© 2019 Manuel Karl Kammerhofer
ISBN: 978-3-7494-3944-7
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Inhalt

ANTONIUSFEUER

Nur ein leises Prasseln trug der Wind mit sich, während er klingelnd durch ein Windspiel wehte und Edward Ansley erneut kräftig an seiner Pfeife zog. Er blickte, sitzend auf seinem Schaukelstuhl, voller Zufriedenheit über seine Felder hinweg, die erleuchtet wurden durch die aufgehende Sonne. Eine Windböe nach der nächsten brachte die bepflanzten Äcker zum tanzen. Edward Ansley war ein einfacher Farmer in der Nähe von Youn Borough. Zusammen mit seiner Frau, Marie Ansley, und seinen Kindern, Joseph, 12, und Anna, 11 Jahre alt, lebte er ein gemütliches Leben. Sein Hof umfasste ein 6 Hektar großes Weizenfeld, ein 4 Hektar großes Maisfeld um seine 20 Schweine zu füttern und ein 1 Hektar großes Roggenfeld. Marie Ansley war bekannt für ihr Weizenbrot, in welches sie zur Geschmacksverstärkung etwas Roggen mischte. Er selbst war, obwohl das Landleben vor harter Arbeit nur so strotzte, etwas korpulenter und eher gemächlich wenn es um Dinge wie Freizeit und Entspannung ging. Neben seiner zerlumpten Trägerhose und einem Strohhut prägte eine alte Leinenweste sein Aussehen. Mit seinen starken Händen griff er neben ihm zu Boden und holte den Youn Borough Tagesboten hervor. Er leckte sich die Finger und begann zu blättern.

WAHNSINNIGER IN WITMOORE VERHAFTET! Dutzende Tote - womöglich ein religiöser Hintergrund?

»Was es denn heutzutage nicht alles gibt«, dachte er vor sich hin, während er den Kopf schüttelte und weiter blätterte. Sowie Edward mit der Zeitung fertig war, ertönte aus dem Hause seine Frau, die ihn zum Essen rief. Er legte die Zeitung weg, richtete seine Hose gleich und machte sich auf zum Tisch, wo seine beiden Kinder bereits voller Erwartung auf ihre Mahlzeit warteten. »Na ihr beiden? Schon Appetit? Joseph, du weißt doch hoffentlich noch, dass du mir heute mit dem Brunnen helfen musst«, erwähnte er während er sich streckte und hinsetzte. Edward beabsichtigte nämlich einen Brunnen zu graben, denn der alte taugte nichts mehr und es stand ein heißer Sommer vor der Tür. Nach dem deftigen Mahl stand er auf, küsste seine Frau und klopfte Joseph auf die Schulter. Daraufhin stand sein Junge auf und rannte mit ihm nach draußen zu dem Platz an dem der neue Brunnen gegraben werden sollte. Dieser lag östlich vom Farmgebäude und rechts vom Roggenfeld. Nachdenklich stand Edward da und vollzog grobe Messungen für das Ausheben. Er sollte im Durchmesser ungefähr 2 Meter haben. Schlieren zog die Luft, während die Sonne erbarmungslos auf die beiden herabschien. Nach den ersten Stunden legten sie eine Pause ein, in welcher Anna ihnen gepressten Saft brachte, um sie zu stärken. Hin und wieder kam auch Maria vorbei, um ihnen Tücher und Wasser zu bringen. Aber die Arbeit zog sich länger als gedacht und so ließen sie es gut sein und gingen zurück ins Haus. Gleich am nächsten Tag, nach einigen Tätigkeiten, führten sie das Ausheben des Brunnens fort.

»Nur noch etwas weiter nach unten müssen wir«, sagte Edward, bis plötzlich, auf den Hieb seiner Hacke, die Wand vor ihm nachgab und sich Erstaunliches offenbarte. Es war ein kleines, schmales Höhlensystem. Schnell brachte Joseph, auf bitten Edwards, eine Lampe. Neugierig, aber vorsichtig, begutachtete er seinen Fund. Der Schein der Lampe ließ darauf schließen, dass es sich weiter nach innen zog als gedacht. »Joseph, bleib hier«, schnaufte er, während er sich durch den Eingang zwängte, »Dein alter Herr sieht sich das nur kurz an. Hol Hilfe wenn ich nicht in zehn Minuten wieder da bin.« Sein Sohn nickte und blickte gespannt auf die Silhouette seines Vaters, die nur noch wegen dem Licht der Lampe zu erkennen war. Etwas Angst überkam Edward, da er befürchtete eilig gehandelt zu haben, denn die Höhle wirkte nicht allzu stabil. Er hob seine Lampe in Richtung einer großen Wand. Plötzlich begann sich sein Mund vor Staunen weit zu öffnen. Vor ihm zeigten sich, im schwachen Schein der Lampe, Symbole und Zeichnungen die tief in den Stein geritzt waren. Auch ein großer Drudenfuß zeigte sich und mehrere Menschen und Tiere die sich um ihn herum versammelten. Ihre Art war mit der von Höhlenmalereien zu vergleichen, jedoch mit Symbolen die weit jünger waren als die Steinzeit. Hastig tastete er auf seiner Leinenweste herum und stöhnte erleichtert. Zu seiner Freude hatte er noch Stift und Papier in der Westentasche, diese er zum Notieren der Maße für den Brunnen benutzen wollte, eingesteckt. Bestens möglich, so wie es ihm sein geringes künstlerisches Talent erlaubte, zeichnete er alles ab was auf sein Blatt Papier passte. Hastig ging er zurück zu Joseph, der sich schon Sorgen machte, und verkündete ihm die Neuigkeiten. »Das muss Maria erfahren!«, rief er aufgeregt. Er rannte zum Farmhaus, platzte in die Küche und schrie seine Frau vor Freude schon fast an. »Sieh nur Maria«, hechelte er ohne zu verschnaufen, »beim Graben des Brunnens stießen wir auf eine kleine Höhle in der sich überall an den Wänden alte Symbole und Zeichnungen befanden.« Skeptisch schaute sie ihn an und wollte das Gesagte nicht glauben, bis sie es selbst sah. Während Edward und Maria über die weitere Vorgehensweise im Haus diskutierten, zog ein leichtes Gewitter auf. Es begann zu regnen. Anna lehnte an der Wohnzimmerbank und sah verträumt auf den Schauer hinaus, während hinter ihr ihre Eltern wie wild gestikulieren. Da sah sie etwas. Sie kniff ihre Augen zusammen und blickte die Straße zwischen dem Mais -und Weizenfeld entlang. In den Schlieren, jene die Regentropfen zogen, sah man eine dunkle Gestalt am Ende des Schotterwegs. »Mama? Papa?,« stotterte sie verwirrt, doch im Eifer ihrer Diskussion hörten sie Anna nicht. »Mama? Papa?«, wiederholte sie. »Was ist denn Schätzchen«, erwiderte ihre Mutter mit einer schlagartig sanften Stimme. »Dort steht ein Mann im Regen, wird ihm nicht kalt? Können wir ihn hereinholen?«, gab sie naiv wieder. Doch in diesem Moment, in dem Anna auf der Fensterscheibe in Richtung des Mannes deutete, verschwand dieser im Maisfeld. Ein lautes Donnergrollen ertönte. »Dort ist doch niemand Schätzchen«, sagte Maria, »Stör’ deine Mutter und deinen Vater jetzt nicht.«

