zu den reichsten Regionen Kanadas.
Reiseregion Yukon
Das Yukon-Territorium grenzt im Süden an British Columbia, der Grenzverlauf entspricht dem 60. Breitengrad. Die westliche Grenze zu Alaska liegt genau auf dem 141. westlichen Längengrad. Im Osten bilden die Gipfel der Mackenzie Mountains die Grenze zum Nordwest-Territorium, und im Norden endet das Gebiet an der Beaufortsee. Das Yukon-Territorium zählt zu den dünn besiedelten Regionen Kanadas. Auf 482 443 Quadratkilometern, das sind 4,8 % der Fläche Kanadas, die etwa dem Gebiet von Deutschland, Österreich und der Schweiz entsprechen, leben gerade mal 34 000 Menschen (0,1 % der Einwohner Kanadas).
Die landschaftliche Gliederung ähnelt der von British Columbia. Zwischen zwei Gebirgszügen, den Mackenzie Mountains im Osten und den vergletscherten St. Elias Mountains mit den sich anschließenden Ogilvie Mountains im Westen, liegen ausgedehnte Hochebenen und weitere kleinere Gebirgsmassive. Größter Fluss ist der Yukon River, nach dem das Territorium benannt wurde.
Die Besiedlung des Yukon begann schon vor etwa 12 000 Jahren. Der große Fischreichtum und die riesigen Karibuherden sicherten das Überleben der Ureinwohner. Die ersten Kontakte zwischen den Yukonstämmen und den Weißen ergaben sich Mitte des 19. Jahrhunderts. Robert Campbell, ein Angestellter der Hudson’s Bay Company, erreichte als erster Europäer das Gebiet des Yukon. Er fuhr den Pelly River hinab und gründete 1848 einen ersten Handelsposten, Fort Selkirk, am Zusammenfluss von Pelly River und Yukon River. Die Begegnungen verliefen nicht immer friedlich, so zerstörten die Tlingit das Fort kurz nach dessen Errichtung. Der Stamm der Tlingit setzte dem Handelsmonopol und der Verwaltungshoheit der Hudson’s Bay Company massiven Widerstand entgegen. Erst nach der verheerenden Pockenepidemie von 1862 brach die Vorherrschaft der Ureinwohner zusammen.
1869 verkaufte die Hudson’s Bay Company die Nordwest-Territorien, bestehend aus dem heutigen Yukon, dem Nordwest-Territorium, dem Festland von Nunavut und den nördlichen Teilen von British Columbia, Alberta und Saskatchewan, an den jungen kanadischen Bundesstaat. Mit dem Manitoba Act wurde das heutige Yukon-Territorium ab 1870 vom 2500 Kilometer entfernten Ottawa aus verwaltet. Der Yukon war zu dieser Zeit nicht sehr interessant für die kanadische Regierung. Im Gegensatz zu den südlichen Landesteilen war das Gebiet für eine Besiedlung untauglich. Daher kam es auch nicht zu Gebietsabtretungsverträgen mit den Indianern und der Schaffung von Reservaten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelten sich relativ stabile Handelsbeziehungen zwischen den Stämmen der Ureinwohner und den Pelzhändlern. Auch einige Goldsucher versuchten in dieser Zeit ihr Glück im Yukon, manche waren schon während des Fraser-Canyon- und Cariboo-Goldrausches nach British Columbia gekommen und dann weiter nordwärts gezogen. Nach größeren Goldfunden wurde 1887 die erste nichtindianische Siedlung Forty Mile gegründet.
Das spektakuläre Ereignis, welches das fast vergessene Gebiet im Nordwesten Kanadas in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses rückte, war der sagenhafte Goldfund am Rabbit Creek. Am 16. August 1896 fand George Carmack gemeinsam mit seinen indianischen Begleitern mehrere große Goldnuggets und löste damit den Klondike Gold Rush aus (siehe auch Tour 5). Dawson City wurde gegründet und entwickelte sich in wenigen Jahren zu einer der größten Städte Nordamerikas. In der Folge des Goldrausches und der zunehmenden Bedeutung des Gebietes wurde 1898 das eigenständige Yukon-Territorium gegründet, Dawson City wurde Hauptstadt. Aber nach wenigen Jahren war der Rausch vorbei, viele Goldsucher verließen Dawson City und den Yukon, die meisten gingen ärmer als sie gekommen waren. Das Yukon-Territorium versank in der Bedeutungslosigkeit. 1920 lebten gerade mal noch 4000 Menschen im ganzen Yukon. Durch mangelhafte medizinische Versorgung, Vernachlässigung und Armut breiteten sich bei den Indianern Krankheiten aus, vor allem Tuberkulose. Jeder zweite Ureinwohner starb in den Jahren von 1900 bis 1920.
