Gewidmet den mutigen, treuen, zuversichtlichen und visionären Kunden, Mitarbeitern, Händlern, Investoren, Freunden und Förderern des Hauses BMW, die 1959 halfen, das Überleben des Unternehmens zu sichern ...

... und den Lesern von Band 1.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Bildnachweis

Zahlentafeln und Tabellen stammen mit Werksangaben oder eigenen Messwerten vom Verfasser, ebenso die weit überwiegende Mehrzahl der Fotos. Wo das nicht der Fall ist, wird in der Bildunterschrift auf die Quelle verwiesen. Soweit Bilder bereits in früheren Veröffentlichungen des Verfassers verwendet worden sind, können sie Bildnummern enthalten, die für das Verständnis des Textes nicht erforderlich sind.

Impressum

Copyright: © 2020 Ralf Heiligtag

Sämtliche Rechte der Verbreitung in jeglicher Form und Technik bleiben vorbehalten.

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt.

ISBN 9783752651362

Titel Der Isettaschrauber, Band 2: Motor und Antrieb

Kontakt zum Autor: BMW-Isetta@kabelmail.de

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Die Buchreihe „Der Isettaschrauber“ wurde geschaffen für die Freunde, Liebhaber, Besitzer, Sammler und Fahrer der BMW Isetta, des BMW 600 und des BMW 700 aus den Baujahren 1955 bis 1965. Der zweite Band liegt nun vor Ihnen. Ein weiterer zum Thema Tuning und Elektrik wird folgen.

Die im ersten Band unter den Punkten

geregelten Bedingungen gelten vollumfänglich und in gleicher Weise auch für diesen und den nächsten Band. Um nicht unnötig Papier zu schwärzen, werden sie hier nicht wiederholt. Wer den ersten Band noch nicht besitzt, beschaffe sich ihn bitte und lese diese Abschnitte dort nach. Erinnert werden soll hier lediglich daran, dass ein Nachbau der gezeigten Konstruktionen nur für den persönlichen Bedarf gestattet ist. Nachfertigungen mit Gewinnerzielungsabsicht bedürfen einer vorherigen Lizenzvereinbarung mit dem Autor. Zuwiderhandlungen werden zivilrechtlich verfolgt.

Der erste Band ist von der Leserschaft sehr positiv aufgenommen worden. Einige Leser ließen Ungeduld und Neugier auf den zweiten Band erkennen, weshalb der Autor die Arbeit an den Bänden 2 und 3 nach einem tiefen Durchatmen ohne lange Pause fortgesetzt hat. Er hofft, dass Sie an diesem Buch erneut Freude haben werden und dass es Sie bei der Instandhaltung Ihres luftgekühlten BMW-Veteranen unterstützen wird.

Als Zugabe zu den technischen Themen werden auch in diesem Band im dritten Kapitel ein paar Fahrgeschichten mitgeliefert, diesmal aber nicht welche von früher, sondern aus jüngerer Zeit, sozusagen aus dem zweiten Leben der Fahrzeuge. Die Reise-Impressionen dort veranschaulichen, dass Sie sich mit einer in Ordnung befindlichen antiken Asphaltwanze durchaus auf eigener Achse einige tausend Kilometer weit weg ins

Ausland trauen können. Dies überwiegend mit der berühmten Freude am Fahren und dank guter Vorbereitung nur selten mit jener am Schrauben.

Allzeit gute und pannenfreie Fahrt wünscht Ihnen der im heißen Sommer 1959 lustvoll am Isettalenkrad gedreht habende Autor

Ralf Heiligtag

Die Kapitelnummerierung wird in gleicher Weise fortgesetzt wie im ersten Band.

Die erste Ziffer kennzeichnet den Band (hier Nr. 2),

die zweite das Oberthema (z. B. 2.1 Motor, 2.2 Antrieb),

die dritte das Unterthema.

2.1 Motor

Zum Warmlaufen beginnen wir mit einem ebenso einfachen wie nützlichen Werkzeug, das für Isettafahrer wie auch für Motorradfreunde zu gebrauchen ist. Die ausschließlich auf BMW 600 und 700 konditionierten Boxerfans können dieses Kapitel überspringen, weil es an den Vergasern ihrer Fahrzeuge keine derart widerspenstigen Druckfedern gibt.

2.1.1 Spannvorrichtung für Vergaserschieber-Feder

Frage

Ich habe immer wieder Schwierigkeiten, den Gaszugnippel in den Gasschieber einzuhängen. Denn dabei muss man die lange Druckfeder so weit wie möglich zusammendrücken und mit dem Gaszugnippel durch das „Schlüsselloch“ am Boden des Gasschiebers zielen. Gleichzeitig darf aber der Gaszug nicht zurück in den Vergaserdekkel rutschen. Gibt es da einen Trick?

Antwort

Einen solchen Trick gibt es tatsächlich. Hier ist er.

Bei Wartungsarbeiten an einer Bella Signorina aus Borgo Panigale (vulgo: eine Königswellen-Ducati 900 SS von 1978) bekam ich es mit zwei italienischen Dell‘Orto-Vergasern PHF 32 zu tun, die ähnlich aufgebaut sind wie der BING-Vergaser der Isetta: Ein runder Kolbenschieber mit Nadel wird vom Gaszug nach oben gezogen und von einer langen Druckfeder niedergedrückt.

Wie jeder Isettafahrer weiß, ist das Einhängen des Gaszugnippels in den Vergaserschieber schwierig, weil der Seilzug durch die Druckfeder geht und man die Feder sehr stark zusammendrücken muss, um den Gaszugnippel durch die schlüssellochähnliche Bohrung am Grund des Schiebers zu fädeln. Mit Übung und Geduld geht das bei den BINGs aber relativ problemlos.

Dell‘Orto hat sich da eine hässliche Zusatzkomplikation einfallen lassen, denn dort verdeckt die Haltespange der Düsennadel die Öffnung, durch die der Gaszugnippel geschoben werden muss. Um ihn durchzufädeln, muss die Nadel mitsamt ihrem Clip ein Stückchen hochgeschoben werden, so dass sich die Haltespange ungefähr 10 mm von ihrer Auflagefläche abhebt. Erst dann bekommt man den Gaszug mit viel Glück durch das Löchlein getrickst, durch das er soll. Das klappt nur bei sehr gutem Licht, sonst erkennt man in der finsteren Tiefe des Gasschiebers kaum etwas.

Die Zumutung besteht darin, dass man mindestens eine Hand zu wenig hat, muss man doch mit einer Hand den Gasschieber festhalten und zugleich die Nadel ein Stück hochschieben, während die andere Hand den Vergaserdeckel mitsamt der Gaszughülle festhält, die lange Druckfeder krampfhaft in zusammengedrücktem Zustand hält und zu guter Letzt auch noch den Nippel durch ein kaum sichtbares Löchlein zu fädeln hat.

