INHALTSVERZEICHNIS

Einführung in ein komplexes Thema

Auf diesem Männchen des Australischen Red Claw reitet eine Rennschnecke herum…

Vorwort

Die erste Krebsart, die ich in einem Kaltwasseraquarium pflegte, war der aus Nordamerika eingeschleppte Kamberkrebs Orconectes limosus. Damals, Mitte der 1980er Jahre, wurde diese Art in der aquaristischen Literatur vorsichtshalber so gut wie gar nicht erwähnt.

Lediglich bei Hans Freys Werk "Aquarienpraxis kurzgefasst" wurde ich fündig. Dort gab es einen kurzen Abschnitt über die Pflege dieses Nordamerikanischen Flusskrebses, der vielleicht 5-6 Sätze und eine schwarzweiße Strichzeichnung umfasste. Über Krebspest und die damit verbundene Problematik wurde damals rein vorsichtshalber nichts publik gemacht. Tropische Flusskrebse kamen in dieser Zeit nur selten in den Aquarienhandel, und dann handelte es sich meist um den Roten Florida-Sumpfkrebs Procambarus clarkii, dessen Nachzucht in den damaligen Aquarienmagazinen dann auch noch als Sensation gefeiert wurde! Während meiner restlichen Schulzeit von 1985 - 1988 war ich Mitglied bei einer Biologie-AG, die sich nicht nur während der Pausen manche Wasserschlacht in der Klimakammer der Schule lieferte, sondern auch immer wieder verschiedene interessante Tiere anschaffte. Während dieser Zeit beschaffte ich erstmals Flusskrebse aus dem Speisekrebshandel, wobei es mir gelang, Galizier und Signalkrebs aufzutreiben. In dieser Zeit machte ich auch erstmalig Erfahrungen mit der Krebspest, welche die von mir bei "Nordsee" gekauften Galizier einen nach dem anderen dahinraffte. Etwa gleichzeitig suchte ich in einem nahe gelegenen Kiesteich nach Flusskrebsen und wurde eigentlich eher durch Zufall fündig. Außer dem Kamberkrebs ging mir nämlich als Beifang auch die Süßwassergarnele Atyaephyra desmarestii ins Netz, die ich erst mit Hilfe des DDR-Nachschlagewerkes von Stresemann bestimmen konnte. Eine bemerkenswerte Leistung, wenn man bedenkt, dass es in dieser Zeit weder populärwissenschaftliche Literatur über diese Tiere noch das Hilfsmittel Internet gab.

Dieses Buch enthält somit mein Herzblut, das über viele Jahre für diese Tiere geflossen ist. Man mag mir meine deutliche Ausdrucksweise verzeihen, wenn ich im Kapitel über die Kamberkrebse empfohlen habe, diese lieber zu kochen, doch handelt es sich ausgerechnet bei dieser Art um die erste, die ich selber fing und im Aquarium pflegte. Da ich manchmal auch Tiere konserviere und mich hin und wieder auch mit deren Innenleben beschäftigt habe, mag man es mir bitte nachsehen, dass die Flusskrebse für mich keine Kuscheltiere sind, und dass ich auch nicht die Absicht habe, sie zu verniedlichen oder zu vermenschlichen. Vielmehr ist es mein Anliegen, mit diesem Werk die Krebstiere des Süßwassers vorzustellen. Außerdem möchte ich damit dazu beitragen, ein neues Bewusstsein zu schaffen für den Erhalt der endemischen Arten und ihrer Lebensräume. Und abschließend möchte ich insbesondere die vielen Aquarienfreunde zu einem verantwortungsvollen Umgang mit diesen vielseitigen und interessanten Tieren herausfordern. Wenn ich für irgend etwas eintreten würde, dann immer kompromisslos für die Sache der Krebstiere und den Erhalt ihrer Lebensräume. Leider ist es eine traurige Tatsache, dass tagtäglich etwa 250 Arten durch anthropogene Einflüsse unwiederbringlich von unserem Planeten verschwinden. Auch gehen viele Forscher und Klimaexperten inzwischen davon aus, dass der Klimawandel für etwa 30-40% der heute bekannten Tier- und Pflanzenarten das sichere Aus bedeuten wird.

