Gutenberg-Verlag, Hamburg 1927
Nach der zweiten Originalausgabe bearbeitet von Dr. Adolf Meyer, Bibliotheksrat und Privatdozent
24 Bände mit 36 mehrfarbigen Bildern und etwa 300 einfarbigen Bildern
In ihrem allgemeinen Körperbau sehr übereinstimmend, desto mehr aber in ihrer Lebensweise verschieden, bilden die überaus zahlreichen Arten, unter denen Bienen, Ameisen, Wespen und Hummeln dem Namen nach allgemein bekannte Kerfe sind, die größte aller Ordnungen. Wir würden ihnen den obersten Platz angewiesen haben, wenn wir dadurch die bisher einmal übliche Anordnung nicht zu sehr gestört hätten. In Hinsicht auf die Vielgestaltigkeit ihrer überaus eigentümlichen Lebensbeziehungen, die dem sinnigen Beobachter der lebenden Natur unerschöpflichen Stoff zu erhebenden Betrachtungen und ernstem Nachdenken bieten, und in Anbetracht der geistigen Befähigung, die sie bei ihren Kunsttrieben an den Tag legen, gebührt ihnen entschieden der Vorrang.
Die Immen haben durchweg ein hartes Hautskelett, einen in seinen drei Ringen vollkommen verwachsenen Brustkasten, beißende Mundteile mit entschieden vorwiegender Zungenbildung, vier gleichartige, von wenigen Adern durchzogene, scheinbar nackte Flügel, deren vordere länger und breiter als die hinteren sind, und entstehen durch vollkommene Verwandlung. Manchen fehlen die Flügel ganz, bei andern tragen sie im Verlaufe des Geäders einen so bestimmten Charakter, daß sich leicht kenntliche Unterscheidungsmerkmale von ihnen entlehnen lassen.
Im vollkommenen Zustande leben die Hautflügler beinahe ausnahmslos von Süßigkeiten, die sie mit der Zunge auflecken, weshalb dieselbe auch bei allen vorherrschend entwickelt ist, nirgends aber auf Kosten eines andern Teils, der die Mundteile als beißende charakterisiert. Wir können ihren Bau hier mit Stillschweigen übergehen, weil er bereits früher durch Bild und Wort erläutert worden ist und weil er bei Erkennung der einzelnen Arten eine nur untergeordnete Rolle spielt. Die Süßigkeiten entnehmen sie den Blumen und – den Blattläusen. Es ist ja bekannt, wie diese zarten, nur Pflanzensäfte saugenden Tierchen, die sich in der Regel in größeren Gesellschaften beieinander finden, entweder durch seitliche Röhrchen am Ende ihres Leibes, oder und hauptsächlich in ihren Auswürfen einen süßlichen Saft absondern, manchmal in solchen Mengen, daß er die Blätter förmlich lackiert. Diesen suchen andere Kerbtiere, vor allen Fliegen und die in Rede stehenden, begierig als fast einziges Nahrungsmittel auf. Der Sammler weiß aus Erfahrung, daß er nirgends reichere Beute einheimsen kann, als da, wo glänzende, öfter schwärzliche Flecke auf den Blättern der Gebüsche schon aus einiger Entfernung die Anwesenheit zahlreicher Blattlausniederlassungen verraten. Im Frühling des ewig denkwürdigen Jahres 1866 streifte ich durch einen Weidenhäger, wo die gemeinen Honigbienen in so auffallender Menge summten, daß man in nächster Nähe einen Bienenstand hätte vermuten sollen. Im ersten Augenblick dachte ich an die Blüten der Sträucher, die ja zu den frühesten und reichsten Honigquellen dieser Tierchen gehören, allein bei näherer Betrachtung fanden sich die Kätzchen außerordentlich sparsam und die Bienen nicht da, wo sie diese hätten suchen müssen. Sie umschwirrten vielmehr von unten bis oben die blattlosen Weidenstämmchen. Tausende und aber Tausende von grauen Blattläusen bedeckten diese. Meine Kleider hatten mit ihnen bereits Bekanntschaft gemacht, sie waren über und über mit ihnen bedeckt und von ihnen besudelt, weil man infolge des dichten Gebüsches keinen Schritt vorwärts tun konnte, ohne jene abzustreifen. Wenn somit selbst die vornehmste der Bienen die Blattlausfabrikate nicht verschmäht, wie sollten es die übrigen Honigsammler tun? Von allen andern, die keinen Honig eintragen, verbürge ich diese Liebhaberei nach meinen langjährigen Erfahrungen.
So gleichmäßig sich die vollkommenen Kerfe ernähren, so verschiedenartig ihre Larven. Gewisse unter ihnen haben zahlreiche Beine (bis zweiundzwanzig), in der Regel bunte Farben, und sitzen an den Blättern, die sie verzehren. Aus ihnen entstehen die sogenannten Blattwespen, deren Verwandte, die Holzwespen, als wurmartige Larven bohrend im Holze leben. Beide verraten im Bau ihres Körpers und hinsichtlich einer gewissen Selbständigkeit im Wesen einen höheren Entwicklungsgrad als alle übrigen Larven der Immen, die wegen ihrer Fußlosigkeit mit vollem Rechte den Namen der Maden verdienen. Jede besteht aus einem hornigen Kopf und zwölf Ringen ihres nahezu walzigen Körpers. Zwischen jenem und dem vordersten dieser schiebt sich wohl auch ein dreizehnter als Hals ein, in dem sich der Kopf teilweise zurückzieht, wenn die Larve ruht. An letzterem unterscheidet man hornige Kinnbacken, Tasterwärzchen und Spinnöffnungen, aber keine Augen und höchstens schwache Andeutungen von Fühlern. Die einen dieser Maden leben in Pflanzen, aber nicht in gewöhnlicher Weise bohrend oder zwischen Blättern minierend, sondern in eigentümlichen Auswüchsen, die durch den Stich der Eier legenden Weibchen veranlaßt werden und als Gallen allgemein bekannt sind. Man gab darum den aus ihnen hervorgehenden Kerfen den Namen Gallwespen. Die andern bewohnen einzeln oder gesellig Nester, die ihnen bereitet und gleichzeitig mit Nahrung versorgt wurden. Die Blumenwespen tragen hierzu Honig und Blütenstaub ein, die Raubwespen andere Insekten. Endlich lebt eine große Menge dieser Maden schmarotzend in den Leibern anderer Kerbtiere, und die ihnen angehörenden Schlupfwespen, Zehrwespen spielen eine wichtige Rolle im Haushalte der Natur. Sie wurden als Wächter Das ist natürlich nur eine allegorische Ausdrucksweise. Die Natur ist kein Polizeistaat. Objektiv liegt nur ein parasitäres Verhältnis der Wespen zu ihren Wirtsinsekten vor. An sich sind die Zehrwespen von ihnen noch viel abhängiger als diese von ihnen. Hrsgbr. gesetzt zur Erhaltung des Gleichgewichts; dadurch, daß jede ihr Leben erhält durch den Tod eines andern, vorzugsweise pflanzenfressenden Insekts, wird deren Vermehrung in Schranken gehalten. Überschreitet diese einmal ihre Grenzen durch das Zusammentreffen mehrerer günstigen Umstände, gleich sind die Schlupfwespen da, sie finden ihre Wohntiere zahlreicher als gewöhnlich, können sich also stärker vermehren und führen jene gar bald auf ihr gewöhnliches Maß zurück. In der Regel leben die größeren Zehrwespen nur einzeln in einem Wirte, die kleineren nicht selten in Familien zu Hunderten, und man wird sich einen Begriff machen können von der Winzigkeit vieler, wenn man erfährt, daß die kleinen Blattläuse von Schmarotzern heimgesucht werden, ja, daß Insekteneier, noch kleiner als diese, wieder andern Schmarotzern das Leben geben.
