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Dieser Ratgeber entstand als Masterarbeit für den Lehrgang Master of Advanced Studies in Real Estate Management an der Fachhochschule St. Gallen.

Betreuer: Dr. Pirmin Schwander, Lachen SZ

Erstellt wurde der Ratgeber durch Stefan Kumschick, Schwarzenbach SG und Martina Gessler, Zürich ZH

Rechtliche Hinweise:

Dieses Buch wurde mit grösster Sorgfalt erstellt. Die darin enthaltenen Hinweise, Ratschläge, Checklisten und Hilfsmittel dienen als Information und Hilfestellung für den Leser. Jeder Immobilienkauf stellt eine einzigartige und anspruchsvolle Transaktion dar. Die Autoren können keine Zusicherung oder Garantie abgeben, dass die beschriebenen Vorgehensweisen auch zum Erfolg führen werden.

© 2014 Stefan Kumschick und Martina Gessler

Ohne schriftliche Genehmigung der Autoren darf das Buch weder auszugsweise noch vollständig vervielfältigt werden.

Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 978-3-7357-0674-4

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Vorwort

Die Attraktivität von Immobilienanlagen ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Die Gründe dafür liegen in einem stetig steigenden Bedarf an Wohnraum und einem derzeit historisch tiefen Zinsniveau. Darüber hinaus haben Unsicherheiten auf den Kapitalmärkten als Folge der Immobilienund Finanzkrise die Nachfrage nach Renditeliegenschaften verstärkt. Auf der Suche nach krisensicheren und werthaltigen Investitionsmöglichkeiten erwerben immer mehr Privatpersonen Immobilien als Renditeanlagen. Durch fehlendes Wissen treffen sie dabei häufig Kaufentscheide auf der Basis von unvollständigen oder gar falschen Grundlagen und gehen beim Kaufprozess unnötige Risiken ein.

Um dies zu vermeiden, ist das vorliegende Buch entstanden. Als unabhängiges Praxishandbuch möchte «Das 1x1 der direkten Immobilienanlage» private Immobilienanleger erfolgreich durch den Strategie-, den Such-, den Finanzierungs- und den Kaufprozess einer Renditeliegenschaft führen. Zudem stellt das Praxishandbuch nützliche Links und Hilfsmittel zur Verfügung, um die Risiken einer Immobilienanlage auf ein Minimum zu reduzieren und deren Chancenpotenzial zu erkennen. Bei der Erstellung dieses Praxishandbuches konnte auf das fundierte Wissen von Immobilien-Experten zugegriffen werden, die in Interviews aus ihrem Immobilienalltag berichteten. Das «1x1 der direkten Immobilienanlage» eignet sich sowohl für den risikobewussten Immobilienanleger, der die Anlage zwecks Altersvorsorge tätigt, als auch für den risikobereiteren Investor, der bei seiner Anlage einen hohen Einsatz von Fremdkapital anstrebt. Der Fokus hinsichtlich der Objektart liegt dabei auf Wohnliegenschaften.

Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird auf die geschlechterspezifische Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten grundsätzlich für beide Geschlechter.

Nun wünschen wir Ihnen viel Spass beim Lesen und vor allem viel Erfolg bei Ihrer Immobilienanlage!

Stefan KumschickMartina Gessler

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Bei der genaueren Betrachtung des Themas Immobilienanlagen fällt auf, dass die vorhandenen Nachteile und Risiken, die mit Immobilien verbunden sind – sei es der hohe Investitionsbedarf oder das Risiko steigender Zinsen – von Investoren in Kauf genommen werden, weil aus Sicht der Anleger die Vorteile, wie die Wertbeständigkeit und die langfristigen und konstanten Erträge, überwiegen.

Aus Sicht der Autoren führt der Weg zu einer erfolgreichen Immobilienanlage über eine strukturierte Vorgehensweise und die Definition einer Immobilienstrategie. Ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgsrezeptes ist dabei, Klarheit über das eigene Anlegerprofil zu erlangen, welches aus den individuellen Anlegerzielen und dem Risikoprofil besteht. Die Ziele Sicherheit, Rendite und Liquidität stehen teilweise im Konflikt zueinander. Auf der Basis des Anlegerprofils stellt der Immobilieninvestor Überlegungen zu den Renditeerwartungen, der Anlagegrösse, der Form der Finanzierung, zum Standort und der Art der möglichen Investitionsobjekte an.