Was mich immer wieder erstaunt, sind die Gleichgültigkeit und die Ignoranz vieler Menschen gegenüber diesen bekannten Hypothesen und Tatsachen. Doch was können wir denn selbst dazu beitragen, um den Verfall wenigstens ein wenig zu bremsen und um unseren Kindern die (noch) vorhandene biologische Vielfalt zu erhalten? Nun, dieser Weg mag uns unbequem erscheinen, aber er beginnt bei jedem einzelnen von uns. Im Prinzip bedeutet er Verzicht. Verzicht auf unnötigen Konsum ebenso wie den Verzicht auf unnötigen Luxus und unnötige Transporte. Hierzu ein Beispiel: Die Überproduktion von Fleisch hat in Deutschland während der letzten Dekaden immer groteskere Züge angenommen. Inzwischen muss man aus Ländern wie etwa Paraguay Getreide importieren, damit man damit das eigene Vieh füttern kann, denn in Deutschland kann man inzwischen keine solchen Mengen an Getreide mehr produzieren… Das hat dramatische Folgen für die armen Kleinbauern in Paraguay, die man für die Steigerung der Sojaproduktion einfach von ihren Feldern vertreibt und außerdem auch noch mit Pflanzenschutzmitteln vergiftet. Doch auch in Deutschland werden die Folgen dieses Wahnsinns sichtbar, denn dort, wo Mastbetriebe ihre Gülle entsorgen, steigen die Nitratgehalte im Trinkwasser bedenklich an, an manchen Orten auf 100 Milligramm Nitrat und mehr! Zwar bin auch ich kein reiner Vegetarier, aber dennoch der Meinung, dass man seinen Fleischkonsum reduzieren kann, um solchen Umständen entgegen zu wirken. Schon ein Verzicht auf den Konsum von Schweinefleisch kann viel bewirken, da die Schweinewirtschaft leider eine der destruktivsten Formen unserer Agrarwirtschaft darstellt. Wussten Sie zum Beispiel, dass etwa ein Drittel der produzierten Schweine gar nicht erst in den Handel gelangen, sondern völlig sinnfrei „entsorgt“ werden? Ein weiteres Beispiel für gravierendste Umweltzerstörungen ist das Automobil. Für die Produktion von nur einem einzigen Auto werden bis zu 400.000(!) Liter Trinkwasser verbraucht, von der elektrischen Energie einmal ganz abgesehen. Und diese wird mit schädlicher Braunkohle erzeugt… Wundert einen da noch irgendetwas? Wenn wir alle nicht in absehbarer Zeit lernen zu verzichten, dann werden wir schon sehr bald die Folgen unseres unheiligen Tuns zu spüren bekommen. Wie etwa im Hitzesommer 2018. Die Flusspegel sanken dramatisch und machten selbst große Gewässer wie Main und Elbe teilweise nicht mehr beschiffbar. Von der Nordseeküste bis nach Sachsen vertrocknete das Hinterland… Deshalb ist es die herzliche Bitte an meine Leser ernsthaft darüber nachzudenken, wie man im Kleinen gute Lösungen finden kann. Ich bin davon überzeugt, dass uns das nicht nur die Krustentiere unserer Binnengewässer danken werden. Sondern auch die Generation unserer Kinder.

Also, seien wir doch einfach selbst das Wunder! Verzichten wir auf Billigflieger, unnötige Autofahrten, billiges Gammelfleisch und Wegwerfprodukte aus Plastik.

Sven Gehrmann, im Herbst 2018.

Auszug aus der Systematik der Arthropoda (Gliederfüßer)

Einige Anmerkungen zu Sinn und Gebrauch der Systematik

Als im Jahre 1758 die Systema naturae des schwedischen Wissenschaftlers Carl Linne`(latinisiert = „LINNAEUS“) eingeführt wurde, wird in der damaligen Zeit eine Art "Goldrausch" unter den Gelehrten ausgebrochen sein. Denn mit Hilfe der Vorgaben von Carl Linne` zu System und Bestimmung von Arten wollte sich jeder möglichst schnell durch die Beschreibung möglichst vieler verschiedener Spezies einen Namen machen.

Die Wissenschaftler der damaligen Zeit waren durchaus auch eitle Gesellen oder standen unter dem Druck, sich Forschungsgelder von Fürsten und Königen besorgen zu müssen, so dass sie hier natürlich auch Leistungen vorweisen wollten.

Dazu kam noch, dass die Kommunikationswege lang waren und ein internationaler Austausch in einem Europa, das aus lauter kleinen Staaten und Fürstentümern mit vielen Zollgrenzen und ähnlichem bestand, schwierig war. Aufgrund dieser Umstände wurden viele Tiere doppelt und dreifach beschrieben; manche wie beispielsweise die Aktinien der Gattung Urticina wurden wegen der farblichen Variabilität der Arten sogar 42 mal als jeweils andere Art beschrieben, obwohl es sich nur um 3 oder 4 verschiedene Spezies handelte.

