1. Auflage
© Edition Raetia, Bozen 2018
Projektleitung: Magdalena Grüner
Korrektur: Helene Dorner, Katharina Preindl
Grafik und Umschlaggestaltung: Philipp Putzer, www.farbfabrik.it
Grafik Logo „Kraut und Wurzel“: Astrid Felderer
Titelfoto: Echter Thymian (Shutterstock/Emilio100)
Druckvorstufe: Typoplus, Frangart
Druck: Printer Trento, Trient
ISBN 978-88-7283-651-4
ISBN E-Book 978-88-7283-672-9
Band 3 der Reihe „Kraut und Wurzel“
Mehr Rezepte und Tipps finden Sie auf dem Blog „Kraut und Wurzel“: www.krautundwurzel.com.
Unseren Gesamtkatalog finden Sie unter www.raetia.com.
Bei Fragen und Anregungen wenden Sie sich bitte an info@raetia.com.
Alle Fotos stammen von Astrid Felderer, außer S. 9 (Kupferstich von Raphael Custos, 1656), S. 59 (Wikimedia Commons/tigerente), S. 69 (Wikimedia Commons/$Mathe94$)
Die Angaben zu den Kräutern in diesem Buch wurden sorgfältig geprüft. Autor und Verlag lehnen jedoch jegliche Haftung für allfällige Schäden ab, die sich aus dem Gebrauch oder Missbrauch der hier vorgestellten Anwendungen ergeben. Die in diesem Buch enthaltenen Ratschläge ersetzen nicht eine ärztliche Therapie.
Gedruckt mit Unterstützung der Südtiroler Landesregierung, Abteilung Deutsche Kultur
Mit altbewährten Hausmitteln gegen Erkältungen
Mit Baldrian und Co. gegen ansteckende Krankheiten und Dämonen
Einfaches gegen Husten: vom Schichtsirup zum Hustenbonbon
Schleimstoffhaltige Heilpflanzen – kalt oder warm zubereiten?
Grippe und grippaler Infekt: die Unterschiede
Grenzen der Selbstmedikation und Zutaten der Heilmittel
Rezepte
Steigerung der Abwehrkräfte
Sonnenhuttinktur
Wechseldusche nach Kneipp
Holunderbeersirup
Immunstärkender Tee
Erkältungen
Ansteigendes Fußbad
Erkältungstee
Erkältungsbad
Ingwersaft
Essigwickel
Schnupfen
Majoransalbe
Inhalationsmischung
Nasenspülung
Halsschmerzen
Teemischung bei Halsschmerzen
Halswickel
Blutwurztinktur
Salbeiwein
Bibernellhonig
Zwiebelwickel
Heiserkeit
Reizlindernde Teemischung
Reizstillende Gurgellösung
Eibischpastillen
Trockener Husten
Teemischung bei Reizhusten
Isländisch-Moos-Pastillen
Eibischsirup
Husten- und Bronchialtee
Milch mit Honig
Schleimiger Husten
Thymiantinktur
Thymianhustensirup
Schleimlösende Teemischung
Fichtenwipfel-Spitzwegerich-Sirup
Rettichsirup
Brustbalsam
Zwiebelsaft
Verzeichnisse
Verzeichnis der Krankheitsbilder
Verzeichnis der Heilmittel
Literatur
Ein Erwachsener erkrankt durchschnittlich zwei- bis viermal, ein Kind sogar bis zu zehnmal jährlich an einer Erkältung. Erkältungen und mit ihnen in Verbindung stehende Beschwerden wie Halsschmerzen, Schnupfen und Co. gehören damit zu den häufigsten Leiden überhaupt. Es ist also nicht verwunderlich, dass in diesem Bereich im Laufe der Zeit eine überaus große Zahl an Heilmitteln zusammengetragen wurde. Denn gerade bei unkomplizierten Beschwerden des grippalen Infektes (Erkältung) mit leichten Halsschmerzen, leicht erhöhter Temperatur, Schnupfen und Husten bietet sich eine Reihe an Heilpflanzen und Hausmitteln an. Seit Jahrhunderten haben sich diese bewährt und finden auch vielfach Eingang in moderne, wissenschaftlich untermauerte Empfehlungen.
Mehr als 200 diverse Heilpflanzen werden in der mitteleuropäischen Volksmedizin bei Atemwegserkrankungen eingesetzt und bieten ein reiches Reservoir an teilweise sehr schnell verfügbaren Heilmitteln. Gleichzeitig bekämpfen Pflanzen wie Linde, Eibisch, Holunder u. a. meist nicht nur ein Symptom, sondern entfalten durch ihre Vielzahl an Inhaltstoffen gleich mehrere Wirkungen, die sich teilweise gegenseitig verstärken und ergänzen.