Bei der Objektsuche bildet das Suchprofil eine wichtige Basis, da es die wichtigsten Anforderungen, die an das Investitionsobjekt gestellt werden, beinhaltet. Neben der eingehenden Prüfung aller relevanten Unterlagen steht im Suchprozess auch die Objektbesichtigung im Mittelpunkt. Nach Meinung der Autoren und auch der befragten Experten sollten sich unerfahrene und nicht fachkundige Investoren spätestens zu diesem Zeitpunkt von Fachleuten unterstützen lassen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass gerade Laien häufig glauben, nicht auf Hilfe angewiesen zu sein. Werden beispielsweise Zustand und Unterhaltsbedarf falsch eingeschätzt, kann dies schwerwiegende finanzielle Folgen für den Investor haben. Auch Aussagen eines Experten zu einem möglicherweise vorhandenen Potenzial einer Liegenschaft lassen sich Kaufinteressenten so entgehen. Durch eine detaillierte Analyse soll der Erfolg der Investition langfristig kalkuliert und die Risiken minimiert werden. Die Erkenntnisse aus der Besichtigung, der Analyse der Lage, des Zustands, der Nutzbarkeit sowie der finanziellen Eckdaten werden anschliessend in einem Grundlagenpapier und einer Planrechnung zusammengetragen. Diese bilden eine wichtige Basis für den späteren Kaufentscheid.

Bei der Frage der Finanzierung zeigt sich, dass vor allem die Höhe des Fremdkapitals, die Amortisationen sowie das gewählte Verzinsungsmodell Einfluss auf den langfristigen Investitionserfolg haben. Dabei ist es hilfreich, wenn ein Anleger die verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten und die Vorgehensweise der Banken betreffend Tragbarkeitsberechnung, Objektprüfung etc. kennt und das Finanzierungsgesuch entsprechend professionell ausarbeitet. Um den Kauf finanziell abzusichern, sollte die Finanzierung frühzeitig geregelt werden.

Wie Recherchen ergaben, gehen private Investoren bei der Kaufabwicklung immer wieder unnötige Risiken ein, was mit einfachen Mitteln verhindert werden könnte. Daher gilt es, vor allem auch dem eigentlichen Kaufprozess eine hohe Beachtung zu schenken und wo nötig, rechtzeitig unabhängige Fachpersonen beizuziehen.

Fazit

Während manche Experten die Ansicht vertreten, direkte Immobilienanlagen eigneten sich nicht für private Anleger mit einem kleineren Vermögen, sind andere durchaus von deren Chancen auf Erfolg überzeugt. Es gibt in der Praxis unzählige positive Beispiele von privaten Investoren mit kleinerem Anlagevolumen, die sich seit Jahren erfolgreich am Immobilienmarkt behaupten. Ausschlaggebend ist, dass die spezifischen Eigenschaften von Immobilien bei der Investition berücksichtigt werden und die Ziele des Anlegers langfristig ausgerichtet sind. Zudem konzentriert sich der private Investor aus Gründen der Sicherheit sinnvollerweise auf Wohnliegenschaften, welche eine gewisse Mindestgrösse aufweisen. Ist das zur Verfügung stehende Anlagevolumen dafür nicht ausreichend, kann unter Umständen eine indirekte Immobilienanlage sinnvoller sein.

1 Die Immobilienanlage

 

Immobilien bilden als langfristige Geldanlagen eine attraktive Alternative zu anderen Anlageklassen, wie zum Beispiel Aktien. Sie zeichnen sich durch eine hohe Wertbeständigkeit aus, bieten teilweise steuerliche Vorteile und, abhängig vom Standort, unter Umständen auch einen guten Inflationsschutz. Ihre eigentliche Stärke besteht jedoch im Generieren von regelmässigen, konstanten und kalkulierbaren Erträgen. Qualitativ gute Immobilien eignen sich somit sehr gut als langfristige Investitionsobjekte, sofern Lage, Preis, Finanzierung und Vermietbarkeit stimmen.