Die Weibchen der meisten Arten stechen Larven an, um sie mit einem oder mehreren Eiern zu beschenken, und die diesen Eiern entschlüpfenden Maden leben verborgen im Leibe des Wohntieres; manche sitzen aber auch äußerlich an demselben. Die Gattungen Pteromalus, Bracon, Spathius, Tryphon, Phygadeuon, Cryptus, Pimpla und andere, die wir später kennenlernen werden, enthalten Arten, die sich gewisse Afterraupen von Blattwespen, Raupen einiger Wickler und Eulen unter den Schmetterlingen und von Käferlarven solche vorzugsweise auszusuchen scheinen, die hinter Baumrinde oder im Holze wohnen, um als Larven ein äußerliches Schmarotzerleben an ihnen zu führen. Auch in anderer Beziehung, als der eben berührten, gestaltet sich das Verhältnis des Wirtes zum Einmieter je nach der Art verschieden. Hier bohren sich, und dies gilt besonders von den geselligen Schmarotzern, die reifen Larven aus der Raupe, um sich an ihrer Haut zu verpuppen, denn nichts weiter ist jetzt von der sterbenden mehr übrig; dort fertigt die Raupe gleich einer gesunden das Gehäuse, und man erwartet später ihre Puppe in demselben. Wie oft aber täuschte sich schon der Schmetterlingssammler, der auf einen schönen Falter hoffte! Er findet statt der rechtmäßigen Puppe einen schwarzen, länglichen Kokon und weiß aus Erfahrung, daß er von einer erwachsenen Schlupfwespenmade fest und dauerhaft, wie von Pergament, angefertigt worden ist. In einem dritten Falle hat die Raupe, die nicht spinnt, noch Kraft genug, um zu einer anscheinend gesunden Puppe zu werden. Doch wehe! Mit der Zeit verliert diese ihre Beweglichkeit, sie hat nicht mehr das Gewicht, das ihr von Rechts wegen zukommt: beides sichere Anzeichen, daß hier abermals Betrug und Täuschung im Spiele sind. Eines schönen Morgens liegt sie da mit durchbohrtem Scheitel, dieser als abgenagtes Deckelchen daneben, und lustig spaziert eine stattliche Schlupfwespe, vielleicht ein zierliches Ichneumon, im Zwinger umher. Wer sich mit dem überaus interessanten Studium der Gallwespen beschäftigt und fleißig ihre Erzeugnisse eingesammelt hat, ein schlechterdings unerläßliches Verfahren, um diese Tierchen kennen und unterscheiden zu lernen, weiß nur zu gut, daß er häufig nicht ein Stück davon zu sehen bekommt, dagegen aber die wunderbarsten Gestalten von allerlei Zehrwespen, zwei, wohl drei Arten aus einer Galle und unter Umständen, wenn er deren mehrere einsammelte, auch den rechtmäßigen Bewohner dazu. Solche und ähnliche Erfahrungen werden von denen gesammelt, die das Treiben der Natur unter Verhältnissen belauschen, welche die Beobachtung erleichtern, andere müssen draußen im Freien angestellt werden. Da kann man z. B. auch sehen, wie ein Schlupfwespchen bei seinen Streifzügen sich einstellt bei einer eben erst vollendeten, noch ganz weichen Falterpuppe, die sich an einem Baumstamm aufhing. Es spaziert mit sichtlichem Behagen auf der sich windenden Puppe umher, tastet mit seinen ewig beweglichen Fühlern und – jetzt sitzt sein Bohrer in der weichen Haut, senkt sich tiefer und tiefer, und die Eier gleiten hindurch, was sich freilich nicht sehen, aber stark vermuten läßt; denn seiner Zeit kommt kein Schmetterling aus der Puppe zum Vorschein, sondern eine Schar genau solcher Schlupfwespchen, deren eines damals seine Künste zeigte. In einzelnen Fällen, die als Ausnahmen von der Regel zu betrachten sind, hat man Larven von Schmarotzern oder diese selbst aus bereits vollkommen entwickelten Kerfen herauskommen sehen. Hier mag der fertige Kerf von der Schlupfwespe angestochen worden sein, oder aber der Wirt den Schmarotzer in seiner Entwicklung überholt, die schädlichen Einwirkungen desselben überwunden haben, so daß beide nebeneinander zur Vollendung gelangt sind.
Nicht genug, daß ein Insekt in einem andern auf dessen Kosten lebt, das unfreiwillige Verhältnis zwischen Wirt und Einmieter setzt sich noch weiter fort, diese letzteren müssen sich gefallen lassen, wieder andern als Wirte zu dienen, d. h. mit andern Worten, es gibt Schmarotzer in Schmarotzern, ein Umstand, der eben nicht dazu beiträgt, die so höchst interessanten Lebensverhältnisse dieser Tierchen, die noch in großes Dunkel gehüllt sind, dem forschenden Blick des Beobachters klarzulegen.
Wunderbar und rätselhaft bleibt in der Lebensweise der Schlupfwespe das die Weibchen beim Ablegen der Eier leitende Spürvermögen. Woher weiß das später kommende, daß dem Innern eines Wirtes bereits ein Ei anvertraut ist, der eine zweite Larve nicht würde ernähren können, ihm also keinen Brutplatz darbietet? Für uns Menschen ist nur in wenigen Fällen ein äußeres Merkmal gegeben, ob eine Larve angestochen ist. Einige schwarze oder mißfarbige Fleckchen an Schmetterlingsraupen verraten den Keim des Todes, der nach solchen Anzeigen aber weniger von einer Schlupfwespe, als durch schmarotzende Fliegen gelegt wurde, von denen einige Familien jenen Zerstörungen »aus Beruf« treuen Beistand leisten. Solche und ähnliche Fragen werden sich dem denkenden Beobachter aufdrängen, der sie nur durch Vermutungen zu beantworten vermag.
