Der widerliche, verräterische, arrogante Mistkerl war nicht da.
Ich bemühte mich, mir meine Wut nicht anmerken zu lassen. Ich wollte im Club 39 nicht unsicher wirken oder auffallen. Normalerweise wäre die Kellerbar in der George Street nicht meine Art von Club gewesen. Zu trendig, zu viele Yuppies. Wie zum Beispiel der Exfreund meiner Schwester Darcy, dieser Flachwichser.
Ich hatte nie verstanden, was Darcy an Angus York fand. Als ich ihn kennenlernte, war sie bereits seit mehreren Wochen mit ihm zusammen, und ich hatte mir fest vorgenommen, ihn zu mögen, weil Darcy ihn so vergötterte. Aber dann sagte er mir am Abend unserer ersten Begegnung – wohlgemerkt in Darcys Gegenwart! –, ich sei, und ich zitiere: »ein absolutes GFO – gut fickbares Objekt«. Das war einfach nur widerlich und vollkommen inakzeptabel. Ich dachte, Darcy würde ihm eine kleben und ihm sagen, er solle sich aus ihrem Leben verpissen, doch stattdessen nickte sie bloß peinlich berührt und wechselte das Thema.
Seitdem war er mir unsympathisch.
Aber mittlerweile … mittlerweile hatte ich einen regelrechten Hass auf ihn.
Und ich würde einen Weg finden, ihm das Leben zur Hölle zu machen.
Darcy hatte mir gesagt, dass er gerne in den Club 39 kam – angeblich war er fast jedes Wochenende hier. An diesem Abend allerdings war weit und breit keine Spur von ihm. Wieder mal.
Ich seufzte ungehalten. Ich wollte meinen Plan endlich in die Tat umsetzen, damit ich die Sache möglichst schnell hinter mich bringen konnte. Gestern Abend war ich mir wie der letzte Trottel vorgekommen. Ich hatte die ganze Zeit allein in einer Ecke gehockt und auf die Tür geglotzt. Ich musste mich unbedingt natürlicher geben.
Mist, ich brauchte einen Drink.
Heute war ich früher gekommen, damit ich den verabscheuungswürdigen Ex meiner Schwester auf keinen Fall verpasste – falls er sich denn dazu bequemte zu kommen. Es gab noch einige freie Hocker an der Theke, die sich sicher bald füllen würden. Ich suchte mir einen aus und winkte der auffallend hübschen erdbeerblonden Barfrau.
Sie schenkte mir ein nettes Lächeln. »Was kann ich dir bringen?«
»Ich mach das schon, Jo«, sagte da plötzlich eine tiefe, maskuline Stimme.
Mein Blick sprang zum anderen Ende der Theke, und ich versteifte mich, als ich den Barkeeper in unsere Richtung kommen sah.
Er war mir gestern Abend schon aufgefallen, weil er mich die ganze Zeit angestarrt hatte.
Sein unverhohlenes Interesse machte mich nervös – aus der Nähe erst recht.
Er sah einfach viel zu gut aus.
Groß. Sehr groß. Ich mochte große Männer, weil ich praktisch immer Highheels trug, in denen ich normalerweise knapp eins achtzig maß. Er trug sein dichtes dunkles Haar in einer sexy Strubbelfrisur, die allerdings natürlich wirkte, nicht so, als hätte er sie umständlich gestylt. Warme blaugrüne Augen in einem markanten attraktiven Gesicht fixierten mich. Er hatte sich ein paar Tage nicht rasiert, und es sah zum Anbeißen aus.
Der Blick der jungen Barfrau, Jo, sprang neugierig zwischen uns hin und her, bevor sie schließlich achselzuckend ihrem Kollegen das Feld überließ.
Er nahm ihren Platz ein, und ich beobachtete das Muskelspiel seiner breiten Schultern, als er genau vor mir beide Hände auf die Theke stützte, als wolle er mein gesamtes Blickfeld ausfüllen, damit nichts mich von ihm ablenken konnte.
Mein Blick wanderte seine langen, muskulösen Arme hinauf. Man sah ihnen an, dass er ins Fitnessstudio ging. Plötzlich hatte ich den Wunsch, ihn ohne sein schwarzes T-Shirt zu sehen.
Eine Hitzewelle ging durch meinen Körper.
Mist.
»Du bist wieder da«, stellte er fest und lächelte mich an. Er flirtete mit mir.
Er würde also nicht so tun, als hätte er mich am Abend zuvor nicht die ganze Zeit über wie ein Schießhund beobachtet. Entweder, er war sehr selbstsicher, oder er war ein Creep. Ich konnte nur hoffen, dass Ersteres zutraf.
»Ja«, sagte ich ohne einen Hauch Koketterie. »Und heute habe ich Durst.«
Seine hellen Augen blitzten. »Was darf es denn sein?«
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