INAUGURALDISSERTATION
zur Erlangung der Doktorwürde
der Juristischen Fakultät der
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
vorgelegt 2018 von
Christian Warns
Berichterstatter: |
Prof. Dr. Markus Stoffels |
1. Auflage 2019
Alle Rechte vorbehalten
© 2019, Lambertus-Verlag, Freiburg im Breisgau
www.lambertus.de
Umschlaggestaltung: Nathalie Kupfermann, Bollschweil
Druck: Franz X. Stückle Druck und Verlag, Ettenheim
ISBN 978-3-7841-3229-7
ISBN eBook 978-3-7841-3417-8
Vorwort
Einführung
A. Anlass und Gegenstand der Untersuchung
B. Gang der Untersuchung
C. Weitere hervorzuhebende Untersuchungsschwerpunkte
Erstes Kapitel: Grundlegung
§ 1 Staatskirchenrechtliche Grundlegung
A. Verhältnis von Staat und Kirche
I. Staatliche Perspektive
1. Staatskirchenrechtlicher Kompromiss der Weimarer Reichsverfassung
2. Regelung des Staatskirchenrechts unter dem Grundgesetz
3. Verhältnis von Selbstbestimmungsrecht und Religionsfreiheit
4. Zusammenfassung
II. Kirchliche Perspektive
III. Zusammenfassung
B. Selbstbestimmungsrecht der Kirche und Mitarbeitervertretungsrecht
I. Einfachgesetzliche Exemtionen zugunsten der Kirche
II. Verfassungsrechtliche Garantie und Mitarbeitervertretungsrecht
1. Schutzbereich des Selbstbestimmungsrechts
a. Begriff der Religionsgemeinschaft
b. Ordnen und Verwalten
c. Bestimmung der eigenen Angelegenheiten
2. Schranke des für alle geltenden Gesetzes
a. Entwicklung des Schrankenbegriffs: Von der Heckel‘schen Formel zur Abwägungslösung
b. Kritik an der Abwägungslösung und Vorzugswürdigkeit eines kollisionsrechtlichen Ansatzes
c. Grundgesetzlicher Einfluss auf das kirchliche Mitarbeitervertretungsrecht
C. Zusammenfassung zur staatskirchenrechtlichen Grundlegung und Folgerungen für die weitere Untersuchung
§ 2 Leitideen des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts
A. Kirchlicher Auftrag
B. Dienstgemeinschaft und vertrauensvolle Zusammenarbeit
§ 3 Die kirchliche Dienstvereinbarung im Überblick
A. Unterscheidung zweier Dienstvereinbarungstypen
I. Organisationsdienstvereinbarungen
II. Materielle Dienstvereinbarungen
B. Zustandekommen der Dienstvereinbarung
I. Abschluss durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung
II. Schriftform und Bekanntgabe
III. Freiwilligkeit des Abschlusses
C. Geltungsbereich der Dienstvereinbarung
D. Beendigung der Dienstvereinbarung
E. Rechtsschutzmöglichkeiten
Zweites Kapitel: Die normative Wirkung
§ 4 Legitimationsbedürfnis für die normative Wirkung
§ 5 Rückführung der normativen Wirkung auf die freiheitliche Selbstbestimmung der Arbeitsvertragsparteien
A. Begünstigende Regelungen – Vertrag zugunsten Dritter
B. Zurechnung fremden Handelns – rechtsgeschäftliche Unterwerfung unter ein Dritthandeln
I. Keine rechtsgeschäftliche Unterwerfung unter das Handeln der Mitarbeitervertretung
II. Keine rechtsgeschäftliche Unterwerfung unter das Handeln der Dienststellenleitung
1. Keine ausdrückliche rechtsgeschäftliche Unterwerfung
2. Keine konkludente rechtsgeschäftliche Unterwerfung
III. Keine rechtsgeschäftliche Unterwerfung unter das Handeln der Dienstvereinbarungsparteien
C. These von der Arbeitsvertragsrechtsakzessorietät des Betriebsverfassungsrechts
D. Ergebnis zur Rückführbarkeit der normativen Wirkung auf die freiheitliche Selbstbestimmung der Arbeitsvertragsparteien
§ 6 Rückführung der normativen Wirkung auf die staatliche Rechtsetzungsmacht
A. Staatlich-demokratische Legitimation der normativen Wirkung der Betriebsvereinbarung
I. Übertragung staatlicher Rechtsetzungsmacht auf die Betriebsparteien
II. Kritik der Vorstellung einer übertragenen Rechtsetzungsmacht
III. Staatliche Anerkennung der privatrechtlichen Regelbildung
IV. Folgerungen
B. Staatlich-demokratische Legitimation der normativen Wirkung der kirchlichen Dienstvereinbarung aufgrund eines staatlichen Geltungsbefehls