Nachdem wir wenigstens dem Begriffe nach Blatt-, Holz-, Gall-, Schlupf-, Raub- und Blumenwespen kennengelernt haben, müssen wir noch einen flüchtigen Blick auf den Körperbau dieser Geschöpfe werfen, um sie mit Sicherheit von andern und unter sich unterscheiden zu können. Der Kopf sitzt frei vor dem Brustkasten, als wenn er durch einen Zapfen an ihn gefügt wäre, erscheint, von oben gesehen, fast immer breiter als lang, er ist ein »Querkopf« im wahren Sinne des Wortes, bei nur wenigen kugelig, halbkugelig oder wie ein Würfel geformt. Auf seinem Scheitel bemerkt man ziemlich ausnahmslos drei Nebenaugen, die wie Perlchen erglänzen, die zu einem Diadem gefaßt worden sind. Die Fühler verlaufen meist gleichmäßig in ihren Gliedern und erscheinen faden- oder borstenförmig, selten verdicken sie sich nach vorn zu einer Keule, sind gerade oder gebrochen. Der Länge nach werden sie nie übermäßig groß, noch verschwindend klein im Verhältnis zu der des Körpers. Weil sie vorn an der Stirn, und zwar meist beieinander eingefügt sind, richten sie sich auch stets nach vorn, niemals nach hinten. Der Brustkasten, in seinen Umrissen vorherrschend eiförmig, jedoch auch walzig, erscheint in der Regel nach oben etwas buckelig und läßt durch Nähte seine Dreiteilung erkennen. Der vorderste Ring ist im geraden Gegensatze zu dem der Käfer am wenigsten entwickelt, kommt unter dem Namen des » Halskragens« auf der Rückenseite nur wenig zur Geltung und an der Brust nur so weit, als er dem vordersten Paare der Beine den nötigen Raum zur Anheftung gewähren muß. Der Mittelbrustring bildet den größten Rückenteil und gleichzeitig den Buckel, und zerlegt sich sehr häufig durch zwei nach hinten genäherte Längseindrücke in drei Partien, die sogenannten Lappen, dessen mittelster im Schildchen endet. Der kleinere dritte Brustring endlich bietet in seiner glatten oder durch Leisten mannigfach in Felder geteilten Oberfläche und in seinem vorderen, oberen und abschüssigen hinteren Teile für zahlreiche Immen wichtige Erkennungs- und Unterscheidungsmerkmale. Daß die neuesten Forschungen bei allen Immen, außer bei den Holz- und Blattwespen, einen vierten Brustring nachgewiesen haben, der in gleicher Weise durch eine feste Naht mit dem dritten verbunden ist, wie dieser mit dem Mittelrücken, will ich hier nur erwähnen und dabei bemerken, daß diese Entdeckung für die naturgemäße Anordnung von größerer Bedeutung sein wird, als die Berücksichtigung von einem oder zwei Schenkelringen.
Nirgends übt die Anheftungsweise des Hinterleibes einen so wesentlichen Einfluß auf die Körpertracht eines Kerbtieres aus, wie hier, indem alle Formen, angewachsene, sitzende, anhängende und gestielte, wie sie oben besprochen wurden, anzutreffen sind. Sechs bis neun Ringe setzen ihn zusammen, welche Anzahl in gewissen Fällen bis auf drei herabsinken kann. Das höchste Interesse nimmt aber die wunderbare Einrichtung des an ihm befindlichen Werkzeuges in Anspruch, womit die Weibchen ihre Eier legen. Fast ausnahmslos besteht es in einem hornigen Stachel, den drei oder vier Teile zusammensetzen und zwei seitliche Scheiden als Futteral einschließen. Der Stachel zerfällt in eine obere, oft rinnenförmige Hälfte, den Eileiter, und in eine untere, kleinere Hälfte, die sogenannten Gräten, die eng aneinander liegen und durch Falze an die Oberhälfte anschließen. Der Eileiter kann sich vollständig oder teilweise in zwei häutig verbundene und dadurch der Erweiterung fähige Stücke auflösen. Durch diese Einrichtung wird eine Verschiebung der Gräten gegen den Eileiter nach oben und unten möglich, wo es nötig ist, feste Körper zu durchdringen. Die Gräten stellen Pfriemen, Messer, Bohrer, Säge, mit einem Worte das Schneidewerkzeug dar, mit dem die Insekten diejenigen Körper zu durchdringen haben, die zwischen ihnen und der Stelle im Wege sind, die das Ei einnehmen soll. Bei vielen Schlupfwespen, den Raub- und Blumenwespen ist der Stachel im Bauche verborgen, kurz und schärfer gespitzt als die feinste Nähnadel, und selbstverständlich auch geeignet, einen empfindlichen Stich demjenigen in die Finger zu versetzen, der sich erkühnt, einem dieser Tierchen die gewohnte Freiheit rauben zu wollen. Es findet aber noch ein Unterschied hierbei statt. Der Stich einer Schlupfwespe schmerzt nur wie der einer Nadel, und die Empfindung hält nicht lange an; wem dagegen eine Raub- oder Blumenwespe ihren Dolch in das Fleisch bohrt, der empfindet ein nachhaltiges Brennen, die Stelle rötet sich und schwillt mehr oder weniger an, weil das Insekt nicht bloß stach, sondern gleichzeitig Gift in die Wunde ausfließen ließ. Diese Flüssigkeit (Ameisensäure) Die Hauptgiftwirkung des Wespengiftes ist mich neueren Untersuchungen jedoch nicht der Ameisensäure, sondern den ihr beigegebenen Eiweißgiften zuzuschreiben. Hrsgbr. sammelt sich in einer Blase am Grunde des Stachels an, beim Stechen wird dieselbe gedrückt und läßt ein Tröpflein durch jenen fließen, dem bei nicht feindlicher Gesinnung ein Ei entgleitet. Dieser Giftstachel, deren Träger man auch unter dem Namen der » Akuleaten« zusammengefaßt hat, ist den Raubwespen unentbehrlich, um die Kerfe zu lähmen, die sie für ihre Brut zusammentragen, wie bereits erzählt wurde; bei den Blumenwespen hingegen, die ja nur Honigseim verfüttern, dient er als Verteidigungswaffe, wird zum » Wehrstachel«. Da das in Rede stehende Werkzeug zum Ablegen der Eier bei den übrigen Hautflüglern weder Giftstachel ist, wie bei den genannten, noch in der äußeren Form demselben entspricht, wie bei gewissen Schlupfwespen, sondern häufig als kürzere oder längere Schwanzborste aus dem Hinterleibe heraustritt, so hat man es im Gegensatz zu dem Stachel ( aculeus) Legröhre, Legbohrer ( terebra) genannt und seine Inhaber unter dem Namen der Hymenoptera terebrantia vereinigt. Bei den weiblichen Blattwespen wird er am Bauche sichtbar, wenn er auch nicht zur Körperverlängerung des Tieres beiträgt, hat die Form einer Messerklinge, aber infolge der gezahnten Gräten vollkommen die Wirkung und das Aussehen einer Säge. Den Holzwespen ragt er stabförmig über die Hinterleibsspitze hinaus und läßt sich am besten mit einer Raspel vergleichen. Bei sehr vielen Schlupfwespen steht er als kürzere oder längere Borste, die, einen spitzen Winkel mit dem Hinterleibe bildend, nach vorn bewegt werden kann, über diesen hinaus, um so länger, je tiefer im Holze das Weibchen die Larven derjenigen Kerfe zu suchen hat, denen es seine Nachkommen anzuvertrauen gedenkt. Besonders solche lange Bohrer erscheinen nach dem Tode des Tieres als drei fadenförmige Schwanzborsten, die mittelste steifer – der hornige Bohrer –, die seitlichen gedreht und unregelmäßig gekrümmt, weil sie die weichere Scheide ausmachen, die durch das Eintrocknen ihre straffe Haltung nicht länger zu behaupten vermochte. Bei kleineren Schlupfwespen, vielen Gallwespen erreicht der Bohrer, ohne in der Ruhelage aus dem Körper hervorzutreten, eine unverhältnismäßige Länge, weniger darum, weil diese Tierchen ihn beim Eierlegen so tief zu versenken hätten, als vielmehr, um durch seine Federkraft den Nachdruck zu verstärken, den ihm die schwache Muskelkraft der kleinen Wesen beim Einbohren nicht würde verleihen können. Zu diesem Zwecke legt er sich schleifenförmig an die Innenwände der Hinterleibshöhle, und der Mechanismus ist so eingerichtet, daß der Bohrer wie eine ein oder einigemal gewundene Stahlfeder eines Uhrwerkes federt. Ja, es kommen Fälle vor, wo sich der Hinterleib, weil sein Umfang hierzu nicht ausreicht, in ganz eigentümlicher Weise erweitert, z. B, an der Bauchseite durch eine kegelförmige Anschwellung bis zur Mittelbrust, oder auf der Rückenseite vom Stiele an durch ein bis zum Kopfe vordringendes rundes Horn (bei Platygaster Boscii), und so den nötigen Raum für den wunderbaren Mechanismus darbietet.
