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Table of Contents

Schwert und Schild – Sir Morgan, der Löwenritter Band 17: Im Bann der schönen Hexe

Klappentext:

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17.

18.

19.

20.

21.

Nachspiel

Schwert und Schild – Sir Morgan, der Löwenritter Band 17: Im Bann der schönen Hexe

 

 

von Joachim Honnef / Tomos Forrest

 

 

Zyklus: Wilde Jugendjahre in Cornwall, Band 8

 

 

 

IMPRESSUM

 

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© Roman by Author

© Titelbild: nach einem Motiv von Edmund Blair Leighton mit Steve Meyer, 2018

Lektorat: Kerstin Peschel

Ceated by Thomas Ostwald, Alfred Bekker und Jörg Martin Munsonius

© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

www.AlfredBekker.de

postmaster@alfredbekker.de

 

 

 

Klappentext:

 

Im Land geht die Kunde um, dass im Wirtshaus in Burrington eine wunderschöne Magd die Gäste bedienen soll, dass sie jeden Mann in ihren Bann zieht, der sie erblickt, ihn regelrecht liebestoll macht. Leise Stimmen sprechen davon, dass sie eine Hexe sei, die in der Lage ist, die Männer zu verzaubern. Einige von ihnen sind regelrecht blind vor Liebe, dass sie alles, aber auch wirklich alles für sie tun, um ihr zu gefallen.

Sogar Sir Morgan of Launceston und seine Getreuen Cynan und Rhodri sind ihr verfallen. Morgan ahnt jedoch, dass sie ein überaus finsteres Geheimnis in sich birgt und als er dahinterkommt, verschlägt es ihm nicht nur die Sprache …

 

 

***

 

 

1.

 

Durial hatte keine Chance.

Die Übermacht war zu groß. Ein wuchtiger Keulenhieb schleuderte ihn gegen den Schanktisch. Ein Bierhumpen fiel um, und der Inhalt schwappte bis zu dem Mädchen, das mit einem Aufschrei hinter dem Schanktisch zurücksprang.

Sir Morgan erfasste die Situation mit einem Blick.

Der Mann, der sich gegen fünf verwegen aussehende Kerle zur Wehr setzte, war ein alter Bekannter: Durial, ein schlanker, hellblonder Draufgänger Ende Dreißig, dessen markantes Gesicht mit den blaugrauen Augen stets lächelnd wirkte, sogar jetzt, als eines der Augen geschwollen war.

Durial war kein Bekannter, an den sich Sir Morgan nicht gern erinnerte. Er war einer jener Gesellen, bei denen man seine Finger nachzählen musste, wenn man ihm die Hand gereicht hatte. Doch er brauchte Hilfe. Und Sir Morgan war kein Mann, der tatenlos zusah, wenn fünf wilde Kerle einen Mann zusammenschlugen. Auch wenn dieser ein zwielichtiger Bursche wie Durial war.

Der Ritter griff in den ungleichen Kampf ein.

Durial trat verzweifelt nach dem Mann mit der Keule. Der Kerl jaulte auf und taumelte zurück. Die Keule entglitt ihm. Zwei seiner Kumpane packten Durial und pressten ihn mit hartem Griff gegen den Schanktisch. Ein breitschultriger, hünenhafter Mann mit kahlem Haupt und wucherndem rotem Bart holte mit der geballten Rechten aus, wie um Maß zu nehmen.

Sir Morgan war mit drei langen Sätzen hinter dem Kerl. Seine Rechte packte den vorschnellenden Arm des Angreifers, umklammerte das Handgelenk und riss den Mann herum. Die Faust streifte Durial nur noch an der Schulter.

Erst jetzt schienen sie ihn wahrzunehmen.

Durial reagierte als Erster. Er nutzte die Überraschung seiner Gegner und riss sich los.

Sir Morgan sah es nur aus den Augenwinkeln. Der Schläger fuhr zu ihm herum. Morgan blickte in ein gerötetes, zorniges Gesicht mit funkelnden grünen Augen und sah eine Faust auf sich zurasen. Gedankenschnell riss er den Kopf zur Seite und schlug selbst mit der Linken zu, wobei er das Handgelenk des Gegners losließ. Der Hieb trieb den Mann gegen den Schanktisch.

Die Magd schrie auf.

Einer der fünf wilden Gesellen sprang Sir Morgan von hinten an. Hände krallten sich um seinen Hals.

