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Der Leitfaden zu Lean und Agile
für Digital Leader
Aus dem Englischen von Chris Steindel
Mike Burrows
mike.burrows@positiveincline.com
Lektorat: Christa Preisendanz
Übersetzung: Chris Steindel, linkedin.com/in/chrissteindel
Copy-Editing: Ursula Zimpfer, Herrenberg
Satz & Layout: Birgit Bäuerlein
Herstellung: Stefanie Weidner
Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN:
Print 978-3-86490-768-5
PDF 978-3-96910-063-9
ePub 978-3-96910-064-6
mobi 978-3-96910-065-3
1. Auflage 2021
Translation Copyright für die deutschsprachige Ausgabe © 2021
dpunkt.verlag GmbH
Wieblinger Weg 17
69123 Heidelberg
Autorisierte Übersetzung der englischen Originalausgabe mit dem Titel
»Right to Left: The digital leader’s guide to Lean and Agile«, first edition
von Mike Burrows. ISBN 978-1-78955-531-8, published by New Generation Publishing
Copyright © 2019 by Mike Burrows
Hinweis:
Dieses Buch wurde auf PEFC-zertifiziertem Papier aus nachhaltiger Waldwirtschaft gedruckt. Der Umwelt zuliebe verzichten wir zusätzlich auf die Einschweißfolie.
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Für Martin Burns
(1968–2019)
In »Right to Left« (von rechts nach links) macht Mike Burrows gleich am Anfang darauf aufmerksam, dass wir es gewohnt sind, die Produktionsprozesse unserer Unternehmen als kausale Folge (typischerweise von links nach rechts) wahrzunehmen. Es fängt mit dem Input an, durchläuft eine Serie von Transformationen und mündet schließlich im Output in Form von Produkten oder Services. Man spricht hier von einem Push-Prozess: Die Aufgaben werden ins System »gedrückt«. Dann kehrt er diese Abfolge um und beschreibt einen Pull-Prozess, bei dem die Bedürfnisse und Ergebnisse die entsprechenden Produkte und Services generieren und damit wiederum Inputs erzeugen. Inzwischen haben bereits viele Groß- und Einzelhandelsunternehmen von diesem Lean-Ansatz profitiert, deren Liefer- und Produktionsketten dadurch wesentlich effizienter ablaufen.
Diese scheinbar einfache Umkehrung der Perspektive mit ihrer Fokussierung auf Auswirkungen und Ergebnisse hat auch auf digitale Unternehmen eine tiefgreifende Auswirkung – sowohl für ihre Mitarbeiter als auch für ihren Produktentwicklungs- und Dienstleistungsprozess. Die Zusammenarbeit zwischen Kollegen unterschiedlicher Fachgebiete wird einfacher und führt speziell in cross-funktionalen Teams zum Erfolg. Die zweck- und zielgerichtete Perspektive erleichtert es außerdem, unterschiedliche und vermeintlich konkurrierende Managementmethoden unter einem Dach zu vereinen, was Mike wunderbar anhand von Erfahrungsberichten demonstriert. In mehreren Kapiteln verknüpft er eine beeindruckende Liste an Methoden aus der Lean-Agile-Landschaft und darüber hinaus, darunter Scrum, Kanban, Lean, Agile, SAFe, XP, DevOps, Engpasstheorie, Wardley Mapping, Sociocracy und Open Space.
Die Umkehrung der Perspektive von rechts nach links legt weitere hilfreiche Umkehrungen nahe. Eine davon ist die sogenannte »Outside-in«-Strategieplanung, also eine Planung »von außen nach innen«, bei der Strategien aus dem Wunsch heraus entstehen, sich auf das veränderte äußere Umfeld einzulassen, anstatt sich darüber Gedanken zu machen, was das Unternehmen mit seinen vorhandenen Ressourcen anfangen kann. Eine andere wird durch die Frage ausgelöst: »Wie können wir dem Wunsch und dem Bedürfnis unserer Mitarbeiter nach sinnvoller und erfüllender Arbeit gerecht werden?« Das typische Ergebnis dieser neuen Perspektive sind Servant Leadership1, absichtsgesteuerte Kommunikation und der Fokus auf eine Zusammenarbeit, die am Unternehmenszweck ausgerichtet ist.