Von den Beinen, deren vorderstes Paar weit von den beiden Hinteren, einander sehr genäherten, absteht, sei nur bemerkt, daß bei den Blatt-, Holz-, Schlupf- und Gallwespen zweigliedrige Schenkelringe vorhanden sind, und zwar ist das Grundglied am längsten; eingliedrig bleiben dieselben bei den Raub- und Blumen Wespen. In einer schwierigen Familie (Proctotrupier), die wir den Schlupfwespen anschließen werden, kommen Arten mit ein- und zweigliedrigem Schenkelringe vor und liefern hierdurch sowie durch ihre schmarotzende oder den Raubwespen gleichkommende Lebensart den Beweis, wenn ein solcher überhaupt nötig wäre, daß es überall Übergangsgruppen gibt, die dem bloß ordnenden Systematiker so häufig im Wege stehen. Fünf Glieder bilden in den meisten Fällen den Fuß.
Die Flügel, das wesentliche Bewegungsorgan dieses ewig unruhigen, luftigen Gesindels, bestehen alle vier aus einer dünnen, dem bloßen Auge meist nackt erscheinenden, unter dem Mikroskope aber kurz behaarten Haut, die wasserhell, in den meisten Fällen jedoch etwas getrübt, wie angeräuchert aussieht; nicht selten zieht ihre Farbe in Gelb, oder die Außenränder sind geschwärzt, auch bindenartige Trübung durch die Fläche kommt öfters vor. Weniger bei unsern einheimischen Immen, dagegen nicht selten bei den vielen, weit stattlicheren ausländischen Arten nimmt der ganze Flügel oder ein Teil desselben eine schwarze, blaue, violette, braune, rote oder gelbe Färbung an und trägt dadurch nicht wenig zur Ausschmückung des schönen Körpers bei. Die Haut wird im Verhältnis zu den Flügeln der sonst nahe verwandten Netzflügler von nur wenigen Adern oder Nerven durchzogen und gestützt, die durch ihre Einmündungen ineinander oder mit dem Saume des Flügels gewisse geschlossene Räume, die Zellen, bilden. In der Ruhe pflegen die Flügel wagerecht auf dem Rücken zu liegen und den Hinterleib zu überschleiern, bei den eigentlichen Wespen, wo sie sich der Länge nach falten, hängen sie mehr an den Seiten des Körpers und bedecken den Hinterleib nicht. Jeder Vorderflügel ist mit seinem Hinterflügel im Fluge vereinigt, indem dieser mit sehr feinen Häkchen seines Vorderrandes an entsprechenden Stellen des Hinterrandes von jenem eingreift. Auf der Einlenkungsstelle des Vorderflügels liegt ein bewegliches, horniges Plättchen, das sogenannte Flügelschüppchen, das sich manchmal durch besondere Färbung auszeichnet, und mehr darum, als durch seine eigentümliche Gestalt, der Berücksichtigung wert wird. Ein anderes Chitinfleckchen, das, eben weil es hornartig ist, wie die Adern, durch seine andere Färbung gegen die dünne Flügelhaut leicht in die Augen fällt, findet sich am Vorderrande der meisten Flügel hinter der Mitte und heißt das Flügel- oder Randmal; wo es fehlt, werden die Adern sehr sparsam oder fallen gänzlich aus. Sie sind es nun mit den von ihnen gebildeten Zellen, die für den bei weitem größten Teil der Immen Unterscheidungsmerkmale enthalten, ohne welche die Gattungen unmöglich erkannt werden können. Die vorstehende Zeichnung gibt für einige typische Hymenopterenflügel die einschlägigen Verhältnisse besser als viele Worte wieder. Gänzlich fehlen die Flügel einigen echten Schlupfwespen der früheren Gattung Pezomachus, manchen Schlupfwespenverwandten, einigen Gallinsekten, den arbeitenden Ameisen und bei den Spinnenameisen den Weibchen.
Hautflügler-Flügel
Adern: 1 Costa (Randader), 2 Subcosta (Unterrandader), 3 Medius (Mittelader), 4 Brachius, 5 Humerus, 6 Basalader, 7 Radius, 8 Cubitus, 9 rücklaufende Adern.
Zellen: r Radialzellen (Randzellen), c Cubitalzellen (Unterrandzellen), d Distoidalzellen (Mittelzellen), Rd Randmal.