Der Ritter ging in die Hocke, packte die Unterarme des Angreifers und warf ihn über seinen Kopf hinweg. Der Bursche schrie auf und krachte gegen den Hünen, der sich vom Schanktisch abgestoßen hatte und gerade wütend auf Morgan zustürmen wollte. Beide stürzten zu Boden, als Durial mit einem Fußtritt in die Kehrseite des Hünen nachhalf. Schon wirbelte Durial zu einem weiteren Angreifer herum, wich einem wilden Schwinger aus und schlug dem Gegner die Rechte ans Kinn. Der Mann taumelte auf Sir Morgan zu und hatte die Arme ausgebreitet, als wolle er Morgan in die Arme schließen. Nun, Morgan hatte nicht vor, sich von dem verkommenen Kerl umarmen zu lassen. So sprang er flugs zur Seite, und der schon angeschlagene Geselle krachte der Länge nach hin.

Das Mädchen hatte sich vom Schreck erholt und ergriff die Flucht. Sie verschwand durch die Tür hinter dem Schanktisch. Augenblicke später hörte Morgan sie laut um Hilfe rufen.

Durial ging gerade von einem Fausthieb getroffen zu Boden.

Sir Morgan musste auch einige Hiebe einstecken. Und von Durial war keine Unterstützung mehr zu erwarten. Einen Moment lang bedauerte Morgan, nicht gleich zum Schwert gegriffen zu haben. Doch es war eines Ritters unwürdig, mit dem Schwert gegen Fäuste zu kämpfen, und Durial wäre von der Faust des Hünen schlimm getroffen worden, wenn Morgan nicht sofort eingegriffen hätte. Außerdem hatten zwei der Kerle Durial festgehalten, und einer hätte Durial oder gar das Mädchen mit einem Messer bedrohen und Morgan zur Aufgabe zwingen können.

Morgan erwehrte sich eines Angreifers und schleuderte ihn gegen zwei Kumpane. Alle drei gingen zu Boden. Das verschaffte Morgan Luft, und er griff zum Schwert. Er wollte sich und dem arg mitgenommenen Durial eine Fortsetzung des Kampfes ersparen. Schließlich war er auf ein Bier in die Schenke gegangen und nicht auf eine Schlägerei.

„Schluss!“, sagte er und hielt dem nächsten Angreifer das Schwert unter die Nase.

Der Kerl verharrte stocksteif, als sei seine Nase schon aufgespießt, und er wurde blass. Angst flammte in seinen dunklen Augen auf.

„Nicht, bitte, Herr!“

„Wenn ihr vernünftig seid …“, sagte Morgan und zog das Schwert zurück. Der Gesell, der sich vorhin noch so tapfer gefühlt hatte, als er mit vier Kumpanen auf einen hilflosen Mann eingeprügelt hatte, warf sich herum und hetzte zur Tür, als sei der Leibhaftige hinter ihm her.

Der Ritter ließ den Feigling laufen, auch die anderen Kerle, die sich inzwischen aufgerappelt hatten und ebenfalls Fersengeld gaben.

Der kahlköpfige Hüne sprang zu der Keule, die am Boden lag, doch Sir Morgan klopfte ihm mit der Breitseite des Schwertes auf die Finger. Da vergaß der Mann die Keule. Und so groß und kräftig er auch war, einer der Tapfersten schien auch er nicht zu sein. Oder er war nicht so dumm, wie sein einfältiges Gesicht vermuten ließ und erkannte, dass er waffenlos gegen einen Schwertkämpfer nicht bestehen konnte. Auch er ergriff die Flucht.

Sir Morgan steckte sein Schwert zurück in die Scheide.

Auf der Straße riefen aufgeregte Stimmen durcheinander. Schritte nahten. Hufschlag klang auf und entfernte sich. Dann tauchte die Magd in der Tür auf, gefolgt von einem halben Dutzend Männern, wohl Bewohner des Dorfes, die sie alarmiert hatte.

Das Mädchen sah Morgan aus großen, schwarzen Augen an. Immer noch flackerte Furcht in ihren Augen. Ihr Blick glitt zu Durial, der sich gerade am Schanktisch hochstemmte und dabei ächzte und stöhnte, als liege er in den letzten Zügen.

Einer der Männer schob das Mädchen zur Seite und riss sein Schwert hoch.

„Du Hundsfott!“, brüllte er und stürmte auf Morgan zu.

Dem Ritter blieb keine Zeit für lange Erklärungen. Er riss das Schwert erneut heraus, parierte den Angriff und kreuzte mit dem zornigen Mann die Klinge. Hell klirrten die Schwerter durch die aufgeregten Rufe.

Alle in der Schenke schrien durcheinander.

