1. Auflage 2020
Rechtsstand: Juni 2020
© Marianne Moldenhauer
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Herstellung und Verlag:
© 2020 BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
Umschlaggestaltung: Marianne Moldenhauer
ISBN: 978-3-7519-7388-5
Der Inhalt dieser Ausarbeitung wurde nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt. Die enthaltenen Informationen erheben allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit, Richtigkeit und Rechtssicherheit. Insbesondere bietet diese Information keine Rechtsgrundlage für Haftungsansprüche gegen die Autorin.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird nachfolgend das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten sind dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.
Marianne Moldenhauer, Jg. 1965, stammt aus Vechta (Niedersachsen) und studierte als ausgebildete Sozialversicherungsfachangestellte Jura in Osnabrück und Rom. Seit 1997 ist sie als selbstständige Rechtsanwältin tätig. Gemeinsam mit ihrem Mann lebt sie mittlerweile in Baunatal (Hessen). Sie ist seit mehr als 30 Jahren an Multiple Sklerose erkrankt und weiß aus eigener Erfahrung nur zu gut, dass die Diagnose MS einen starken Einschnitt im Leben bedeutet.
Mit ihren fachlichen Publikationen bietet sie MS-Erkrankten, Angehörigen und Interessierten bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten praktische Lebenshilfen und zeigt Perspektiven auf. In ihren weiteren Büchern gewährt Sie zudem tiefe Einblicke in ihre Gefühlswelt und liefert Denkanstöße zum achtsamen Umgang mit der eigenen Lebensenergie hin zu einem aktiven und positiven Leben.
Für verantwortungsvoll handelnde MS-Erkrankte
im Straßenverkehr.
Vorwort
Immer schneller, häufiger und flexibler – nie zuvor waren Menschen so viel in Bewegung und unterwegs wie heute. Mobilität eröffnet Chancen, erweitert den Aktionsradius und schafft persönliches Wohlbefinden.
Auch MS-Erkrankte – mit und ohne Beeinträchtigungen – wollen ein selbstbestimmtes Leben führen und gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.
Sie wollen mobil sein und bleiben. Dies betrifft u. a. auch die Fähigkeit, selbst als Autofahrer am Straßenverkehr teilnehmen zu können, denn Autofahren ist ein bedeutsamer Mobilitätsfaktor, wenn es um die Verknüpfung der Lebensbereiche Wohnen, Arbeit, Bildung, Versorgung oder um Freizeitaktivitäten geht.
Ist man schlecht zu Fuß und stehen öffentliche Verkehrsmittel kaum zur Verfügung, ist es schwierig, das eigene Leben selbstständig und unabhängig zu gestalten.
Da das Führen eines Kraftfahrzeuges ein Zusammenspiel von kognitiven (die geistige Leistungsfähigkeit betreffend), visuellen (das Sehen, den Gesichtssinn betreffend) und motorischen (den Bewegungsablauf betreffend) Fertigkeiten voraussetzt, sind MS-Erkrankte allerdings häufig verunsichert, was den Einfluss auftretender Beeinträchtigungen auf die Fähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr, die Fahrtüchtigkeit in konkreten Situationen oder den Erwerb der Fahrerlaubnis überhaupt angeht. Sie bangen um ein Stück Mobilität.
Mit dem Teilbereich der Fortbewegung im Straßenverkehr beschäftigt sich diese Ausarbeitung. Sie erfahren, welche gesetzlichen Bestimmungen es gibt und worauf MS-Erkrankte achten sollten.
Eine erkenntnisreiche Lektüre wünscht Ihnen
Ihre
Baunatal im Juni 2020
Multiple Sklerose ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems (Gehirn und Rückenmark; auch der Sehnerv ist ein Teil des Gehirns), von der in Deutschland vermutlich weit mehr als 200.000 Menschen betroffen sind. Das häufigste Erkrankungsalter liegt zwischen dem 20. und dem 40. Lebensjahr; zwei Drittel der Erkrankten sind Frauen.