Eine große Menge von Aderflüglern läßt summende, brummende Töne laut werden, wie ja von den Hummeln, Bienen, Wespen, Hornissen hinreichend bekannt. Die Kenntnis von ihrem Entstehen verdanken wir den unermüdlichen Forschungen Landois'. Nach demselben entsteht eine Reihe von Tönen, wie man bereits wußte, durch die schwingenden Bewegungen der Flügel, hier wie bei Fliegen und andern Insekten. In dieser Beziehung zeigen Immen und Zweiflügler die größte Mannigfaltigkeit in Höhe und Tiefe des Tones. Die seine Haut wirkt bei der außerordentlichen Geschwindigkeit derselben in gleicher Weise wie die Zinken einer angeschlagenen Stimmgabel. Landois stellt nun folgende Gesetze auf. Die Flügeltöne sind bei demselben Einzelwesen beständig; unterscheiden sich beide Geschlechter ein und derselben Art in bezug auf ihre Größe, so gehen auch ihre Flügeltöne bedeutend auseinander; kleinere Insekten haben öfters einen bedeutend tieferen Flugton als größere. Natürlich ist hierbei nicht das klappende, leise klatschende Geräusch gemeint, welches das einzige ist, wodurch sich einzelne Schlupfwespen bisweilen vernehmen lassen, Tagschmetterlinge, wenn sie in größeren Mengen miteinander umherfliegen, besonders auch Heuschrecken mit ihren festeren Flügeldecken. Eine zweite Reihe von Tönen bringen die Immen (und Fliegen) durch die Luftlöcher ihres Brustkastens oder des Hinterleibes hervor, und zwar willkürlich, indem sie aus demselben die Luft ausatmen. Die Stimmapparate lassen sich am besten vergleichen mit den Wirkungen der Zungenpfeifen, denn es werden dabei Häute in Schwingungen versetzt, die am Ende der Luftröhre angebracht sind. Die Pfeifen sind die Luftröhren, auf deren ungeteiltem Ende der Stimmapparat auf sitzt, wie der Kehlkopf auf der Luftröhre der Säugetiere. Vor dem Eintritt in den Apparat verengt sich die Luftröhre und enthält gerade bei den Hymenopteren häufig noch Vorrichtungen, die es ermöglichen, je nach den Bedürfnissen viel oder wenig Luft ausströmen zu lassen, sie wird mit einem Worte zu einem Blasebalg. Der zusammengesetzte Stimmapparat selbst besteht der Hauptsache nach aus Chitinblättchen, die vorhangartig aufgehängt sind oder die Form von Röhrchen haben und durch die ausströmende Luft in zitternde Bewegung versetzt werden und tönen. Daß es nicht die ein-, sondern die ausströmende Luft sei, wies Landois durch unmittelbare Versuche und am Bau der verschließbaren Luftlöcher, der bekannten Eingänge zu den Luftröhren, nach; ja, er ging dann noch weiter und stellte die Brummtöne verschiedener Fliegen und Blumen-Wespen in Noten dar. Nicht alle Luftlöcher sind mit dem Stimmapparate versehen, sondern hauptsächlich die des Brustkastens, bei den stark brummenden Blumen- und Raubwespen dagegen die des Hinterleibes und bei sehr wenigen beide zugleich. So interessant dieser Gegenstand immer sein mag, so können wir ihn hier aus Mangel an Raum nicht weiter ausführen, es aber nicht unterlassen, auf die »Tierstimmen« des oben genannten Verfassers hinzuweisen (Freiburg im Breisgau 1374).
Fossile Immen finden sich in der Juraformation selten und zum Teil zweifelhaft, häufig dagegen, besonders Ameisen, im Tertiärgebirge und im Bernstein.
In Hinsicht auf die Anordnung der einzelnen Familien tritt eine gewisse Verlegenheit ein; denn die wenigen Schriftsteller, welche die Gesamtheit der Aderflügler behandelt haben, gehen in ihren Ansichten auseinander, und es läßt sich bei der geringen Teilnahme Das ist heute ganz anders geworden. Besonders die Ameisen und Bienen, ihre Lebenserscheinungen und speziell ihr soziales Verhalten, bilden den Gegenstand zahlloser hochinteressanter Untersuchungen. Es ist im Rahmen dieses Buches unmöglich, alle auch nur oberflächlich zu berücksichtigen. Hieran interessierte Leser seien daher auf einige, von besten Spezialforschern, aber doch auch wirklich allgemeinverständlich geschriebene Schriften hingewiesen. Für Ameisen: 1. F. Viehmeyer: Bilder aus dem Ameisenleben, Leipzig 1908; und 2. das Standardwerk auf diesem Gebiete: K. Escherich: Die Ameise, 2. Aufl., Braunschweig 1917 (wissenschaftlicher gehalten). Für Bienen: K. v. Frisch: Aus dem Leben der Bienen, Berlin 1927: eins der köstlichsten Bücher der ganzen populären zoologischen Literatur. Hrsgbr. an der Erforschung dieser so interessanten Kerfe nicht sagen, wessen Einteilung eine allgemeine Anerkennung gefunden habe. Da es sich somit nicht entscheiden läßt, welchen Standpunkt in dieser Ordnung die neueste wissenschaftliche Systematik einnimmt, so ist hier in einem » Illustrierten Tierleben« und bei der lückenhaften Behandlung, die der beschränkte Raum gebietet, auch in erster Linie nach Lepeletiers Vorgange den Lebens Verhältnissen dieser Kerfe Rechnung getragen, auf die Gefahr hin, daß der nur das vollkommene Insekt beobachtende und unterscheidende Forscher bei seiner Anordnung zu andern Ergebnissen gelangen könnte.
*
Die Blumenwespen, Bienen ( Anthophilia), die wir als erste Familie an die Spitze stellen, wurden zwar mehrfach schon erwähnt, nicht aber in einer Weise, um auch nur eine derselben als solche zu erkennen. Der einfache Schenkelring kommt ihnen wie den Raubwespen zu, von denen sie in den meisten Fällen die starke Behaarung des gedrungenen Körpers und der eigentümliche Bau der Hinterfüße unterscheidet. Keine Blumenwespe hat einen gestielten Hinterleib, wie so viele Raubwespen; bei den größeren Arten ist er vielmehr an der Unterseite des breiten Vorderrandes in einem fast punktförmigen Kreisringe dem unteren Ende des Hinterrückens angeheftet, bei den kleineren verschmälert er sich beiderseits gleichmäßig, wird elliptisch im Umrisse und gehört zu den »anhangenden«, nach der früher erörterten Ausdrucksweise. Das starke Haarkleid, das die meisten Bienen bedeckt und ihnen in der Regel die bunte Färbungen zuführt, wird gleichfalls zu einem Erkennungszeichen und Unterscheidungsmerkmale von den Raubwespen. Zwar kommen fast nackte Arten vor, trotzdem wird sie ein einigermaßen darauf geübtes Auge als Blumenwespen erkennen. Die Bienen tragen, wie wir wissen, für ihre Brut Honig und Blumenstaub ein, jenen wohlverwahrt im Innern ihres Körpers, diesen äußerlich, meist in Form der sogenannten Höschen. Diese aber ziehen sie ihren höchst eigentümlich gebauten Hinterbeinen an. Sie sind es auch, die jede Blumenwespe weiblichen Geschlechts, mit wenigen