»Profit hin oder her Edward, irgendetwas sagt mir, dass dieser Ort böse ist. Ich fühle eine Art Präsenz, hier im Haus, seit dem du diesen heidnischen Tempel gefunden hast.« Nach dem letzten Satz konnte sie nicht anders als ein imaginäres Kreuz mit ihren Fingern in die Luft zu zeichnen. »Bitte, jetzt komm mir doch nicht mit so einem abergläubischen Blödsinn! Wir könnten damit eine Menge Geld verdienen.« »Hör zu«, sagte Edward beruhigend, »Ich rufe morgen Pastor Wellington an. Er wird sich unseren Fund ansehen, und wenn etwas dämonisches dort drinnen oder nun draußen ist, oder war, wird er es sicher finden und wegschicken.« Dies sagte er zwar, jedoch glaubte er keine Sekunde daran. Von Edwards Aussage ließ sich Marie beschwichtigen, dennoch nahm man leichte Anspannung in der Luft war. Edward verschnaufte und wollte zur Entspannung sich auf seinen alten und gemütlichen Ledersessel setzen. Während er versuchte seinen Kopf zu sortieren, fiel ihm auf dass er den ganzen Abend Joseph nicht gesehen hatte. Suchend blickte er durchs Wohnzimmer, doch sein Junge war nicht in der Nähe. Das Holz der Treppe, die in das erste Geschoss führte, quietschte unter Edwards Schritte, denn er wollte sich in Josephs Zimmer begeben um dort nach ihm zu sehen. Er öffnete die Tür, auf der mit farbigen Blockbuchstaben, JOSEPH, geschrieben stand. Als diese aufging sah man Edwards Sohn, mit dem Rücken zu ihm, am Boden sitzend und fröhlich vor sich hin malend. Erleichtert stöhnte der alte Farmer und leistete ihm Gesellschaft. »Na, was malst du denn da mein Junge«, er hob das Bild auf und wurde dabei etwas ängstlich. » Joseph, wer soll das denn sein bitte? Dein imaginärer Freund?«

»Nein Papa«, erwiderte er während er mit einem neuen Bild begann, »Das ist der Mann der gerade draußen vor dem Haus stand«. Edward schluckte und blickte langsam durch das Fenster in den Regen hinaus. Doch dort stand niemand, aber nachdem Anna auch einen Mann sah, blieb er vorsichtig. Ohne dass jemand etwas mitbekam richtete er sich seine Flinte griffbereit in den Kasten im Schlafzimmer. Trotzdem blieb ihm der Schlaf verwehrt. Wie ein Wachhund hielt er seine Augen offen. Des Weiteren verlief die Nacht jedoch ruhig.

Wie Edward es versprochen hatte rief er Pastor Wellington an. Pünktlich nach dem Mittagessen läutete auch schon die Tür und ein kleiner älterer Herr stand davor. Weißes Haar, das schön zur Seite gekämmt war, eine Jacke mit Ellbogenflicken und einen dunklen Hut: so kannte man Pastor Wellington. Er senkte seine Kopfbedeckung und mit ruhiger und sanfter Stimme sprach er: »Wunderschönen guten Tag Edward, wie kann ich den euch lieben Leuten behilflich sein?« »Vielen Dank dass Sie gekommen sind«, entgegnete Edward und bat ihn herein, »Folgendes: ich und Joseph gruben einen Brunnen, dabei stießen wir auf ein kleines Höhlensystem. In diesem befanden sich alte heidnische Zeichnungen an den Wänden.« Anschließend zeigte er ihm die Skizze die Edward fertigte. Wellington begab sich in Denkerpose und grübelte über dem Stück Papier. Indes brachte Marie ihnen ihr berühmtes Brot mit Roggen. »Eine kleine Höhle sagtest du? Zeig sie mir bitte.« Schnell begaben sie sich zu besagter Stelle. Der Pastor wirkte auf Edward so als käme ihm etwas davon bekannt vor, denn er suchte etwas Spezifisches. Er murmelte Worte wie; Hier sollte das doch sein, oder wohl eher hier, möglicherweise hier, ach ja, das ist interessant. »Nun? Wissen sie was das sein soll oder ob es gefährlich ist?«

»Nicht ganz«, sagte Wellington nachdenklich, »Haben sie schon einmal etwas von Druiden gehört? Das waren eine Art Schamanen der Kelten oder Germanen, so genau weiß ich das nicht. Dies wurde von so einem Druiden geschaffen. Jedoch was viele Leute nicht wissen ist, dass das Pentagramm oder der Drudenfuß, wie sie es auch immer nennen wollen, ein Symbol des Schutzes ist und nicht das des Teufels. Der, der hierfür verantwortlich ist, wollte etwas Schützen oder etwas einsperren. So genau kann ich das nicht deuten. Nach den vielen Zeichnungen von Tieren und Menschen zu urteilen, könnte es sich auch um eine Art heiligen Ort handeln, vielleicht einen Tempel oder einen Schrein. Aber, falls es Ihnen nichts ausmacht, würde ich gerne Ihre Skizze mitnehmen um darüber zu recherchieren. Im Moment kann ich nichts Böswilliges erkennen, erzählen Sie aber noch niemanden von diesem Ort bevor wir nicht mehr Informationen haben.« Edward nickte krampfhaft und begleitete den Pastor zurück hinaus. Beim Hinausgehen beruhigte Wellington Marie noch ein wenig und machte sich dann auf den Weg. Natürlich brachen in der Familie nun wage und wilde Theorien aus, die teils, im Bezug auf, Groteskheit, Absurdität und Fantasie, ihresgleichen suchten.