Mehrfamilienhaus im Kanton St. Gallen

 

1.1 Besonderheiten von Immobilienanlagen

Immobilien unterscheiden sich gegenüber anderen Anlageformen und weisen spezifische Charaktereigenschaften auf. Der Begriff «Immobilie» impliziert bereits die Immobilität respektive Standortgebundenheit von Immobilien und damit die Abhängigkeit von externen, nicht steuerbaren Einflussgrössen. Die Heterogenität bezeichnet die Einzigartigkeit einer jeden Immobilie. Selbst innerhalb bestimmter Kategorien gleicht kein Objekt in seiner Vielzahl von Eigenschaften genau einem anderen. Diese Heterogenität gibt jeweils spezifische Nutzungen vor, woraus eine bestimmte Nutzungsgebundenheit resultiert. Im Gegensatz zu anderen Anlagen weist eine Immobilie häufig eine sehr lange Nutzungsdauer von über 100 Jahren und einen hohen Kapitalbedarf, sowohl beim Erwerb als auch beim Betreiben, auf. (Lanz, 2014, Rating, S. 6)

Abbildung 1: Charaktereigenschaften von Immobilien (Lanz, 2014)

 

1.2 Gründe für Immobilienanlagen

Es gibt verschiedene Beweggründe für Investoren, in Immobilien zu investieren. Der Hauptfokus dieses Ratgebers liegt auf Mehrfamilienhäusern, welche als Renditeobjekte erworben werden. Dabei kann es sich um eine einzelne Liegenschaft oder aber um ein Immobilienportfolio handeln. Die Eigenkapital-Rendite zeigt dabei das prozentuale Verhältnis des Gewinns zum eingesetzten Kapital auf.

Einer der Hauptgründe für den Entscheid privater Anleger zugunsten einer Immobilienanlage sind die fehlenden Alternativen: Aktien erscheinen ihnen oftmals zu unsicher, die Renditen bei Wertpapieren zu niedrig. Zudem wirken sich die aktuell sehr tiefen Zinsen positiv auf die Liegenschaftsrechnung aus und stellen eine grosse Motivation für Investoren dar. In Kombination mit einer im Vergleich zu anderen Anlagen hohen Fremdfinanzierbarkeit entsteht so eine Hebelwirkung. (Bleisch, Experteninterview, 2014) Dieser sogenannte Leverage-Effekt wird in Kapitel 4.3.3 detailliert beschrieben.

Während die Verzinsung von BVG-Geldern sowie Renten- und Lebensversicherungen zunehmend an Attraktivität verlieren, werden Immobilien als Altersvorsorge immer beliebter. Ein grosser Vorteil ist dabei, dass das Vorsorgekapital für die Erben erhalten bleibt und nicht wie bei einer Rente nach dem Tod erlischt. Dabei muss aber darauf geachtet werden, dass die Immobilie bei Renteneintritt moderat belehnt ist und genügend Rückstellungen für den laufenden Unterhalt und zukünftige Instandsetzungen vorhanden sind.

Ein weiterer Grund für den Entscheid vieler Anleger zugunsten einer Immobilienanlage ist der vergleichsweise gute Inflationsschutz. Es ist richtig, dass Immobilien einen relativ sicheren Werterhalt bieten. Zudem ist eine bedingte Anpassung der nominellen Mieten an die Inflation möglich, was deren negativen Effekt auf den Wert reduziert. Allerdings können die Mieten erfahrungsgemäss zumindest kurz- bis mittelfristig kaum vollständig an die Inflation angepasst werden. Von den langfristig, das heisst über mehrere Zyklen durchaus stabilen Immobilienpreisen können demzufolge auch nur langfristig orientierte Investoren profitieren. Der Inflationsschutz ist ausserdem stark abhängig vom Standort der Immobilie. Der Wert einer Liegenschaft reduziert sich kontinuierlich durch ihre Alterung. Durch bauliche Massnahmen kann dies korrigiert werden, was aber zu zusätzlichen Kosten führt. Das bedeutet, dass Liegenschaften mit einem grossen Landanteil einen besseren Inflationsschutz bieten: Unbebautes Bauland erfährt keine Entwertung durch Alterung. Da der prozentuale Landanteil am Verkehrswert an guten Lagen höher ist, hat der Standort folglich Auswirkungen auf den Inflationsschutz: Bessere Lage – besserer Inflationsschutz, vereinfacht gesagt. (Gantenbein, 2012)

Bei grösseren Vermögen kann die Immobilienanlage auch ein Bestandteil der sogenannten Asset Allocation (deutsch: Anlageaufteilung) sein. Ziel ist die Diversifikation, also die Aufteilung eines Vermögens auf verschiedene Anlageklassen wie zum Beispiel Anleihen, Aktien, Immobilien und Edelmetalle. Durch eine Aufteilung des Anlagekapitals in sichere und in riskantere Anlagen wird versucht, das für den jeweiligen Investor ideale Verhältnis zwischen Risiko und Rendite zu erreichen. (Börsenlexikon FAZ, 2014)