Ausnahmen, verraten. Die Schienen nebst dem beinahe ebenso langen ersten Fußgliede, das hier Ferse ( metatarsus) heißt, sind auffallend breit gedrückt, letztere außerdem manchmal noch an der Außenseite ihrer Wurzel mit einem schaufelartigen Anhange, dem sogenannten Fersenhenkel, versehen. Die Schiene kann nun auf ihrer glänzenden Außenfläche etwas vertieft und an den Rändern mit langen Haaren bewachsen sein, eine treffliche Vorkehrung, um hier wie in einem Körbchen den Blumenstaub anzusammeln und fort zuschaffen. Man hat eine solche Bildung darum schlechthin auch ein Körbchen genannt. Der große Glanz aber rührt, wie O. I. Wolff gefunden, von den Schweißdrüsen her, die unter der Chitinhaut liegen, sich nach außen öffnen und den Blütenstaub mit ihrer Ausscheidung, dem auch an andern Körperteilen so verbreiteten »Haaröle«, wie einen Schwamm durchdringen und zusammenballen. Nicht selten kommt noch zur Vervollkommnung des zierlichen Apparates eine Bürste zum Zusammenfegen des Blütenstaubes hinzu, steife, kurze Borsten, die am Ende der Ferse in einer Weise sitzen, wie eine gewisse Art von Handfegern an ihrem Stiele. Auch die Ferse beteiligt sich in gleicher, wenn auch nicht so vollkommener Weise an der Aufnahme des Blütenstaubes, der durch die langen Haare derselben festgehalten wird. Die Bienen, deren Hinterbeine in der eben angegebenen Weise gebaut sind, werden sehr bezeichnend Schienensammler genannt. Bei andern entwickelten sich die genannten Teile nicht in solcher Vollkommenheit zu Sammelwerkzeugen, die Außenseite der Schiene bildet kein Körbchen, sondern ist nicht ausgehöhlt und mit einzelnen Haaren bekleidet, dafür wurde die Spitze der zugehörigen Schenkel, die Hüfte, ja sogar die Seite des Hinterleibes mit längerem, zum Teil lockigem Haare ausgestattet. Es sind die Schenkelsammler auf diese Weise nicht minder befähigt, das unentbehrliche »Bienenbrot« einzuheimsen. Wie überall in ihrem Wirken und Schaffen, so ist auch hier die Natur unerschöpflich. Andern Bienen beließ sie in der Breite der Hinterschiene und Ferse ihren Bienencharakter, verlegte ihr Sammelwerkzeug aber an den Bauch. Kurze, nach hinten gerichtete Borstenhaare, die diesen dicht bedecken, sind bei den Bauchsammlern dazu bestimmt, den Blütenstaub abzubürsten und festzuhalten. Womit sammeln nun aber diejenigen Bienen, denen an den Schienen und Schenkeln, am Bauche, wie am übrigen Körper fast gänzlich die Behaarung fehlt? Sie überlassen das Sammeln denen, die dazu befähigt sind und ziehen es vor, ihre Eier in den Nestern derselben verstohlenerweise unterzubringen. Das in der großen, weiten Welt so allgemein verbreitete Schmarotzerleben greift hier in dieser besonderen Form um sich und erhält durch die natürliche Einrichtung vollkommene Berechtigung, die betreffende Art daher auch den Namen Schmarotzbiene. Die eben besprochenen, so interessanten Vorkehrungen, die der Brutpflege dienen, bleiben Eigentum der Weibchen und derjenigen Jungfrauen, die, ohne je Mutter zu werden, doch die mütterlichen Sorgen um die Nachkommen zu übernehmen haben, der sogenannten Arbeiter, die bei einigen gesellig lebenden Bienen einen dritten, so einflußreichen, gleichfalls mit einem Wehrstachel versehenen Stand bilden. Die Männchen, die nicht einsammeln, des Werkzeuges also auch nicht bedürfen, werden dadurch gleichzeitig ärmer an guten Unterscheidungsmerkmalen. Sie immer richtig zu deuten, sie als zugehörig zu einem bestimmten Weibchen zu erkennen, bietet dem Systematiker nicht nur bei den Bienen, sondern auch bei manchen andern Immen noch besondere Schwierigkeiten. Daher darf es uns auch nicht wundern, wenn nicht selten beide Geschlechter ein und derselben Art mit verschiedenen Namen belegt worden sind, wenn bei Hummeln, Andrenen und andern Gattungen, die reich an sehr ähnlichen Arten sind, eine babylonische Verwirrung in den Namen die verschiedenen Ansichten der Forscher bekundet.
Der meist sehr entwickelten Zunge der Blumenwespen, die teilweise von dem Unterkiefer am Grunde scheidenartig umschlossen und in der Ruhe nach hinten an die Kehle angelegt getragen wird, gedachten wir schon früher. In dieser Einrichtung kommt sie den eigentlichen Bienen ( Apidae) zu; bei den Afterbienen ( Andrenidae) ist die Zunge kürzer als das Kinn und in der Ruhe nicht zurückschlagbar. Diese beiden Gegensätze haben in einer vielleicht strenger wissenschaftlichen Einteilung den andern Forschern die Spaltung der Blumenwespen in zwei Familien an die Hand gegeben. Die Fühler aller sind gebrochen, bei manchen Männchen allerdings infolge des kurzen Schaftes kaum merklich, hier aus zwölf, bei den Weibchen aus dreizehn Gliedern zusammengesetzt. Die Geisel verläuft fadenförmig, bisweilen nach der Spitze hin mäßig verdickt oder breit gedrückt, dann aber immer stumpf. Ihre Glieder lassen sich zwar unterscheiden, schnüren sich aber an den Enden weder auffällig ein, noch schwellen sie an der Spitze an; bisweilen erscheinen sie an der Vorderseite etwas knotig. Wir finden mithin für eine so artenreiche Familie eine seltene Einförmigkeit im Bau eines sonst vielgestaltigen Körperteiles. Nebenaugen sind immer vorhanden, aber wegen der dichten Behaarung des Scheitels bisweilen schwer aufzufinden. Die Vorderflügel haben stets eine Randzelle ohne oder mit Anhang und zwei oder drei Unterrandzellen, der Hintere Teil der Flügelfläche bleibt verhältnismäßig breit ohne alle Adern, weil, mit wenigen Ausnahmen, hinter den letzten Quernerven die beiden Längsadern aufhören. Bei manchen, besonders den größeren Arten, ist dieser Raum durch dichte Punktierung oder zarte Längsstreifung, der ganze Flügel überdies häufig noch durch dunklere Färbung ausgezeichnet. Wo nur zwei Unterrandzellen vorkommen, münden die beiden rücklaufenden Adern in die letzte, zuweilen die erste genau auf der vorderen Grenze; wo ihrer drei vorhanden, nimmt die zweite und dritte je eine auf, mit wenigen Ausnahmen, zu denen z. B. die Honigbienen gehören. Der Hinterleib besteht beim Weibchen, fruchtbaren und verkümmerten, aus sechs, beim Männchen aus sieben Gliedern. Überall, wo es honigspendende Blumen gibt, finden sich auch Bienen ein, diese zu benaschen und für ihre Nachkommen zu verwerten, doch scheinen die Gleicherländer mit ihrem vorwiegenden Blumenreichtum nicht auch in diesem Verhältnis so reich an Bienen zu sein, wie unsere gemäßigten Himmelsstriche.