Letztlich ist Mikes Buch aus seiner Fokussierung auf eine ganz bestimmte Auswirkung hervorgegangen: die Bedürfnisse von derzeitigen und aufstrebenden Leadern zu erfüllen – Bedürfnisse, die Stressreduktion, eine intensive Zusammenarbeit und Unterstützung derer, die sie anleiten, einschließen. Stellen Sie sich beim Lesen dieses Buches darauf ein, dass so manches geliebte Gedankenkonstrukt fröhlich auf den Kopf gestellt wird!
John Buck
Präsident, Governance Alive, LLC
Silver Spring, MD, USA
Wussten Sie, dass es zwei unterschiedliche Arten von agiler Arbeit gibt? Erstens gibt es die Art, die mit echter Leidenschaft in der gemeinsamen Erfahrung, dem Kunden einen ausgeprägten Mehrwert zu liefern, einhergeht. Und dann gibt es die Art, die nur zu bescheidenen Verbesserungen führt und Produkte liefert, die scheinbar niemanden begeistern. Anstelle von Leidenschaft und Einsatz der ersten Art agilen Arbeitens führt diese zweite Art zu Frustration über enttäuschende Ergebnisse und Unmut darüber, dass ungewohnte Arbeitsweisen zu so wenig Nutzen geführt haben.
Ein solches Ungleichgewicht weist darauf hin, dass ein grundlegendes Problem vorliegen muss. Man muss noch nicht lange in der agilen Community unterwegs sein, um mitzubekommen, wie sich viele Menschen darüber beschweren – vielleicht haben Sie es selbst miterlebt. Viele führen es darauf zurück, dass agile Arbeit nun in Richtung »Mainstream« geht und Opfer des eigenen Erfolgs wird, so als gäbe es keinen Weg daran vorbei und der Niedergang wäre unaufhaltsam. Mir kommt diese Erklärung jedoch nicht sehr hilfreich vor – nicht, weil nichts Wahres daran ist oder weil sie sehr pessimistisch ist (ich bin von Natur aus Optimist), sondern weil die Einsicht keinesfalls handlungsweisend ist.
Lassen Sie mich eine ergänzende und hilfreichere Erklärung anbieten. Die erste Art der Agilität – die, die eine Leidenschaft hervorbringt – zeichnet sich durch den gemeinsamen Fokus auf die gewünschte Wirkung aus. Die zweite Art – die, die mit Enttäuschung glänzt – zeichnet sich durch den Fokus auf die Umsetzung aus, mit Entwürfen, Arbeitspraktiken und einer Planung, die weitgehend im Voraus geschieht, meistens auch ohne die Personen zu involvieren, die maßgeblich an der Umsetzung beteiligt sein werden. Das ist per Definition wohl kaum eine sinnvolle agile Arbeit.
Die Erkundung der Unterschiede zwischen diesen beiden Arten führte mich zur zentralen Metapher dieses Buches »Right to Left« (von rechts nach links). Sie fasst den Ansatz zusammen, konsequent, bewusst und sogar auf provokative Weise von den Ergebnissen, d.h. der Befriedigung von Bedürfnissen, auszugehen und von da aus rückwärts zu arbeiten. Es ist eine bildliche Metapher, und um sie zu verstehen, stellen Sie sich (zumindest Leser aus der westlichen Hemisphäre) einfach ein konventionell ausgearbeitetes Diagramm eines Lieferprozesses vor, mit dem Input auf der linken und dem Ergebnis auf der rechten Seite. Jetzt stellen Sie die Auswirkung noch ein Stück weiter nach rechts – genau dort fangen unsere Überlegungen an und genau dorthin zieht es uns immer wieder.