I. Geltung aufgrund einer Analogie zu § 77 Abs. 4 BetrVG?
1. Staatlicher Geltungsbefehl für kirchliche Arbeitsrechtsregelungen – § 4 Abs. 1 TVG analog?
2. Staatlicher Geltungsbefehl für kirchliche Dienstvereinbarungen – § 77 Abs. 4 BetrVG analog?
II. Geltung aufgrund der §§ 118 Abs. 2 BetrVG, 112 BPersVG?
III. Geltung aufgrund von Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV?
C. Ergebnis zur Rückführbarkeit der normativen Wirkung auf die staatliche Rechtsetzungsmacht
§ 7 Rückführung der normativen Wirkung auf die kirchliche Rechtsetzungsmacht
A. Standpunkt des 1. Senats des Bundesarbeitsgerichts
B. Überblick zu den Standpunkten im Schrifttum
C. Ansatz von Thüsing: Normative Wirkung aufgrund staatlicher „Pflicht zur Gleichbehandlung“
D. Eigener Standpunkt zur normativen Wirkung der Dienstvereinbarung
I. Grundsatz – Wirkung kirchlichen Rechts im staatlichen Rechtskreis
II. Unerheblichkeit des Einwands bindender Rechtswahl
1. Wahl der Privatrechtsordnung – Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
2. Wahl der Privatrechtsordnung und Ausgestaltung des Mitarbeitervertretungsrechts als einheitliche Ausübung des Selbstbestimmungsrechts
III. Normative Wirkung der Dienstvereinbarung als Ergebnis einer Kollisionsauflösung
1. Normative Wirkung der Dienstvereinbarung als Ergebnis einer kollisionsrechtlichen Zuordnung des kirchlichen Selbstverständnisses und der Privatautonomie
2. Normative Wirkung der Dienstvereinbarung zugleich als Ausgleich zwischen der Privatautonomie und dem staatlichen Schutzpflichtauftrag
3. Zusammenfassung
IV. Ergänzende Überlegungen zur normativen Wirkung
1. Regelungsbefugnis des kirchlichen Gesetzgebers und Gestaltung des kirchlichen Dienstes mittels der staatlichen Privatrechtsordnung
2. Vermeidung von Widersprüchen bei der praktischen Anwendung des Mitarbeitervertretungsgesetzes
E. Fazit zur normativen Wirkung der Dienstvereinbarung
Drittes Kapitel: Die Reichweite der Regelungsbefugnis
§ 8 Rechtsvergleichender Ansatz der Literatur
A. Meinungsspektrum zur Reichweite der Befugnis der Betriebsparteien, Arbeitsbedingungen durch eine Betriebsvereinbarung zu regeln
I. Rechtsprechung und Teile des Schrifttums: Umfassende Regelungsbefugnis für alle Arbeitsbedingungen
II. Gegenstimmen in der Literatur: Begrenzte Befugnis zur Regelung von Arbeitsbedingungen
III. Zusammenfassung des Meinungsspektrums
B. Bewertung des rechtsvergleichenden Ansatzes
C. Fortgang der Untersuchung
§ 9 Kirchengesetzliche Vorschriften als Grundlage einer umfassenden Regelungsbefugnis
A. § 36 MVG-EKD als Grundlage einer umfassenden Regelungsbefugnis?
B. §§ 33 und 34 MVG-EKD als Grundlage einer umfassenden Regelungsbefugnis?
C. § 35 MVG-EKD als Grundlage einer umfassenden Regelungsbefugnis?
D. Ergebnis: Keine generelle mitarbeitervertretungsgesetzliche Anerkennung einer umfassenden Regelungsbefugnis
§ 10 Bestimmung der Reichweite der Regelungsbefugnis in Anlehnung an die Vorschriften über die Beteiligung der Mitarbeitervertretung – §§ 37 ff. MVG-EKD
A. Reichweite der Regelungsbefugnis in den Angelegenheiten des § 40 MVG-EKD
I. Wortlautanalyse des § 40 MVG-EKD
II. Logisch-systematischer Bezugsrahmen des § 40 MVG-EKD
1. Systematischer Einfluss von § 47 MVG-EKD (Initiativrecht)
2. Systematischer Zusammenhang von § 40 MVG-EKD und § 38 Abs. 1 MVG-EKD
a. Implikationen der verschiedenen Begründungsansätze zur Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung
b. Unbestimmbarkeit der kirchengesetzgeberischen Motive für die Anordnung der Unwirksamkeitsfolge
c. Stellungnahme zur logisch-systematischen Relevanz des § 38 Abs. 1 MVG-EKD
3. Logisch-systematischer Zusammenhang zwischen dem Günstigkeitsprinzip und der Lesart des § 40 MVG-EKD
III. Teleologische Erwägungen zu § 40 MVG-EKD
1. Konkretisierung der möglichen Zwecke anhand der zum Betriebsverfassungsgesetz diskutierten Funktionen betrieblicher Mitbestimmung
a. Schutzfunktion der betrieblichen Mitbestimmung
b. Teilhabefunktion der betrieblichen Mitbestimmung
c. Ausgleichsfunktion der betrieblichen Mitbestimmung
d. Überlegungen zum weiteren Gang der Untersuchung
2. Teilhabe des Arbeitnehmerkollektivs als Funktion der Mitbestimmung nach § 40 MVG-EKD
a. Teilhabe aufgrund der Stellung der Mitarbeitervertretung als gleichberechtigter Partner und Repräsentant?
b. Genereller Kollektivbezug der Mitbestimmungstatbestände als Konsequenz der Teilhabefunktion?