Die gemeine Honigbiene, Hausbiene ( Apis mellifica), Für dieses Tier sei vor allem auf das in der Anmerkung auf Seite 17 erwähnte Buch von K. v. Frisch: Aus dem Leben der Bienen, Berlin 1927, hingewiesen. Es ist ganz unmöglich, die zahlreichen neuen Ergebnisse und Gesichtspunkte, die v. Frisch und seine Schüler in die Bienenforschung gebracht haben, hier zu erwähnen. Hrsgbr. zeichnet sich durch den Mangel jedes Dornes an den breiten Hinterschienen vor allen europäischen Bienen aus. Die Flügel (siehe die Figuren [Hautflügler-Flügel]) haben eine vorn gerundete Randzelle, die viermal so lang wie breit ist, drei geschlossene Unterrand- und ebenso viele Mittelzellen; jene gleichen alle drei einander so ziemlich in der Größe ihrer Flächen, und die letzte, schmal rhombische nähert sich mit dem vorderen Ende weit mehr der Flügelwurzel, als mit dem hinteren, steht also sehr schief. Der Körper ist schwarz, seidenglänzend, sofern nicht die fuchsrote, in grau spielende Behaarung, die sich bis auf die Augen ausdehnt, aber mit der Zeit abreibt, den Grund deckt und rötlich färbt. Die Hinterränder der Leibesglieder und die Beine haben eine braune, bis in gelbrot übergehende Färbung, mindestens beim Weibchen, dessen edle Natur nach dem Goldglanze der Beine bemessen wird. Die Krallen der Füße sind an der Spitze zweiteilig, die Kieferntaster ein-, die Lippentaster viergliedrig, zweigestaltig.
Die Formenunterschiede zwischen Männchen oder Drohnen, Weibchen und Arbeitern sind in erster Linie Größenunterschiede. Die Drohnen sind am größten, während die Arbeiterinnen am kleinsten sind. Dem Weibchen fehlen die Sammelhaare, der Drohne das Zähnchen am Grunde der Ferse. Die Arbeiterin, schlechtweg Biene genannt, jenes weibliche Wesen, das wegen Verkümmerung der Geschlechtswerkzeuge die Art nicht fortpflanzen kann, dafür aber alle und jede Vorsorge zu treffen hat im Verein einer größern Anzahl von seinesgleichen, damit aus den vom Weibchen gelegten Eiern ein kräftiges Geschlecht erwachse, hat in der längeren Zunge, den längeren Kinnbacken, in dem Körbchen der Hinterbeine die Gerätschaften, die ihre mühevollen Arbeiten ausführen, wie im Innern ihres Leibes ein kleines chemisches Laboratorium, wo Honig, Wachs und der Speisebrei für die Brut je nach Bedürfnis hergerichtet werden.
Die Bienen leben in einem wohlgeordneten Staate, in dem die Arbeiter das Volk, ein von diesem erwähltes, fruchtbares Weibchen die allgemein gehätschelte Königin (auch Weisel genannt) und die Männchen die wohlhäbigen, vornehmen Faullenzer darstellen, die unumgänglich nötig sind, aber nur so lange geduldet werden, als man sie braucht. Diese Einrichtung ist darum so musterhaft, weil jeder Teil an seinem Platze seine Schuldigkeit im vollsten Maße tut.
Der Mensch hat von jeher den Fleiß der Biene Nach v. Frisch ist er nicht mehr über alles Lob erhaben Hrsgbr. anerkannt und sie gewürdigt, ein Sinnbild zu sein für diese hohe Tugend, er hat aber auch die Ergebnisse ihres Fleißes zu würdigen gewußt, und daher ist es gekommen, daß wir jene Bienenstaaten nicht mehr frei in der Natur antreffen (ausnahmsweise verwildert), auch nicht angeben können, wann und wo sie sich zuerst daselbst gefunden haben. Der stolze »Herr der Schöpfung« weist dem Tierchen in dem Bienenkorbe, Bienenstocke, zu verschiedenen Zeiten verschieden eingerichtet, den Platz an, wo es seine Staaten gründet, wird ihm wohl auch in mancher Hinsicht dabei förderlich, war aber nicht imstande, sein ihm angeborenes Wesen in den taufenden von Jahren, während der es ihm treu gefolgt ist, auch nur im geringsten zu verändern. Die oft sich widersprechenden Ansichten, die wir in der überaus umfangreichen Bienenliteratur aufgezeichnet finden, haben mithin nicht ihren Grund in den veränderten Sitten der Imme, sondern in dem Grade der Erkenntnis dieser. Bis auf den heutigen Tag sind wir noch nicht dahin gelangt, sagen zu können, es sei alles aufgeklärt in diesem wunderbaren Organismus, es gebe nichts mehr, was nicht volle Anerkennung finde bei den wahren » Bienenvätern«, d. h. bei denen, die Bienen erziehen, nicht bloß um Wachs und Honig zu ernten, sondern um auch im allgemeinen Interesse für das Walten in der Natur die so überaus anziehende Lebensweise der freundlichen Spender zu studieren. Wir wollen jetzt versuchen, nicht für den Bienenzüchter ( Zeidler, Imker), sondern für den wißbegierigen Naturfreund ein möglichst getreues Bild jenes wohlgeordneten und doch viel bewegten Lebens zu entwerfen.