Um zu veranschaulichen, wie die Metapher funktioniert, lassen Sie uns etwas Bekanntes anschauen. Stellen Sie sich vor, Sie sollten erklären, was Sie alles über Lego® wissen. Womit würden Sie anfangen? Starten Sie:
Die meisten Menschen werden intuitiv mit ihren Erklärungen irgendwo rechts beginnen, und zwar beim (oder zumindest nahe am) Ergebnis, nicht beim Input. Auf jeden Fall geht es mir so!
Versuchen Sie doch jetzt einmal so gut wie möglich zu beschreiben, wie Agilität funktioniert. Noch mal, womit würden Sie anfangen? Das ist ein bisschen schwieriger, aber versuchen Sie es hiermit:
Wenn Sie über das Wissen und die Erfahrung verfügen, diese beiden Arten der Beschreibung wiederzuerkennen, stellen Sie sich jetzt diese zwei doch eher ungewöhnlichen Fragen:
Upps! Der agilen Community möchte ich Folgendes auf den Weg geben: Jedes Mal, wenn agile Arbeit von links beginnt, wird sie sich selbst im Wege stehen, und ich befürchte, dass dies weitreichende Konsequenzen haben wird. Manchmal richtet das unmittelbaren Schaden an; mehr dazu in Kapitel 4, in dem ein Vergleich zwischen den beiden Ansätzen »von links nach rechts« und »von rechts nach links« bei der Einführung von Agilität gezogen wird.
Also, was bedeutet »von rechts nach links« aus praktischer Sicht? Sehen Sie es vorerst als die Disziplin an, das Ergebnis (und davon gibt es viele verschiedene Arten) vor seiner Lösung, den Zweck vor dem Mittel, die Vision vor dem Detail, das »Warum« vor dem »Was«, das »Was« vor dem »Wie« und so weiter zu betrachten. Es kann auch bedeuten, über die Ergebnisse vor dem Input nachzudenken und über die Wirkung vor den Ergebnissen – jedes einzelne Mal.
Während wir uns eingehender damit befassen, werden sich voraussichtlich einige häufig vorkommende Konzepte an beiden Enden, links wie rechts, zeigen:
Rechts befinden sich die aussagekräftigsten Ergebnisse, und zwar diejenigen, von denen Sie mit Sicherheit sagen können, dass damit das Bedürfnis einer Person erfüllt wurde [1]. Doch bevor Bedürfnisse erfüllt werden können, müssen sie zunächst identifiziert, priorisiert und ihre zugehörige Wirkung beschrieben werden – Aktivitäten, die auf der linken Seite stattfinden.
Jedes Mal, wenn eine Annahme validiert wird, steigt auf der rechten Seite das Vertrauen. Auch die Entkräftung einer Annahme führt zu einem Lernprozess, sodass diese ebenfalls einen echten Wert erzielt, auch wenn es nicht zum erhofften Ergebnis geführt hat. Wie beim Bedürfnis müssen Annahmen erst explizit gemacht, artikuliert und priorisiert werden. Je früher dies geschieht, desto eher können sie getestet werden – im Idealfall noch bevor man sich die Mühe und die Kosten für die Erstellung einer vollständigen Lösung gemacht hat.
Je kürzer der zeitliche Abstand ist und je enger die Zusammenarbeit zwischen den Aktivitäten auf der rechten und linken Seite verläuft, desto effektiver wird der Prozess. Im Extremfall erreichen wir ein kontinuierliches Verfahren, bei dem wir gleichzeitig und ständig auf Bedürfnisse eingehen und lernen, indem wir Ergebnisse liefern.
Sehen Sie in digitalen Technologien die Möglichkeit, Ihre Kunden besser zu bedienen und ihre Bedürfnisse effektiver zu erfüllen? Erkennen (oder vermuten) Sie, dass dies tiefgreifende Auswirkungen darauf haben könnte, wie Ihre Organisation arbeiten sollte? Wollen Sie dazu beitragen, dass dies geschieht?
Unabhängig davon, ob Sie sich selbst als Technikexperten betrachten: Wenn Ihre Antwort auf diese Fragen »ja« lautet, sind Sie das, was wir in diesem Buch als »Digital Leader« bezeichnen. Wenn Sie in der digitalen Welt eine führende Rolle einnehmen, dies zukünftig tun wollen oder auch müssen, dann ist dieses Buch genau das richtige für Sie.
Vielleicht haben Sie auch in erster Linie vor, Ihrem Interesse an Lean und Agile nachzugehen. Unabhängig von Ihrem derzeitigen Wissensstand ist dieses Buch auch für Sie geeignet, insbesondere wenn Sie sich für Organisationsgestaltung und Leadership interessieren. Sie finden hier sowohl einen leicht zugänglichen Leitfaden zur Lean-Agile-Landschaft als auch durch die »Von rechts nach links«-Metapher eine hilfreiche und herausfordernde Perspektive darauf. Unser digitales Spektrum stimmt vielleicht nicht genau mit Ihrem überein, bietet jedoch authentische Beispiele nicht nur für die Anwendung von Lean-Agile in der Praxis, sondern auch für die Denkweise von rechts nach links.
Digital Leadership, Lean, Agile und Ergebnisorientierung vereinen sich in einer Vorgehensweise, die die beispiellose Flexibilität, Unmittelbarkeit und Allgegenwart webbasierter, mobiler und ähnlicher Technologien optimal nutzt. Diese digitalen Technologien machen es sowohl bemerkenswert einfach als auch zunehmend notwendig, die sich ständig ändernden Bedürfnisse der Benutzer kontinuierlich zu erkennen und zu erfüllen. Das ist eine bahnbrechende Veränderung, nicht nur im Sinne einer bedeutenden Veränderung der Umstände, sondern auch in dem Sinne, dass wir uns für eine völlig andere Vorgehensweise entscheiden. Eine Vorgehensweise, die so anders ist, dass sie nicht mit den Begriffen des alten Regelwerks erklärt werden sollte.
Seit mehr als einer Generation wird Managern nun schon beigebracht, dass Softwareentwicklung ein linearer Prozess ist, der im Voraus geplant werden sollte und dessen Erfolg vor allem davon abhängt, wie gewissenhaft diese Planung ausgeführt wird. Bedenken Sie jedoch diese Herausforderungen:
Jede einzelne dieser sehr realen Herausforderungen würde ausreichen, um das alte, lineare Modell ernsthaft zu untergraben. Wenn wir das akzeptiert haben, lernen wir, dass unsere Arbeit von Natur aus etwas Komplexes [2] an sich hat. Sich hierbei auf Komplexität zu berufen, ist keine Angeberei: Wir behaupten zum Beispiel nicht, dass wir technische Probleme lösen, die schwieriger sind als die, die durch traditionelle IT-Projekte gelöst werden. Vielmehr ist es ein aufrichtiges Eingeständnis, dass wir die Zukunft nicht vollständig unter Kontrolle haben und dass es zum Scheitern führt, wenn wir das Gegenteil behaupten.
Das mag zunächst nach schlechten Nachrichten klingen, muss jedoch nicht so verstanden werden. Es ist zugegebenermaßen eine ernsthafte Bedrohung für Organisationen, die immer noch an dem Glauben festhalten, dass das beste Mittel zur Schaffung eines digitalen Produkts darin besteht, viel Zeit und große Geldbeträge zu investieren, bevor sie das fertige Produkt auf den unvorbereiteten Markt bringen. Es sind jedoch fantastische Neuigkeiten für Organisationen, die bereit sind zu erkennen, dass digitale Produkte und Dienstleistungen eine wunderbare Gelegenheit bieten, mit der Außenwelt zu interagieren und etwas über sie zu erfahren. Sie haben sich darauf eingestellt, kontinuierliches Lernen anzuregen und zu integrieren – und fangen dabei nicht mit einem fertigen Produkt an, sondern überprüfen mit Tests die Marktfähigkeit, verbessern und verfeinern es im Laufe der Zeit und lassen sich dabei von Beobachtungen und echtem Kundenfeedback leiten.