Unangenehme Stille hauchte durch die Farm. Marie besorgte eine rege Anzahl von Kruzifixen, Edward saß unzählige Stunden oberhalb des Brunnens und blickte lethargisch hinab, Anna und Joseph aber, dachten noch an den geheimnisvollen Mann im Regen. Die beiden saßen oft in Josephs Zimmer zusammen und rätselten bezüglich der schwarzen Gestalt. »Hör zu Bruder, Mutter und Vater denken zwar der Mann sei böse, aber etwas sagt mir, dass er das nicht ist. Hilfst du mir es zu beweisen? Möglicherweise braucht er unsere Hilfe.« Da verzog Joseph seine Miene, und sagte: »Aber Anna, ich habe das Gefühl, dass er nicht mehr am Leben ist. Er ist bestimmt ein Gespenst und das macht mir Angst!« Anna kicherte kindlich und sagte: »Angsthase! Aber da könntest du trotzdem recht haben. Umso mehr müssen wir ihm helfen!« Ihr Bruder schaute völlig verwirrt drein und machte sich seiner Schwester bezüglich Sorgen. »Schau nicht so Bruder. Wenn er ein Gespenst ist, muss er sicher alleine sein und so schweift er einsam unter den Lebenden umher. Unsere Pflicht ist es ihn zu erlösen!« Anna war in ihrem Plan fest verbissen und so konnte Joseph nicht anders als ihr zu helfen. Am nächsten Tag, als die Sonne schon unterging und den Horizont blutrot färbte, sprang in Josephs Zimmer die Tür auf und Anna kam herein, mit einigen Kerzen, Streichhölzern, einem Zettel und einem Bleistift die sie fest mit den Armen umschlungen hielt. »Sag mir Bruder, wie sehr ängstigen dich die Toten? Mich nämlich gar nicht und wenn du jetzt schon die Hosen voll hast, dann mache ich es halt alleine. So oder so mein Plan wird durchgezogen!« Ihr Bruder stand aus dem Bett auf, schluckte verkrampft und nickte ihr zustimmend zu. Anna schrieb so deutlich sie es konnte ja, nein, gut, böse, sowie Hilfe und Gefahr auf den Zettel. Sie hatte irgendwann einmal von der Praktik der Séance gehört und versuchte sie mit ihrem kindlichen Geist nachzumachen. Der letzte Strahl des Sonnenuntergangs erhellte das Zimmer, bis dieser verschwand und es dunkel wurde. Anna erlosch alle Lichter und entzündete für jede Antwort eine ihrer Kerzen. Sie setzten sich jeweils gegenüber von einander, in der Mitte der Zettel, auf den Boden. Das Kerzenlicht flackerte durch die undichten Bodenbretter und Dielen des Hauses. Bei dem kühlen Luftzug erschauderte Joseph und der Anblick seiner besessenen Schwester war ihm ganz und gar nicht geheuer. Anna erhob ihre Stimme.

»Geist! Falls du hier bist, bitte ich dich uns mitzuteilen. Ich habe für jede Antwort ein Licht entfacht, erlösche die jeweilige Kerze um mit uns zu sprechen.« Sie überlegte kurz und stellte dann mit kräftiger Stimme eine Frage. »Bist du wirklich tot?« Joseph wurde plötzlich ängstlich und sagte: »das ist doch Quatsch. Wenn Mutter das erfährt, gibt es ein Leben lang Hausarrest und keine Süßigkeiten mehr, nie mehr!«

Seine Schwester sah ihn zornig an und flüsterte unheimlich: »Setz dich sofort wieder hin!« Dabei zeigte sie auf eine der Kerzen und Joseph erstarrte vor Angst, denn die Flamme der Kerze für die Antwort, Ja, flackerte heftiger als die anderen. Er schüttelte seinen Kopf, setzte sich wieder und entschuldigte sich leise. »Ist deine Antwort also, Ja?« Abrupt schlug ein Fenster auf und die besagte Kerze erlosch. Voller Entsetzen konnte Joseph nicht einmal aufstehen obwohl er nichts lieber getan hätte. Seine Schwester aber freute und fühlte sich bestätigt.

»Nun pass auf Bruder«, sagte sie entschlossen, »warum bist du hier arme Seele?« Hierauf quoll ein Flüstern von außerhalb durch das offene Fenster. Die Atmosphäre wurde zunehmend bedrückender und wie von Zauberhand erlosch die Kerze mit der Antwort, Hilfe. Joseph schloß das Fenster und sperrte so die Stimmen wieder in die Dunkelheit aus, während Anna wieder fort fuhr. »Wobei bedarfst du unserer Hilfe? Wie können wir dir helfen du arme Seele!« Als sich ihr Bruder wieder setzen wollte fiel ihm plötzlich eine dunkle Gestalt auf, die sich in einer Ecke des Raumes, hinter Anna, befand. Er begann panisch zu stottern und zeigte auf den Schatten. »Unterbrich mich jetzt nicht Bruder!«, gab Anna etwas genervt wieder, während sie weiterhin gespannt auf den Zettel blickte. Und darauf erloschen gleich zwei Kerzen, der Zettel erhob sich in die Luft und beide Kinder flüchteten so schnell sie konnten aus dem Zimmer. Sie hielten im hell erleuchteten Gang inne, verschnauften und realisierten was geschehen war. Joseph erzählte seiner Schwester von der Gestalt und als sie das Zimmer erneut betraten und alles wieder ausgeleuchtet war, gab sich entsetzliches Preis. Die beiden Kerzen die zuletzt erloschen, waren die Antworten, böse und Gefahr. Hiervon erzählten sie ihren Eltern natürlich nichts und schworen sich gegenseitig herauszufinden was dieser Geist bloß wollte. Indes die Kinder noch ängstlich zitterten, im Schutze ihrer Decken, begab sich Marie zu ihrem Mann, der noch immer am Brunnen saß.