Fast ist es unnötig zu erwähnen, dass sich die Gaszughülle mit Vorliebe aus dem Vergaserdeckel hebt, sobald der Gaszug Druck vom Ende her bekommt – der Zug ist also notorisch zu kurz, gerade dann, wenn man glaubte, es fast geschafft zu haben. Unter diesen qualvollen Bedingungen klappt das Einhängen des Gaszugs niemals auf Anhieb. Zwei Finger, die treu und brav minutenlang eine starke Feder spannen sollen, ermüden nach kurzer Zeit hoffnungslos. Warum muss ich bei solchen Arbeitsgängen immer an das HB-Männchen denken?

Bei einem der beiden Dell‘Ortos half ich mir damit, dass ich nach ungefähr fünf vergeblichen Versuchen und inzwischen schmerzhaft verkrampften Fingern den Gaszug ohne Feder einhing und die Feder danach von der Seite her um den Gaszug schraubte. Das klappt zwar, geht aber bei den letzten Windungen recht mühsam und ist darum nicht so ganz das Wahre.

Wir müssten die Feder bändigen, indem wir sie mit einem kleinen Hilfswerkzeug im zusammengedrückten Zustand halten und sie erst entspannen, nachdem der Gaszugnippel an seinem Platz sitzt. Solch ein Werkzeug könnte ein in Form eines eckigen C gebogenes Blech sein. Oder eleganter: Ein einseitig offenes Stückchen Rohr, dessen Durchmesser und Länge nach der Feder bemessen sind und das beidseitig eine runde Endkappe hat. Die Endkappen brauchen einen Schlitz, damit man die Spannvorrichtung nach getaner Arbeit vom durchgesteckten Gaszug trennen kann. Die Bilder veranschaulichen, wie das Werkzeug aussehen kann.

Der Innendurchmesser des Rohres ist etwa einen halben Millimeter größer als der Außendurchmesser der Feder. Die innere Länge des Rohres zwischen den Endkappen ist ungefähr einen Millimeter größer als die Länge der Feder in ganz zusammengedrücktem Zustand.

Es ist vorteilhaft, das Rohr auf der offenen Seite nicht genau halb wegzufeilen, sondern etwas weniger, weil dadurch die Feder ganz zart einrastet und am Herausspringen gehindert wird. Ist die Feder in der Vorrichtung gefangen, sieht das so aus wie im zweiten Bild.

Die Schlitze sind „frei nach Schnauze“ geraten, weil ich sie freihändig mit dem Winkelschleifer hineinschleifen musste. Denn beim Griff in die Restekiste hatte ich zum Drehen der Endkappen ein Stück Vergütungsstahl erwischt, der durch das Schweißen und das anschließende Abkühlen unverhofft so deutlich an Härte gewann, dass die Eisensäge danach nicht mehr angreifen wollte.

Für den BING-Vergaser braucht man dieses Werkzeug zwar nicht unbedingt, ich zeige es hier aber dennoch als Anregung für Hardcore-Bastler, die sich ab und zu gern mal etwas Hübsches gönnen. Dieses unscheinbare Werkzeugelchen macht das Einhängen des Gaszuges bedeutend bequemer. Hat man es erst einmal, fragt man sich bald, wie man so lange ohne es auskommen konnte.

Um den Vergaser selbst, seine Bedüsung und seine Einstellung werden wir uns in Band 3 kümmern, der sich mit den Themenkreisen Tuning und Elektrik befassen wird. Denn eine ordentliche Vergasereinstellung ist klassisches Tuning, das ja nicht unbedingt Schnellermachen bedeutet, sondern Feinabstimmung. Freuen Sie sich also auf Band 3; es dauert nicht mehr lange. Hier im Band 2 steigen wir zunächst am Benzinschlauch zum Kraftstoffhahn empor. Diesem notorischen Kleckermaxen werden wir nun seine Inkontinenz abgewöhnen.

2.1.2 Everbest-Benzinhahn instandsetzen

Der Hahn und sein Küken

Hier folgen keine flatterhaften Geschichten von der Hühnerfarm, sondern wir wollen Benzin reden, genauer: vom Benzinhahn der Isetta sprechen. Das drehbare Teil dort drinnen heißt tatsächlich Küken, obwohl es kein bisschen flauschig ist.

Betrachten wir die Benzinhähne der Isetta und der zeitgenössischen BMW-Motorräder, so fällt auf, dass die Hähne beider Fahrzeuggattungen einander ähneln, war doch der Zulieferer seinerzeit in beiden Fällen die Frankfurter Firma Everbest. Die torpedoförmigen Hahngehäuse der Everbest-Hähne sind beim Motorrad und bei der Isetta gleich, ebenso die Anschlussgewinde auf beiden Seiten. Beide Hähne haben auf der Tankseite ein langes Röhrchen für AUF und ein kurzes für RESERVE. Die Längen der Röhrchen unterscheiden sich etwas, sie hängen vom Fahrzeugtyp ab. Auf der Ausgangsseite, also unten, zeigen beide Hähne zwei Auslaufbohrungen, die beide in eine einzige Schlauchtülle münden. Unterschiedlich sind die Küken, also die eigentlichen Absperrorgane.

Beim Motorradhahn ist ein Betätigungshebel direkt am Küken angegossen. Damit lässt sich das Küken um genau eine halbe Umdrehung, also um 180° drehen. Hebel gerade nach unten bedeutet ZU, was für Motorradfahrer seltsam und gewöhnungsbedürftig anmutet, denn anderswo bedeutet diese Hebelstellung AUF. Hier ist waagerecht nach rechts AUF, waagerecht nach links ist RESERVE. Eine einzige Bohrung, die schräg durch das Küken verläuft, genügt, um dies alles zu bewerkstelligen. Denn dadurch rinnt der Sprit mal von oben links nach unten rechts, mal von oben rechts nach unten links. Fast ist man geneigt, das genial zu nennen.

Der Isettahahn in diesem Bild hat hingegen ein völlig anders konzipiertes Küken. Es muss schon deshalb anders aussehen, weil es nicht direkt von Hand betätigt werden kann, sondern an der aus dem Innenraum kommenden Betätigungsstange angeschlossen werden muss. Dazu hat es eine 7 mm-Aufnahmebohrung mit einer Querbohrung (genaugenommen ist es ein Langloch) zum Durchstecken einer Drahtspange. Die Unterschiede gehen auch im Innern des Kükens weiter. Denn weil man die Betätigungsstange in der Isetta nicht um volle 180° schwenken kann - sie stieße sonst drinnen an die Gepäckablage und draußen ans Luftfiltergehäuse - muss der Isettahahn mit nur 120° Schwenkwinkel, also einer Drittelumdrehung auskommen.

Das lässt sich mit einer einzigen Steuerbohrung nicht mehr erschlagen, folglich hat das Isettaküken deren zwei. Darum zeigt es auch außen ein Anschlagsegment mit einem 60°-Bogen, das den Schwenkwinkel aus der Mittellage auf 60° nach jeder Seite begrenzt.