c. Stärkung des Individualschutzes und nicht bloß kollektive Teilhabe durch § 40 lit. b) und lit. j) MVG-EKD
d. Unvereinbarkeit des Topos der Subjektstellung der Mitarbeitervertretung mit einer abschließenden Aufzählung der mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten
e. Ausrichtung der Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten
f. Fazit zur Teilhabefunktion
3. Schutz des einzelnen Arbeitnehmers als Funktion der Mitbestimmung nach § 40 MVG-EKD
a. Wirkungsweise des Mitarbeitervertretungsrechts
b. Unergiebigkeit von Historie und Genese
c. Methodische Überlegungen zur Ermittlung der mutmaßlichen Regelungsabsicht des Gesetzgebers
d. Entscheidung gegen eine vertragsimparitätskompensierende Wirkung des Mitarbeitervertretungsgesetzes
e. Fazit zur Schutzfunktion
4. Horizontaler Interessenausgleich der Arbeitnehmer untereinander als Funktion der Mitbestimmung nach § 40 MVG-EKD
a. „Non liquet“ als Ergebnis einer Analyse der Einzeltatbestände des § 40 MVG-EKD
b. Genese des § 40 MVG-EKD
c. Systematische Betrachtung: Ausgleichsfunktion im Rahmen der personellen Angelegenheiten – das Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 41 Abs. 1 lit. b) Var. 2 MVG-EKD
d. Fazit zur Ausgleichsfunktion
IV. Ergebnis zur Reichweite der Regelungsbefugnis in den Angelegenheiten des § 40 MVG-EKD
B. Folgerungen für die allgemeine Regelungsbefugnis der Dienstvereinbarungsparteien
Viertes Kapitel: Die Grenzen der Regelungsbefugnis
§ 11 Grenzziehung zur Sicherung der Individualfreiheit des Arbeitnehmers
A. Bedeutung des Günstigkeitsprinzips
B. Keine gegenständliche Begrenzung der Dienstvereinbarung auf generelle Regelungen
C. Keine Grenzziehung durch eine gerichtliche Billigkeitskontrolle
D. Zwingendes Recht als Grenze der Regelungsbefugnis
I. Unanwendbarkeit der Schranken rechtsgeschäftlicher Freiheit
1. Keine AGB-Kontrolle der Dienstvereinbarung
a. Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur
b. Stellungnahme zur AGB-Kontrolle kirchlicher Dienstvereinbarungen
2. Unzulässigkeit des Rückgriffs auf die privatrechtlichen Schranken rechtsgeschäftlicher Freiheit
II. Bindung an „Recht“ und „Billigkeit“ nach Maßgabe des § 33 Abs. 1 S. 3 MVG-EKD
1. Bindung an die „Billigkeit“
2. Bindung an das „Recht“
a. Inhaltliche Bestimmung: zwingende Rechtssätze der kirchlichen und staatlichen Arbeitsrechtsordnung
b. Im Einzelnen: einfachgesetzlich vermittelter Individualschutz im staatlichen Recht
c. Im Einzelnen: Bindung an die in den Grundrechten zum Ausdruck kommende, im Privatrecht wirksame objektive Werteordnung
III. Ergebnis: Individualschutz durch umfassende Bindung an das geltende Recht
§ 12 Grenzziehung zur Sicherung der Koalitionsfreiheit
A. § 36 Abs. 1 S. 2 MVG-EKD: Vorrang der auf koalitionären Rechtsvorschriften beruhenden Regelungen
I. Voraussetzungen der Sperrwirkung
1. „Rechtsvorschrift“ im Sinne des § 36 Abs. 1 S. 2 MVG-EKD
2. „Regelungen“ im Sinne des § 36 Abs. 1 S. 2 MVG-EKD
II. Reichweite der Sperrwirkung
III. Bedeutung der Sperrwirkung des § 36 Abs. 1 S. 2 MVG-EKD für die Regelungsbefugnis der Dienstvereinbarungsparteien
B. § 36 Abs. 1 S. 3 MVG-EKD: Erweiterung der Vorrangregelung für Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen
I. Begriff der Üblichkeit
II. Gegenständlicher Bezugspunkt der Sperrwirkung
1. Begriff der Arbeitsentgelte
2. Begriff der sonstigen Arbeitsbedingungen
a. Hintergründe der Begriffsdiskussion
b. Folgerungen für die Begriffsbestimmung im Rahmen des § 36 Abs. 1 S. 3 MVG-EKD
III. Ausnahmen von der Sperrwirkung
1. Vorrang der Dienstvereinbarung im Bereich der mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten
2. Aufhebung der Sperrwirkung durch Öffnungsklauseln
IV. Bedeutung der Sperrwirkung des § 36 Abs. 1 S. 3 MVG-EKD für die Regelungsbefugnis der Dienstvereinbarungsparteien
C. Ergebnis: Sicherung der Koalitionsfreiheit durch § 36 Abs. 1 S. 2 und 3 MVG-EKD
Zusammenfassende Thesen
Erstes Kapitel: Grundlegung
§ 1 Staatskirchenrechtliche Grundlegung
§ 2 Leitideen des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts
§ 3 Die kirchliche Dienstvereinbarung im Überblick
Zweites Kapitel: Die normative Wirkung
§ 4 Legitimationsbedürfnis für die normative Wirkung
§ 5 Rückführung der normativen Wirkung auf die freiheitliche Selbstbestimmung der Arbeitsvertragsparteien
§ 6 Rückführung der normativen Wirkung auf die staatliche Rechtsetzungsmacht
§ 7 Rückführung der normativen Wirkung auf die kirchliche Rechtsetzungsmacht
Drittes Kapitel: Die Reichweite der Regelungsbefugnis
§ 8 Rechtsvergleichender Ansatz der Literatur
§ 9 Kirchengesetzliche Vorschriften als Grundlage einer umfassenden Regelungsbefugnis
§ 10 Bestimmung der Reichweite der Regelungsbefugnis in Anlehnung an die Vorschriften über die Beteiligung der Mitarbeitervertretung – §§ 37 ff. MVG-EKD
Viertes Kapitel: Die Grenzen der Regelungsbefugnis
§ 11 Grenzziehung zur Sicherung der Individualfreiheit des Arbeitnehmers
§ 12 Grenzziehung zur Sicherung der Koalitionsfreiheit
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Der Autor
Die Untersuchung wurde von der Juristischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg im Wintersemester 2019/2020 als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis zum 25. Juli 2018 berücksichtigt werden. Die Änderungen, die das Mitarbeitervertretungsgesetz im Rahmen seiner Neubekanntmachung vom 1. Januar 2019 erfahren hat, konnten nicht mehr in die Betrachtungen einfließen.