Auch ich habe im Laufe der Jahre etliche Tiere fehlbestimmt, vor allem in der Zeit, in der es noch kein Internet gab und gerade einige Gattungs- und Artrevisionen durchgeführt wurden. Doch wie war das System des Carl Linne` eigentlich gemeint?

Schauen wir uns doch einmal an, wie ein Taxonom einen Europäischen Flusskrebs(Edelkrebs) einordnen würde:

Domain(Gebiet): Eukaryota (Lebewesen mit Zellkern und Zellmembran) Whittaker & Margulis, 1978 – eukaryotes

Kingdom(Reich): Animalia (Tiere)Linnaeus, 1758 - Linnaeus, 1758 – animals Subkingdom(Unterreich): Bilateria (Zweiseitentiere) (Hatschek, 1888) Cavalier-Smith, 1983 - (Hatschek, 1888) Cavalier-Smith, 1983 – bilaterians

Branch(Zweig): Protostomia (Urmünder) Grobben, 1908 - Grobben, 1908 – protostomes

Infrakingdom(Zwischenreich): Ecdysozoa (Häutungstiere) Aguinaldo et al., 1997 ex Cavalier-Smith, 1998 - Aguinaldo et al., 1997 ex Cavalier-Smith, 1998 – ecdysozoans

Phylum(Stamm): Arthropoda (Gliederfüßer) Latreille, 1829 - Latreille, 1829 – arthropods

Subphylum(Unterstamm): Crustacea (Krebstiere) Brünnich, 1772 – Crustaceans

Class(Klasse): Malacostraca (Höhere Krebse)Latreille, 1802

Superorder(Überordnung): Eucarida (Langschwänzige Krebse) Calman, 1904

Order(Ordnung): Decapoda (Zehnfußkrebse) Latreille, 1802 – Decapods

Infraorder(Zwischenordnung): Astacidea (Flusskrebse und Hummer) Latreille, 1802 - Crayfish and Chelate Lobsters

Family(Familie): Astacidae (Echte Flusskrebse)

Genus(Gattung): Astacus (Flusskrebs) (Linnaeus, 1758)

Specific name(Art): astacus (Edelkrebs) Linnaeus, 1758

Scientific name(Gattung und Art): Astacus astacus Linnaeus, 1758.