So verlockend es nun sein mag, aus den reichlich am Gebrauchtteilemarkt verfügbaren Everbest-Motorradhähnen einen für die Isetta zu basteln, so arbeitsintensiv ist die dazu erforderliche Herstellung eines isettagerechten Hahnkükens. Wenn es jemand versuchen möchte, findet er hier Anregungen, wie er das verwirklichen kann. Dies ist eine nette Fingerübung für Leute, die über eine Drehbank verfügen. Wer keine hat, bestellt ein neues Küken aus Aluminium zu wenig mehr als 20 EUR bei Gosbert von Brunn. Das ist fraglos wirtschaftlicher. Dennoch soll es Leute geben, die Hobbydinge nicht streng betriebswirtschaftlich betrachten und Befriedigung aus dem Gefühl ziehen, eine knifflige Aufgabe höchstpersönlich mit Hirn und Hand gelöst zu haben.

Das Originalküken war aus Zinkdruckguss, seit dem Ende der Messingära Ende der 1930er Jahre das Lieblingsmetall aller Vergaser- und Benzinhahnhersteller, da preiswert und gut gießbar. Für die Nachfertigung wurde Messing gewählt, weil es korrosionsbeständig ist, nicht von der Zinkpest befallen werden kann und sich gut bearbeiten lässt.

Es ist vorteilhaft, einen Originalhahn als Muster zum Ausmessen zu haben. Die Innenmaße des Kükens wie Durchmesser und Länge können wir von einem sowieso zerlegten Motorradhahn abnehmen, die äußeren Anschlussmaße des Kükens von einem Isetta-Originalhahn. Ist er ein noch nie benutztes Neuteil wie das im Bild, wollen wir ihn natürlich zum Ausmessen nicht zerlegen.

Ein Zerlegen ist auch gar nicht nötig, weil wir von außen ohne weiteres erkennen können, wie der Hahn funktioniert. Wir brauchen dazu bloß durch die beiden Röhrchen zu schauen, und schon sehen wir, dass da abwechselnd Licht durchscheint, wenn wir das Küken in die beiden Endstellungen drehen. Also ist sonnenklar, dass die beiden Steuerbohrungen schnurgerade durch das Küken gehen und dass sie um 120° zueinander versetzt liegen müssen.

Das Foto lässt übrigens auch erahnen, dass sogar bei einem fabrikneuen, noch nie benutzten Hahn die Korkdichtung etwas in die Bohrung gequollen ist. Wie weit die Steuerbohrungen in Längsrichtung des Kükens voneinander entfernt liegen, lässt sich am Hahngehäuse ausmessen und dann am Küken anreißen. Aber diese umständliche Messerei ist nicht nötig, dazu später mehr.

Ziemlich genau kommt es aber darauf an, dass das Küken die richtige Länge hat. Denn es soll sich mit seinem kegeligen 30°-Ende im Innern des Hahngehäuses abstützen, so dass es unabhängig von der Korkhülse, die drumherum sitzt, sauber geführt wird.

Damit sich das Küken nicht einfach aus dem Hahnkörper herausziehen lässt, ist es durch einen Aluminiumring gesichert, der nicht ohne nennenswerten Kraftaufwand vom Küken lösbar ist. Dieser 2 mm hohe Ring ist an seinem Außendurchmesser schwach kegelig. Der Ring ist oben im ersten Bild zu sehen. Sein größerer Durchmesser liegt am Hahnkörper an. Das Metall des Hahnkörpers wird nach dem Einbau des Kükens um den größeren Durchmesser des Ringkegels gestaucht. Dadurch hält der Ring das Küken sicher im Hahngehäuse.

Da erhebt sich die Frage, wie denn dieser Aluring mit seinem Innendurchmesser auf dem Küken drehbar, aber nicht längsverschieblich gehalten wird. Das geschieht durch einen flachen Einstich im Küken in der Nähe seines äußeren Endes, wo der Ring mit gaaanz wenig Untermaß (denn er muss sich ja über den etwas dickeren Schaft des Kükens schieben lassen) einrastet. Mutmaßlich hat der Hersteller Everbest den Aluring nach dem Aufschieben auf das Küken auch noch etwas angestaucht, so dass sich sein Innendurchmesser verringerte und er zuverlässiger im Einstich saß. Wir werden also nicht nur das Küken, sondern auch diesen Aluring dazu passend anzufertigen haben, und zwar recht genau; 0,1 mm sind da schon viel. Wer jetzt noch immer nicht beschlossen hat, seiner Bequemlichkeit zuliebe entweder für rund 100 Euronen einen einbaufertigen Hahn zu kaufen oder seinen alten Benzinhahn für rund 50 EUR bei den einschlägigen Anbietern mit neuem Küken und neuen Dichtungen instandsetzen zu lassen, kann hier die einzelnen Schritte sehen. Von der Skizze ...

… über das Drehen der ersten Seite, der Kükenschaft hat einen Durchmesser von 14,1 mm mit einer Toleranz von +0,05 mm ...

... zum Drehen der zweiten Seite; hier entsteht gerade die 7 mm-Bohrung zum Anschluss der Betätigungsstange.

Weiter geht’s mit dem Anschlagsegment. Vornehme Menschen würden solch eine Kontur fräsen. Hier wurde sie gefeilt, weil es sich nur um ein einziges Stück handelte.

Für den Sicherungsring erhält das Küken einen flachen, gut 2 mm breiten Einstich.

Das Herstellen des Quer-Langlochs für die Federspange wird etwas fummelig, falls die Auswahl an sehr kleinen Feilen begrenzt ist. Aber für solche Arbeiten gibt es ja auch Elektrowerkzeuge mit winzigen Fräserchen wie Dremel & Co.

Nun ist es Zeit, den Aluring auf das Küken zu schieben. Das braucht etwas Kraft, weil der Ring enger ist als der Kükendurchmesser. Recht gut geht es mit einem Rohrstück und dem Reitstock der Drehbank.

Hier ist das Langloch bereits drin. Auch der Aluminiumring zur Sicherung im Hahngehäuse steckt schon drauf.

Wären wir ganz penible Zeitgenossen, nähmen wir jetzt das Küken auf den Teilapparat einer Fräsmaschine und würden die beiden Steuerbohrungen genau um 120° versetzt bohren. Es geht aber auch einfacher: Wir setzen das Küken ins Gehäuse und nehmen den Hahnkörper als Bohrlehre, bohren durch die darin vorhandenen Löcher mit einem 5,5 mm-Bohrer an ...

... und danach im Prisma mit 4,5 mm ganz durch.

Selbstverständlich werden alle Kanten sorgfältig entgratet, damit kein überstehender Grat an der Korkhülse scheuern kann.

So sieht unser fertiges Küken aus.

Jetzt könnten wir es ins Hahngehäuse schieben, wenn darin schon eine neue Korkbuchse säße. Wir haben aber keine. Nur eine alte, hässliche, geschrumpfte ist da, die aussieht wie ein doppelstöckiger Starenkasten. Sie saß, wie sie es nicht soll: Im Hahngehäuse locker, dafür aber auf dem Küken fest.

