Dietrich Grund
Heimatforscher Taufkirchen bei München geb. 1942 in Diez (Nassau)
www.dietrich-grund.de
Bisher vom Autor im gleichen Verlag erschienen:
„Der Hachinger Bach, Seine Entstehung – seine Menschen –seine Mühlen“ (ISBN 978-3-7347-3106-8)
„Hilprant und die Familie der Taufkircher“ (978-3-7386-5482-0)
„Kleine Chronik von Taufkirchen“ (978-3-7431-1725-9)
„Kirche und Gemeinde St. Johannes in Taufkirchen“ (978-3-7504-9654-5)
Das Leben auf dem Lande, so romantisch es in der Rückschau auch oft dargestellt werden mag, war von jeher mit harter körperlicher Arbeit verbunden. Die Abhängigkeit von der Bodenqualität, dem Wetter und den Launen der kirchlichen oder weltlichen Grundherren bestimmte lange Zeit das Schicksal der Bauern.
Welch entscheidenden Wandel die Landwirtschaft im Laufe der Zeit vollzogen hat, lässt sich am besten über die Zahl der Beschäftigten verdeutlichen: In den frühen vorgeschichtlichen Ansiedlungen waren noch alle an Ackerbau und Viehzucht beteiligt. Bis zum 19. Jahrhundert hatte sich der Anteil der Bauern bereits auf ca. 65%, in den 1950er-Jahren auf ca. 30% reduziert. Aktuell sind nur noch knapp 2% aller Beschäftigten Bayerns im Bereich der Land- und Forstwirtschaft tätig – bei unveränderter Produktivität.
Über einen Zeitraum von vier Jahrtausenden hat Dietrich Grund die Entwicklung der Landwirtschaft in seinem Heimatort herausgearbeitet. Von den ersten Spuren einer bäuerlichen Siedlung im Raum Taufkirchen zur Bronzezeit, über die gut dokumentierte Epoche des Mittelalters und der frühen Neuzeit, bis hin zu den entscheidenden Innovationen des 19. und 20. Jahrhunderts – all dies wird nicht nur dargestellt, sondern direkt in die Ortsgeschichte eingebunden.
Gleichzeitig wird der Blick auch auf die allgemeine Zeitgeschichte Bayerns gelenkt. Was hier am Beispiel von Taufkirchen aufgearbeitet wurde, steht in vielen Dingen exemplarisch für die Dörfer in der Münchner Schotterebene, so dass das Buch für alle an der Lokalgeschichte Interessierten nicht nur von besonderem Wert ist, sondern hoffentlich auch anregt, sich mit der Geschichte der Landwirtschaft im eigenen Ort zu befassen.
Christine Heinz
Kreisheimatpflegerin des Landkreises München
Dietrich Grund, Taufkirchens fleißiger Heimatforscher und produktiver Gemeindechronist, stellt in seiner neuen Veröffentlichung die „Landwirtschaft“ in den Mittelpunkt einer ortsgeschichtlichen Darstellung. Er schlägt dabei einen großen Bogen von der Vor- und Frühgeschichte bis in unsere Tage. In bewährter landesgeschichtlicher Tradition betrachtet er die Bauern, den Landbau, den Agrarsektor nicht isoliert, sondern er beschreibt und analysiert seinen Gegenstand stets im Rahmen der gesamtgesellschaftlichen und politischen Entwicklung. Dieses methodische Vorgehen hat zur Folge, dass seine Darstellung viel mehr ist als ein bloßer Abriss der Agrarentwicklung Taufkirchens. Er liefert nicht weniger als eine kurze Geschichte dieses Siedlungsraums und seiner Menschen.