Der Zweite Weltkrieg und der Bau des Alaska Highway brachten einen neuen Boom. Tausende Bausoldaten mussten versorgt werden, manche blieben auch nach Fertigstellung des Alaska Highway im Yukon. Whitehorse entwickelte sich durch seine günstige Lage am Highway in den Folgejahren zur größten und bedeutendsten Stadt des Territoriums. 1953 wurde Whitehorse neue Hauptstadt des Yukon und löste damit Dawson City ab. Der Bau weiterer Straßen und die Schaffung der erforderlichen Infrastruktur boten gute Bedingungen zum Abbau von Bodenschätzen und zur Förderung von Erdöl. Der Tourismus hat heute im Yukon eine nicht unwesentliche Bedeutung. Größter Arbeitgeber ist jedoch der öffentliche Dienst mit 40 % Anteil an der Beschäftigung.
Reiseregion Alaska
Alaska erstreckt sich vom Pazifischen Ozean im Süden bis zum Nordpolarmeer und vom Beringmeer im Westen bis zur kanadischen Grenze. 2477 Kilometer lang ist diese Grenze zu Kanada. Vom hohen Norden verläuft sie über 1000 Kilometer schnurgerade auf dem 141. westlichen Längengrad bis zum Mount St. Elias im Südwesten des Yukon. Weiter südlich bilden die Gipfel der Coastal Mountains die Staatsgrenze. Sie trennen einen schmalen Küstenstreifen und die Inseln der Inside Passage von British Columbia ab. Im Nordwesten ist das Festland Alaskas nur etwa 85 Kilometer von Sibirien entfernt. Die Inseln Little Diomede (Alaska) und Big Diomede (Sibirien) liegen sogar nur vier Kilometer auseinander.
Man hat leicht falsche Vorstellungen von Alaskas geografischer Lage, sie entspricht in etwa Skandinavien. Anchorage liegt auf der Höhe von Oslo oder dem südnorwegischen Bergen. Der nördlichste Punkt Alaskas, Point Barrow, hat fast genau den gleichen Breitengrad wie das Nordkap in Norwegen, und der südlichste Punkt liegt auf der Höhe von Flensburg.
Mächtige Gebirgsmassive prägen das Landschaftsbild. Am Golf von Alaska, zwischen der Kenai Peninsula und den östlichen Küstenbereichen, liegen zahlreiche vergletscherte Gebirgsformationen. Etwas weiter nördlich trennt die bogenförmige Alaska Range mit dem höchsten Berg Nordamerikas, dem 6194 Meter hohen Mount McKinley, das südliche Alaska vom zentralen Plateau ab. Dieses Plateau wird im Norden durch die Brooks Range und die sich anschließende arktische Küstenebene begrenzt. Ein Drittel Alaskas liegt nördlich des Polarkreises, auf 80 % der Fläche herrscht Permafrost. Über das Land sind mehr als drei Millionen Seen verteilt, 3000 Flüsse durchziehen Alaska. Der größte ist der Yukon River, der auf einer Länge von 2500 Kilometern quer durch Alaska bis ins Beringmeer fließt.
Alaska ist der größte US-Bundesstaat. Mit einer Fläche von 1 700 138 Quadratkilometern (17,6 % der USA) ist er fast fünfmal so groß wie Deutschland oder annähernd doppelt so groß wie British Columbia. 740 000 Menschen (0,23 % der US-Bevölkerung) leben in Alaska, davon die Hälfte in den drei größten Städten Anchorage, Fairbanks und in der Hauptstadt Juneau. Nur 2 % der Fläche des Staates sind von Menschen besiedelt oder werden genutzt.
Die Besiedlung Alaskas begann vor etwa 11 500 Jahren. Über die damals noch existierende Landbrücke Beringia kamen die ersten Jäger und Sammler von Ostasien nach Alaska. Ihre Nachfahren gehören zum Stamm der Paläo-Indianer. Vor etwa 5000 Jahren kamen in einer zweiten Besiedlungswelle die Inuit, die sich weit oben im Norden ansiedelten. Noch 1000 Jahre später wurde die Aleuten-Inselkette besiedelt. Das Volk der Aleuten bildet die dritte große Kulturgruppe. Innerhalb dieser Völker sind in Alaska 225 Stämme anerkannt, 15 % der Bevölkerung Alaskas sind direkte Nachfahren der Ureinwohner. Das ist der höchste Prozentsatz in den USA. Die Gründe sind sicher in der späten und geringen weißen Besiedlung Alaskas und seiner Größe zu sehen.