Die aufgebrachten Bewohner des kleinen Ortes, die in Sir Morgan, dem Fremden, offenbar den Bösewicht wähnten, feuerten ihren unerschrockenen Freund an.

„Mach ihn fertig!“, war nur einer der Schlachtrufe.

Durial brüllte etwas von „Missverständnis“, und „Aufhören“, und auch das Mädchen versuchte sich in dem allgemeinen Durcheinander Gehör zu verschaffen.

Morgan war gewiss kein schlechter Schwertkämpfer, doch der Gegner wusste, wie man ein Schwert führte. Vielleicht verlieh ihm auch das Gefühl, für eine gute Sache zu streiten, ungeahnte Kampfkraft. Zudem war Morgan noch mitgenommen vom vorherigen Kampf, sein Gegner erwies sich als ebenbürtig, und es war nur eine Frage der Zeit, wann Morgans Kräfte erlahmen würden. Der Angreifer kämpfte geschickt und griff überlegt an. Morgan parierte seine Angriffe, doch im Zurückweichen rutschte er in einer Bierlache aus. Er strauchelte und stürzte.

Panik stieg in ihm auf. Schon wollte der andere das Schwert an seine Kehle setzen.

Da traf ihn die Keule.

Durial hatte sich und die Keule aufgerafft und Morgans Gegner hinterrücks niedergeschlagen. Der Schwertkämpfer verdrehte die Augen und sank über Morgan, der sich schnell zur Seite rollte, um ihm Platz zu machen und nicht von dem Schwert getroffen zu werden.

Mit einem dumpfen Laut prallte der Mann neben ihm auf, und die Dielen der Schenke erzitterten.

Morgan riss sein Schwert hoch und sprang auf, denn da waren noch ein halbes Dutzend Männer, die immer noch nicht wussten, was los war und ihrem bewusstlosen Freund zu Hilfe eilen wollten. Sie waren nicht mit Schwertern bewaffnet, doch einer schwang eine Mistgabel, einer hatte ein Messer in der Hand, und einer hatte sich mit einem Eisenstab aus der Schmiede bewaffnet.

Sie verharrten, als Morgan das Schwert hob und Kampfstellung einnahm. Der Besiegte war weit über den Ort hinaus als hervorragender Schwertkämpfer bekannt, und dieser fremde Recke dort hatte sich gut zu verteidigen gewusst. Das warnte sie. Plötzlich herrschte Totenstille, bis auf Morgans und Durials keuchende Atemzüge. Morgan sah Furcht in den Augen der Dörfler, die auf sein Schwert starrten.

Er lächelte.

„Gewiss seid Ihr jetzt so nett und erklärt alles“, bat er die Schankmagd.

Das tat sie dann, unterstützt von Durial.

Sie war die Tochter des Wirtes, der gerade Waren im Nachbarort einkaufte. Fünf Strolche hatten sie belästigt. Durial, der sechste Tagedieb – was nur Morgan wusste – war ihr tapfer zu Hilfe gekommen, doch er wäre verloren gewesen, wenn Morgan nicht im rechten Moment aufgetaucht wäre und die Kerle in die Flucht geschlagen hätte.

Geraune setzte ein, als Durial Morgan als den Ritter des Sheriffs vorstellte. Die Kunde von seinen Taten war auch bis in diesen Ort gelangt, und immer mehr Leute eilten herbei, um den Ritter leibhaftig zu sehen.

Der einzige Schwertkämpfer des kleinen Ortes war wieder zu sich gekommen; jemand hatte ihm einen Eimer Wasser über den Kopf geschüttet. Er zürnte mit Durial, weil er ihm „den Kampf seines Lebens“ vermasselt hatte.

„Es wäre gewiss dein letzter geworden“, sagte Durial und betastete grinsend seine Beulen. „Morgan hätte dich mit seinem berühmten Trick reingelegt, wenn ich dich nicht gnädig flachgelegt hätte.“

Der Mann blinzelte. „Trick?“

Durial grinste. „Ja, er lässt sich fallen, um den Gegner auf sich zu ziehen, und dann …“

Er beließ es bei dieser Andeutung, und das war gut so.

In Wahrheit hatte es rabenschwarz für Morgan ausgesehen, und er war ehrlich genug, sich das selbst einzugestehen. Doch die anderen brauchten das nicht zu wissen. So lenkte er geschwind von dem vermeintlichen „Trick“ ab. Er reichte dem Mann die Hand und lobte ihn als vorzüglichen Schwertkämpfer.