Aufgrund internationaler Regeln wird die Systematik der Tiere meist in englischer und lateinischer Sprache dargestellt. Jedes Lebewesen auf unserem Planeten kann in diesem System seinen Platz zugewiesen bekommen. Am besten kann man sich dieses System als ein großes Regal vorstellen, das viele Nischen hat, die bestimmte Bezeichnungen besitzen und in denen man die dazu passenden Lebewesen einsortieren kann. Das ursprüngliche System von Carl Linne` wurde jedoch in der Zwischenzeit vielfach erweitert und nachgebessert, da man immer mehr Tiere und Pflanzen entdeckte, die nicht in einfache Kategorien einzuordnen sind, da sie sich häufig systematisch zwischen verschiedenen Abstufungen bewegen oder Übergangsformen darstellen. In dem obigen Beispiel wurde hinter jeder Stufe angegeben, auf welchen Wissenschaftler und auf welches Jahr diese festzulegen ist. Daran sieht man, dass die Taxonomie der Lebewesen sich durchaus noch verändern und erweitern kann; daher darf man dieses System nicht als ein starres statisches Gebilde verstehen. Vielmehr wächst das Gebilde mit dem Stand der Forschung, und es wäre denkbar, dass das oben gezeigte Beispiel in hundert Jahren doppelt so viel Platz von oben nach unten betrachtet benötigt, weil noch weitere Feinabstufungen nachgelegt wurden. Für besonders wichtig halte ich dabei die Angabe des Namens des Erstbeschreibers einer Art und des entsprechenden Jahresdatums der Beschreibung hinter dem lateinischen Doppelnamen, da man nur dann, wenn man diese Daten gefunden hat, von einer gesicherten Art ausgehen kann. Leider werden manche Arten und/oder Gattungen immer wieder geprüft und revidiert, so dass man nie davon ausgehen kann, dass das Ergebnis einer Bestimmung ewig Bestand haben wird. Deshalb sollte man, wenn man eine professionelle Sammlung pflegen möchte, die Aktualität der Nomenklatur immer wieder im Abstand einiger Jahre mit Hilfe aktueller Internetseiten nachprüfen. Hierfür empfehle ich insbesondere die Verwendung des ZIPCODEZOO.COM. Dabei sollte man möglichst amtliche Seiten der entsprechenden Universitäten bevorzugen und immer berücksichtigen, dass auch die Experten sich über manche Dinge leider nicht so schnell einig werden und in manchen Fällen leider auch verschiedene Daten veröffentlichen. In meinem Auszug aus der Systematik der Gliederfüßer habe ich selbst die Gruppe der Mittelkrebse in Anomura I und Anomura II aufgeteilt, da ich es für wahrscheinlich halte, dass in diesem Bereich noch eine Revision vorgenommen wird. Denn Einsiedlerkrebse auf der einen und Porzellan- und Steinkrabben auf der anderen Seite weisen sehr erhebliche morphologische Abweichungen auf, so dass man sich hier fragen muss, ob die Einordnung dieser Tiere in die gleiche Ordnung korrekt ist. Es ist meine Hoffnung, dass die Molekulargenetik in näherer Zukunft hierzu neue Ergebnisse liefern wird. Und dass die Taxonomen nicht noch weitere Taxa1 erfinden, welche die Systematik noch weiter verkomplizieren… Abschließend sei noch angemerkt, dass der Artbegriff in der Biologie zurzeit leider nicht eindeutig festgelegt ist. Dabei streiten Molekulargenetiker mit Morphologen und anderen; Ausgang ungewiss. Gibt es hier überhaupt eine objektive Wahrheit? Vermutlich ist das zurzeit alles im Fluss! Fest steht nur eines: So einfach, wie man uns das vor dreißig Jahren in der Schule beibringen wollte, ist es nicht. Inzwischen weiß man, dass Arten sich aus anderen Arten entwickeln. Und dass sich in einigen Fällen auch augenscheinlich verschiedene Arten miteinander kreuzen und fruchtbare Nachkommen hervorbringen können. Was man noch bis vor kurzem als wichtiges Kriterium der Artenabgrenzung herangezogen hatte. Möglicherweise wird momentan die Bedeutung molekulargenetischer Analysen auch einfach überschätzt oder sogar missinterpretiert. Deshalb sollte man nicht alles, was aus diesem Zweig der Forschung stammt, sofort für objektiv und wahr halten. Denn auch die Wissenschaftler dieser Fraktion könnten letztlich genauso profilierungssüchtig sein wie ihre Kollegen zu Carl Linnes` Zeiten. Und leider ist es auch ein beklagbarer Mangel, dass Forschungsarbeit heutzutage eher projekt- und zielbezogen geleistet wird. Denn Forschung kostet selbstverständlich auch Geld, und kaum jemand kann umsonst oder für Gotteslohn arbeiten. Dadurch ist die heutige wissenschaftliche Welt nicht meinungsneutral oder unabhängig, weshalb sie oft schon Prämissen ihrer Auftraggeber übernimmt. Das verzerrt dann die Ergebnisse entsprechend. Man sollte also nicht allzu wissenschaftsgläubig sein und besser keine wertneutrale Objektivität erwarten. Auf der anderen Seite kann man auch selbst zum Forscher werden, in dem man seine Beobachtungen notiert und diese mit anderen kommuniziert. So können auch Hobbyforscher oft einen wertvollen Beitrag leisten, der vor allem nicht durch kommerzielle Vorgaben unobjektiv ist. (Einige Hobbyisten haben sogar schon neue Arten beschrieben). Werden auch Sie zum unvoreingenommenen Natur-Forscher!


1 Taxa = Plural von Taxon; ein Taxon ist ein Glied einer Kette

Haltung von Flusskrebsen im Aquarium

Machen wir uns nichts vor und seien wir realistisch: Wir werden es niemals schaffen, in unseren Aquarien das Vorbild der Natur zu 100 Prozent nachzubauen. Alles, was wir tun können, ist es, unseren Tieren das Leben im Aquarium so angenehm wie nur möglich zu machen, damit sie sich rundum wohlfühlen und sich hier auch vermehren. Dabei kann es sein, dass das, was unserem Auge gar nicht gefallen möchte für die Tiere ideal ist und umgekehrt. Grundsätzlich mögen Krebse auf der einen Seite keine sterilen Aquarien, die immer sauber und aufgeräumt aussehen, als sei erst gestern eine Putzfee am Werk gewesen, auf der anderen Seite sollte aber auch die Frage der Wasserqualität nicht vernachlässigt werden. Optimale Krebsbecken würde ich daher so beschreiben, dass sie sich auf der einen Seite durch eine durchweg gute Filterung und regelmäßige Wasserwechsel auszeichnen, auf der anderen Seite aber auch durch Strukturenreichtum, Deckungs- und Rückzugsmöglichkeiten für die Tiere und durch gepflegte Mulmansammlungen an bestimmten Stellen. Meine Krebsaquarien sind meist nach der gleichen Grundidee eingerichtet, welche ich hier kurz vorstellen möchte. Doch fangen wir zunächst beim Bodengrund an: Ich bevorzuge Schichtungen aus feinem Sand, wobei die Schichthöhe des Sandes bis zu 10cm und mehr betragen kann. Bei diesem Konzept wird der Bodengrund auch als Filter eingesetzt. Bei einem so eingebrachten Bodengrund bilden sich nach kurzer Zeit drei Schichten aus, die für die Wasserreinigung wichtig sind.