Angenommen, es sei Johannistag und ein Nachschwarm – was damit gesagt sein soll, wird die Folge lehren – soeben vollständig eingefangen in einen leeren Kasten mit dem bekannten, kleinen Flugloche unten am Grunde einer seiner Giebelwände und mit dem Brettchen vor diesem an einem bestimmten Platze im Bienenhause aufgestellt. Noch steht er kaum fest, da erscheint eine oder die andere Biene auf dem Flugbrettchen und »präsentiert«, d. h. sie erhebt sich auf ihren Beinen so hoch, wie es nur gehen will, spreizt die vordersten, hält den Hinterleib hoch und schwirrt in eigentümlich zitternder Weise mit den Flügeln. Dies sonderbare Gebaren ist der Ausdruck ihrer Freude, ihres Wohlbehagens, und der Bienenvater weiß sicher, daß er beim Einschlagen des Schwarms die jugendliche Königin mit erfaßt hat, daß sie nicht draußen blieb, was bei ungeschickter Handhabung oder ungünstigem Sammelplatze des Schwarms wohl geschehen kann. Sollte dies Mißgeschick eingetreten sein, oder dem Volke aus irgendeinem andern Grunde die Wohnung nicht gefallen, so bleibt es keinen Augenblick im Stock. In wilder Hast stürzt alles hervor und schwärmt angstvoll umher, bis der Gegenstand gefunden, dem man die Leitung seiner künftigen Geschicke nun einmal anvertraute; läßt er sich nicht auffinden, oder gefällt im andern Falle die dargebotene Behausung nicht, so kehrt das gesamte Volk in die alte zurück. In unserm neuen Stocke ist aber alles in Ordnung und es beginnt sofort die Arbeit: der Bau der Zellen und zwar von der Decke herab. Die Bienenväter pflegen dabei zu Hilfe zu kommen und einige leere Waben, die bei der Bienenwirtschaft stets abfallen, als Aussteuer in die neue Wohnung mitzugeben. Davon sehen wir jedoch ab. Das Baumaterial haben die Tierchen bei sich, wohl wissend, daß die häuslichen Arbeiten ihnen zunächst keine Zeit zum Eintragen lassen, haben sie eine dreifache Mahlzeit eingenommen, um nicht zu hungern, und um das unentbehrliche Wachs bereiten zu können. Dieses lassen sie in kleinen Blättchen zwischen den Bauchringen hervortreten, wenn sie seiner bedürfen. In einfacher, doppelter oder vielfach verschränkter Kette, wenn der Bau erst weiter vorgeschritten, hängen sie aneinander. Das gibt ein eigentümliches Gekrabbel; denn jede muß sich wohl vorsehen, daß sie den Grund und Boden, d. h. die Nachbarinnen, nicht unter den Füßen verliert. Die Geschäfte des Handlangers und des Meisters, sie sind hier in einer und derselben Person vereinigt. Sie nehmen einander die Wachsblättchen vom Bauche weg, durchkauen und vermischen sie mit ihrem Speichel, und jede, die den Stoff auf diese Weise vorgerichtet hat, geht an die Baustelle und klebt ihn an. Zunächst entsteht eine gerade, nicht mathematisch regelmäßige Kante oder Leiste, an diese werden rechts und links mit den Seiten aneinander stoßende und mit den Böden sich berührende Zellen in wagerechter Lage aneinander gereiht, bis die senkrecht herabhängenden, rechts und links sich öffnenden Tafeln entstehen, die man Waben nennt. Jede Seite dieser stellt ein allerliebstes Netz sechsseitiger Maschen dar von einer Regelmäßigkeit, wie wir sie nur mit Zirkel und Lineal erzielen könnten. Die Zellen sind bekanntlich sechseckig, auf dem Boden napfartig vertieft, an ihrem offenen Ende, also vorn, gerade abgeschnitten, sieben Millimeter lang und fünf breit, von einer zur gegenüberliegenden Seite, nicht übereck gemessen, und jede genau so groß wie andere. Solcher Waben finden sich in derselben Richtung mit der Zeit so viele, als der Raum des Stockes erlaubt, wenn nur zwischen je zweien ein Zwischenraum von der Breite einer Zellenhöhe bleibt. Auch lassen die Bauleute stellenweise Löcher in denselben als Durchgänge. Sie wachsen so ziemlich gleichmäßig, und keine wird so groß, wie es der Raum gestattet, ehe nicht die andern angelegt und gleichzeitig mit erweitert worden. Doch greifen wir der Einrichtung nicht zu weit vor. Nach einigen Stunden schon können wir in unserm Stocke einen dreieckigen Wabenzipfel von etwa 10,5 Zentimeter im Geviert herabhängen sehen.
Aller Anfang ist schwer. Dieses Wort bewahrheitet sich auch an jedem neuen Bienenstaate. Sein Platz ist ein anderer, als der, auf dem die Bürger desselben geboren wurden. Daher ist die genaueste Bekanntschaft mit der Umgebung vor dem Ausfluge für jeden einzelnen eine unerläßliche Aufgabe. Die Biene ist, wie man weiß, ein Gewohnheitstier von so peinlicher Art, daß sie mehrere Male erst genau an derselben Stelle anfliegt, die sie als Eingang in ihren Bau kennengelernt hatte, wenn man denselben und somit das Flugloch auch nur um wenige Zoll zur Seite gerückt hat. Um also ihren Ortssinn zu schärfen, die Umgebung des kleinen Raumes, der ihr zum Aus- und Eingange neben so und so vielen ganz gleichen dient, ihrem Gedächtnisse genau einzuprägen, kommt jede, sich rechts und links umschauend, bedächtig auf das Flugbrett rückwärts herausspaziert, erhebt sich in kurzen Bogenschwingungen, läßt sich nieder, erhebt sich von neuem, um die Bogen zu vergrößern und zu Kreisen zu erweitern, immer aber rückwärts abfliegend. Jetzt erst ist sie ihrer Sache gewiß, sie wird das Flugloch bei der Rückkehr nicht verfehlen, mit einem kurzen Anlaufe erhebt sie sich in geradem und raschem Fluge und ist in die Ferne verschwunden. Diese kann sie, wenn es sein muß, bis auf zwei Stunden Weges ausdehnen. Sie sucht Blumen und harzige Stoffe auf, sind Zuckerfabriken in der Nähe, weiß sie diese sehr wohl zu finden und sehr leidenschaftlich gern zu benaschen, meist zu ihrem Verderben. Tausende finden darin ihren Tod, weil sie es zwar verstehen, hinein, aber nicht wieder herauszukommen. Schwer beladen fliegen sie gegen die Fenster, arbeiten sich daran ab, fallen ermattet zu Boden und kommen um. Viererlei wird eingetragen, Honigseim, Wasser, Blütenstaub und harzige Bestandteile. Den ersten lecken sie mit der Zunge auf, führen ihn zum Munde, verschlucken ihn und würgen ihn aus der Honigblase als wirklichen Honig wieder hervor. Das Wasser wird natürlich auf dieselbe Weise eingenommen, dient zur eigenen Ernährung, beim Bauen und zur Zubereitung des Futters für die Larven, wird aber nicht im Stocke aufgespeichert, sondern muß, je nach den Bedürfnissen, allemal erst herbeigeschafft werden. Mit den behaarten Körperteilen, dem Kopfe und Mittelleibe streift die Biene absichtslos beim Eindringen in die vielen Blumenkronen den zerstreuten Staub ab und weiß ihn geschickt mit den Beinen, die sich in quirlender Bewegung befinden, herunter zu bürsten und an die hintersten anzukleben. Mehr aber erarbeitet sie absichtlich, sich all ihrer Werkzeuge bewußt und mit dem Gebrauch derselben vollkommen vertraut. Mit den löffelähnlichen, scharfen Kinnbacken schneidet sie die kleinen Staubträger auf, wenn sie sich nicht schon selbst geöffnet hatten, faßt ihren Inhalt mit den Vorderfüßen, schiebt ihn von da auf die mittleren und von diesen auf die hintersten, die in den bereits früher besprochenen Körbchen und der darunter liegenden Ferse mit ihren Haarwimpern das wahre Sammelwerkzeug bilden. Hier wird der infolge des früher erwähnten »Haaröls« leicht haftende Staub mit den andern Beinen angeklebt und manchmal zu dicken Klumpen, den sogenannten Höschen, aufgehäuft. Von den Knospen der Pappeln, Birken und anderer Bäume, den stets Harz absondernden Nadelhölzern, löst sie die brauchbaren Stoffe mit den Zähnen los und sammelt sie gleichfalls in dem Körbchen. Daß Bienen, unsere wie die vielen wilden, bei ihrem Sammelgeschäft die Befruchtung gewisser Pflanzen einzig und allein vermitteln, ist eine bekannte Tatsache, an die beiläufig erinnert sein mag.
Gemeine Honigbiene ( Apis mellifica)
BienenbrotesStopfwachs, Vorwachspropolis