Irgendjemand wollte wissen, wer die fünf Tagediebe gewesen seien, die den Streit vom Zaun gebrochen hatten. Es waren Fremde, und sie waren wie von Furien gehetzt zu ihren Pferden gelaufen und davon galoppiert. Man war sich darin einig, dass es keinen Sinn hatte, kurz vor Einbruch der Dunkelheit ihrer Fährte zu folgen.

Durial gab die nächste Runde Bier aus, und bald herrschte eine recht gemütliche Stimmung in der Schenke. Durial versuchte mit der Schankmmagd zu schäkern, doch sie war zu beschäftigt. Fast alle Dorfbewohner hatte es in die Herberge gezogen und wollten etwas zu trinken haben. Morgan zog sich mit Durial an einen Tisch im Hintergrund zurück. Er musterte Durial.

Er hatte blaugraue Augen und einen Unschuldsblick, auf den schon viele Leute hereingefallen waren, bis sie ihn besser kennengelernt hatten. Jetzt war sein linkes Auge klein und geschwollen, und trotz seines Grinsens loderte Zorn in seinem Blick.

„Diese Dreckskerle“, sagte er mit seiner rauen Stimme. „Wollten mir doch tatsächlich die Schankmagd vor der Nase wegschnappen!“

Morgan stellte den Bierhumpen ab und sah Durial an. Das klang anders als vorhin, als er Morgan zugeflüstert hatte: „Ist meine neue Freundin nicht ein prächtiges Weibsbild?“, Im Nachhinein betrachtet, fiel Morgan auf, dass sich das Mädchen Durial gegenüber eher reserviert verhalten hatte, keineswegs wie eine Freundin. Sie hatte ihn – Morgan – mit einem scheuen Lächeln bedacht, als sie das Bier an den Tisch gebracht hatte, doch sie hatte kein Lächeln für Durial gehabt und auch kein Wort mit ihm gewechselt.

„Kennst du sie schon länger?“, klopfte Morgan auf den Busch.

„Seit heute Mittag“, erwiderte Durial.

„Sie ist also gar nicht deine Freundin“, stellte Morgan fest.

Durial warf einen schnellen Blick zum Schanktisch, wo das Mädchen hantierte, und zwinkerte Morgan dann verschwörerisch zu.

„Noch nicht. Aber ich werde sie schon erobern. Ich habe noch immer bekommen, was ich wollte, keine Sorge.“

Nun, Morgan hatte gewiss keine Sorge in dieser Hinsicht, eher in einer anderen. Durial war bekannt dafür, dass er sich einfach nahm, was man ihm nicht geben wollte.

Dreimal war Morgan Durial bisher begegnet. Und nie unter erfreulichen Umständen.

Beim ersten Mal war Durial noch ein kleiner Dieb und Wegelagerer gewesen. Morgan hatte ihn laufen lassen, nachdem Durial seine Kumpane verpfiffen und das Versteck der Beute preisgegeben hatte, genauer gesagt, er hatte auf eine Verfolgung verzichtet, als sich der Bursche aus dem Staub gemacht hatte. Durial hatte zuvor treuherzig Besserung gelobt. Doch wenn er die guten Vorsätze tatsächlich gehabt hatte, so waren sie von kurzer Dauer gewesen.

Bei der zweiten Begegnung hatte Morgan diesen windigen Burschen vor einem Lynchmob retten müssen. Durial hatte sich als Wunderdoktor ausgegeben, vornehmlich bei den Damen, und er hatte einfaches Brunnenwasser als Zaubermittel und einfaches Mehl als „Liebespulver“, zu Wucherpreisen verkauft. Weder bei den Damen noch bei den Herren hatten sich die erhofften Erfolge eingestellt. Man war Durial auf die Schliche gekommen, und die aufgebrachten Geschädigten hatten sich zusammengerottet und ihn erschlagen wollen.

Morgan hatte das verhindert. Beinahe hätte man ihn mit erschlagen.

Durial hatte dann im Kerker einige Zeit gehabt, um über seine Sünden nachzudenken und sich auf Besserung vorzubereiten. Gewiss hatte er all die Mußestunden ungenutzt verstreichen lassen. Denn als Morgan ihm zum dritten Mal begegnet war, hatte sich Durial kein bisschen gebessert. Im Gegenteil. Er war Mitglied einer Räuberbande geworden, die Mädchen entführte und Lösegeld erpresste. Morgan war von der Bande gefangengenommen worden, als er ihr Versteck entdeckt hatte. Der Anführer hatte ihn umbringen wollen. Doch Durial hatte Morgan befreit. Als er dabei ertappt worden war und ein Kumpan im Räuberlager Alarm geschlagen hatte, war Durial mit Morgan geflüchtet. Mithilfe seiner Tipps war es Morgan und einem Trupp des Sheriffs gelungen, die Bande samt Anführer in eine Falle zu locken und die gefangenen Mädchen zu befreien. Morgan hatte alles angeführt, was zu Durials Gunsten sprach – was nicht viel war – und die Strafe war milde ausgefallen …

Doch Morgan hegte Zweifel daran, dass aus dem schwarzen Schaf inzwischen ein Unschuldslamm geworden war.