Also machen wir uns eine neue Korkhülse. Zunächst trinken wir in aller Ruhe eine Flasche guten Rotweins aus, natürlich nur um des edlen Zweckes willen, den Korken zu gewinnen. Diesen nehmen wir nach Ausnüchterung in die Spannzange der Drehbank und drehen drauflos, außen und innen. Kork lässt sich tatsächlich zerspanen. Nicht besonders gut zwar, aber hinreichend. Innen knapp 14 mm, außen gut 18 mm, 27 mm lang.

Im Vergleich zur neuen Korkbuchse ist besonders gut zu sehen, wie sehr die alte (links) infolge ihrer Austrocknung geschrumpft war. Darum saß sie auch locker im Hahngehäuse. Wer keinen Wein mag, kann die Buchse aus Gummikork-Plattenmaterial der Abmessung 2,5x27x51 mm rollen – wenn das greifbar ist. Der Stoß muss dann lückenlos sein. Zu langes Suchen nach Material ist nicht nötig, gibt es doch z. B. bei Gosbert von Brunn fertige Korkbuchsen für den Everbest-Hahn zu kaufen.

Der Hahnkörper hat innen Längsriefen, welche die Korkbuchse am Drehen hindern sollen. Durch die stramme Passung des Kükens wird der Kork in diese Riefen hineingedrückt und ist damit gegen Verdrehen gesichert. Wer darauf nicht vertrauen mag und Gürtel ebenso wie Hosenträger liebt, kann die Buchse mit sehr wenig Uhu-Plus einkleben.

Nun ist der spannende Augenblick gekommen, in dem die neue Korkbuchse mit sanftem Daumendruck geradlinig ins Hahngehäuse geschoben wird.

Damit sich das Küken geschmeidig drehen lässt, salben wir es vor dem Einschieben mit Shell Aviation Grease S.7108 oder einem vergleichbaren Produkt, das in Benzin nicht löslich ist. Auch die Innenwand der Korkbuchse bekommt ihr Fett weg. Ganz wenig davon genügt schon. Nachdem Shell dieses benzinbeständige Spezialfett inzwischen leider aus dem Lieferprogramm genommen hat, kommt als Alternative Klübersynth VA 62253 G1 in Frage.

Dann also mutig hinein mit dem Küken. Wenn der Außendurchmesser der Aluscheibe stramm ins Gehäuse passt, brauchen wir dazu eine gewisse Kraft. Darum nehmen wir den Schraubstock, natürlich mit Schonbakken. Der Außendurchmesser der Aluscheibe ist wie bereits erwähnt schwach konisch, mit dem dickeren Durchmesser zum Hahngehäuse hin. Dies erlaubt es, das Metall des Gehäuses mit einem kleinen Meißel vor den Konus der Aluscheibe zu treiben und das Küken dadurch gegen Herausziehen zu sichern.

Die Querbohrungen durch die Korkbuchse werden mit einem 4 mm-Bohrer hergestellt, nachdem das Küken an Ort und Stelle sitzt. Beim Isettahahn können wir das dank der geraden Bohrungen bedenkenlos tun. Beim Motorradhahn ginge das im zusammengebauten Zustand aufgrund der schrägen Bohrung im Küken nicht mehr.

Anschließend gehen wir mit einem 4,5 mm- Bohrer nochmals von Hand hinterher, um die Korkspäne so gut wie möglich herauszuschälen. Ehrensache, dass wir das Korkmehl nach dem Bohren der Löcher sorgfältig entfernen; ein Pfeifenreiniger eignet sich dazu sehr gut. Und was bringt uns das alles? Einen gut funktionierenden Isettahahn in originalgetreuer Bauart, der besser ist als jemals zuvor.

Denn ein ausgenudelter oder gar abgebrochener Kranz am Küken dort, wo die Stange eingeklipst wird, ist mit dem Messingküken anders als beim weicheren Zinkteil nicht mehr zu erwarten. Der Motorradhahn hat sogar im Schlauchtüllengehäuse noch einen feinen Drahtsiebfilter, deshalb ist die Überwurfmutter dort etwas höher. Die nicht benötigte zweite Schlauchtülle (dies war ein Zweizylinderhahn) wurde mit einem eingepressten Alustopfen blindgeschlossen.

Falls jemand fragt, ob ein solcher Aufwand für einen schnöden Benzinhahn nicht zu hoch sei: Er ist es, rein betriebswirtschaftlich betrachtet. Lässt man einen Benzinhahn im Lohnauftrag reparieren, kostet das rund 50 EUR. Machen Sie das wie hier beschrieben in Einzelanfertigung selber, brauchen Sie so viel Zeit dazu, dass Ihr rechnerischer Stundenlohn miserabel ausfällt. So gesehen lohnt sich eine Selbstanfertigung also nicht. Man wird aber keineswegs dümmer dadurch, denn durch intensives Betrachten der Details lassen sich die Stärken und Schwächen einer Konstruktion besser verstehen. Daraus können wir Schlüsse zur Verbesserung ziehen. Deshalb verwendeten wir in diesem Beispiel Messing statt Zink als Werkstoff für das Küken. Wir hätten auch Aluminium nehmen können oder Bronze. Masochisten wählen rostfreien Stahl.

Wer etwa als Freizeituhrmacher Hunderte von Stunden in die Anfertigung eines mechanischen Uhrwerks versenkt hat, wird verständnislos dreinschauen, wenn ihm jemand erzählen will, dass er doch eine viel genauer gehende Quarzuhr preiswert im Kaufhaus erhalten hätte. So ist das bei jedem Hobby: Man macht‘s nicht unbedingt, um dadurch Geld zu sparen. Die Freude am erfolgreichen Selbermachen und der Erkenntnisgewinn wiegen schwerer.

Zweifellos ist es ein Erfolgserlebnis, wenn so ein Everbest-Hahn wieder gut funktioniert. Dicht bleibt er aber nur, wenn seine Korkbuchse ständig mit Benzin in Berührung steht. Sobald ein bereits benutzter Benzinhahn dieser Bauart längere Zeit trocken herumgelegen hat, schrumpft die Korkbuchse und das Benzin tröpfelt bei der Wiederinbetriebnahme heraus. Nicht zuletzt wegen dieser eingebauten Krankheit hat BMW ab Mitte der siebziger Jahre anstelle der Everbest-Hähne anders (und zweckmäßiger) konstruierte Kraftstoffhähne von Karcoma verwendet. Wie man einen solchen Karcoma-Benzinhahn zur Verwendung in der Isetta anpassen kann, betrachten wir anschließend.

2.1.3 Karcoma-Motorradbenzinhahn für Isetta umbauen

Der Hahn und sein Küken, die Zweite: Karcoma statt Everbest

Um 1975 ersetzte BMW den Lieferanten Everbest durch Karcoma. Der Karcoma-Ben-zinhahn ist anders gestaltet als jener von Everbest, und man muss neidlos anerkennen, dass er schlicht und einfach sorgfältiger durchdacht ist. Denn die Everbest-Methode, das Küken durch Verstemmen des Hahngehäuses am Herausziehen zu hindern, ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Solche nach dem offensichtlichen Willen des Gestalters nicht lösbaren Verbindungen sind immer ein Merkmal ausgesprochen reparaturunfreundlicher Konstruktionen. Hier stehen wir wieder einmal vor der Frage, ob wir um der vielgepriesenen Ooginoolität willen solche faulen Kompromisse im Glauben an die Unfehlbarkeit der seinerzeitigen Techniker und Einkäufer demutsvoll ertragen wollen - oder ob es da nicht eine klügere Alternative gibt.