Natürlich bildet die Landwirtschaft den Schwerpunkt der Ausführungen. Es ist ja gerade dieser Bereich, der viele Jahrhunderte lang das Leben von „Land und Leuten“ nicht nur in Bayern bestimmte. Der Übergang von der Agrargesellschaft, vom Agrarstaat zum Industriestaat und zur Dienstleistungsgesellschaft vollzieht sich in Bayern in einem langen und langsamen Prozess, der erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem gewissen Abschluss kommt. Aber auch danach werden das Bild der Landschaft, weltliche und kirchliche Traditionen, politisches Handeln und das Leben eines weiterhin wichtigen Teils der Bevölkerung von der Landwirtschaft beeinflusst.
Orts- und Heimatgeschichte ist deshalb zu einem großen Teil die Geschichte des bäuerlichen Lebens, der Sorge um Acker, Feld, Wiese und Wald, des Zusammenlebens mit den Tieren. Ohne Verständnis für diesen gesellschaftlich-wirtschaftlichen Sektor, ohne Kenntnisse von der Entwicklung bäuerlichen Lebens und agrarischer Techniken muss das Bild von der in unsere Tage hineinwirkenden Vergangenheit lückenhaft bleiben. Eine besondere Stärke der vorliegenden Darstellung ist für mich die Tatsache, dass der Autor bei aller Berücksichtigung der „großen Entwicklungen“ immer die konkrete Situation in Taufkirchen im Auge hat. Er weicht nicht ins Allgemeine aus, sondern legt ein Geschichtsbuch vor, das ganz in Taufkirchen verankert ist – also als Heimatgeschichte im besten Sinne angesehen (und gelesen) werden darf.
Prof. Dr. Hermann Rumschöttel
Generaldirektor der Staatlichen Archive Bayerns a.D.
Es heißt: „Am Ende der letzten Eiszeit, vor 12.500 Jahren, änderte sich alles … Im Land des sogenannten Fruchtbaren Halbmonds … entwickelte sich die Landwirtschaft. Was sie [die Menschen] bisher von der Natur geschenkt erhalten hatten, begannen sie nun im Schweiße ihres Angesichts selbst zu erzeugen … Das neu entdeckte landwirtschaftliche System war den alten Jäger- und Sammler-Kulturen so überlegen, dass es sich in relativ kurzer Zeit über den eurasischen Kontinent ausbreitete. Nach Mitteleuropa kam es über Kleinasien, das Schwarzmeergebiet, die Donau aufwärts und erreichte Böhmen und Bayern um das Jahr 5700 v. Chr.“1
Der Erfolgsschriftsteller Yuval Harari will von diesem Vorzug nichts wissen und nennt die Agrarrevolution in seinem Bestseller „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ dagegen knapp einen Betrug, da der Mensch sich jetzt viel mehr um sein Fortkommen kümmern musste. Er verkennt dabei, dass der homo sapiens sich einstmals von den Mitgeschöpfen separierte, und zwar durch seine Freude am Erfinden, an der Neuheit. So wie er nach dem Faustkeil das Feuersteinmesser erfand, so wurde er folgerichtig vom Sammler zum Landwirt. Und zwar in verschiedenen Teilen der Welt, wie Harari selbst dargestellt hat. Dass das Streben nach Fortschritt in den letzten Jahrzehnten allerdings selbstzerstörerische Züge angenommen hat, muss allerdings sehr nachdenklich stimmen …
Die erste menschliche Spur im Hachinger Tal bildet ein Kupferbeil, dass ein streifender Jäger hier vor 5.500 Jahren (3.500 v. Chr.) verlor. Der außergewöhnliche Fund ist auch einer der frühesten Nachweise von Metallbearbeitung in Bayern.