Manche Immobilieninvestitionen werden auch aus Prestigegründen getätigt, etwa weil es «en vogue» ist, an einem bestimmten Standort eine Liegenschaft sein Eigen zu nennen. Nicht zuletzt gibt es aber vor allem bei privaten Immobilienanlegern auch emotionale Gründe, in Immobilien zu investieren. Im Gegensatz zu Finanzbeteiligungen mittels Wertpapieren, kann man ein Gebäude anfassen. Der reale, physische, sicht- und greifbare Wert vermittelt ein Gefühl der Sicherheit und ermöglicht eine Beziehung zum Objekt. (Bleisch, Experteninterview, 2014) Diese emotionale Komponente ist nicht zu unterschätzen. Nicht wenige Eigentümer betreiben ihre Immobilie mit viel Herzblut. Bei «anonymen» Aktien ist dies wohl kaum vorstellbar!

 

1.3 Varianten der Immobilienanlagen

Es gibt unterschiedliche Varianten von Immobilienanlagen. Welche Art der Anlage für den jeweiligen Investor die richtige ist, hängt nicht zuletzt vom verfügbaren Kapital sowie von seiner Risikobereitschaft ab.

1.3.1 Direkte Immobilienanlagen

Bei einer direkten Immobilienanlage erwirbt ein Anleger eine oder mehrere Immobilien in eigenem Namen. Er trifft also selbst einen objektbezogenen Investitionsentscheid und erwirbt, betreibt, verwaltet und veräussert Immobilien direkt, in eigenem Namen und auf eigene Rechnung. Dabei kann es sich um Selbstnutzer, private Kapitalanleger aber auch um professionelle Immobilienunternehmen und institutionelle Anleger wie Versicherungen und Pensionskassen handeln. (Bürgi Nägeli Rechtsanwälte, 2014)

Weil eine erfolgreiche Investition mit Direktanlagen genügend Eigenmittel für geeignete Objektgrössen und eine angemessene Risikodiversifikation voraussetzt, eignet sich diese nicht für alle privaten Anleger. Zudem ist der direkte Erwerb von Immobilien aufwendig, setzt Erfahrung voraus und verursacht vergleichsweise hohe Transaktionskosten wie etwa für die Suche, die Immobilienbewertung, die Investitionsanalyse und die Kaufabwicklung. Ein Teil dieser Kosten fällt auch für die Unterbreitung von Kaufangeboten an, die keinen Zuschlag erhalten.

Trotzdem erfreuen sich auch direkte Immobilienanlagen bei privaten Investoren einer hohen Beliebtheit und es existieren in der Praxis zahlreiche Beispiele von erfolgreichen Investitionen. Neben der bereits erwähnten langfristigen Kalkulierbarkeit und dem Inflationsschutz besteht ein wesentlicher Vorteil in der Entscheidungshoheit, auch gegenüber indirekten Immobilienanlagen: Der Investor besitzt die vollständige Handlungs- und Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Verwaltung seines Eigentums und kann dessen Wertentwicklung durch wertsteigernde Investitionen selber beeinflussen. Ein Steuervorteil kann sich bei Direktanlagen ergeben, weil werterhaltende Sanierungsmassnahmen in der Regel von der Einkommenssteuer abzugsfähig sind. Zusammengefasst lassen sich hinsichtlich einer Investition in direkte Immobilienanlagen folgende Vor- und Nachteile festhalten:

Vorteile direkter Immobilienanlagen Nachteile direkter Immobilienanlagen
  • + Erträge und Aufwände sind langfristig kalkulierbar
  • + nachhaltige und konstante Cashflows
  • + Wertbeständigkeit
  • + Inflationssicherheit
  • + Eventuelle Steuervorteile
  • + Entscheidungshoheit liegt beim Eigentümer
  • + Sicherheit versprechende Realwertanlagen versus mangelndes Vertrauen in andere Anlagegruppen
  • + Immobilien kann man im Gegensatz zu „anonymen“ Aktien anfassen
  • -Hoher Kapitalbedarf
  • -Langfristigkeit der Anlage bei begrenzter Liquidität
  • -Unter Umständen hohe Verschuldung
  • -Klumpenrisiko aufgrund von mangelnder Diversifikation
  • -Abhängigkeit von externen Einflüssen durch Standortgebundenheit
  • -Aufwendig in Betrieb und Unterhalt
  • -Fachwissen erforderlich, welches allenfalls bei Beratern eingeholt werden muss

Abbildung 2: Vor- und Nachteile direkter Immobilienanlagen (basierend auf UBS-Mehrfamilienhaus-Ratgeber, 2008, S. 14)

1.3.2 Indirekte Immobilienanlagen