An der Erforschung Alaskas war der dänische Seefahrer Vitus Bering maßgeblich beteiligt. Er stand im Dienst von Zar Peter I. und sollte 1728 erkunden, ob es eine Landverbindung von Asien nach Nordamerika gibt. Er durchsegelte die später nach ihm benannte Beringstraße, kam aber nicht bis zur südlichen Küste. Während einer zweiten Expedition im Jahr 1741 setzten Bering und der Russe Alexej Tschirikow als erste Europäer ihren Fuß auf den Boden Alaskas. Vier Jahre später erreichten die ersten russischen Pelztierjäger die Region. Diese Unternehmungen waren jedoch wenig profitabel, zu abgelegen und zu unerschlossen war Alaska. 1783 wurde die erste russische Siedlung auf der Insel Kodiak gegründet, und Alaska wurde zur ersten und einzigen Übersee-Kolonie Russlands. Das Interesse der Russen galt fast ausschließlich den Pelztieren, vor allem dem wertvollen Fell des Seeotters. Gnadenlos wurden diese Tiere gejagt, bis sie stark dezimiert und fast vollständig ausgerottet waren. Alaska wurde für Russland zunehmend uninteressant, nur ein paar Trapper und Pelzhändler sowie einige russisch-orthodoxe Missionare waren noch tätig. Auch die Entfernung war kaum zu beherrschen, von Sankt Petersburg dauerte die Reise bis nach Alaska mehr als ein halbes Jahr. Um die Staatskasse nach dem Krimkrieg wieder aufzufüllen, entschloss sich der russische Kaiser Alexander II. zum Verkauf.
SPECIAL
YOU ARE IN BEAR-COUNTRY
Die Wahrscheinlichkeit, in den Bergen oder tiefen Wäldern Westkanadas oder Alaskas auf Bären zu treffen, ist ziemlich hoch. Schwarzbären sind im ganzen Reisegebiet verbreitet. Die wesentlich scheueren Grizzlys, eine Unterart der Braunbären, bevorzugen die einsamen Regionen Westkanadas und Alaskas. Schwarzbären sind kleiner und anpassungsfähiger als die riesigen Grizzlys. Letztere erkennt man an ihrem markanten Schulterbuckel.
Mindestens genauso sehr, wie man sich eine Bärensichtung wünscht, ist man dann erschrocken, wenn solch ein gewaltiges Tier in der Wildnis plötzlich auftaucht. Dieses ungewollte Zusammentreffen kann man mit verschiedenen Vorsichtsmaßnahmen vermeiden. Auf Wanderungen in der freien Natur ist es wichtig, den potenziellen Bären unsere Anwesenheit mitzuteilen. Bärenglocken, Singen oder laute Gespräche signalisieren den Bären, dass hier Menschen sind. Die Bären werden den Kontakt meiden.
Wenn man doch unvermittelt auf einen Bären trifft, muss man ruhig bleiben. Alles andere führt zur Katastrophe. Die denkbar schlechteste Reaktion ist weglaufen. Gegen die behäbig und tapsig wirkenden Bären haben wir keine Chance.
Außerdem lädt die Flucht den Bären zur Verfolgung ein. Auch das Besteigen von Bäumen ist keine Lösung, vor allem die Schwarzbären sind gute Kletterer. Besser ist es, ganz ruhig auf den Bären einzusprechen und dabei langsam den Rückzug anzutreten. Auch ein Hochhalten der Arme kann nicht schaden. Der Bär muss uns als Mensch erkennen, denn wir gehören nicht in sein Beuteschema. Sollte der Bär trotzdem näher kommen, dann hilft auch manchmal, ihm den Rucksack als »Köder« hinzuwerfen. Das lenkt ihn hoffentlich ab.
Kritisch wird es, wenn man zwischen eine Bärin und ihr Junges gerät. Dann ist fast immer mit einem Angriff zu rechnen. Bei Schwarzbären, so die Meinung der Ranger, hat man bei einem Zweikampf keine schlechten Chancen. Besonders die Nase des Bären ist empfindlich. Bei den starken Grizzlys kann Gegenwehr tödlich sein. Das letzte Mittel ist, sich auf dem Boden zusammenzurollen, den Kopf mit den Händen zu schützen und den Angriff über sich ergehen zu lassen. Ohne schwere Verletzungen wird das aber nicht ausgehen. Deshalb ist es auch sinnvoll, ein Bärenspray mitzunehmen. Die Ranger in den Nationalparks beraten einen dazu gern.
