Über die Autorin

Dr. Katrin Bischl ist promovierte Sprachwissenschaftlerin und ausgebildete Journalistin. Seit vielen Jahren arbeitet sie als Schreibberaterin und PR-Dozentin und schreibt Fachbücher sowie Texte für die Wissenschaft und die Public-Relations-Branche.

Seit 2016 ist sie ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit aktiv. Sie unterrichtet und betreut Geflüchtete auf ihrem Weg in Arbeit und Ausbildung.

Beruflich berät sie Rathäuser und Verwaltungsangestellte sowie Unternehmen, kirchliche Organisationen und Verbände bei der Konzeption und Produktion von Texten für Print und Online sowohl für die interne als auch für die externe Kommunikation. An Hochschulen und Forschungsinstituten lehrt sie wissenschaftliches Schreiben.

Weitere Informationen: www.bischl-seminare.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung der Autorin unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© 2020 Dr. Katrin Bischl
www.bischl-seminare.de
Schreibberatung, Training, Textarbeit

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7519-9308-1

Für

Abdou Jatta, Ebrima Bah, Flimon Yemane,

Mustapha Marong, Sainey Sanneh, Salimina Dampha

Inhaltsverzeichnis
  1. Viele Herausforderungen
  2. Individuelle Unterstützung ist erforderlich
  3. Bezug zur eigenen beruflichen Tätigkeit
  4. Weitere Beispiele für Übungen
  5. Strategisches Lernen

1. Viele Herausforderungen

Geflüchtete Menschen, die in Deutschland arbeiten, eine Ausbildung machen oder dies anstreben, benötigen unbedingt Unterstützung beim Lernen. Alleine schaffen sie es nicht, sich den Fachwortschatz, das berufliche Wissen sowie den Unterrichtsstoff anzueignen. Darum ist es gut, dass viele Ehrenamtliche sie hierbei unterstützen. Doch wer mit geflüchteten Menschen lernt – vor allem als Ehrenamtlicher – sieht sich mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert.

Sie hierbei zu unterstützen, ist Intention dieses Buchs. Es soll ehrenamtlich Unterrichtenden (vielleicht auch professionellen Sprachlehrerinnen und Sprachlehrern) Anregungen für den Umgang mit Geflüchteten sowie Ideen für Unterricht beziehungsweise Nachhilfe geben, doch auch den Blick öffnen für die besondere Unterrichtssituation in der Flüchtlingsarbeit.

1.1 Die Probleme der Geflüchteten sind zahlreich

Die Geflüchteten, die Ihren Unterricht besuchen, sind in vielerlei Hinsicht besondere Schülerinnen und Schüler und bringen eine Vielzahl von Erfahrungen und Problemen mit, die das Lernen und gemeinsame Arbeiten stark prägen. Einige sollen kurz angesprochen werden.

Viele geflüchtete Menschen sind in ihrem Heimatland nur wenige Jahre und auch nicht konstant in die Schule gegangen.

1.2 Ihre Herausforderungen als Lehrende

Wenn Sie ehrenamtlich mit Geflüchteten lernen, erleben Sie sicherlich viele interessante Begegnungen und führen aufschlussreiche interkulturelle Gespräche. Jedoch birgt diese Art von gemeinsamem Lernen auch Herausforderungen, die Ihnen bewusst sein sollten und denen Sie sich stellen müssen.

Ehrenamtliche verfügen zumeist über eine große Empathie und viel Engagement, aber oft über keine oder nur geringe Lehrerfahrung oder didaktische Kenntnisse. Diese sich anzueignen ist sehr aufwendig und zeitintensiv.

1.3 Meine Erfahrungen und Kompetenzen

Basis dieses Buches sind meine eigenen Erfahrungen. Ich unterrichte seit 2016 ehrenamtlich geflüchtete Menschen, vor allem Afrikaner aus Gambia. Diese Gruppe mit einer zumeist unsicheren Bleibeperspektive war lange Zeit von Unterricht (Deutschunterricht) und Fördermaßnahmen (Nachhilfe für Auszubildende) weitgehend ausgeschlossen, die zum Beispiel Syrern nach nur kurzer Zeit in Deutschland gewährt wurden. Darum haben viele Gambier, die hier arbeiten oder eine Ausbildung machen wollten, den Weg über das Ehrenamt gewählt und die kostenlosen Kurse sowie Nachhilfeangebote genutzt.