Dieser iterative, aufstrebende, experimentierfreudige Ansatz ist nicht nur für Startups aus der Garage oder Technik-Giganten wie Google, Amazon oder Netflix geeignet. Ich hatte zum Beispiel das Privileg, einige der einschneidenden Veränderungen innerhalb eines Sektors der britischen Regierungsverwaltung [3] von innen mitzuerleben; selbst von außen als Bürger, der digital angebotene Verwaltungsdienste nutzt, ist das beeindruckend. Mit aufrichtigem Respekt für diese Leistung behaupte ich, wenn Organisationen das schaffen, die in einem regulierten Umfeld arbeiten wie eine Behörde, dann kann jede andere Organisation es auch. Auch Ihre Organisation kann das!
Aber um etwas Neues zu tun, braucht es Leadership. Digital Leadership kann viele Formen annehmen, aber lassen Sie uns das genauer anschauen. Zwei wichtige und voneinander abhängige Rollen bilden in der Regel die Hauptachse der Produktoder Serviceentwicklung:
Dies ist eine gestalterische Zusammenarbeit und dass sie effektiv funktioniert, zeigt sich daran, dass sie mehr als die Summe ihrer Teile ist. Sie erschafft nicht nur Dinge, die man allein nicht schaffen würde, sondern erreicht, was man sich sonst vielleicht gar nicht hätte vorstellen können. In diesem Sinne ist es ein großartiges Modell für weitere kooperative Arbeitsbeziehungen. Dies gilt sogar für die Kundenbeziehung, eine Beziehung, die so wichtig ist, dass sie im Gründungsdokument der agilen Bewegung, dem Agilen Manifest [4], ausdrücklich genannt wird.
Andere Führungsrollen in Bereichen wie Design, Lieferketten oder Prozess- und Organisationsveränderungen werden mit zunehmender Größe der Teams immer wichtiger. Es ist nicht ungewöhnlich, dass diese mit externen Beratern (oder »Anwendern«) besetzt werden. Wenn Sie zu diesen gehören, ist dieses Buch auch für Sie geschrieben, und ich hoffe, Sie finden darin etwas Neues und Interessantes.
Ein Unternehmen, egal welcher Größenordnung, wird natürlich auch andere Arten von Führungskräften haben, einschließlich Personen in traditionellen Führungspositionen in den Funktionen wie Vertrieb, Marketing, Human Resource und Finanzen. In diesem Buch geht es weniger um diese Bereiche, aber wenn Sie eine dieser Rollen innehaben und Ihre Organisation dabei ist, sich im digitalen Raum aufzustellen, hoffe ich, dass auch Sie es wertvoll finden werden.
Tom Loosemore, der Autor der ersten Digitalisierungsstrategie der britischen Regierung und ehemaliger stellvertretender Direktor des britischen Government Digital Service (GDS), definiert digital wie folgt:
Digital
Anwendung von Kultur, Prozessen, Geschäftsmodellen und Technologien des Internetzeitalters, um den gestiegenen Erwartungen der Menschen gerecht zu werden. [5]
Überall dort, wo meine Verwendung dieses Wortes diese Definition zulässt, dürfen Sie sicher davon ausgehen, dass ich das beabsichtige. Implizit schwingt die tiefere Einsicht mit, dass es bei Digitalisierung um mehr als Technologie geht; es bedeutet, Teil eines dynamischen sozialen Systems zu sein, das sich vor unseren Augen stetig verändert.
Lean und Agile können in diesem Bereich eine Menge beitragen. Wir werden ihre wichtigsten Konzepte in den ersten beiden Kapiteln behandeln. Zunächst stellen wir sie aber in einen historischen Kontext:
Für Lean und Agile in Kombination – Lean-Agile – gibt es keine so verbreitete Definition, aber ich fühle mich in der Community ganz wohl. In meinem zweiten Buch »Agendashift« beschreibe ich Lean-Agile mit dem Satz »Celebrating Lean and Agile, both separately and together«. Das hat damals gut genug funktioniert und es wird auch für den Moment reichen. Wir werden uns in Kapitel 2 um eine formellere Definition bemühen.