Edward saß auf einem Hocker und starrte in die Dunkelheit des Brunnens, er spielte mit dem Finger und dabei überkam ihm blanke Furcht. Er hatte schon länger ein komisch taubes Gefühl im rechten kleinen Finger, aber jetzt fiel ihm auf, dass er begann abzusterben. Seine Furcht wandelte sich zu Zorn, denn nun begann er zu glauben dass doch etwas Böses in dieser Höhle gehaust hatte, und er mit dem Graben eines Brunnens dies befreit hatte. Er spuckte den Schlund hinab und sprach tausend und einen Fluch aus.

»Edward? Willst du nicht hineinkommen?«, hallte es hinter ihm durch die Finsternis. Panisch riss er sich ein Stück Leinen von seiner Jacke und verband den verwunschenen Finger. Edward erzählte jedem danach es sei harmlos und er hätte sich beim Arbeiten geschnitten. Einige Tage vergingen, der Brunnen ruhte bisweilen, in denen nichts besonderes geschah. Bis eines Nachts Herr Ansley von wildem Getrommel geweckt wurde. Es ertönte wie die Klänge des Dschungels, wenn dessen Bewohner um ihre großen und lichterloh brennenden Feuer tanzen. Zunächst dachte er es handle sich um einen törichten Jungenstreich, deshalb brüllte er, im Nachthemd gekleidet und mit dem Gewehr in der Hand, bei der Haustür hinaus. »Verschwindet von meinem Grund und Boden ihr Gesindel.« Er brüllte so laut, dass seine Familie ebenfalls geweckt wurde. Verschlafen traten alle an ihn heran, rieben sich den Schlafsand aus den Augen, und fragten was denn los sei. »Dummes Gesocks treibt auf unserem Land sein Unwesen! Hört ihr nicht den Trommellärm? Hört ihr nicht diese entsetzlichen Dschungelklänge?«

Alle schüttelten ihre Köpfe und sahen verwirrt drein. »Keine Sorge Familie, bleibt hier, ich werde das beenden.« Er lud seine Flinte, darauf verzog Marie ihre Miene deutlich, und stapfte in die Nacht hinaus. Währenddessen brachte Mrs. Ansley ihre Kinder zurück ins Bett. Auf Fragen wie: »was macht Papa? warum die Flinte?«, erwiderte sie nur mit einem: »kommt jetzt«. Edward war nun draussen zwischen den Feldern und vernahm den Geruch von Verbranntem. Wie der eines frischen Lagerfeuers. Er folgte ihm und sah schon von weitem ein Glühen im Roggenfeld, dieses die Finsternis um sich herum erleuchtete. Nun wurden auch die Trommeln immer lauter und intensiver. Ihm wurde schwummrig als ob er zu viel getrunken hätte. Seiner Sinne beraubt tastete er sich durch die Roggenhalme, drückte ein großes Bündel zur Seite und erstarrte vor Erstaunen. Durch sein verschwommenes Gesichtsfeld nahm er nur schmale Gestalten war die tanzten und das Feuer, das zuerst so klein schien, war gewaltig und auf seiner Spitze befand sich, an einen Pfahl gefesselt, eine Gestalt die nur noch todesröchelte.

Diese Silhouetten machten einen Reigen um den Scheiterhaufen und mehrere, an den Seiten Sitzende, spielten die unheilverheißenden Trommeln. Vor verblüffen rieb er sich die Augen und konnte ihnen beinahe nicht glauben, er dachte nun wäre der Wahn in seinen Geist getreten und die Logik wäre in Absurdität und Groteskheit ertrunken. Es waren Vogelscheuchen. Sie lebten und hatten Gesichter in verschiedensten Formen, aber eine schrecklicher wie die andere. Plötzlich verstummte das Trommeln, die Scheuchen blieben stehen und starrten Edward finster an. Dann löste sich die verbrennende Gestalt auf dem Scheiterhaufen, rollte ihn hinab, stand wie ein Monster sich räkelnd auf, knackste mit den Gliedern und ging auf Herrn Ansley zu. Der Flintenkolben presste sich schon in seine Schulter, aber er konnte den Abzug nicht betätigen. Denn lähmende Angst überkam ihn als er sah, dass dieses Ding kein Gesicht hatte. Es schleifte seinen verbrannten Körper langsam voran und flüsterte etwas das Edward nie mehr vergaß; Tekeli-li, Tekeli-li!

Als das Wesen schon sehr nahe war und fast nach ihm griff, löste er seine Ketten und rannte so schnell ihn seine Beine tragen konnten nach Hause zurück, sprengte die Tür und verschloss sie mit allem was er fand. Zwar war er nun in Sicherheit, aber einem Herzinfarkt und dem Wahnsinn doch sehr nah. Verbarrikadiert in seinem Haus, vernahm er dennoch das leise Flüstern im kühlen Nachtwind und ein erneuter Schauer überkam ihn; Tekeli-li, Tekeli-li! Die weitere Nacht blieb er, mit der Flinte in einer Hand und einem Glas Whiskey in der anderen, auf einem Stuhl vor der Eingangstür wach. Als das Gefühl von Sonnenstrahlen auf der Haut ihn weckte, erkannte er, da er noch immer im Stuhl vor der Tür saß, dass das Geschehene kein Traum war und dies ließ ihn leichenblass werden. Sowie er sich zum Frühstück an den Tisch begab tat er krampfhaft so als wäre gestern Nacht nichts passiert, denn er habe sich mit dem Lärm geirrt - dies behauptete er zumindest. Etwas unbehagliches lag auf ihrem Zusammensein, jeder tat so als wäre alles in Ordnung. »Edward«, fragte Marie, »wie soll es nun mit dem Brunnen weitergehen? Trotz Pastor Wellington’s Worte ist mir nicht wohl bei ihm. Und bevor du etwas sagst, ist dir denn nicht auch so als sei, seitdem du diese Höhle gefunden hast, etwas anders. Seither liegt ein Schatten auf der Farm.« Auf ein Zeichen der Mutter standen die beiden Kinder auf und gingen die Schweine füttern. »So«, fuhr sie fort, »ich wollte es nicht vor den Kindern sagen, aber hier im Haus geschehen merkwürdige Dinge. Besteck verschwindet, Türen von Schränken und Kästen öffnen sich ohne jemals von jemanden berührt worden zu sein. Nenn mich jetzt keine Lügnerin oder hysterisches Weib, denn ich beobachtete so ein Ereignis bereits. Du und die Kinder, ihr verhaltet euch ebenso komisch. Edward! Ich mach es kurz: ich will dass du diesen verdammten Brunnen wieder zuschüttest!« Ihr Mann war gefesselt von der plötzlichen energischen Art seiner Frau, aber er dachte nicht lange nach um ihr zuzustimmen. »Jedoch unter einer Bedienung«, sagte er wie bei einer Verhandlung, »Pastor Wellington hat noch immer die Skizze, er meldet sich nur leider nicht. Aber wenn er wieder kommt und der Brunnen verschüttet ist, kann er uns eventuell dann nicht mehr weiterhelfen. Also bitte ich dich, zu warten. Nur so lange bis er sich meldet und wenn dies in den nächsten Tagen nicht geschieht, fahre ich zu ihm. Einverstanden?«