Zunächst unterrichtete ich Deutsch (Wortschatz, Grammatik, Konversation) in Gruppen bis 20 Personen und aus verschiedenen Ländern. Bald merkte ich, dass die jungen Menschen auf Probleme stoßen, sobald sie eine Arbeit aufnehmen. Der Fachwortschatz wird in den klassischen Deutschkursen und Lehrbüchern ebenso wenig vermittelt wie berufliches Fachwissen. Darum entschied ich mich, fortan „Deutsch im Job“ zu unterrichten. In diesen Kursen trainieren wir Fachwortschatz (zum Beispiel Kreuzschlitzschraubenzieher, Gelmuffe, Rechtslauf der Bohrmaschine). Ferner vermittle ich berufliches Alltagswissen (zum Beispiel die gesetzlichen Vorgaben für eine Krankschreibung) sowie Kommunikationsregeln im beruflichen Alltag (zum Beispiel erschreckt der oft raue Umgangston auf Baustellen viele geflüchtete Menschen und sie denken, sie hätten einen Fehler gemacht).

Basis meines ehrenamtlichen Unterrichts – und dieses Buches – sind zudem die eigene Berufserfahrung sowie Didaktikkenntnisse aufgrund einer seit zwei Jahrzehnten ausgeübten Selbstständigkeit als Schreibberaterin und Dozentin für Deutsch, Public Relations, wissenschaftliches Schreiben und verständliche Verwaltungssprache. Mein während des Germanistikstudiums erworbenes Wissen zu Grammatik, Pragmatik und Sprachpsychologie flossen ebenfalls ein.

2. Individuelle Unterstützung ist erforderlich

Wer geflüchtete Menschen auf ihrem Weg in den Beruf beim Lernen unterstützen will, dem seien einige Ratschläge an die Hand gegeben, die Sie auf den folgenden Seiten finden.

2.1 Einzelunterricht oder Lernen in Kleingruppen anbieten

Gruppenunterricht findet in den Berufsschulen statt. Durchschnittlich 8 bis 20 Schülerinnen und Schüler sitzen dort in den Klassen. Gruppenunterricht ist auch die gängige Lehrform in den meisten Deutschkursen in den Volkshochschulen sowie bei privaten Bildungsträgern. Aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse, ihrer geringen bzw. anderen Vorbildung und auch persönlicher Unsicherheiten ist für Geflüchtete das Lernen in großen Gruppen oft sehr schwierig. Darum benötigen sie ergänzend Nachhilfe, am besten in Einzelbetreuung.

Sollten zwei bis drei Personen dieselbe Ausbildung machen und dieselbe Berufsschulklasse besuchen, kann der ehrenamtliche Unterricht auch in einer kleinen Gruppe stattfinden. Solche Kleingruppen haben den Vorteil, dass die Lernenden sich gegenseitig unterstützen können und sie sich beispielsweise bei Verständnisschwierigkeiten auch mal in der eigenen Landessprache oder in der lokalen Sprache austauschen können.

Was verstehen die Schülerinnen und Schüler nicht?

Nur im Einzelunterricht oder in der Nachhilfe in Kleingruppen können Sie als Unterrichtende herausfinden, was Ihre Schülerin oder Ihr Schüler nicht versteht. Kennt er oder sie einzelne Wörter nicht? Sind dies Wörter des allgemeinen Sprachgebrauchs, zum Beispiel „Rechnung“, „Hammer“ oder „kehren“? Oder sind dies Fachwörter wie „Akku-Bohrmaschine, „Krankmeldung“ oder „Blechschere“? Wörter erklären, in die Herkunftssprache übersetzen oder anhand von Bildern aus dem Internet veranschaulichen – das sind grundlegende Arbeitsschritte beim Lernen mit Geflüchteten. Ferner ist es wichtig, immer wieder die Vokabeln zu wiederholen oder als Hausaufgabe wiederholen zu lassen.