image
Tony Parsons: Das offene GeheimnisÜbersetzung: Dr. Hans-Georg Türstig
Projektmanagement: Marianne NentwigLektorat: Dirk Grosser
© J. Kamphausen Verlag &Umschlaggestaltung/Satz:
Distribution GmbH,Wilfried Klei
Bielefeld 2013E-Book-Herstellung:
info@j-kamphausen.deBookwire GmbH, Frankfurt a. M.

Tony Parsons

Das offene
Geheimnis

Übersetzung:
Dr. Hans-Georg Türstig

Image

Einführung

Kontext

Nichts zu erreichen

Niemand wird erleuchtet

Zeit

Erwartungen und Absichten

Der Park

Entscheidungen, ohne zu entscheiden

Meine Welt

Der Tod des Geist-Körper-Systems

Abstraktion

Angst

Schuld

Denken

Beziehungen

Ich bin nicht …

Ich bin …

Nichts, das als Alles erscheint

Sichtbar und Unsichtbar

Einführung

Solange wir in der scheinbaren Erfahrung feststecken, dass wir getrennte Individuen seien, die sich mit ihrem Dasein arrangieren müssten, befinden wir uns in einem Traumzustand.

In diesem Traumzustand wird anscheinend alles, was wir tun, vom Gesetz der Gegensätze beherrscht, nach dem jede sogenannte positive Handlung durch ihr entsprechendes Gegenteil ausgeglichen wird.

Dadurch werden alle unsere individuellen Bemühungen, unser Leben zu meistern, Vollkommenheit zu erreichen oder persönliche Befreiung zu erlangen, unwirksam gemacht.

Wir denken tiefer nach, reflektieren, erlangen gewisse Erkenntnisse und entdecken, dass wir uns, solange wir in diesem Traumzustand bleiben, in Wirklichkeit im Kreis bewegen. Wir befinden uns auf einem Rad, bei dem sich alles immer und immer wieder in unterschiedlichen Bildern wiederholt. Es ist die Ganzheit, die sich an einer Schöpfung erfreut, die zugleich eingeschränkt und befreit ist. Und es spielt keine Rolle, was wir über unsere Individualität und den freien Willen denken und glauben – wir kommen zu der Erkenntnis, dass wir nur Traumfiguren sind, die aufgrund bestimmter vorgefasster Glaubenssätze reagieren und sich entsprechend verhalten.

Alle klassischen Religionen, traditionellen Künste und Wissenschaften erscheinen in einer vorgeblich progressiven Welt im Rahmen dieses vollkommen ausgeglichenen und gänzlich neutralen Zustandes, der nur dazu dient, eine andere Möglichkeit widerzuspiegeln. Wenn wir über wirkliche Befreiung reden wollen, müssen wir gestehen, dass nichts geschieht. Was wir scheinbar erschaffen haben, wird scheinbar zerstört. Und was wir scheinbar zerstört haben, wird scheinbar wieder erschaffen.

Von unserer ursprünglichen und zeitlosen Natur sind wir zu einem identifizierten Ganzsein gelangt. Das erzeugte diese Verhältnisse, damit wir erneut entdecken können, dass der Traum, den wir leben, absolut keinem Zweck dient und kein Ziel hat. Wirkliches Erwachen ereignet sich außerhalb des Traumes, außerhalb der Zeit. Es ist nicht das Ergebnis individueller Bemühungen, eines Weges, Prozesses oder Glaubens.

Kontext

Als ich noch sehr jung war, hatte ich das Gefühl, in einer magischen Welt zu leben, außerhalb von Zeit und der Notwendigkeit, etwas zu werden oder zu tun … es war ein unerkanntes Einssein, das mich einfach in das Wunder dessen, was ist, einhüllte. Ich glaube, das ist bei den meisten Kindern so.

Anscheinend änderte sich das alles eines Tages, und ich trat in eine Welt ein, in der man sich als getrennt vom Ganzen erlebte und in der Bedürfnisse nicht immer gestillt wurden. Ich stellte fest, dass ich von mir getrennte Eltern hatte, einen Namen sowie die scheinbare Wahl, dieses oder auch jenes zu tun. Ich gelangte in die Welt von Zeit und Raum, von Grenzen und Erkundungen, von Anstrengung und Manipulation, vom Streben nach Freude und dem Vermeiden von Schmerz.

Allmählich verinnerlichte ich diese Erfahrungen und glaubte, das wäre für mich die ganz natürliche Art und Weise, zu sein.

Mir wurde auch beigebracht, dass ich gute Chancen hätte, glücklich zu sein, wenn ich hart arbeitete, mich anständig benähme, in meinem mir gewählten oder mir auferlegten Beruf erfolgreich wäre, heiraten und Kinder haben würde und mich um meine Gesundheit kümmerte. Ich glaubte daran und habe das alles recht erfolgreich gemacht. Bisweilen hatte ich an diesem Leben sogar meinen Spaß, aber ich erkannte auch, dass etwas nicht Greifbares und dennoch Grundsätzliches zu fehlen schien. Eine Art Geheimnis.

Folglich habe ich scheinbar beschlossen, das, was ich vermisste, mit Hilfe der Religion zu suchen.

Wieder sagte man mir, wenn ich hart arbeiten und mich verschiedenen Disziplinen, Ritualen und Reinigungen intensiv widmen würde, könnte ich schließlich „spirituelle Erfüllung“ erlangen. Und wieder befasste ich mich eingehend mit allem, was diesem Versprechen angemessen schien, konnte aber trotzdem den wahren Grund für mein Gefühl von Verlassenheit nicht ausfindig machen.

Eines Tages, beinahe wie zufällig, habe ich das Geheimnis wiederentdeckt, oder vielleicht hat es mich wiederentdeckt.

Es ist so gut wie unmöglich, zu erklären, was geschehen ist. Am ehesten trifft wohl die Beschreibung zu, von einer Liebe und einem vollständigen Begreifen jenseits aller Vorstellungen überwältigt worden zu sein.