Sie stöhnte, rollte mit den Augen, aber war einverstanden. Währenddessen waren Joseph und Anna dabei die Schweine zu füttern. Dort war eine kleine Scheune mit anliegender umzäunter Weide. Hin und wieder mischte Marie ebenfalls den Roggen zum Schweinefutter, um den Schweinen etwas Abwechslung zu bieten. Die Tiere freuten sich als die Kinder mit den Kübeln kamen, aus denen das Futter fast herauschwabte. Gierig warf sich das Vieh auf ihr Essen und Joseph und Anna freuten sich ihnen etwas Gutes getan zu haben. Bis dieser kleine Frieden von etwas grauenhaftem unterbrochen wurde. Panisch -und qualvolles Quieken drang aus der Scheune. Als die Kinder dort ankamen und hineinblickten, sahen sie aufgrund der vielen Liegebuchten zuerst nichts, sondern vernahmen nur das leiderfüllte Grunzen. Ihnen lief es kalt den Rücken hinunter als sie sahen, dass eines der Schweine noch in einer Box lag, und dass dessen Glieder teils abgestorben und verrottet waren. Es war ein sehr unangenehmer Anblick. Aber Joseph wusste was zu tun war, er ersparte dem Tier die Zeit, die er gebraucht hätte um seinen Vater zu holen, und fasste etwas Mut, schnappte sich eine Heugabel, erstach das Tier und erlöste es. Anna lief indes weinend und schluchzend davon. Schon kurz darauf kamen die Eltern. »Was in Gottes Namen ist hier geschehen«, brüllte Edward zunächst, da er dachte Joseph hätte etwas angestellt. Dann sah er aber was wirklich geschah. »Gut gemacht Joseph, dem armen Tier wäre nicht mehr zu helfen gewesen. Dennoch, warum bitte verrottet ein lebendiges Tier?« Edward und Marie schauten sich kurz an und wussten, dass sie den Brunnen schnell wieder verschütten mussten. Was jedoch Edward derart bedrückte, so dass er kaum mehr schlafen konnte, war die Tatsache, dass das verfaulte Fleisch des Tieres dem seines Fingers ins Kleinste glich.

Er wurde in den nächsten Tagen, nein, wenn nicht sogar stündlich, angespannter, paranoider und unberechenbarer. Dies vernahm auch seine Familie und es führte dazu, dass sie sich immer mehr Sorgen machten. Zwei Tage vergingen und bis auf Edwards Veränderungen fanden, zum Glück der Familie Ansley, keine weiteren Ereignisse statt. Herr Ansley saß wieder in seinem Schaukelstuhl auf der Veranda, blies Rauchwolken mit seiner Pfeife und baute Luftschlösser in den Himmel. Alsbald seine Verträumtheit von zwei Herren in Uniform unterbrochen wurde. Beide senkten ihre Kappen und einer von beiden hielt einen Briefumschlag in der Hand. »Guten Tag Herr Ansley«, entgegnete der Mann mit dem Papier, »wir sind Polizisten des Youn Borough Police Department und haben ein Anliegen. Der Name Oscar Wellington ist Ihnen bekannt?« Skeptisch nickte Edward. »Nun, dann haben wir schlechte Neuigkeiten für Sie. Wir bedauern sehr Ihnen mitteilen zu müssen, dass Herr Oscar Wellington, oder auch Pastor Wellington, verstorben ist. Er beging Selbstmord, aber hinterließ einen Brief der an Sie adressiert war. Hier bitteschön.« Er streckte ihm den Brief entgegen. Beide setzten ihre Kappen wieder auf, wünschten Edward weiterhin einen guten Tag und verabschiedeten sich. Herr Ansley war sichtlich entsetzt und ihm verging auch die Lust auf seine Pfeife. Schockiert und nicht fassend was geschehen war, ging er hinein und setzte sich zu seiner Frau an den Tisch. Er erzählte Marie was passierte, darauf stand sie auf, begann zu weinen und sagte erneut wie wichtig es jetzt sei den Brunnen zu verschütten. Edward aber nickte wieder nur und öffnete den Briefumschlag; er enthielt einen Brief und hierauf begann Edwards Herz schneller zu schlagen; die Skizze von den Höhlenzeichnungen. Leise begann er gebannt vor sich hin zu lesen.