In den Kapiteln 3 und 4 stellen wir einige etablierte Frameworks vor, die sich mit Lean, Agile und Lean-Agile identifizieren oder diese ergänzen. Es gibt so viele davon, dass ich sie nicht alle aufführen kann. Wenn ich einen Ihrer Favoriten nicht nenne, sehen Sie es mir bitte nach. Damit möchte ich niemanden kränken. Einige der bekanntesten Frameworks bieten die Möglichkeit, sowohl »von rechts nach links« als auch »von links nach rechts« anzusetzen, was darauf hinweist, dass die Art und Weise, wie sie verstanden und eingesetzt werden, jeweils eine große Rolle spielt – vielleicht sogar mehr als die eigentliche Wahl des Frameworks! Wir werden auf diesen potenziell radikalen Gedanken in Kapitel 4 zurückkommen.
Dieses Buch ist in sechs Kapitel gegliedert, von denen die ersten vier stark auf den Ansatz »von rechts nach links« fokussieren:
Die letzten beiden Kapitel nähern sich Fragen zu Organisationsgestaltung und Leadership aus Blickwinkeln, die das Kernthema des Buches ergänzen:
Ab Kapitel 2 werden wir einige kurze Besuche bei Springboard DIY machen, einem fiktiven Einzelhandelsunternehmen (ohne Bezug zu dem realen Markt, den ich in Kap. 1 besuche), das als grobe Zusammenfassung einiger der Organisationen dient, die ich in den letzten zehn Jahren geleitet, beraten oder auf andere Weise unterstützt habe. Die betreffenden Unternehmen decken ein sehr breites Spektrum ab, vom ehrenamtlichen und staatlichen Sektor bis hin zum Energie- und Finanzsektor; jedes hat seine eigenen Besonderheiten, aber viele der Herausforderungen wiederholen sich mit solcher Regelmäßigkeit, dass jede anfängliche Verwunderung bald verfliegt. Anstatt mich mit ihren Herausforderungen aufzuhalten, finde ich es jedoch viel nützlicher, mich auf die Chancen zu konzentrieren, die sich ihnen bieten. Und genau um diese geht es bei Springboard DIY.
Ab Kapitel 3 werden wir uns um einige Fachbegriffe kümmern. Nicht, um diese besonders hervorzuheben, sondern einfach, um die Konventionen der Communitys zu respektieren, aus denen diese Begriffe oder ihre entsprechenden Definitionen stammen.
Am Ende eines jeden Kapitels finden Sie einige Fragen zum Nachdenken, sowohl als Erinnerung an das, was Sie gerade gelesen haben, als auch um Ihnen zu helfen, Möglichkeiten für die Veränderung in Ihrer eigenen Organisation zu erkennen. Wenn Sie sie einfach überfliegen und zum nächsten Kapitel übergehen möchten, ist das völlig in Ordnung – sie werden am Ende von Kapitel 6 und in Anhang A zu einer strukturierten Übung zusammengefasst. So oder so, wichtiger als die Beantwortung der Fragen ist, dass Ihre Gedanken angeregt werden.
Bei Anhang B »Meine Art von …« handelt es sich nicht um ein technisches Glossar, sondern es fasst einige informelle Definitionen zusammen, die besonders charakteristisch für dieses Buch sind. Sie sind alle im Kontext von Digital Leadership anwendbar, und die meisten von ihnen sind auch in größeren Zusammenhängen hilfreich.
Sie müssen keines meiner vorherigen Bücher gelesen haben, um dieses Buch genießen zu können. Tatsächlich sind sie für verschiedene Zielgruppen geschrieben, auch wenn sie sich zum Teil überschneiden. Mein erstes Buch »Kanban from the Inside«1 wurde 2014 veröffentlicht und beschreibt erstmals einen wertebasierten Ansatz von Kanban und bezieht sich sowohl auf die Kanban-Methode als auch das Werkzeug, von dem die Methode ihren Namen hat. Mein 2018 erschienenes Buch »Agendashift: Outcome-oriented change and continuous transformation«2 beschreibt einen »Von rechts nach links«-Ansatz für die Veränderung und Transformation; ich hatte damals, als ich es schrieb, »Right to Left« bereits im Sinn und viele Leser werden dieses jüngste Buch als den einfachsten Einstieg dieser drei Bücher ansehen. Im Nachhinein betrachtet ergibt meine persönliche Reise von den Werten über die Ergebnisse bis hin zu »Right to Left« durchaus Sinn, jedoch hatte ich keine Ahnung, was auf mich zukommen würde, als ich damals den ersten Schritt mit einem meine Karriere verändernden Blogbeitrag machte, den ich über den Feiertag an Neujahr 2013 geschrieben hatte [7]!