Erschwerend kommt hinzu, dass Kork als Dichtungswerkstoff in Kraftstoffhähnen generell bei langer Nichtbenutzung zum Austrocknen und Undichtwerden neigt, was einem Benzinhahnhersteller zu keiner Zeit unbekannt war. Darum ist die Verwendung einer Korkhülse mit Querbohrungen, die im Gehäuse unverdrehbar fest und zugleich auf dem Kükenschaft drehbar, aber dichtend sitzen muss, eine (und dies ist noch höflich formuliert) waghalsige und unglückliche Lösung. Denn die Erfahrung lehrt, dass eine geschrumpfte Korkhülse sich genau umgekehrt verhält: Sie dreht sich im Gehäuse und sitzt dann auf dem Küken fest. Der Absperrhahn erfüllt seine Funktion nicht mehr, der Sprit rinnt fröhlich heraus.

Solange der Everbest-Torpedohahn regelmäßig benutzt wird und innerlich vom Kraftstoff benetzt ist, funktioniert er zufriedenstellend. Wehe aber, wenn er Gelegenheit hat, einmal vollständig auszutrocknen. Dann ist er kaum mehr dicht zu bekommen, weil die Korkhülse in seinem Innern geschrumpft ist. Sie quillt dann auch nach einem ausgiebigen Bad in Benzin nicht mehr vollständig auf. Ein längere Zeit außer Betrieb gesetzter Everbest-Torpedohahn bleibt daher dauerhaft undicht. Man muss sich deshalb geradezu wundern, dass BMW ausgerechnet von diesen Hähnen in Torpedoform über einen Zeitraum von rund 20 Jahren rauhe Mengen eingekauft hat.

Wusste man doch im Hause Everbest in den frühen 1950er Jahren durchaus, wie man bessere Benzinhähne baut. Da gab es beispielsweise an den BMW-Motorrädern R 51/3 und R 67/2 das hier abgebildete Frankfurter Modell von Everbest, dessen flaches Küken durch eine solide, federnde Blechspange gehalten wurde. Sie war am Benzinhahngehäuse entweder angeschraubt oder angeclipst.

Drinnen lag als Dichtung eine flache Scheibe mit vier Löchern: Drei für den Durchlauf des Treibstoffs, eins für einen als Verdrehsicherung dienenden Butzen. Zwar bestand auch hier die Dichtscheibe aus Kork, der durch Trocknung schrumpfen konnte. Aber an diese scheibenförmige Dichtung kam man wenigstens problemlos heran. Das Frankfurter Modell war einfach, reparaturfreundlich, haltbar, idiotensicher.

Der spätere Lieferant Karcoma hat das noch besser gemacht: Dort wird das Küken durch einen herausschraubbaren Deckel mit Feingewinde zuverlässig im Hahngehäuse gehalten. Da wollen also nicht wie bei Everbests Frankfurter Modell zwei winzige Schräubchen herausgedreht werden, die gern wegspringen und dann nach Murphys Gesetz auf Nimmerwiedersehen verschwunden bleiben. Da will auch keine Federspange mit zwei Ärmchen überlistet werden. Schon gar nicht ist da wie beim Everbest-Torpedohahn etwas verstemmt. Zum Herausziehen des Kükens braucht es auch keine großen Kräfte.

Als Dichtung benutzt der Karcoma-Hahn eine flache Scheibe mit Löchern. Die kann zwar bei frühen Baujahren noch aus Presskork sein, der gern schrumpft; bei späteren Hähnen hat Karcoma aber dazugelernt und die Dichtscheibe aus benzinresistentem Gummi gefertigt. Endlich.

Darüber hinaus trägt das Küken des Karcoma-Hahns in einer Nut einen seriösen O-Ring, der es zusätzlich nach außen hin abdichtet. Das verdient besonderes Lob, denn dadurch hat der Karcoma-Hahn etwas, was auf gut marketingdeutsch eine Primär- und eine Sekundärdichtung genannt zu werden verdient. Ein Merkmal, das bei kaum einer anderen Benzinhahnbauart zu finden ist. Selbst wenn die Primärdichtung (die flache Scheibe mit den Löchern) undicht werden sollte, leckt noch immer kein Kraftstoff heraus. Dafür sorgt der O-Ring als Sekundärdichtung.

Sie ahnen es bereits: Nach so vielen Vorschusslorbeeren ist es eine Überlegung wert, ob ein solcher Karcoma-Hahn derart umgebaut werden kann, dass er in der Isetta verwendbar wird.

Ebenso wie der Everbest-Motorradhahn verlangt auch der Karcoma-Hahn 180° Schwenkwinkel zum Umschalten von AUF nach RESERVE. Alle 90° rastet das Karcoma-Küken vernehmlich klickend ein. Das wird durch zwei Blechringe erreicht, deren einer vier Eindrückungen und der andere vier damit korrespondierende Löchlein hat. Ein Ring dreht sich mit dem Küken, der andere sitzt gegen Verdrehung gesichert im Gehäuse.

Der Kraftstoff läuft auf der Planseite durch eine 30° schräge Bohrung in das Küken hinein und durch eine gerade, mittig liegende Bohrung wieder heraus. Wie beim Everbest-Mo-torradhahn genügt ein einziger Kanal im Küken, um AUF und RESERVE zu schalten.

Isettatypisch haben wir auch hier wieder mit der Besonderheit klarzukommen, dass die Benzinhahnbetätigung nur 120° Schwenkwinkel und nicht 180° erlaubt, nur 60° und nicht 90° nach jeder Seite. Wer einen Karcoma-Motorradhahn für die Isetta verwenden will, muss sich also ähnlich wie beim Everbest-Hahn ein neu gestaltetes Hahnküken einfallen lassen, um trotz des reduzierten Schwenkwinkels von nur 120° AUF und RESERVE einwandfrei schalten zu können, und zwar möglichst in die gewohnten Richtungen. Aber wie? Schauen Sie genügend lange auf die Einzelteile und strengen Sie Ihre grauen Zellen ein wenig an, so erkennen Sie die Lösung: Das Küken muss eine zweite Zulaufbohrung erhalten, die um 60° zur ersten versetzt liegt und gemeinsam mit dieser in die Ablaufbohrung mündet. Das werden Sie bald in einem Bild sehen.