Lieber Freund Edward,

Dies werden meine letzten Worte sein auf Gottes schöner Erde. Trauere nicht, niemand soll trauern denn es ist Erlösung für mich. Ab dem Moment in dem ich euer Haus mit der Skizze verließ, endete auch eigentlich schon mein Leben, ohne dass ich es wusste. Gib Acht Freund! Dein Fund war das Gefängnis für etwas das so alt ist wie die Dunkelheit selbst. Ich versuchte alles erdenkliche aber ich lief nur gegen eine unzerstörbare Wand. Es lauert im Schatten, wartet auf seine Opfer, schwächt sie und dringt dann in deren Geist. Es selbst tötet nicht, es will das du dich selbst tötest. So wie es keinen Namen hat, hat es auch kein Gesicht! In diesem Moment in dem ich diesen Brief verfasse, sitzt es gelassen, verdeckt in der Finsternis, hinter mir und wartet lechzend nur darauf dass ich die Klinge ansetze. Zwar hat es gewonnen, aber so leicht mache ich es ihm nicht. Ich werde dir alles erzählen was ich weiß, damit du es vielleicht vertreiben kannst. Zuallererst, es ist das pure Böse, denke nicht mit ihm reden zu können. Es war einst ein Wesen, dass von weit her kam und noch vor der Entstehung der Erde existierte. Chaos und Wahnsinn brachte es vor Jahrtausenden über die Menschen, so dass die alten Völker gezwungen waren das Ding zu verbannen. Sie besiegten das Wesen mit mächtiger Hexerei, so wurde es eingesperrt und wartete sehr lange auf dich. Überlieferung nach soll Eisenhut einen kleinen Schutz bieten, aber nur solange es nicht schon in dir ist. Es ist das schleichende Chaos, der Wahnsinn höchst selbst, Plagen und Krankheiten zieht dieses etwas wie einen Wind hinter sich her. Woher ich das alles weiß fragst du dich jetzt bestimmt. Vor zwei Tagen saß ich im Park um an etwas Klarheit zu gelangen, denn es war überall; es schlich mir hinterher wie ein Schatten, tat was ich tat und beobachtete mich nur, flüsterte mir Dinge zu und brachte mich gegen meinen Willen unsägliche und unchristliche Taten zu vollbringen. Jedenfalls, ich entspannte mich in der Natur bis jemand, der neben mir auf der Bank saß, mich ansprach: »Ich weiß wie es ihnen geht, ich fühle dass Ihnen etwas folgt: ein Schatten. Etwas was mir sehr gut bekannt ist. Entschuldigen Sie meine Manieren, mein Name ist Jonathan Mitens, ich komme aus Witmoore.« Darauf wollte ich ihm entgegnen aber er unterbrach mich: »Ich kenne ihren Namen, wer sie sind, was sie tun. Fragen sie bitte nicht warum, belassen wir es hierbei. Ein Freund von mir wurde davon verzerrt. Ein uralter Kult rief seine Kraft und zog so einen Schrecken über Witmoore.« Weiters erzählte er mir alles was ich dir bereits berichtet habe. Dann verschwand er so schnell wie er auftauchte. Zu unser aller Leid aber, sagte er mir keinen Weg es zu vertreiben. Es tut mir wirklich leid da meine Informationen auch sehr karg sind, dennoch hoffe ich mit meinen letzten Atemzügen dir geholfen zu haben.

In ewiger Freundschaft und mit der Hoffnung auf ein gutes Ende, dein Oscar.

Edward saß mit offenem Mund da und wusste nicht, ob er den Worten Wellingtons trauen konnte oder nicht. Der Brief war so absurd und in krakeliger Handschrift geschrieben, dass er doch sehr authentisch war. Immerhin sind das wirklich die letzten Worte von ihm, also muss etwas dran sein, dachte sich Edward. »Was steht in dem Brief«, fragte Marie, sich die Tränen aus den Augen wischend. Aber Herr Ansley erwiderte nicht sonder stand auf, schnappte sich etwas Werkzeug, bat Joseph mitzukommen und ging in Richtung des Brunnens. Schlagartig wussten alle was er vor hatte, er wollte ihn, den Brunnen, verschütten. Mit Spaten und Spitzhacke zerstörten sie ihr hart erarbeitetes Werk, danach aber fühlten alle einen gewissen Frieden, zumindest für eine Zeit lang.