„Wie kommst du überhaupt her?“, fragte Durial und riss Morgan aus seinen Gedanken.

„Mit dem Pferd“, erwiderte Morgan trocken.

Durial lachte. „Wieder einer großen Sache auf der Spur?“

Er fragte es immer noch in heiterem Tonfall, doch Morgan hatte das Gefühl, dass die Heiterkeit nur vorgetäuscht war und dass die Frage irgendwie lauernd geklungen hatte.

Natürlich wollte er dem Kerl seine Pläne nicht auf die Nase binden.

Er sah Durial prüfend in die Augen und gab mal einen Schuss ins Blaue ab. „Ich wollte mal sehen, was du so treibst. Du weißt doch, dass ich im Auftrag des Sheriffs von Cornwall unterwegs bin. Der Sheriff ist mein Vater, was mich besonders verpflichtet.“

Durial hielt dem Blick mit einem großen und einem geschwollenen Auge stand. Der Schuss war wohl kein Volltreffer gewesen. Der ehemalige Räuber hatte mit keiner Wimper gezuckt. Allerdings hatte Durial schon immer eine Unschuldsmiene aufsetzen können, selbst wenn er gerade bei einem neuen Raubzug ertappt wurde. Der Kerl hätte Mime statt Räuber werden sollen.

„Ich bin auf Brautschau“, erklärte Durial mit einem schnellen Blick zur Schankmagd.“Ich bin verrückt nach ihr.“

„Sie scheint nicht so verrückt zu sein“, bemerkte Morgan.

Durial grinste. „Das kommt noch. Ich habe noch immer bekommen, was ich wollte.“

„Auch die Kerkerzeit, die du vermutlich nicht wolltest“, erinnerte Morgan.

Durials Grinsen wurde etwas säuerlich. „Lass doch die alten Geschichten. Die sind doch längst vorbei.“

„Hoffen wir das“, murmelte Morgan.

Durial trank hastig aus dem Bierkrug und wischte sich mit dem Handrücken Bierschaum von den Lippen.

„Ich werde ihr Herz erobern“, fuhr er wie im Selbstgespräch fort. Dann zwinkerte er Morgan wieder in seiner treuherzigen Unschuldslamm-Miene zu. „Sie tut zwar, als würde sie mich nicht bemerken, aber ich werde sie schon noch erobern.“

„Hoffentlich nicht mit Gewalt“, sagte Morgan und musterte ihn prüfend.

Diesmal wich Durial seinem Blick aus. Seine Miene nahm einen beleidigten Ausdruck an.

„Warum hackst du dauernd auf mir herum?“, fragte er in weinerlichem Tonfall. „Ich sagte doch, die alten Zeiten sind vorbei. Ich bin jetzt sauber. Seit der letzten Sache habe ich wie ein Mönch gelebt, ach was, noch braver als der bravste dieser Brüder.“ Er konnte die tiefbetrübte Miene nicht beibehalten. Ein Grinsen stahl sich um seine Mundwinkel. „Das musst du mir glauben. Ehrlich. Glaubst du mir das?“

Die blaugrauen Augen blickten jetzt beschwörend.

Morgan drückte sich um eine Antwort, indem er Bier trank.

Durial verfolgte das Thema nicht weiter. Er schwärmte von der Schankmagd, sprach von Liebe auf den ersten Blick, und Morgan gewann den Eindruck, dass Durial ehrliche Absichten hatte.

Morgan übernachtete in der Herberge, und als er den Ort verlassen wollte, lief ihm Durial wieder über den Weg. Die Schwellungen und blauen Flecke waren etwas abgeklungen, und der Mann sah trotz der blauen und gelben Flecken im Gesicht recht passabel aus. Er berichtete freudestrahlend, dass sein Buhlen um das Mädchen die ersten Erfolge zeitigte. Seine Einladung zu einem abendlichen Spaziergang am Ententeich hatte sie mit „vielleicht mal an meinem freien Tag“ beantwortet, und Durial strotzte vor Optimismus.