Insbesondere in dieser untersten anaeroben Zone wird von den anaeroben Bakteriengruppen Nitrat in reinen Stickstoff und reinen Sauerstoff aufgespalten, so dass ein enormer Nitratabbau stattfindet. Es entstehen Gasblasen im Bodengrund, die nach einer Weile das Aquarium über die Wasseroberfläche verlassen. Je älter dieser Bodengrund wird, desto höher ist sein biologischer Wirkungsgrad. Der wesentliche Vorteil im Gegensatz zu anderen Bodengrundmassen, wie z.B. Kies besteht darin, dass durch die Feinheit des Sandes in diese anoxischen Schichtungen organische Abfälle nur verhältnismäßig schwer eindringen können, so dass sich hier keine Fäulnisherde mit Sulfaten (Schwefelverbindungen) bilden können. Ein weiterer Vorteil von Sand besteht darin, dass es sich um einen sehr preiswerten Bodengrund handelt, den man auch jederzeit teilweise per Schlauch absaugen und erneuern kann. Bewährt hat sich bei mir handelsüblicher Vogelsand, aus dem ich vor dem Hausgebrauch das Anisöl ausgespült habe. Papageiensand sollte dagegen nicht verwendet werden, weil dieser Ätzkalke enthält, die ihn für aquaristische Zwecke leider unbrauchbar machen. Hat man solch einen biologisch funktionalen Bodengrund geschaffen, benötigt man keine aufwändigen Filteranlagen mehr, weil der Bodengrund bereits diese Funktion ausübt. Trotzdem sollte eine möglichst starke Wasserumwälzung durch eine oder mehrere Pumpen gewährleistet sein. Bewährt hat sich bei meinen Krebsbecken vor allem der Außenfilter der Marke "EHEIM-Liberty“, da dieser eine starke regulierbare Strömung ins Wasser bringt und gleichzeitig durch leicht zu reinigende Filterpatronen dem Aquarium erhebliche Mengen an organischen Abfallstoffen entzieht, so dass diese aus dem Wasserkreislauf genommen werden können. Eine weitere nicht zu unterschätzende Funktion des Sandgrundes besteht darin, dass die Krebse hier - genau wie in der Natur - sich auch durch Grabearbeiten sinnvoll beschäftigen können. Ich bin davon überzeugt, dass manche Tiere im Aquarium deshalb aggressiv werden, weil sie diese Beschäftigungsmöglichkeiten nicht haben. Deshalb sollte man das Umdekorieren der Becken durch die Krebse in einem gewissen Rahmen tolerieren. Alle Bauten in einem Krebsaquarium sollten so aufgebaut sein, dass die Krebse sie nicht zum Einsturz bringen können. Will man größere Steine verwenden, so sollten diese auf Styropor- oder Plexiglasplatten gelegt werden, damit die Bodenscheibe nicht springen kann. Dieses gilt ganz besonders für die Pflege von größeren Krebsarten, die Endgrößen von 10 Zentimetern und mehr erreichen können. Ich halte eine Bepflanzung für die meisten Krebsbecken eher für ungeeignet, da die meisten Krebse Pflanzen als Futter betrachten. Hier kann man sich mit Laub und Plastikpflanzen behelfen. Laub ist ohnehin ein Grundnahrungsmittel der meisten Flusskrebse und fördert ihre Gesundheit, da z.B. Buchenlaub Stoffe enthält, die wie Antibiotika wirken. Und auch Wasserpest mögen viele Krebsarten sehr. Diese natürlichen Futtermittel enthalten zahlreiche Vitamine und Ballaststoffe, welche die Vitalität der Tiere deutlich steigern. Im Umkehrschluss kann die Absenz dieser Nährstoffe Pigmentmangel, Häutungsprobleme und Ähnliches erzeugen. Deshalb sollte man sehr darum bemüht sein, seinen Pfleglingen immer die bestmögliche Ernährung angedeihen zu lassen.

Cherax holthuisi