Diesen Frieden nutzte Edward in dem er die Skizze tagelang studierte. Joseph sah ihn öfters vor einem Fenster sitzend, hektisch und mit sich selbst redend, das Blatt Papier überfliegen. Er versank völlig in blasphemischen Theorien und sah sich gezwungen in die Stadt zu fahren, dort etwas Eisenhut zu kaufen, und diesen in Bündel zusammengeschnürt verteilt ums Haus aufzuhängen. Langsam begann seine Familie ihn für verrückt zu halten, man sah merklich dass sie ihm versuchten auszuweichen, da seine Gegenwart zunehmend bedrückender wurde. Sogar so stark, dass Marie ihm sagte er müsse auf der Couch schlafen. Er gab keine Widerrede, er redete generell nur noch in ein bis maximal zwei silbigen einzelnen Worten. Eines nachts, als Edward bis spät wach lag und nachdachte, begann ein Flüstern aus der Dunkelheit ins Haus zu schleichen. ,,Joseph ist der den wir wollen! Er wird uns gehören”, erklang leise im Farmgebäude. Das Flüstern wurde zunehmend stärker und Edward versuchte sie mit Alkohol zu verdrängen. Dann aber hörte er ein leises und dumpfes Stöhnen von oberhalb des Hauses. Ängstlich folgte er diesem und es führte ihn in Josephs Zimmer. Langsam öffnete er die quietschende Tür und wurde starr vor Entsetzen. Sein Sohn lag ruhig im Bett, aber über ihm, eine sich von der Decke herablassende Gestalt. Mehr als einen unförmigen Schatten sah man nicht, trotzdem erkannte Edward merkwürdige Schlieren die von seinem Sohn aus in dieses Wesen übergingen; als ob es ihm seine Lebenskraft entziehen würde. Plötzlich sah dieses Ding Herrn Ansley, sprang beim Fenster hinaus und verschwand im dichten Roggenfeld. Edward war völlig verwirrt, schüttelte seinen Kopf und trat hastig an Joseph heran. Das Grauen das er empfand wurde noch größer: Josephs Gesicht war vollkommen verschwunden. Er sah aus wie dieses Ding dieses den Scheiterhaufen herabstolperte. Edward fasste etwas Mut und beschloss seinem Sohn auf der Stelle zu helfen. Nach diesem Ereignis sah man Joseph eine zeitlang nicht mehr, auf Fragen ihm bezüglich antwortete er nur mit, “er wurde krank und ich schickte ihn ins Krankenhaus, Joseph wird bald wieder gesund”. Marie war von nun an nur noch traurig, sie konnte sich mit den Antworten ihres Mannes nicht zufrieden geben, denn warum hat er ihr nichts von Edwards Zustand erzählt. Was ihr aber ebenso spanisch vorkam, war dass man ihrem Sohn auch keine Anzeichen für etwaige Krankheiten entnahm. Auch Anna war sichtlich betrübt. Ihren Plan diesem Geist zu helfen gab sie ebenso auf, da sie immer an die Worte, böse und Gefahr, denken musste. Sie versuchte auch ihre Eltern zu warnen, doch hörten diese ihr nicht zu. Eine immerwährende Wolke der Trostlosigkeit lag über der Farm, die Felder waren schon lange überflüssig. Die Schweine hungrig und das vorbereite Weizen und der Roggen waren verdorben. Eine Woche verging nach Josephs Abwesenheit. Marie, Anna und Edward saßen bei Tisch und verzerrten ein jämmerliches Mahl, redet kaum ein Wort miteinander und mehr als ein leichtes Schmatzen war im ganzen Haus nicht zu hören, bis wieder ein heftiger Sturm aufkam. Herr Ansley hörte plötzlich wieder diese Stimmen die dieses mal sagten: »Heute Nacht! Es wird das Ende. Edward tu was wir dir sagen.« Draußen schüttete es wie aus Kübeln, der starke Wind brachte das Holz des Hauses zum Knarren und das grauenhafteste dieser Szenerie für Marie und Anna war, die flüsternden Selbstgespräche die Edward führte. Marie unterbrach dieses Schauspiel: »Edward? Joseph ist jetzt schon eine Woche fort und wir haben nichts von ihm gehört und sag mir, wie kann es sein, dass niemand im Krankenhaus Bescheid wusste bezüglich unseres Sohnes. Ja, du hast recht gehört, ich habe gelogen als ich sagte ich gehe einkaufen. Auf Verdacht ging ich zum Spital und fragte nach meinem Sohn, dort sagte mir jeder er hätte dich und ihn seit langem nicht mehr gesehen. Was ist los Edward!« Ihr Mann ließ seinen Suppenlöffel in die Schüssel gleiten, stand auf, lehnte sich gegen ein Fenster und sah nach draußen. »Edward?«, begann Marie zitternd, »er ist nicht krank oder?« Auf diese Frage, erblickte sie wie Edward’s im Fenster gespiegelte Fratze, sich ein höhnisches und entsetzliches Lächeln aneignete. Mit einem, »O mein Gott«, und mit Tränen in den Augen stand Marie auf, nahm Anna zur Hand und schlich langsam zur Haustür. Edward drehte sich um, grinste wie ein Verdammter und flüsterte: »Ihr wollt doch nicht schon gehen oder? Joseph hat nun seine Ruhe, soll ich euch nicht auch helfen, meine liebste Familie?« Hierauf nahm er einen Schürhaken, zog die Mundwinkel ins unendliche nach oben und bewegte sich auf sie zu. Panisch rannten sie zur Haustür, doch sie war fest verschlossen. Ohne nachzudenken begaben sie sich in den ersten Stock. Ein Donner erklang und ein Blitz erhellte den Überlebenskampf. Ihre Schatten prägten sich auf den Wänden und ließen alles wie ein Puppenspiel wirken. Als Marie, Anna hinterher nach oben laufen wollte, schlug Edward den Schürhaken, so fest er konnte, in eine der Fersen seiner Frau. Das junge Mädchen sah nur wie ihre Mutter in einer Blutspur und dabei schreiend nach unten gezogen wurde. Weinend lief sie in das Schlafzimmer ihrer Eltern und versteckte sich im Schrank ihres Vaters. Der Wind heulte durch das Haus, das Windspiel auf der Terrasse spielte verrückt und nur die Blitze des Sturmes erhellten das Zimmer in dem sich Anna befand. Während den Lauten der Natur, die außerhalb wütete, hörte das kleine weinende und vor Angst zitternde Mädchen nur die schweren Schritte ihres Vaters, der die Treppe hinauf kam. Mit einem lauten Knall schlug die Zimmertür auf, der blutige Haken zog eine rote Spur hinter sich und Edwards Augen funkelten vor Wahn in der Dunkelheit. Seine starke Silhouette erhob sich vor der Schranktür und sein tiefes Schnaufen drang bis an Anna’s Ohren. Ihr Vater riss den Schrank auf und verzog sein Gesicht, da er etwas sah, dass er keinesfalls erwartet hatte. Das kleine Mädchen, wischte sich die Tränen vom Gesicht, schluckte kräftig und lud die Flinte ihres Vaters nach, die er selbst einmal dort platzierte. Anna dachte kurz nach über das was ihr Vater getan hatte und zögerte danach nicht den Abzug zu betätigen. Edward Ansleys Körper fiel, im Licht eines Blitzes gen Boden und erzeugte eine Blutlache. Mit Annas Verstand war es nun vorbei, ihr Weinen wurde lauter als das Heulen des Windes. Sie warf die Waffe weg und wollte das Haus verlassen. Plötzlich bewegte sich Edwards scheinbar regungsloser Körper wieder, schnappte Anna am Fuß, als sie zur Tür hinaus wollte, rang sie zu Boden und begann mit seinen mächtigen Händen ihre Kehle zu zerquetschen. Ihr Todesröcheln verstummte während des Regens der gegen das Fenster prasselte. Doch nach nur einigen Minuten erstickte ihr Kampf um Luft und wieder ein paar Minuten später und im Haus war niemand mehr am Leben, denn Edward verblutete an seiner Wunde. Er starb noch während er ihre Kehle hielt, fiel auf sie und beide lagen sie dann zusammen regungslos da.

Zeitungsartikel vom Youn Borough Tagesboten

Entsetzliches Unheil in Youn Borough! Mehrere Tote in der ganzen Stadt. Der Polizei zu urteilen nach, ging alles von dem Farmhaus der Ansleys aus. Marie Ansley, die Ehefrau von Edward Ansley backte für viele Menschen Brot in jenes sie etwas Roggen hinzumischte. Laut einem Laborbericht waren mehrere Roggenernten der Familie mit einer Pilzart infiziert die man Mutterkorn nennt. Die Infektion vollzog sich langsam und über längere Zeit hinweg. Bei Betroffenen starben irgendwann Körperteile ab, gefolgt von Halluzinationen die, bei solch einer Menge und dieser Dauer, undenkbare Ausmaße hatten. Vor allem bei der gesamten Familie Ansley und bei Pastor Oscar Wellington, der Suizid begann, war der Infektionsgrad am stärksten. Dies führte dazu, dass Herr Edward Ansley, geplagt von Einbildungen, seine Frau erschlug, seine Tochter erdrosselte und seinen Sohn wie eine Vogelscheuche auf einem Feld aufhängte. Solch ein Ereignis kannte man zuvor nur aus dem Mittelalter, ein Ereignis, dass seit je her als heiliges Feuer, oder Antoniusfeuer bekannt ist.