Danken möchte ich zunächst meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Markus Stoffels, an dessen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Unternehmensrecht ich viele lehrreiche Jahre – zunächst als studentische Hilfskraft und später als wissenschaftlicher Mitarbeiter – verbringen durfte. Rückblickend betrachtet, war diese Zeit sowohl für meine fachliche als auch für meine persönliche Entwicklung prägend. Der stets offene und unvoreigenommene Austausch – nicht zuletzt auch zu Fragen des kirchlichen Arbeitsrechts – hat maßgeblich dazu beigetragen, dass diese Untersuchung zur Dienstvereinbarung entstehen konnte. Den spannenden Vorlesungen zum Arbeitsrecht von Herrn Prof. Dr. Thomas Lobinger verdanke ich es, dass überhaupt ein Interesse am Arbeitsrecht bei mir geweckt wurde; ein besonderer Dank gilt ihm auch für die Übernahme und Erstellung des Zweitgutachtens.
Zu danken habe ich allen Mitarbeitern des Lehrstuhls, mit denen es mir eine große Freude war, in den vielen Jahren zusammenarbeiten zu dürfen. Für die vielen fachlichen Gespräche und das freundschaftliche Miteinander danke ich besonders Diana Buntner, Dr. Sabrina Traeger, Dr. Michel Hoffmann, Hazel Franke, Theresa Bauerdick, Verena Hettche und Florian Klein. Nicht unerwähnt bleiben darf auch Nicole Bung, die im Sekretariat als die gute Seele des Lehrstuhls bei sämtlichen Nöten die erste Anlaufstelle ist und ganz maßgeblich zum guten Arbeitsklima am Lehrstuhl beiträgt.
Ein besonders großer und herzlicher Dank gebührt meinen Eltern, Rose-Maria und Dr. Rüdiger Warns, die nicht nur in theologischen Fragen hilfreiche Gesprächspartner waren, sondern mir durch ihre großartige Unterstützung und Förderung erst die akademische Ausbildung ermöglicht haben.
Von Herzen dankbar bin ich für die fachliche Unterstützung, die unendliche Geduld und den stets liebevollen Beistand, die mir meine Lebenspartnerin Maxi-Madelaine Liebholz während des gesamten Forschungszeitraums hat zukommen lassen.
Heilbronn, im Oktober 2019
Christian Warns
Das Zweite Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland 2013 (Mitarbeitervertretungsgesetz der EKD – MVG-EKD)1 vom 12. November 2013 stellt als besonderes mitarbeitervertretungsrechtliches Rechtsinstitut die Dienstvereinbarung zur Verfügung. Bei ihr handelt es sich um eine kirchenrechtliche Regelungsform, durch die die Mitarbeitervertretung und die Dienststellenleitung (Dienststellenpartner2) gemeinsam und einvernehmlich zum einen die mitarbeitervertretungsrechtliche Organisationsstruktur und zum anderen die Arbeitsbedingungen in einer kirchlichen Dienststelle gestalten können.3
Mit der Verwendung des Begriffs der „Dienstvereinbarung“ orientiert sich das Mitarbeitervertretungsgesetz terminologisch am Personalvertretungsrecht.4 Der Begriff der „Dienstvereinbarung“ bezeichnet im staatlichen Kontext das personalvertretungsrechtliche „Pendant zur Betriebsvereinbarung“.5 Der arbeitsrechtswissenschaftliche Diskurs behandelt jedoch seither vorwiegend das betriebsverfassungsrechtliche Rechtsinstitut der Betriebsvereinbarung, während es vertiefte Untersuchungen zur Dienstvereinbarung kaum gibt.6 Als gewissermaßen kleine Schwester partizipiert letztere allerdings an den zur Betriebsvereinbarung gefundenen Erkenntnissen.7 Ganz ähnlich verhält es sich bislang mit der wissenschaftlichen Auseinandersetzung zur kirchlichen Dienstvereinbarung. Auch sie wurde nur selten zum Gegenstand eigenständiger Untersuchungen gemacht; überwiegend beschränkt sich die einschlägige Literatur darauf, die Erkenntnisse zur Betriebsvereinbarung zu übertragen.8
Der ausschließlich vergleichende Blick läuft jedoch Gefahr, Unterschiede zwischen den Rechtsinstituten zu übersehen, herkömmliche Ansichten unreflektiert zu übertragen oder gar die selbstständige kritische Beurteilung des Rechtsinstituts aus reiner Bequemlichkeit zu vermeiden. Eine allein auf das Mittel des Vergleichs setzende Würdigung der Dienstvereinbarung vermag das Bedürfnis nach möglichst präzisen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht zu befriedigen und sollte daher stets nur eine Notlösung in Ermangelung besserer Alternativen darstellen. Die in den vergangenen Jahren fortschreitende Vereinheitlichung des Mitarbeitervertretungsrechts in den evangelischen Gliedkirchen bietet nunmehr zudem die Chance, sich mit einem fast9 für den gesamten Bereich der evangelischen Kirche einheitlich ausgestalteten Rechtsinstitut der Dienstvereinbarung zu befassen.10
Die große Zahl der im Bereich der evangelischen Kirche Beschäftigten bietet schließlich schon für sich genommen genügend Anlass, sich vertieft mit dem mitarbeitervertretungsrechtlichen Rechtsinstitut der Dienstvereinbarung zu befassen. Im Jahr 2017 waren etwa 701.000 Menschen hauptamtlich in Einrichtungen der evangelischen Kirche beschäftigt;11 hiervon entfielen 465.000 Mitarbeiter auf die diakonischen Einrichtungen,12 während knapp 236.000 Mitarbeiter in der verfassten Kirche tätig waren.13 Das Mitarbeitervertretungsrecht gilt für fast alle diese Mitarbeiter. Mitarbeiter im Sinne des Mitarbeitervertretungsgesetzes sind nach § 2 Abs. 1 MVG-EKD alle in öffentlich-rechtlichen Dienst- oder privatrechtlichen Dienst- oder Arbeitsverhältnissen oder zu ihrer Ausbildung Beschäftigten einer Dienststelle; lediglich für Personen im pfarramtlichen Dienst, in der pfarramtlichen Ausbildung sowie für Lehrende an Hochschulen und Fachhochschulen kann das gliedkirchliche Recht gemäß § 2 Abs. 2 MVG-EKD andere Regelungen vorsehen. Da bei insgesamt über 80 Prozent aller Dienststellen tatsächlich auch eine Mitarbeitervertretung eingerichtet ist,14 hat die Dienstvereinbarung als maßgebliches Regelungsinstrument der Dienststellenpartner für eine Vielzahl von Beschäftigten eine praktische Relevanz.
Indes rechtfertigen nicht nur diese Überlegungen die vertiefte juristische Auseinandersetzung mit dem Rechtsinstitut der Dienstvereinbarung. Auch das Bundesarbeitsgericht befasste sich in der jüngeren Vergangenheit wiederholt mit diesem Regelungsinstrument.15 Hierbei erwähnte der 1. Senat obiter dictum in einer Entscheidung vom 24.06.2014, dass die kirchengesetzlich durch § 36 Abs. 3 MVG-EKD vorgesehene unmittelbare und zwingende (unabdingbare) Wirkung der Dienstvereinbarung im staatlichen Rechtskreis ohne Bedeutung sei.16 Aufgrund dieses Angriffs auf eine zuvor fast einhellig17 befürwortete Eigenschaft auch der kirchlichen Dienstvereinbarung sah sich jüngst ein Literaturvertreter zu der grundsätzlichen Frage „Dienstvereinbarung Quo Vadis?“18 veranlasst. Die mit diesem Ausruf verbundenen Anzeichen der Verunsicherung verdeutlichen auf einen Blick, vor welche Schwierigkeiten das Bundesarbeitsgericht den Rechtsanwender stellt; es nimmt ihm den Orientierungspunkt im Umgang mit der kirchlichen Dienstvereinbarung, denn unbewusst wird dem Rechtsanwender das tertium comparationis im Verhältnis zu der staatlichen Regelungsform der Betriebsvereinbarung entzogen. Die Möglichkeit eines simplen Vergleichs entfällt, da nun zumindest scheinbar Wesensverschiedenes miteinander verglichen wird. Für den wissenschaftlichen Diskurs zur kirchlichen Dienstvereinbarung kann diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allerdings nur befruchtend wirken; sie fordert dazu auf, die Dienstvereinbarung als ein selbstständiges kirchenrechtliches Rechtsinstitut wahrzunehmen und sie als solches zum Gegenstand der rechtswissenschaftlichen Forschung und Kontroverse zu machen.19
Diese Bearbeitung will sich diesem Auftrag stellen und einen Grundlagenbeitrag zum kirchenrechtlichen Rechtsinstitut der Dienstvereinbarung leisten. Indessen erfordert es der Umfang der gesamten Thematik, den Untersuchungsgegenstand auf einige wesentliche Aspekte zu beschränken.
Zunächst soll die bundesarbeitsgerichtliche Rechtsprechung zur unmittelbaren und zwingenden Wirkung der Dienstvereinbarung aufgegriffen und auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden. Da mögliche Konflikte zwischen kirchlicher Rechtsetzung und staatlicher Rechtsordnung am deutlichsten im Rahmen der privatrechtlichen Ausgestaltung des kirchlichen Dienstes hervortreten, liegt es nahe, den Untersuchungsschwerpunkt auf die Frage zu legen, ob und – falls dies zu bejahen ist – inwieweit privatrechtlich ausgestaltete Arbeitsverhältnisse der unmittelbaren und zwingenden Gestaltung durch eine kirchliche Dienstvereinbarung zugänglich sind. Diese Gewichtung ist zudem vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass die überwiegende Zahl aller Mitarbeiter im kirchlichen Dienst ohnehin auf der Grundlage eines nach den Maßstäben der staatlichen Privatrechtsordnung abgeschlossenen Arbeitsvertrags beschäftigt ist20. Die eigentliche Bedeutung einer unmittelbaren und zwingenden Wirkung der Dienstvereinbarung verbleibt jedoch solange im Vagen, wie ungeklärt ist, welche Regelungen als Gegenstand einer Dienstvereinbarung überhaupt in Betracht kommen. Dies führt zu der Frage, in welchem Umfang die Dienstvereinbarungsparteien befugt sind, Arbeitsbedingungen zu regeln.
Aufgrund dessen lassen sich abschließend zwei Hauptschwerpunkte für diese Untersuchung benennen: Zum einen gilt es zu überprüfen, ob der Dienstvereinbarung eine unmittelbare und zwingende Wirkung für das privatrechtlich ausgestaltete Arbeitsverhältnis zukommt. Zum anderen ist zu ermitteln, in welchem Umfang die Dienstvereinbarungsparteien befugt sind, Arbeitsbedingungen für den einzelnen Mitarbeiter festzulegen.
1ABl. EKD 2013, S. 425 ff.
2Der Begriff der „Dienststellenpartner“ wird in der vorliegenden Arbeit als gemeinsame Bezeichnung von Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung verwendet. Er ist synonym zu dem im staatlichen Betriebsverfassungsrecht verwendeten Begriff der „Betriebsparteien“ zu verstehen, auf den bewusst im Kontext dieser Arbeit als Bezeichnung für die Dienststellenpartner verzichtet wird, da das kirchliche Mitarbeitervertretungsrecht nicht an den Betrieb, sondern an die Dienststelle als maßgebliche Organisationseinheit anknüpft.
3AKS/Andelewski, MVG.EKD, § 36 Rn. 1, 13; Baumann-Czichon/Gathman/Germer, MVG-EKD, § 36 Rn. 1 f., 7 f.; Fey/Rehren, MVG-EKD, § 36 Rn. 1, 3; Schielke, Mitarbeitervertretungsgesetz, S. 229.
4Fey, ZMV 1996, 117; Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 19 Rn. 41; Schielke, Mitarbeitervertretungsgesetz, S. 229.
5So Richardi/Dörner/Weber/C. Weber, Personalvertretungsrecht, § 73 Rn. 1, 4; ebenso auch Altvater/Berg, BPersVG, § 73 Rn. 1.
6Repräsentativ für das vorrangige Interesse an der Betriebsvereinbarung ist auch die beträchtliche Anzahl von Habilitationsschriften, die sich mit ihr befassen, während es zur Dienstvereinbarung keine entsprechend umfangreiche Untersuchung gibt, vgl. zur Betriebsvereinbarung nur die Habilitationsschriften von Kreutz, Grenzen der Betriebsautonomie; Richardi, Kollektivgewalt und Individualwille bei der Gestaltung des Arbeitsverhältnisses; Veit, Die funktionelle Zuständigkeit des Betriebsrats; Waltermann, Rechtsetzung durch Betriebsvereinbarung zwischen Privatautonomie und Tarifautonomie.
7Vgl. zu dem verweisenden Vorgehen nur Altvater/Berg, BPersVG, § 73 Rn. 1 ff.; Richardi/Dörner/Weber/C. Weber, Personalvertretungsrecht, § 73 Rn. 1 ff.; Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG, § 73 Rn. 12, 16, 19 f., 22.
8Vgl. zu dieser Vorgehensweise nur die einschlägige Kommentarliteratur zu § 36 MVG-EKD: AKS/Andelewski, MVG.EKD, § 36 Rn. 1 ff.; Baumann-Czichon/Gathman/Germer, MVG-EKD, § 36 Rn. 1 ff.; weniger ausgeprägt, wenngleich häufig mit Verweisen auf die übrige Kommentarliteratur zum Mitarbeitervertretungsgesetz Fey/Rehren, MVG-EKD, § 36 Rn. 1 ff.
9Zur Umsetzung des Mitarbeitervertretungsgesetzes in den Gliedkirchen Fey/Rehren, MVG-EKD, Einleitung Rn. 44 ff.
10Um nicht sogleich wieder unnötige Unschärfen zu provozieren, wird in dieser Arbeit davon abgesehen, die für das Mitarbeitervertretungsrecht der evangelischen Kirche ermittelten Ergebnisse auf das Recht der römisch-katholischen Kirche zu übertragen. Auch die Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) kennt zwar die Dienstvereinbarung als mitarbeitervertretungsrechtliches Rechtsinstitut. Anders als in der evangelischen Kirche steht indessen die Dienstvereinbarung aufgrund der Regelung des § 38 MAVO überhaupt nur zur Regelung einzelner, abschließend festgelegter Angelegenheiten zur Verfügung. Daher sollte auch vor einer Übertragung der in dieser Arbeit gefundenen Ergebnisse stets genauestens überprüft werden, ob die Dienstvereinbarung nach dem Recht der römisch-katholischen Kirche nicht eine abweichende Beurteilung verlangt.
11EKD, Zahlen und Fakten, S. 20; siehe auch die entsprechende Angabe bei Fey/Rehren, MVG-EKD, Einleitung Rn. 1.
12EKD, Zahlen und Fakten, S. 31 (Statistik aus dem Jahr 2014).
13EKD, Zahlen und Fakten, S. 20 (Statistik aus dem Jahr 2017).
14Vgl. die Nichtamtliche Begründung zum Zweiten Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland 2013 (MVG-EKD) vom 13. November 2013, S. 1, abrufbar unter http://www.kirchenrecht-ekd.de/document/12677 (Stand: 25.07.2018).
15Siehe nur BAG vom 22.03.2018 – 6 AZR 835/16, BeckRS 2018, 13917; vom 24.06.2014 – 1 AZR 1044/12, AP Nr. 74 zu § 611 BGB Kirchendienst; vom 20.12.2012 – 2 AZR 32/11, NZA-RR 2013, 627, 630 [Rn. 38 ff.]; vom 29.09.2011 – 2 AZR 523/10, NZA 2012, 628 ff.; vom 19.02.2003 – 4 AZR 11/02, NZA 2004, 54 ff.; ferner zu einer Dienstvereinbarung nach § 38 MAVO BAG vom 19.06.2007 – 1 AZR 340/06, AP Nr. 4 zu § 1a KSchG 1969.
16Vgl. BAG vom 24.06.2014 – 1 AZR 1044/12, AP Nr. 74 zu § 611 BGB Kirchendienst [Rn. 12]; zustimmend LAG Berlin-Brandenburg vom 25.01.2017 – 15 Sa 1891/16, BeckRS 2017, 108497 [Rn. 18]; die Frage offenlassend hingegen der 6. Senat, vgl. BAG vom 22.03.2018 – 6 AZR 835/16, BeckRS 2018, 13917 [Rn. 43].
17Stellvertretend für die Befürworter der normativen Wirkung siehe nur Fey, ZMV 1996, 117, 118; Joussen, ZTR 2007, 300, 303 m.w.N.; gegen die unmittelbare und zwingende Wirkung zuvor ausdrücklich nur Schliemann, NZA 2005, 976, 977; Reichold, ZMV-Sonderheft 2007, 14, 21.
18Wiszkocsill, ZMV 2017, 78.
19Erfreulich ist es, dass in der Literatur die kirchliche Dienstvereinbarung jüngst wiederholt in grundlegenderen Beiträgen in den Blick genommen wurde; vgl. nur Joussen, RdA 2016, 320 ff. („Die normative Wirkung kirchlicher Dienstvereinbarungen nach § 36 Abs. 3 MVG.EKD und § 38 Abs. 3a MAVO“); Reichold, ZTR 2016, 294 ff. („Regelungskompetenz und Normwirkung von Betriebs- und Dienstvereinbarungen (insbesondere in kirchlichen Einrichtungen)“); Klumpp, ZAT 2017, 172 ff. („Normative Wirkung kirchlicher Dienstvereinbarungen“).
20Hierzu Baumann-Czichon/Gathman/Germer, MVG-EKD, Einleitung Rn. 9.
Für die Bearbeitung dieser beiden Hauptschwerpunkte wird eine grobe Untergliederung von insgesamt vier Kapiteln gewählt. Am Ende der Arbeit werden die wichtigsten Erkenntnisse in Thesen zusammengefasst.
Der Untersuchung zur Dienstvereinbarung wird im ersten Kapitel21 zunächst eine thematische Grundlegung vorangestellt. Bereits die ausgewählten Bearbeitungsschwerpunkte lassen erkennen, dass die Ergebnisfindung stets davon abhängig sein wird, in welchem Verhältnis kirchliches und staatliches Recht stehen. Bevor daher das Rechtsinstitut der Dienstvereinbarung eingehender in den Blick genommen werden kann, bedarf es der Klärung, wie sich kirchliche und staatliche Rechtsetzung zueinander verhalten. Ein besonderes Augenmerk ist in diesem Kontext auf die in Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV enthaltene verfassungsrechtliche Verbürgung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts zu legen, da die Möglichkeiten eines kirchenrechtlichen Einwirkens in den säkularen Rechtskreis durch diese Verfassungsbestimmung abschließend vorgegeben werden (hierzu unter § 1).22 Daneben bedarf es vorab einer Einschätzung, welche rechtlichen Konsequenzen sich aus den in der Präambel zum Mitarbeitervertretungsgesetz aufgeführten Leitideen für die Beurteilung der kirchlichen Dienstvereinbarung ergeben können. Kirchlicher Dienst ist nach dem Selbstverständnis der Kirche kein Selbstzweck, sondern stets dem kirchlichen Sendungsauftrag verpflichtet; die Präambel weist darauf hin, dass die gemeinsame Verantwortung für den Dienst der Kirche und ihrer Diakonie die Dienststellenleitung und die Mitarbeiter zu einer Dienstgemeinschaft verbindet und sie zu vertrauensvoller Zusammenarbeit verpflichtet (hierzu unter § 2).23 Ausgehend von diesen allgemeinen Grundlagen erfolgt sodann anhand der mitarbeitervertretungsrechtlichen Vorschrift des § 36 MVG-EKD eine überblicksartige Analyse des Rechtsinstituts der Dienstvereinbarung. Mit diesen die Grundlegung abschließenden Ausführungen werden die notwendigen Verständnisvoraussetzungen für die in den folgenden Kapiteln zu erörternden Bearbeitungsschwerpunkte geschaffen (hierzu unter § 3).24
Im Mittelpunkt des zweiten Kapitels25 steht die Frage nach der unmittelbaren und zwingenden, kurz der normativen Wirkung der Dienstvereinbarung. Der zentrale und die Untersuchung in diesem Kapitel leitende Gedanke ergibt sich aus der Überlegung, ob und auf welche Weise sich eine normative Wirkung gegenüber den Regelungsadressaten legitimieren lässt. Es wird aufgezeigt werden, dass im Grunde drei unterschiedliche Ansätze für die Legitimation einer Normwirkung in Betracht kommen (hierzu unter § 4).26 Der erste Ansatz setzt auf die Vorstellung, dass sich die normative Wirkung auf einen freiheitlichen Akt der Selbstbestimmung der Arbeitsvertragsparteien zurückführen lassen kann (hierzu unter § 5).27 Der zweite Ansatz bezieht demgegenüber die normative Wirkung der Dienstvereinbarung auf einen Akt staatlicher Rechtsetzung (hierzu unter § 6).28 Der dritte Ansatz geht wiederum von einer eigenständigen kirchlichen Legitimationsquelle aus und fragt, ob und in welchem Umfang der kirchliche Gesetzgeber in der Lage ist, die Dienstvereinbarung mit einer normativen Wirkung gegenüber ihren Regelungsadressaten auszustatten (hierzu unter § 7)29. Ausgehend von dem dritten Ansatz wird die normative Wirkung der Dienstvereinbarung in Abhängigkeit von der Reichweite der Regelungsbefugnis bejaht werden.
Im dritten Kapitel30 wird untersucht, wie weit die Befugnis der Dienststellenpartner zur Regelung von Arbeitsbedingungen in einer Dienstvereinbarung reicht. Aufgegriffen wird zunächst ein im Schrifttum verbreiteter Vorschlag, dem zufolge die Reichweite der Regelungsbefugnis schlicht in Anlehnung an das staatliche Rechtsinstitut der Betriebsvereinbarung bestimmt werden soll (hierzu unter § 8)31. Dieser Weg ist jedoch aus mehreren Gründen nicht gangbar, weshalb im Anschluss eine umfassende Auswertung der Vorschriften des Mitarbeitervertretungsrechts erfolgt, mittels derer versucht wird, die Reichweite der Regelungsbefugnis der Dienstvereinbarungsparteien positiv zu bestimmen. Zu diesem Zweck werden verschiedene Normen untersucht, aus denen sich eine umfassende Regelungsbefugnis ergeben könnte. Jedoch wird sich im Ergebnis keine Vorschrift des Mitarbeitervertretungsgesetzes als tragfähige Grundlage für die Annahme einer umfassenden Regelungsbefugnis erweisen (hierzu unter § 9)32.
Dieser Befund wird die Veranlassung dazu geben, die Reichweite der Regelungsbefugnis mittelbar anhand der Vorschriften über die Beteiligung der Mitarbeitervertretung zu bestimmen (hierzu unter § 10)33. Der weiteren Vorgehensweise in jenem Abschnitt liegt die Überlegung zugrunde, dass die Regelungsbefugnis der Dienstvereinbarungsparteien innerhalb des Kernbereichs der betrieblichen Mitbestimmung zugleich als Maßstab für die Regelungsbefugnis außerhalb dieses Kernbereichs herangezogen werden kann. Infolgedessen wird ein Schwerpunkt der Untersuchung auf den zentralen Beteiligungstatbestand des § 40 MVG-EKD über die Mitbestimmung in organisatorischen und sozialen Angelegenheiten gelegt werden. Ausgehend vom Zweck der Mitbestimmung wird schließlich der nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz erforderliche Umfang der Regelungsbefugnis in den mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten erschlossen. Die Teleologie der Mitbestimmung wird tragend für die Annahme sein, dass sich die Regelungsbefugnis der Dienststellenpartner in den mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten an den einseitigen Gestaltungsbefugnissen der Dienststellenleitung orientiert. Da sich diese Erkenntnis als verallgemeinerungsfähig erweisen wird, lässt sich als Ergebnis des dritten Kapitels konstatieren, dass sich die Befugnis der Dienstvereinbarungsparteien zur Regelung von Arbeitsbedingungen zumindest im Regelfall akzessorisch zur einseitigen Regelungsbefugnis der Dienststellenleitung verhält. Deshalb sind die Dienststellenpartner grundsätzlich dazu berechtigt, für die Mitarbeiter sowohl begünstigende als auch belastende Regelungen zu treffen, wenn die Dienststellenleitung in einer nicht mitbestimmten Dienststelle zu einer einseitigen Gestaltung gegenüber den Mitarbeitern befugt wäre. Obgleich die Regelungsbefugnis der Dienstvereinbarungsparteien daher im Grundsatz nur von begrenztem Umfang ist, wird sich zudem erweisen, dass sich das Regelungsinstrument der Dienstvereinbarung einer individual- oder kollektivvertraglich begründeten Erweiterung der Regelungsbefugnis der Dienststellenpartner nicht verschließt. Die Regelungsbefugnis der Dienstvereinbarungsparteien kann deshalb durch den Arbeitsvertrag oder einschlägige Arbeitsrechtsregelungen respektive Tarifverträge erweitert werden.
Mit dem vierten Kapitel34 wird ausgehend von den Erkenntnissen des dritten Kapitels die Frage aufgeworfen, inwieweit es einer zusätzlichen Grenzziehung bedarf, wenn die Befugnis der Dienstvereinbarungsparteien zur Regelung von Arbeitsbedingungen dem Grunde nach gegeben ist. Mögliche Beschränkungen sind zum einen unter dem Aspekt der Sicherung der Individualfreiheit des Arbeitnehmers (hierzu unter § 11)35 und zum anderen hinsichtlich der Sicherung der Koalitionsfreiheit (hierzu unter § 12)36 zu diskutieren. Zum Schutz der Individualfreiheit wird es im Ergebnis für ausreichend gehalten, dass die Dienststellenpartner bei der Regelung von Arbeitsbedingungen durch eine Dienstvereinbarung nach § 33 Abs. 1 S. 3 MVG-EKD an die zwingenden Rechtssätze sowohl der kirchlichen als auch der staatlichen Arbeitsrechtsordnung gebunden sind. Schließlich gewährleistet § 36 Abs. 1 S. 2 und 3 MVG-EKD den Vorrang koalitionärer Regelungsformen, sodass auch die koalitionsfreiheitsgemäße Ausgestaltung des Rechtsinstituts der Dienstvereinbarung festgestellt werden kann.
21Siehe S. 25 ff.
22Siehe S. 26 ff.
23Siehe S. 61 ff.
24Siehe S. 69 ff.
25Siehe S. 79 ff.
26Siehe S. 82 ff.
27Siehe S. 85 ff.
28Siehe S. 98 ff.
29Siehe S. 124 ff.
30Siehe S. 149 ff.
31Siehe S. 151 ff.
32Siehe S. 169 ff.
33Siehe S. 179 ff.
34Siehe S. 261 ff.
35Siehe S. 263 ff.
36Siehe S. 297 ff.
Einige Einzelfragen, die in dieser Untersuchung en passant behandelt werden, sollen – die Einführung abschließend – zur leichteren Orientierung ebenfalls vorab benannt werden.