Bevor wir zum ersten Kapitel übergehen, hier noch ein paar Hinweise, die ich Ihnen nicht erst am Ende des Buches mitgeben möchte:
Und nun viel Freude!
1Von rechts nach links in der materiellen Welt
2Von rechts nach links in der digitalen Welt
3Modelle und Frameworks
4Tragfähige Skalierung
5Von außen nach innen
6Von oben nach unten
Anhang
ADie Fragen am Ende der Kapitel, konsolidiert
BMeine Art von …
CQuellen
DEndnoten
Danksagung
Über den Autor
Über die Übersetzerin
Index
1Von rechts nach links in der materiellen Welt
1.1Was ist gerade passiert?
1.2Den Wertstrom verstehen – von rechts nach links
1.3Schauen Sie nach
1.4Welche Art von Lean?
1.5Lean-Prinzipien
1.5.1Prinzip 1: Den Wert identifizieren
1.5.2Prinzip 2: Bilden Sie den Wertstrom ab
1.5.3Prinzip 3: Flow erzeugen
1.5.4Prinzip 4: Pull etablieren
1.5.5Prinzip 5: Streben nach Perfektion
1.6Die 7 Verschwendungen
1.7Die 8. Verschwendung
1.8Fragen zum Kapitel
2Von rechts nach links in der digitalen Welt
2.1Was ist gerade passiert?
2.2Welche Art von Lean-Agile?
2.3Schauen Sie nach
2.4Ineffizienter Flow
2.5Den Flow managen – von rechts nach links
2.6Den Flow optimieren – von rechts nach links
2.7Beschuldigen Sie das System und übernehmen Sie Verantwortung
2.8Fragen zum Kapitel
3Modelle und Frameworks
3.1Modell 1 – Iterative Selbstorganisation entlang von Zielen: Scrum
Scrum und Leadership
3.2Modell 2 – Explizite Aufmerksamkeit auf Flow: Kanban
Scrum und Kanban
3.3Modell 3 – Menschen, Verfahren und Technologie: XP und DevOps
XP
DevOps
3.4Modell 4 – Optionen erkunden: User Story Mapping, Jobs to be Done und Behavior Driven Development (BDD)
3.5Modell 5 – Co-Creation mit Kunden: Service Design Thinking
Service Design Thinking und Digital Leadership
3.6Modell 6 – Systematisches Engpassmanagement: Theory of Constraints
Kontinuierliche Auslieferung erfordert kontinuierliche Erforschung
3.7Modell 7 – Hypothesengetriebene Geschäftsmodellexperimente: Lean Startup
3.8Right to left: Eine umfassende vereinheitlichende Theorie für Lean-Agile
3.9Fragen zum Kapitel
4Tragfähige Skalierung
4.1Das Spotify-Modell: Squads, Tribes, Chapter und Gilden (Guilds)
4.2Skalierte agile Prozessframeworks
4.3SAFe-Grundlagen
4.4Engagementmodelle und die Herausforderungen von Veränderungen
4.5Organisationen haben auch Bedürfnisse
4.6Fragen zum Kapitel
5Von außen nach innen
5.1Was passiert gerade?
