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© 2020 Birgit Brade

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7526-3467-9

Gedichte in Bildern

Bilder in Gedichten

Die Königin der Städte

Sie ist die Königin der Städte,

ein jeder Zoll an ihr ist Majestät,

ihr Turban, leuchtend rote Falten

auf hoch erhobnem Haupte krönet sie;

der braunen Samthaut schmeichelt

ein gelber Seidenfluss, Gewand aus Gold.

An jeder Hand ein Königinnenkind:

die winzige Prinzessin und der stumme Prinz.

Zur Linken hebt die winzige Prinzessin

im Purpurmantel, dem die Knöpfe fehlen,

der so den Hunger zeigt an zarten Gliedern,

zum Gruß ihr königliches Händchen,

und wehe, niemand huldigt ihr!

Dann streift ihr wunder Blick den,

der ihn später niemals mehr vergessen kann.

Der stumme Prinz zur Rechten aber

trägt im Innenblick die siebte Kammer,

die er niemals uns betreten lässt;

nur ahnen dürfen wir ihr Grauen,

das ihn dereinst verstummen ließ,

weil dort die Stimmen lauter schreien,

als Prinzen es ertragen können;

weil dort die Schläge blutig,

die Luft zu dünn,

das Brot zu hart,

und keine Königinnenhand in Sicht.

So nimmt die Köngin der Städte,

die alle Kammern dieser Welt gesehen,

die winzige Prinzessin und den stummen Prinzen

ganz fest an ihre beiden Hände

und führt sie fort in eine andre, königliche Welt.

Rapunzel

In keiner Ecke stand ein Bett

an keiner Wand ein Fenster war

nur ich allein

und sie in meinem Kopf

Und wie sie kämpften, bissen, schlugen

an Haaren rissen, schrien

um mich

die ich kein Wort verstand

nur eins: wir sperr'n sie ein

dass keiner sie besitzen kann

Sie brachten Essen mir

und manchmal ein, zwei Worte, Sätze auch

die hallten lange nach

Dann plötzlich wusst ich sie

nicht mehr zu unterscheiden

so hatten beide doch

die Finger blutig sich gekämpft

die Haare dünn verfilzt inzwischen

die Stimmen rau, die Augen rot

vor Wut und Müdigkeit -

die gab mir meine Chance

Nein, glaubt nicht den Geschichten: