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Originalcopyright © 2020 Südpol Verlag, Grevenbroich

Autorinnen: Andrea Poßberg, Corinna Böckmann

Illustrationen: Corinna Böckmann

E-Book Umsetzung: Leon H. Böckmann, Bergheim

ISBN: 978-3-96594-051-2

Alle Rechte vorbehalten.

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Inhalt

Neue Mitspieler

Geheimnisvoller Fund

Auf Tauchstation

Monsteralarm

Merkwürdiger Fang

Zutritt verboten

Neue Pläne

Motte auf Abwegen

Eine heiße Spur

Die Falle schnappt zu

Noch ein Diebstahl

Alles in den Schredder

Der Seelöwe

Auf der Flucht

Aktion Seereinigung

»Achtung, Regal kommt geflogen!«, brüllte Ben und warf das unförmige Gestell mit Lennarts und Ardas Hilfe im hohen Bogen aus dem offenen Fenster im ersten Stock. Ein lautes Krachen verkündete die unsanfte Landung im Müllcon­­­tainer, der im Vorgarten des zukünftigen Vereinsheims abgestellt worden war. Darin stapelten sich bereits alte Matratzen über morschen Gartenstühlen, einem Wäschekorb mit zerschlisse­nen Vorhängen, Regalbrettern und einem museumsreifen Ku­­­­gel­grill.

Toni Krings, der lange Jahre Platzwart beim FC Bieber­heim gewesen war, war vor Kurzem gestorben und hatte sein Haus dem Fußballclub vermacht, damit der es als Ver­eins­heim nutzen konnte. Da er keine Verwandten mehr hatte, fiel dem Verein die Aufgabe zu, das Haus auszuräumen. Heute Nach­mittag war die Mannschaft der E-Jugend, zu der auch Ben und Lennart gehörten, an der Reihe.

Die beiden klatschten sich gerade ab.

»Cool, so was wollte ich schon immer mal machen!« Ben grinste und fuhr sich durch seine raspelkurzen blonden Haare.

»He Jungs, passt bitte auf, ich will hier keine Verletzten. Wir haben am Wochenende ein wichtiges Meisterschafts­spiel.« Oliver Trotzki, Trainer der E-Jugend, warf den Kindern einen strengen Blick zu.

»Auswärts oder Heimspiel?«, fragte Arda, der schon fast so groß wie sein Trainer war. Ziemlich praktisch, denn er stand im Tor.

»Auswärts. Wir fahren nach Marienheide.«

»Och nee«, stöhnte Lennart und warf einen kaputten Hocker nach draußen, »zu den Angebern. Die holen dann wieder Spieler aus der ersten Mannschaft dazu, damit sie auch ja gewinnen.«

»Ist doch egal, wir müssen eben selbst die Tore machen, dann können wir auch gegen Marienheide gewinnen.«

»Genauso sieht’s aus, Ben.« Der Trainer nickte zufrieden.

Ein stämmiger Junge mit braunen, zurückgegelten Haaren erhob sich von dem abgewetzten Sessel in der Ecke. »Sind Ludger und ich bei dem Spiel auch dabei, Trainer?«

Ben verdrehte die Augen, auch Lennart stöhnte. Marvin Klotzmeier, der Sohn des Bürgermeisters, und dessen Freund Ludger, spielten seit Kurzem in ihrer Mannschaft mit. Die beiden gingen in die Parallelklasse und waren schon oft mit Ben und Lennart aneinandergeraten.

»Ihr seid dabei, Marvin«, bestätigte Trotzki. »Aber nicht in der Startelf, ihr müsst ja erst mal richtig reinkommen und an eurer Kondition arbeiten.«

»Pah«, zischte Lennart und pustete sich die langen schwarzen Haare aus dem Gesicht. »Der Sohn des Bürgermeisters kriegt mal wieder ’ne Sonderbehandlung, ich durfte erst nach ein paar Monaten mitkommen.«

»Na und?«, schnappte Marvin. »Schließlich hat mein Va­­ter die neuen Trikots bezahlt und deine Sporttasche auch.«

»Und er hat Trainingsanzüge und Winterjacken für die ganze Mannschaft gestiftet, das war wirklich sehr großzügig«, ergänzte Oliver Trotzki.

Ein dreifaches Klingeln an der Haustür unterbrach den aufkommenden Streit. Kurz darauf trat Felix Mattes, der Reporter der Bieberheimer Morgenpost, ins frühere Schlaf­zim­­mer von Toni Krings.

»Hallo Felix, alles klar?« Trotzki schüttelte dem Reporter die Hand.

»Tag Oliver, hallo Jungs!« Er grüßte in die Runde und sah sich prüfend um. »Ziemlich viel Arbeit, so ein ganzes Leben auszumisten, was?«

»Halb so wild, Toni hat ja sehr bescheiden gelebt. Viele überflüssige Dinge hat er nicht besessen.« Der Trainer schob die Schublade der Kommode zu, die sie gerade ausge­­räumt hatten.

»Komisch, dass sich dann jemand die Mühe gemacht hat, hier einzusteigen, oder?«, wunderte sich der Reporter und zog ein Notizbuch aus der Tasche. »Vorletzte Nacht war der Einbruch, richtig?«

»Genau.« Oliver Trotzki deutete auf die leeren Regalbretter über dem Bett. »Auf jeden Fall sind alle Pokale geklaut worden. Und Toni hatte eine stattliche Sammlung. Er hat ja früher selbst aktiv gespielt und war sogar bei einem Drittligisten unter Vertrag.«

»Die Polizei hat bis jetzt noch keine heiße Spur. Sie su­­chen nach Zeugen und haben mich gebeten, einen Aufruf in die Zeitung zu setzen. Deswegen wollte ich noch ein paar Fotos machen.« Felix Mattes trat ans Fenster und sah auf den Fußballplatz herunter, dessen Gelände nur durch einen Maschendrahtzaun und einen breiten Fahrradweg vom Vor­garten getrennt war. »Der Rasen sieht aber ganz schön trostlos aus.«

»Das stimmt.« Trotzki seufzte. »Der Platz ist 15 Jahre alt. Länger hält so ein Kunstrasen nicht. Die Fasern sind ka­putt und da federt auch nichts mehr. Ganz schlecht für die Knie der Spieler. Und die Plastikkügelchen, mit denen der Ra­­­sen aufgefüllt ist, die sind einfach überall und werden dann ins Abwasser gespült, extrem schlecht für die Umwelt. Nächs­­­ten Monat habe ich mit Melanie Blankenhagen vom Vor­­stand einen Termin beim Sportausschuss. Ich will einen Natur­rasen­platz für unseren Verein und das Stadion soll …« Der Trainer stockte und warf dem Journalisten einen schnellen Blick zu. »Mehr kann ich dir leider nicht verraten. Das wird nämlich mein Beitrag zum Umweltwettbewerb.«

Felix Mattes grinste. »Seit unser Bürgermeister den Wett­­­­be­werb angekündigt hat, ist ganz Bieberheim im Umweltfie­ber.«

»Eher im Goldfieber«, raunte Ben.

Lennart nickte. »Die 10.000 Euro, die es für den ersten Platz gibt, sind ja auch eine Menge Geld.«

»Fragt sich nur, was dahintersteckt. Als ob Bürger­­meister Klotzmeier plötzlich sein Herz für die Umwelt entdeckt hat.« Ben schnaubte verächtlich. »Der hat nur eins für Geld.«

»Was meinst du damit?!« Marvin stand plötzlich hinter ihnen. »Was hast du über meinen Vater gesagt?«

»Dass er ein Herz aus Gold hat«, sagte Lennart unschuldig und plinkerte mit den Augen.

Marvin ballte die Fäuste, aber bevor er sich auf die beiden Jungs stürzen konnte, ging ihr Trainer dazwischen.

Felix Mattes hatte in der Zwischenzeit ein paar Fotos von den leeren Regalwänden gemacht und steckte sein Notiz­­buch wieder weg. »Das wird wohl nur ein kleiner Artikel werden. Gut, dass ich für die Titelseite noch eine super Story habe.« Er machte eine bedeutsame Pause. »Hat einer von euch schon mal das Monster vom Biebersee zu Gesicht bekommen, Jungs?«

»Was? Ein Monster – hier im See?!« Jonathan, der jüngste E-Jugend-Spieler, machte ein erschrockenes Gesicht.

Mattes nickte. »Ich hab schon mehrere Anrufe von Spa­zier­­gängern bekommen, die das Monster gesehen haben wol­­­­­­len. Und Frau Salzberg behauptet sogar, ihr Dackel wäre im Wasser verschwunden. Sie ist überzeugt davon, dass das Mons­­ter ihn gefressen hat.«

»So ein Quatsch!« Ben lachte, aber er war auch ein kleines bisschen blass um die Nase geworden.

»Wie sah es denn aus, das Biebersee-Monster?«, fragte Arda und ließ sich in einen ausladenden Sessel fallen.

»Glitschig, grün und es hat QUAAAK gemacht«, frotzelte Lennart.

»Haha«, machte der Reporter und zwinkerte Lennart zu. »Ganz schön vorlaut, deine Jungs.« Er gab dem Trainer die Hand. »Ich werde mir das jetzt mal ansehen. Also, falls ihr nie wieder was von mir hören solltet, wisst ihr ja, wer mich auf dem Gewissen hat.«

»Los Jungs, weiter geht’s.« Trotzki scheuchte die Kinder hoch, die es sich inzwischen auf dem Bett gemütlich gemacht hatten. »Die restlichen Sachen hier sind zu schwer für euch. Das erledigen die Großen heute Abend vor dem Training. Wir sehen uns jetzt mal in der Küche um.«

Ben und Lennart stiefelten als Letzte hinter der Mann­schaft herunter ins Erdgeschoss. Neugierig sahen sie sich im Flur um. Lennart zupfte seinen Freund am Ärmel und deutete auf eine schmale Holztür unter der Treppe. Probehal­­ber drückte er die Klinke herunter. Die Tür schwang auf und gab den Blick auf eine steile Holzstiege frei, die nach unten führte. Ben tastete nach dem Lichtschalter. »Erster!«, flüsterte er und kletterte vor seinem Freund in den Keller hinunter.

Unten baumelte eine nackte Glühbirne von der niedrigen Decke und erhellte den kleinen Raum notdürftig. Schichten von Spinnweben hingen vor dem blinden Kellerfenster und es roch nach Generationen von Mäusefamilien, von denen die letzte gerade raschelnd hinter einem halbhohen Schrank verschwand.

Lennart lugte hinter ein paar Bretter, die an der Wand lehnten. »Vielleicht gibt’s hier einen unterirdischen Gang oder einen angeketteten Höllenhund wie bei Harry Potter?«

»Pst!«, machte Ben und hielt eine Hand an sein Ohr. »Ich glaube, ich hab was gehört. Bestimmt sitzt Fluffy in dem Schrank da. Pass mal auf!« Er grinste und zog die Tür mit einem Ruck auf. Sofort zuckte er zurück. Tatsächlich war da ein Hund hinter der Schranktür und starrte ihn aus großen Augen an – aber es war nur eine Plüschausgabe, wenn auch eine ziemlich riesige.

»Mensch Fluffy, hast du mich erschreckt.« Ben griff lachend nach dem mottenzerfressenen Kuscheltier, das auf einem Koffer gelegen hatte, und warf es zu Lennart hinüber.

»Hol doch mal den Koffer raus«, drängte der. »Was da wohl drin ist? Los, beeil dich, die anderen kommen bestimmt gleich.«

Das ließ Ben sich nicht zweimal sagen, er zerrte den Koffer heraus und ließ die Schlösser aufschnappen. »Wow! Sieh dir das an!«