Nach langen Verhandlungen unterzeichneten am 30. März 1867 der US-Außenminister William H. Seward und der russische Botschafter Eduard von Stoeckl den Kaufvertrag. Alaska ging für 7,2 Millionen Dollar an die USA. Es war einer der günstigsten Landkäufe in der Geschichte. Trotzdem stand er lange in der öffentlichen Kritik. Das änderte sich 1880, als Joe Juneau an der Stelle, wo heute die nach ihm benannte Hauptstadt steht, das erste Gold in Alaska fand. In den Jahren 1897 und 1898 trafen 100 000 Abenteuerer, angelockt von den Goldfunden am Klondike, in Skagway ein und machten die kleine Siedlung in wenigen Monaten zur größten Stadt in Alaska. Selbst bis in den äußersten unwegsamen Norden, nach Nome, zog es Zehntausende Goldsucher, als dort 1899 Gold gefunden wurde. Die Gründung von Fairbanks geht ebenfalls auf Prospektoren zurück. 1902 wurde mit dem Bau der Alaska Railroad von Seward nach Fairbanks begonnen. Aus der Eisenbahnarbeitersiedlung entstand Anchorage. Der Bergbau und die Fischerei entwickelten sich.
Während des Zweiten Weltkriegs stieg die militärische Bedeutung Alaskas. Die Japaner besetzten die Aleuten, man befürchtete den Verlust von ganz Alaska. Der Alaska Highway wurde gebaut und mehrere Militärstützpunkte errichtet. Später war es dann der Kalte Krieg und der »Feind« gegenüber der Beringstraße, mit dem die weiterhin hohe Militärpräsenz begründet wurde. Am 3. Januar 1959 wurde Alaska zum 49. Bundesstaat der USA. Als 1968 in der Prudhoe Bay Öl gefunden wurde, begann ein neues Kapitel in der Erfolgsgeschichte Alaskas. Die Erschließung dieses riesigen Ölvorkommens und der Bau der Trans-Alaska-Pipeline brachten einen wirtschaftlichen Boom. Alaska gehört heute zu den wirtschaftlich erfolgreichsten US-Bundesstaaten, wobei die Ölindustrie mit 85 % den größten Anteil an der Wirtschaftsleistung erbringt. Einmalig in den USA ist der Alaska Permanent Fund, der die Gewinne des Staates aus dem Ölgeschäft verwaltet und jährlich an die Bewohner Alaskas ausschüttet.
Durch Westkanada und den Süden Alaskas zieht sich wie ein grünes Band auf einer Breite von über 1000 Kilometern der boreale Nadelwald. Dieser auch als Taiga bezeichnete nördliche Wald besteht aus Schwarz- und Weißfichten, amerikanischen Lärchen, Tannen, Douglasien und den typischen Sitka-Fichten. In höheren Lagen wachsen vorwiegend Kiefern. Eine einzigartige Vegetationszone findet man an den niederschlagsreichen Westhängen der Coast Mountains und vor allem an der Westküste von Vancouver Island. Hier ist ein kalter Küstenregenwald der gemäßigten Breiten entstanden, wie er sonst nur noch in Neuseeland vorkommt. Mächtige, fast 1000 Jahre alte Douglasien, Riesenlebensbäume und Hemlocktannen wachsen hier – und dazwischen wuchern meterhohe Farne und Schlingpflanzen.
Nach Norden, in Richtung Yukon und Alaska, nimmt die Dichte des Waldes ab. Ausschließlich abgehärtete Bäume, die sich an die kurze Vegetationsperiode von drei bis vier Monaten und Wintertemperaturen bis –40 °C gewöhnt haben, können hier überleben. Noch tiefere Temperaturen halten lediglich Lärchen aus, die ihre Nadeln abwerfen und so eine größere Kälteresistenz besitzen. Im äußersten Norden Alaskas und des Yukon gibt es dann nur noch eine baumlose Kältesteppe, die Tundra. Sie erstreckt sich bis zum Nordpolarmeer und ist geprägt durch lange, strenge Winter und kurze, kühle Sommer. In den wenigen Sommermonaten entwickelt die Natur eine artenreiche Vegetation, die während der langen Tage des arktischen Sommers regelrecht explodiert. Unzählige Wildblumenarten, Zwergsträucher, Flechten und Moose bilden in der Tundra einen bunten Teppich, ja, teilweise sogar ein farbiges Blütenmeer.