Es wäre sehr schade, wenn wir das Wissen um die Zubereitung eines Zwiebelsaftes, eines Essigwickels oder einfacher Schichtsirupe gegen Husten vergessen würden. Denn letztlich bieten diese eine hilfreiche Unterstützung für unser Immunsystem und eine Möglichkeit, unangenehme Symptome zu lindern. Eine Behandlung findet nämlich – auch wenn es bei einigen Heilmitteln Hinweise auf antivirale Effekte gibt – vor allem symptomatisch statt. Das heißt, dass nicht der auslösende Faktor (die Viren), sondern lediglich die daraus entstehenden unangenehmen Symptome abgeschwächt werden. Denn ein intaktes Immunsystem wird – sofern es sich um einen grippalen Infekt handelt – bei körperlicher Schonung innerhalb weniger Tage mit den auslösenden Viren fertig.
Man kann Erkältungskrankheiten aber nicht nur therapeutisch mit Heilpflanzen und Hausmitteln begegnen, sondern auch prophylaktisch sehr viel tun. Es kommt nicht von ungefähr, dass wir besonders in den kalten Wintermonaten an Husten und Schnupfen leiden. Aber anders als man dies in früheren Jahrhunderten glaubte, ist es nicht die Kälte an sich, die uns krank macht, sondern der vermehrte Aufenthalt in geschlossenen Räumen, eine mitunter geschwächte Immunabwehr und zu trockene Raumluft. Deshalb kann man über die Anfeuchtung der Raumluft, beispielsweise durch Luftbefeuchter, und mit ausreichend Bewegung an der frischen Luft bereits die Risikofaktoren minimieren. Regelmäßige Saunagänge, Wechselduschen nach Kneipp, ausreichend Schlaf, eine ausgewogene, gesunde Ernährung und leichter Ausdauersport stärken zudem das Immunsystem und steigern gleichzeitig das allgemeine Wohlbefinden.
In früheren Jahrhunderten war es durchaus üblich, zum Schutz vor ansteckenden Krankheiten und drohenden Seuchen aromatisch riechende Pflanzen bei sich zu tragen oder zu räuchern. So wird beispielsweise in der alpinen Volksmedizin bis heute angeraten, eine Meisterwurz mit sich zu tragen und regelmäßig daran zu riechen, um sich vor ansteckenden Krankheiten zu schützen.
Diese jahrhundertealten Anwendungen beruhten auf dem Glauben, dass ansteckende Krankheiten durch schlechte Düfte, sogenannte Miasmen, übertragen werden. Man sah in diesen Düften Dämonen und böse Geister, die von einem Erkrankten auf den anderen übersprangen. Bevor man wusste, dass es sich dabei um Viren und Bakterien handelt, war dies ein verständliches Erklärungsmodell dafür, wie sich Krankheiten zwischen Menschen ausbreiteten. Es lag daher auf der Hand, diese mit wohlriechenden und damit luftverändernden Stoffen zu bekämpfen, denn dadurch sollten die dämonischen Wesen vertrieben werden. Dementsprechend empfahl bereits Hildegard von Bingen im 12. Jahrhundert, die aromatisch riechende Bibernellwurzel um den Hals zu tragen, um sich vor Dämonen zu schützen.
Die in Mitteleuropa am öftesten zitierten Räucher- und Duftpflanzen waren Wacholder, Baldrian, Bibernelle, Meister- und Engelwurz. Alle diese Pflanzen riechen entweder frisch geerntet (Bibernellwurzel), geräuchert (Wacholder) oder getrocknet (Baldrianwurzel) sehr aromatisch. Vor allem Wacholder war während der großen Pestseuchen im Mittelalter eines der meistempfohlenen Räuchermittel. Diese wurden aber nicht zur Behandlung, sondern zur Prophylaxe eingesetzt. Die Krankheit sollte dadurch von Haus und Hof ferngehalten werden. Räuchern war ein allgemein bekanntes Reinigungs- und Schutzmittel. Vielerorts wurde gar behördlich angeordnet, Räume einmal täglich zu räuchern.
Im Laufe der Zeit entwickelte sich hierzu auch eine Reihe an Geschichten und Sagen. So kommt in einer Sage zur Pestepidemie aus dem Südtiroler Pustertal folgender Spruch vor: „Hättest du getrunken Bibernell, warst du gestorben nicht so schnell; hättest du gessen Baldriun, warst du kommen ganz darvun.“
Einer Legende nach kam sogar noch 1832 in Wien während einer Choleraepidemie ein Vogel aus dem Wienerwald geflogen und rief: „Esst Kranebeer (Wacholder) und Bibernell, so sterbt’s net so schnell!“