Unser Gebiet wurde wegen seiner Flora und Fauna sowie wegen der guten Erreichbarkeit von Trinkwasser am Bach und mit flachen Brunnen im Grundwasser ein beliebter und dauerhafter Siedlungsschwerpunkt. In Taufkirchen beim Sportzentrum fanden sich die frühesten Spuren sesshafter Siedler: Um 2.400 v. Chr., am Ende der Jungsteinzeit (4500-2200 v. Chr.), wurden hier 4 Frauen und 6 Männer begraben; ein erster Friedhof. Sie hatten sich Getreidefelder angelegt, aber auch weiterhin Essbares im Wald gesammelt. Einer der Männer bereicherte die Tafel mit Wildbret: seine Leute hatten ihm beim Tod eine Feilspitze aus Feuerstein und die Armschutzplatte beigelegt, die den Bogenschützen vor der zurückschnellenden Sehne geschützt hatte. Schon in jener Zeit kannten die Menschen Gerste, Dinkel, Emmer, Einkorn und den „Urweizen“2.
Die frühen Bauern betrieben die sogenannte Urwechselwirtschaft: Einige Jahre lang wurde auf einen Feld Getreide angebaut; sobald der Ertrag zurückging, kultivierte man ein neues Feld.
Mit moderner Technik gelingt es, aus der Luft Bodenveränderungen in Waldflächen zu erkennen und zu dokumentieren. Auf diese Weise wurde es möglich, im Forstenrieder Park eine sensationelle Entdeckung zu machen: Auf einem großen Areal von 10 km2 ist eine große Zahl dicht an dicht liegender, muldenförmiger, steinzeitlicher Felder zu erkennen. Auch im Deisenhofener Forst, an der Straße nach Oberbiberg, fand man diese Relikte. Dort gibt es auch eine Grabhügelgruppe aus der Jungsteinzeit, sodass man schließen kann, dass Felder und Gräber etwa gleichzeitig, auch um 2400 v. Chr., entstanden sein dürften3.
Die Felder sind typischerweise 30 m breit, 30 bis 40 m lang und 25 bis 30 cm tief mit den Rändern in gleicher Höhe.
Steinzeitliche Felder im Wald Lageplan und Querschnitt
Die Parzellen liegen dicht an dicht; Zuwegungen fehlen. Ähnliche „Plantagen“ hat man auch in Wäldern zwischen Ries und Donau sowie um Burglengenfeld, Würzburg und Schweinfurt entdeckt. In der nachfolgenden Bronzezeit gab es ähnliche Felder (Celtic Fields) an der Nordseeküste von Holland bis Dänemark. Und in unseren Wäldern findet man die wellenförmigen Reste der Wölbäcker aus dem Mittelalter.
In der Bronzezeit (2200-800 v. Chr.) wuchs die Bevölkerung und es entwickelte sich ein ausgedehntes System von Siedlungen mit ihren Friedhöfen in der ganzen Münchner Schotterebene.4 Ein bronzener Barrenfund im Luitpoldpark Münchens beweist, dass auch hierzulande das neue Material auftauchte.
In Bergham wurden im Erdreich zwei Webgewichte eines Handwerkers und ein Depot mit 200 Kilogramm verkohltem Getreide aus der mittleren Bronzezeit gefunden. Es enthielt Gerste dazu Emmer, Rispenhirse, Erbsen und Bohnen.
In Unterhaching wurde 1934 beim Autobau ein Urnenfeld mit 124 Gräbern aus der späten Bronzezeit (1200-800 v. Chr.) entdeckt. „Kennzeichnend für diese Epoche war die Brandbestattung, bei der die Toten auf einem Scheiterhaufen verbrannt und ihre Überreste in Urnen beigesetzt wurden“.5 Nördlich des oben genannten, vorzeitlichen Friedhofes in Taufkirchen fanden die Ausgräber Hausgrundrisse und zwei Abfallgruben aus der Bronzezeit.
Begräbnisurne der Bronzezeit
Ein rotes Tonschälchen von 7,5 cm Durchmesser aus der Hallstattzeit (800-450 v. Chr.) beweist, dass fast durchgehend im Gemeindegebiet bäuerliche Menschen siedelten.
In Unterhaching (Sporthalle am Utzweg) wurde eine Siedlung aus dieser Zeit nachgewiesen.
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