Es ist sinnvoll, ein neues Küken anzufertigen, um die Isetta-Benzinhahnbetätigungsstange direkt daran anschließen zu können. Denn das Zink-Küken seines Flügels zu berauben und daran einen Adapter zur Betätigungsstange verdrehsicher zu befestigen, ist keineswegs einfach. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Benzinkanal in Achsrichtung durch das Küken geht, weshalb mit der Baulänge gegeizt werden muss. Verstiften geht also nicht, Aufpressen ist zu unsicher. Also bauen wir lieber einteilig. Betrachten wir die Sache der Reihe nach.

Hier sehen Sie die beiden Benzinhahnbauarten vom Motorrad im Vergleich. Links Everbest, rechts Karcoma. Die Anschlussgewinde zum Tank hin sind gleich, auch die Schlauchtüllendurchmesser am Ausgang. Das Bild zeigt auch ein kritikwürdiges Detail des Karcoma-Hahns: Seine Schlauchtülle besteht aus Kunststoff. Obwohl jeder halbwegs erfahrene Techniker weiß, dass Ottokraftstoffe so gut wie jeden Kunststoff verspröden und in der Folge brechen lassen, ist diese dümmliche Sparmaßnahme unausrottbar. Auch Dell’Orto beging zeitweise diesen Fehler an seinen sonst ausgezeichneten Vergasern.

Vom Karcoma-Hahn gibt es eine ältere Ausführung mit geradem Ablauf (links) und eine jüngere mit waagerechtem Ablauf (rechts im Bild, dort gottlob wieder mit Metalltülle, sie lernten doch noch was dazu). Die alte Version hat oben zwei Messingröhrchen mit einem Drahtfiltersieb und unten vor dem Ablauf nochmals einen Filter. Die neue ist herstellkostenoptimiert, so muss man das wohl nennen, hat sie doch oben zwei Kunststoffröhrchen und überhaupt keinen Filter mehr. Das braucht uns nicht zu stören, weil wir hoffentlich in unserer Isetta einen Filter im Wassersack-Schauglas direkt am Vergaser haben. Falls nicht, rüsten wir ihn schleunigst nach.

Der Karcoma-Hahn rechts im obigen Bild ist für den Einsatz in der Isetta nicht geeignet, weil er die Ablauftülle auf der falschen Seite hat. Es gibt ihn aber auch in spiegelbildlicher Ausführung, dann weist die Ablauftülle nach links, so, wie wir das brauchen. Wie bei Everbest besteht auch bei Karcoma das Originalküken aus Zinkdruckguss. Für unsere Eigenfertigung wählen wir wieder Messing.

Aber zunächst müssen wir den Hahn zerlegen. Dazu hebeln wir als erstes die schwarze Kunststoffkappe ab. Hierdurch wird die Verschraubung zugänglich, die das Küken im Hahnkörper hält. Bei den jüngeren Hähnen hat diese Verschraubung einen Bund mit Rändel, den man gut anfassen kann.

Den Rändelrand umgreifen wir sehr vorsichtig mit einer Wasserpumpenzange, um die Verschraubung zu lösen. Dieses grobschlächtige Würgewerkzeug ist zwar für viele andere Arbeiten unsympathisch, aber in diesem Fall ausnahmsweise geeignet, sofern sein Bakkenradius wie hier gut zum Werkstück passt. Es kommt darauf an, den Zangendruck kräftig genug zu dosieren, so dass die Zange keine Späne vom Rändel abschält, aber schwach genug, dass keine Macken ins Rändel gedrückt werden.

Ältere Karcoma-Hähne haben eine versenkt liegende Verschlußschraube ohne Rand, aber mit zwei Schlitzen. Hier ist mit der Wasserpumpenzange nichts zu wollen. Daher fassen wir mit den Spitzen einer Seegerringzange in die beiden Schlitze, um die Schraube zu lösen. Dabei geben wir gut acht, nicht abzurutschen, sonst sind die Schlitze schnell verhunzt. Glücklicherweise sitzt die Verschraubung selten sehr fest.

Sobald sie den letzten Gewindegang verlassen hat, springt sie uns freudig entgegen, denn darunter lauert eine starke Feder, die das Küken gegen die flache Dichtscheibe drückt. Bei den jüngeren Hähnen ist dies eine kurze Schraubenfeder wie in diesem Bild, …

…, bei den älteren ist es ein schwach federnder Wellring, im Bild das zweite Teil von rechts. Ganz rechts liegt die flache, ringförmige Verschlußschraube.

Die Dichtscheibe im Hahngehäuse besteht bei diesem älteren Hahn noch aus Kork. Hier hat sie sich durch längere Austrocknung schon stark gesetzt. Sie weist drei Löcher für den Sprit auf und zwei als Verdrehsicherung. In der Nut des Kükens sitzt ein dünner O-Ring, der nach außen zusätzlich dichtet. In den beiden Blechringen rechts neben dem Küken sind die Rastnasen und -löcher zu sehen, die das Einrasten alle 90° bewirken. Diese Verrastung können wir in der Isetta nicht mehr gebrauchen.

Die jüngeren Hähne haben statt der Korkscheibe eine aus Gummi, die nicht so sehr zum Schrumpfen neigt. Sie ist im zweiten Bild nach der Kapitelüberschrift zu sehen. Die Küken der alten und der neuen Ausführung sind übrigens nicht kompatibel, weil das schräge Zulaufloch auf unterschiedlichen Lochkreisdurchmessern sitzt. Alt: 11 mm, neu: 12 mm. Sonst wäre das Ganze zu einfach. Wie heißt es so schön? Änderungen, die dem technischen Fortschritt dienen, bleiben vorbehalten. Oder treffender: Wir ändern frei und ungezwungen, wir ändern selbst die Änderungen.

Hier ist auf einem Originalküken mit einem schwarzen Punkt unten rechts angezeichnet, wo die zusätzliche Zulaufbohrung sitzen muss, nämlich um 60° versetzt zur bereits vorhandenen Zulaufbohrung.

Die Zulaufbohrung steht zur Drehachse des Kükens um 30° schräg. Das verraten uns ein probeweise hineingesteckter Bohrer und ein Winkelmesser.

Jetzt fertigen wir erst einmal eine neue Dichtscheibe. Wir nehmen eine 4 mm dicke Platte aus Nitrilkautschuk (NBR / Perbunan) oder aus Fluorkautschuk (FPM / Viton). Zunächst stanzen wir mit dem Locheisen die äußere runde Kontur aus der Platte. Dann zeichnen wir mit dem Zentrierwinkel zwei Mittellinien rechtwinklig zueinander an, …

… um anschließend die fünf kleinen Löcher anzuzeichnen und auszustanzen. Zwei dieser fünf Löcher dienen als Verdrehsicherung, dazu gibt es zwei korrespondierende Butzen im Hahngehäuse. Die anderen drei Löcher sind die Steuerbohrungen. Die obere Bohrung im Bild ist mit dem AUF-Zulauf verbunden (langes Messingröhrchen), die im Bild untenliegende mit dem RESERVE-Zulauf (kurzes Messingröhrchen). Die mittlere Bohrung führt zur Ablauftülle, im Bild rechts.