5.2Das Outside-in Service Delivery Review (OI-SDR)
5.2.1Grund 1: Kontext
5.2.2Grund 2: Alignment
5.2.3Grund 3: Beteiligung
5.2.4Grund 4: Daten
5.2.5Grund 5: Lernen
5.2.6Grund 6: Fertigstellung
5.3Das Outside-in Strategy Review (OI-SR)
5.3.1Teil 1: Einigung auf einen Zeitrahmen
5.3.2Teil 2: Die Outside-in-Fragen
5.3.3Teil 3: Von Hindernissen zu Ergebnissen
5.3.4Teil 4: Einen Plan strukturieren
5.3.5Teil 5: Optionen entwickeln
5.4Die ganzheitliche Organisation
5.5Organisationsschema von NOBL
5.6Wardley Mapping
5.7Von außen nach innen und wieder raus
5.8Fragen zum Kapitel
6Von oben nach unten
6.1Servant Leadership
6.2Die Umkehrung der Pyramide
6.3Umkehrung der Kontrolle
6.4Eine engagierte Unternehmenssteuerung
6.5Die Teilnahme maßstabsgerecht strukturieren
6.5.1Strategieumsetzung
6.5.2Workshops
6.5.3Open Space
6.6Moderation von Agilität in der umgekehrten Organisation
6.7Beginn oder Wiederbelebung der Transformation
6.8Weiterführende Fragen
6.9Fragen zum Kapitel
Anhang
ADie Fragen am Ende der Kapitel, konsolidiert
A.1Kapitel 1. Von rechts nach links in der materiellen Welt
A.2Kapitel 2. Von rechts nach links in der digitalen Welt
A.3Kapitel 3. Modelle und Frameworks
A.4Kapitel 4. Tragfähige Skalierung
A.5Kapitel 5. Von außen nach innen
A.6Kapitel 6. Von oben nach unten
BMeine Art von …
CQuellen
DEndnoten
Danksagung
Über den Autor
Über die Übersetzerin
Index
So ein Mist! Sie waren kurz davor, Ihr Heimwerkerprojekt fertigzustellen, nur noch ein einziges Bohrloch fehlt, und dann lässt Sie Ihre elektrische Bohrmaschine im Stich. Ihre Arbeit ist zum Stillstand gekommen. Ohne Ersatz können Sie nicht weiterarbeiten.
Tief durchatmen … So schlimm ist es nicht. Bei der Recherche mit Ihrem Smartphone entdecken Sie, dass der nächstgelegene Baumarkt genau die Art von Bohrmaschine anbietet, die Sie benötigen. Sie bestellen das Gerät zur Direktabholung, springen in Ihr Auto und können kurz darauf schon an Ihrem Projekt weiterarbeiten und es vollenden. Puh!
Die Lösung für das Problem in unserer kleinen Geschichte wirkt eher banal, es war ein einfacher Vorgang. Sie hatten ein Bedürfnis und mit dem Kauf des Geräts konnte dieses erfüllt werden. Wenn wir uns jedoch näher anschauen, was alles dahintersteckt, gibt es eine Menge zu entdecken:
Um es auf den Punkt zu bringen: Sie haben es dank einer hochmodernen Lieferund Versorgungskette geschafft, ein brandneues und technisch bemerkenswertes Gerät zu einem für Sie annehmbaren Preis zu erwerben.
Vor Jahrzehnten noch war die gängige Meinung, dass Bezahlbarkeit nur durch Massenproduktion erreicht werden kann, wobei Skaleneffekte das Kostenniveau derart senken, dass der Endverbraucher sich das Produkt leisten kann. Doch in unserer Zeit schneller Veränderungen und der Wahlfreiheit der Verbraucher kann dieser Effekt nicht das hervorbringen, was in unserer kleinen Geschichte gerade passiert ist. Verbraucher wollen keine veralteten Produkte. Händler wollen nicht über Lagerbestände verfügen, die schon bald überholt sind und schwer zu verkaufen sein werden. Hersteller möchten keine Lagerbestände in Mengen produzieren, die von den Händlern nicht schnell verkauft werden können.
Wenn das, was wir hier sehen, keine Massenproduktion ist, dann muss etwas anderes im Gange sein. Etwas, das eine andere Art von Effizienz liefert. Versuchen wir zu verstehen, was all dies möglich macht.
Wir fangen damit an, den soeben beschriebenen Lieferprozess mithilfe einer Value Stream Map1Flowwertsteigernden