Gesunde Nervenbahnen sind – einem Stromkabel vergleichbar – von einer Isolierschicht umhüllt und geschützt, die als Myelin bezeichnet wird. Bei dieser sog. Myelinschicht (auch Markscheide oder Nervenscheide genannt) handelt es sich um eine Schicht aus Fett und Eiweiß. Bei der MS wird diese Schicht aufgrund einer Fehlreaktion des Immunsystems angegriffen oder zerstört, so dass die einzelnen Nervensignale nur noch verlangsamt bzw. überhaupt nicht mehr weitergegeben werden können. Auch ganze Nervenbahnen können davon betroffen sein. Man spricht hierbei von einer sog. Demyelinisation (= Entmarkung) der Axonen (= Nervenfasern), die an ganz unterschiedlichen – multiplen – Stellen auftreten kann und zur Entstehung einer verhärteten (griech, sklero = hart), narbenartigen Gewebeschicht führt. Dieses Gewebe ist nicht mehr imstande, die elektrischen Nervensignale weiterzuleiten.
Da die Vernarbungen bei jedem Erkrankten anders auftreten, sind auch die Beschwerdebilder in ihrer Ausprägung, Intensität und Lokalisation ganz unterschiedlich, weshalb man die MS auch die „Krankheit mit den 1.000 Gesichtern“ nennt.
Bei MS-Erkrankten treten typischerweise folgende Symptome auf:
Neben vorstehenden körperlichen Einschränkungen kommt es bei der MS-Erkrankung häufig auch zu Beschwerden, die oft nicht gut fassbar und sichtbar sind:
Die Symptome können einmal auftreten und dann nie wieder, sie können auch einzeln auftreten oder sie zeigen sich in Kombination, wodurch sich ganz unterschiedliche Schwierigkeiten bei der Teilnahme am Straßenverkehr (z. B. Unsicherheit beim Autofahren) ergeben können.
Bei der MS geht man von einer Vorstufe und drei grundsätzlich zu unterscheidenden Verlaufsformen aus:
Beim klinisch isolierten Syndrom (KIS) kann es sich um das Anfangsstadium von Multipler Sklerose handeln. Bezeichnend ist, dass bestimmte MS-typische Frühsymptome auftreten, die diagnostischen Kriterien für die Diagnose MS jedoch noch nicht erfüllt sind.
Es treten auch Mischformen dieser Grundverlaufsformen der Erkrankung auf.
Das Positive:
Die Chancen, sein Leben mit nur relativ geringen Beeinträchtigungen weiterleben zu können, haben sich insbesondere in den letzten Jahren – auch durch verbesserte Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten – deutlich erhöht.
Viele MS-Erkrankte sind auch noch nach Jahrzehnten weitgehend beschwerdefrei.
Insbesondere vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), die bereits am 26. März 2009 von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet wurde, ist die Mobilität von Menschen mit Behinderungen von zentraler Bedeutung für eine selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft (Artikel 9 – Zugänglichkeit – und Artikel 20 – Persönliche Mobilität – der UN-BRK).
Mobilität und Erreichbarkeit sind von zentraler Bedeutung für die Lebensqualität einer Person oder Personengruppe im Alltag.
Wer nicht die Möglichkeit zur Fodbewegung hat („nicht mobil sein kann“), hat einen schlechteren Zugang sowohl am gesellschaftlichen als auch zum wirtschaftlichen Leben.
Die Straßenverkehrsordnung (StVO) regelt für Fußgänger und sämtliche Fahrzeuge die Teilnahme am Straßenverkehr, also den Bewegungsakt selbst.
Der Fahrzeugbegriff umfasst grundsätzlich alle Fortbewegungsmittel gleich welcher Art. Der Fahrzeugbegriff erfasst daher Kraftfahrzeuge und nicht motorisierte Fahrzeuge, die der Fortbewegung dienen, gleichermaßen.
Kraftfahrzeuge sind beispielsweise:
Nicht motorisierte Fahrzeuge sind:
Nicht vom Fahrzeugbegriff erfasst sind