DIE TEUFEL DES KIRCHHOFS

Mein Name ist Jonathan Keen und mit dieser Erzählung bezwecke ich keinesfalls generellen örtlichen Geschichten etwas Wahrheit zuzumessen, dennoch, eine dieser Sagen scheint einen wahren Kern zu haben. Der Anfang meiner fantastischen Ereignisse begann vor circa einem halben Jahr, als meine Frau Hannah Keen auf unerklärliche Weise verschwand. Sie war auf Geschäftsreise in Ethenport. Dort traf sie sich öfters mit einem ihrer Arbeitskollegen, bis dieser besagte Bekannte die Polizei informierte, sie sei zu ihrem letzten Meeting nicht erschienen und war auch anderweitig nicht zu erreichen. Meine Wenigkeit wurde erst informiert, als es feststand, dass sie wirklich verschwunden war. Wie vom Erdboden verschluckt. Man fand nur ihr weißes Haarband nahe der zerfallenen Port Church. Sowie die Polizei die Suche nach ihr aufgab, machte ich mich auf den Weg nach Ethenport das an der Ostküste, nahe Youn Borough, lag. Nach etwa zwei Stunden eine alte Schotterstraße entlang wurde es später Nachmittag, aber trotz einer fesselnden Fahrt durch den Eldforest fühlte sich meine Anreise bei weitem länger an. Doch zu meiner Erleichterung tat sich dann das Meer zu meiner rechten auf und eine beschauliche Kleinstadt mit Hafen gab sich zu erkennen. Dort, auf einem von Pflanzen überwucherten Ortsschild, stand der Name der alten und von Geschichten umrankten Siedlung, die mir heute noch eine Gänsehaut beschert. Ethenport; eine Ortschaft die hauptsächlich dem Fischfang, Mythen, Hexenkunst und alten Leuten eine Heimat war. Jedes Gebäude strahlte etwas Bedrückendes und zugleich Heimliches aus. Große Steinziegeln, starke Eichenbalken und karoförmige Fenster, die von Würgepflanzen bedeckt waren, verzierten allgegenwärtig die Architektur. Hiergegen war der trostlose Fleck namens Witmoore schon fast fortgeschritten.

»Das macht dann genau 39 Pfund«, hörte ich plötzlich und realisierte, dass der Taxifahrer seine Bezahlung wollte. Danach stieg ich aus und wurde beinahe von der bedrückenden Atmosphäre niedergeschlagen. »Tief einatmen, das ist nur eine sehr alte Stadt«, sagte ich mir um meine angespannten Nerven zu entlasten. Nicht lange und der nächste Schreck wartete auf mich. Ich schrie kurz auf und sah wie sich eine Schar Krähen von den Dächern gen Himmel erhob. So wie ich wieder die Straße entlang blickte, erhob sich vor mir eine große alte Statue. Sie stand in der Mitte des sehr klein geratenen Hauptplatzes. Eine schöne Frau, mit Haaren bis zu ihren Knien, die sich bückte und eine Tulpe pflückte. “Semper Fidelis”, stand an der von Ranken überwucherten Tafel. Vor besagter Inschrift stand eine Vase. In dieser befanden sich frische Tulpen von den Einwohnern. Möglicherweise war sie die Schutzpatronin der Stadt, aber egal was es zu bedeuten hatte, es weckte ein Gefühl der Freude in mir.

Etwas bekümmert wandte ich mich ab und suchte in der Straße zu meiner rechten einen Platz um zu nächtigen. Zwar waren fast alle Häuser identisch, dennoch verwies schnell ein Schild auf Mrs. Owens Hexerei Bedarf. In kleiner Schrift wurde ”Zimmer zu vermieten” nachträglich hinzugefügt. Warum nicht? Dieser Gedanke schlich sich in mich, denn ein Hotel oder Ähnliches würde ich so oder so nicht finden. Etwas schwerfällig öffnete sich die kleine Glastür. Eigentlich hätte mich der folgende Anblick abstoßen sollen, doch fand ich es eher faszinierend und sah mich etwas im Geschäft um. Ein modriger Geruch lag in der Luft. Kleine Schrumpfköpfe, Hasenpfoten, tote Kröten und undefinierbare, eingelegte Augen wurden ohne weiteres angeboten. Eines der Gläser betrachtete ich näher. In diesem waren etwas größere Augen, fast so groß wie menschliche. Dann erschrak ich mit einem hochfrequenten Schrei und lies den grotesken Gegenstand in meinen Händen fallen. Wenn mich meine Sinne nicht täuschten, war mir so, als hätte eines dieser Augen mich direkt angeblickt. »Ach, das ist schon gut,« sprach eine alte, heisere Stimme, »Das müssen Sie auch nicht bezahlen, kann ja mal passieren. Sie kommen nicht aus dieser Stadt, nicht wahr?«

Beschämt räusperte ich mich und antwortete der kleinen, sehr alten Frau: »Tut mir leid, mir war so als… nicht so wichtig. Jedenfalls guten Tag die Dame, das ist richtig, ich bin nicht von hier. Ich suche einen Platz zum Schlafen und so baten sich Ihre Räumlichkeiten gut an - wenn noch ein Platz frei ist selbstverständlich.« Freudig drehte sie sich um und deutete mir, mit ihr in ein Hinterzimmer zu gehen.

»Das ist ja fabelhaft, sind schon lange keine Leute mehr da gewesen, nein, nein«, sprach sie, als sie eine alte Holztreppe hinaufstieg. Ich zwängte mich mit meinem Koffer durch die engen Gänge und folgte ihr. Dann blieb die Frau am Ende des Flurs stehen und kramte in ihrer Hosentasche nach dem Zimmerschlüssel. »Na wo ist er denn?«, sagte sie etwas nervös, »Endlich, da ist er ja. Das Zimmer kostet fünf Pfund pro Nacht, für eine Pfund mehr, gibt es jeden Morgen Frühstück unten im Hinterzimmer. Von 6 Uhr bis 22 Uhr lasse ich unten die Tür aufgesperrt, also wäre gut wenn Sie immer vor 22 Uhr wieder hier sind.« Mit einem Nicken willigte ich ein und betrat mein Zimmer, während man die alte Dame beim Davongehen noch mit sich selbst reden hörte. Meine Räumlichkeiten waren äußerst rustikal, aber dennoch sehr sauber und auf merkwürdige Art und Weise gemütlich. Es fasste gerade mal 8m2. Auf der gegenüberliegenden Seite der Eingangstür verlief die Zimmerwand schräg und besaß ein kleines Fenster, durch das man die Dachlandschaft von Ethenport sah. Vögel zogen über mich hinweg und manch ein rauchender Kamin ließ darauf schließen, dass doch noch Leben in diesem Dorf herrschte.