Nun drehen wir unser neues Isetta-Spezialküken. Der Außendurchmesser mit der Rille für den O-Ring ist schon fertiggestellt. Hier bohren wir die mittig liegende Ablaufbohrung. Damit wir nicht zu tief bohren, ist die Bohrtiefe mit einer Manschette aus Klebeband am Bohrer gekennzeichnet.

Es ist zweckdienlich, den Lochkreisdurchmesser für die beiden Zulaufbohrungen ganz zart mit der Drehmeißelspitze anzureißen, solange das Werkstück noch in der Drehmaschine eingespannt ist. Denn auf diese Weise können wir mit dem Quersupport genau die 5,5 mm oder 6 mm Radius von der Mitte aus anfahren. In diesem Fall ist es der Lochkreisdurchmesser 11 mm, also für einen Karcoma-Hahn alter Bauart.

Eine solche 60°-Winkellehre eignet sich gut zum Anreißen der beiden Zulaufbohrungen.

Mit der Reißnadel kennzeichnen wir auf dem Lochkreis den 60°-Winkel und körnen zweimal an.

Dort hinein müssen nun unsere beiden Bohrungen, und zwar beide um 30° schräg, uiuiui.

Jetzt wird’s ein wenig herausfordernd. Wie bohrt man mit Hausmitteln zwei schräge Löcher, die genau auf der Mittelachse zusammentreffen müssen? Natürlich nicht aus der freien Hand.

Ein Metallklotz zum Einspannen des Werkstücks und eine Bohrmaschine mit einem schwenkbaren Tisch helfen hier sehr. Das inzwischen verschenkte Maschinchen im Bild ist übrigens nichts weiter als eine Hundertmarks-Baumarkt-Bohrmaschine mit bemerkenswert großzügigem Pinolenspiel made in South East Asia. Es fürchte also bitte niemand, man brauche unbedingt eine Superduper-Profimaschine für diese Übung.

Der Metallklotz wird von unten am Bohrtisch festgeschraubt und der Tisch um 30° geschwenkt. Ein schlanker Bohrer würde beim Anbohren einer schrägen Fläche sofort zur Seite abgelenkt. Deshalb nehmen wir einen Zentrierbohrer, der so dick ist, dass er nicht zur Seite ausweichen kann, wenn wir in die schräge Fläche bohren.

Nach dem Anzentrieren wird mit einem 3,5 mm-Wendelbohrer fertiggebohrt. Die links im Metallklotz sichtbare schwarze M5-Schraube klemmt den Kükenschaft in einer Bohrung des Metallklotzes unter Zwischenlage eines Gummistopfens ein, um den Schaft nicht zu zerkratzen. Als Gummistopfen nehmen wir einen von denen, die vorhin beim Stanzen der 4 mm-Löcher in der Dichtscheibe übriggeblieben sind, um wie eine schwäbische Hausfrau nichts zu verschwenden.

So sehen die fertigen Bohrungen aus. Um die Planfläche zu glätten, wurde sie nach dem Bohren auf feinem Schleifpapier abgekräuselt. Dabei verschwand auch die zuvor eingeritzte Lochkreismarkierung wieder. Alle drei Bohrungen sind miteinander verbunden.

Nun bleibt noch das Langloch für die Drahtspange zu bohren, die später die Betätigungsstange halten wird. Es liegt genau in der Mitte zwischen den Zulaufbohrungen, also auf der Winkelhalbierenden. Auch hier körnen wir möglichst präzise an und bohren zunächst mit dem Zentrierbohrer, um anschließend mit dem 3 mm-Wendelbohrer zweimal durchzubohren. Als Auflage für das Werkstück dient ein Prisma. Die Wand zwischen den beiden 3 mm-Bohrungen entfernen wir mit einem kleinen Fräser und mit einer Schlüsselfeile.

Dies ist das fertiggestellte Küken. Natürlich spendieren wir ihm einen neuen O-Ring aus benzinbeständigem NBR (Nitrilkautschuk). Vor dem Einbau fetten wir Dichtfläche und O-Ring ganz leicht mit dem benzinfesten Shell Aviation Grease S.7108 oder mit Klübersynth VA 62-253 G. Alle drei Steuerbohrungen münden auf einem zentralen Punkt. Das Anfertigen solcher Teile ist im Prinzip so einfach wie die Bildhauerei: Man braucht nur das Material zu entfernen, was zu viel ist.

Links im Bild sehen wir den originalen Everbest-Hahn, rechts daneben den an die Isetta angepassten Karcoma-Hahn. Die Blechringe für die ursprüngliche Einrastung alle 90° liegen zwar noch darin, sie sind aber wirkungslos, weil der zuvor mit dem Küken drehbare Ring am neuen Küken keine Rastnase mehr vorfindet. Eingebaute Anschläge für +-60° Drehwinkel hat der Karcoma-Hahn also nicht, sie sind aber auch nicht nötig, da der Schwenkwinkel der Betätigungsstange ohnehin auf +-60° begrenzt ist.

Die 7 mm-Aufnahmebohrung für die Betätigungsstange ragt beim geänderten Karcoma-Hahn etwa 2 mm weiter heraus als beim Everbest-Hahn. Dies ist der Notwendigkeit geschuldet, dass wir eine ausreichend dicke Trennwand zwischen den Benzinkanälen und der Stangenaufnahme brauchen. Diese 2 mm Verschiebung in Richtung zur Fahrgastkabine gibt die Betätigungsstange ohne weiteres her.

Wer sich die Bilder des Spezialkükens und des Benzinhahngehäuses mit Verstand anschaut, wird erkennen, dass mit dieser Kanalanordnung die Schaltungen AUF, ZU und RESERVE bei dem in der Isetta gegebenen Schwenkwinkel von 120° wunschgemäß funktionieren. Die Betätigungspositionen bleiben originalgetreu: In der Mitte ist ZU, in Fahrtrichtung rechts AUF, in Fahrtrichtung links RESERVE. Ein derart umgebauter Karcoma-Hahn ist zwar nicht ooginool Everbest, aber technisch besser, wie der Verfasser findet. Da mag jeder selbst entscheiden, was er bevorzugt.

Unternehmen wir nun einen kleinen Spaziergang vom Sprit zum Öl, vom Benzinhahn zur Motorschmierung. Da ist beim Isettamotor – ebenso wie an den zeitgenössischen BMW-Einzylindermotorrädern – die Schmierung der Kipphebel besonders kunstreich gedeichselt worden. Auch dort strömt Flüssigkeit durch kleine, sogar durch sehr kleine Löcher.

2.1.4 Isetta-Kipphebelschmierug

Auf die Dosis kommt es an

Wie gelangt eigentlich das Schmieröl im Isettamotor hinauf in die Ventilkammern? Zu dieser Frage, die für eine störungsfreie Funktion des Motors keineswegs nebensächlich ist, gibt es eine Reihe von Vermutungen und Missverständnissen. Manch ein Isettafahrer nimmt beispielsweise an, das Öl komme aus den Stößelstangen, sind doch in deren Enden kleine Bohrungen zu sehen. Das aber ist ein Trugschluss.

Tatsächlich steigt das Öl in dem Röhrchen hoch, das seitlich am Zylinder eingepresst ist. Davon kann man sich leicht überzeugen, wenn man an einem teilzerlegten Motor die Ölpumpenwelle mit einer Bohrmaschine antreibt. Dann quillt das Öl aus der kleinen Bohrung, die auf der Zylinderfuß-Dichtfläche sichtbar ist. Ihre Lage wird hier anhand der Zylinderfußdichtung gezeigt.

Dass man die Ölpumpe mit einer Bohrmaschine antreiben kann und dass das Öl dann aus dieser Bohrung austritt, ist weithin bekannt. Aber wie geht’s danach weiter? Oben im Ventilraum ist nur wenig Öl nötig, bloß so viel, dass die Kipphebellagerung ausreichend geschmiert wird, etwas Öl an die Ventilschäfte gelangt und an den Berührstellen zwischen Stößelstange und Kipphebel sowie zwischen Kipphebel und Ventil ein dünner Schmierfilm vorhanden ist.

Hat das Öl dort oben seinen schmierigen Zweck erfüllt, muss es allein durch die Schwerkraft wieder nach unten ablaufen, wozu ihm nur der Weg durch die Stößelhüllrohre bleibt. Darum darf nicht mehr hochgepumpt werden, als von selbst nach unten zurücksickern kann. Sonst würde sich der Raum unter den Ventildeckeln in kurzer Zeit vollständig mit Öl füllen, bis es aus allen Dichtungsfugen quölle.

Es drängt sich also der Verdacht auf, dass die BMW-Konstrukteure seinerzeit irgendwo einen Engpass eingebaut haben, um die Ölzufuhr nach oben in die beiden Ventilkammern zu begrenzen. Das ist auch tatsächlich der Fall.

Doch erschließt sich nicht ohne weiteres, wie das verwirklicht worden ist. Schauen wir also genauer hin. Die nierenförmige Ausfräsung in der Dichtfläche des Zylinderkopfes verrät uns, dass das aufsteigende Öl in zwei Richtungen verteilt wird, einmal zum Einlass und einmal zum Auslass. Aus einem Röhrchen im Zylinder werden also zwei Kanäle im Zylinderkopf. Spritzen wir probeweise Öl in einen dieser Kanäle, so tritt es am Ende der nächstgelegenen Stahlhülse auf der Oberseite des Zylinderkopfes aus. Es muss also vom Ölkanal her eine Verbindung geben zur benachbarten Bohrung für die Befestigungsschraube.

Der Zylinderkopf hat vier fest in ihn eingesetzte Stahlhülsen, durch welche die vier langen Halteschrauben gehen. Der Ölkanal endet in derjenigen Hülse, die seinem Anfang am nächsten liegt. Was vollkommen logisch ist, weil man bei der Herstellung eines solchen Ölkanals schlecht um die Ecke bohren kann, sondern nur geradeaus. Dass der Ölkanal auf die nächstgelegene Schraubenbohrung zielt, ist gut zu sehen, wenn Sie probeweise einen 4 mm-Bohrer hineinstecken.

Die 4 mm-Bohrung geht nun aber, und dies ist der Trick, nicht mit diesem üppigen Durchmesser bis in die Stahlhülse. Sondern die Ölbohrung, die in die Stahlhülse mündet, ist viel kleiner. Winzig klein sogar, damit bloß nicht zuviel Öl in die Stahlhülse gelangt, von wo es wenig später oben im Kipphebelgehäuse ankommt. Ein 1 mm dicker Draht passt da nicht durch, ein Drähtchen von 0,25 mm Durchmesser aber schon. Das ist in diesem Bild zu sehen. Die inneren Pfeile kennzeichnen links den Beginn und rechts das Ende der Ölbohrung, während die äußeren Pfeile auf den zur Verdeutlichung eingefädelten Draht zeigen.

Aus der Kleinheit dieser Bohrungen folgt, dass sie gern verstopfen, wenn der Zylinderkopf gesandstrahlt wird. Denn aus eingedickten Ölresten und einigen Körnchen des Strahlmittels (ob nun Quarzsand, Glasperlen, Walnußschalen oder was auch immer) bildet sich tief unten im Ölkanal am Übergang der 4 mm-Bohrung zur kleinen Drosselbohrung eine zähe Paste, die eine derart enge Bohrung mühelos verstopfen kann. Für den Kipphebelmechanismus ist es deshalb überlebenswichtig, nach dem Sandstrahlen diese engen Ölbohrungen sorgfältig zu reinigen, sie möglichst mit Druckluft durchzublasen und mit einer Ölpumpkanne durchzuspülen. Sonst droht nachher Ungemach infolge mangelhafter Schmierung der Kipphebel- und Ventilmechanik. Wir können getrost darauf wetten, dass zahlreiche Isetten (und 250er BMW-Motorräder) mit an dieser Stelle verstopften Ölkanälen herumfahren. Rasch verschleißende Kipphebellager sollten den stolzen Besitzer dann nicht verwundern.

Also nehmen wir uns vor, bei nächster Gelegenheit, wenn der Zylinderkopf abgenommen ist, dort nachzusehen und die feinen Ölbohrungen gründlich zu reinigen. Sicherer ist es, auf ein Sandstrahlen des Zylinderkopfes ganz zu verzichten, denn anders als am Motorrad kommt es auf die Schönheit der Oberflächen beim Kleinwagenmotörchen kaum an. Von den Luftleitblechen vollkommen eingehüllt, ist der Zylinderkopf des Isettamotors den kritischen Blicken der Ästheten entzogen. Und infolge des vom Gebläse angesaugten Straßenstaubs verschmutzt er ohnehin rasch wieder.

Nachdem wir uns davon überzeugt haben, dass die beiden engen Drosselbohrungen frei sind, können wir den Weg des Öls nach oben weiter verfolgen. Der durch die enge Bohrung stark gedrosselte Ölfluss steigt im Ringspalt zwischen der Stahlhülsen-Innenwand und dem Schraubenschaft empor bis in den Lagerbock des Kipphebels. Durch die mit Pfeil gekennzeichnete Bohrung gelangt der Schmierstoff schließlich an das Kipphebellager. Übrigens hat der Isettazylinder aus eben diesem Grund Sacklochgewinde für die vier langen M10-Zugankerschrauben, die den Zylinderkopf halten.

Denn wären es Durchgangsbohrungen, liefe das Öl unten an zwei Gewinden des Zylinders heraus. Die Altvorderen in München haben sich also wieder einmal etwas dabei gedacht. Auf dieses Thema werden wir in Band 3 noch einmal zurückkommen, wenn wir einen 350er Motor aufbauen. Dabei schauen wir uns auch an, wie man mit Ventilsitzen, Ventilführungen und Ansaugkanälen im Zylinderkopf umgeht. Bleiben Sie dran, oder für unsere amerikanischen Freunde: Stay tuned!

Jetzt wandern wir erst einmal eine Etage tiefer zum Kolben.

2.1.5 Kolbekunndde