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Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783744863162
Die meisten Zwerge, über die in den Mythen und Sagen der Nordgermanen berichtet wird, sind recht individuell und tragen auch einen Namen. Bei den Südgermanen sind sie hingegen meistens namenlos, aber dafür an einen bestimmten konkreten Ort gebunden.
In einigen nordgermanischen Texten wird jedoch auch etwas generelles über die Zwerge berichtet. Diese Texte werden in dem folgenden Kapitel aufgeführt und betrachtet.
Im Altnordischen wurden die Zwerge „dvergr“ genannt.
Sie waren eng mit den Felsen assoziiert: Das Echo wurde „Zwergen-Sprache“ („dverg-mali“) genannt, d.h. es gab die Vorstellung, daß die Zwerge in den Felsen das zurückriefen, was man ihnen zurief.
Die germanische Wurzel von „dvergr“ lautet „dverga, dvergaz“ und bedeutet ebenfalls „Zwerg“.
Das germanische „dvergaz“ stammt von dem indogermanischen Substantiv „dhreughos, dhroughos“ für „Geist“ ab.
In der dem Germanischen nah verwandten keltischen Sprache findet sich dasselbe Wort, das z.B. im Altirischen „airdrech“ („Geist“) lautet.
Das indogermanische Substantiv „dhroughos“ ist eine Bildung zu dem Verb „dhreugh“ für „täuschen, trügen, betrügen“.
Diese Bedeutung findet sich auch im Sanskrit als „drogha“ für „betrügen“ und als „druhyati“ für „verletzen, gegenüber jemandem feindlich sein“, im Avestischen (Altpersisch) als „draoga“ für „lügen“ im Mittelirischen als „fraich“ für „(be)-trügen“ und im Althochdeutschen als „tiogan“ für „trügen“. Ein Geist wurde anscheinend auch schon von den Indogermanen als ein „Trugbild“ angesehen.
Da hellsichtig wahrgenommene Geister und Träume recht ähnliche Phänomene sind, hat sich aus der indogermanischen Wurzel „dhroughos“ für „Geist“ in den germanischen Sprachen auch eine Bezeichnung für „Traum“ gebildet. Sie lautet im Altnordischen „drauma“, im Englischen „Dream“ und im Deutschen „Traum“.
Das indogermanische Substantiv „dhroughos“ hat jedoch nicht nur die Bedeutung „Geist“, sondern auch die Bedeutung „Freund, Gefährte“. Diese Bedeutung hat sich vor allem bei den westlichen Indogermanen erhalten können: altenglisch „ge-dreag“ für „Truppe“, lithauisch „draugas“ für „Freund“ und altkirchenslawisch „drugu“ für „Freund, Gefährte“.
Diese Kombination von „Geist“ und „Freund“ erinnert u.a. an den „Daimon“ des Sokrates, also an die eigene Seele als Gesprächspartner eines Menschen, durch den man Rat, Hilfe und Führung erhalten kann. Diese „innere Instanz“ wird in der christlichen Kultur meistens „Schutzengel“ genannt. Dieses Wesen ist den alten Kulturen ein sehr wichtiges Element gewesen. So gibt es z.B. bei den Sumerern, die dieses Wesen „Me“ genannt haben, was in etwa „das von der Muttergöttin gesandte“ bedeutet, das Sprichwort: „Ohne das eigene Me gelingt nichts, mit dem eigenen Me gelingt alles.“ Bei den Ägyptern hieß dieses Wesen und die durch es entstehende Qualität „Ma'at“, was ebenfalls „das von der Muttergöttin stammende“ bedeutet.
Es wäre somit denkbar, daß „dhroughos“ ursprünglich die Bedeutung „der Schutzgeist, der der eigene innerer Freund ist und den man im Traum und in der Meditation sehen kann“ gehabt hat.
Letztlich ist dieser „innere Freund“ nichts anderes als die eigenen Seele. Daher besteht kein wesentlicher Unterschied zwischen der eigenen Seele, die man in sich selber finden kann und den Seelen der Verstorbenen, die man im Jenseits finden kann. Sowohl das eigene Innere als auch das Jenseits sind nichts anderes als das „Reich der Seelen“. Lediglich die Perspektive eines Lebenden auf seine eigene Seele unterscheidet sich von der Perspektive eines Lebenden auf die Seelen der Verstorbenen.
Die Bedeutung „Trugbild“ von „dhroughos“ bedeutet nicht, daß man Geistern nicht trauen kann, sondern hat sich nur aus dem Gegensatz zwischen den Träumen/Visionen und der handfesten Realität gebildet – man kann sich eines Stein leichter gewiß sein als eines inneren Bildes oder eines hellsichtig wahrgenommenen Totengeistes.
Aus diesen Betrachtungen ergibt sich folgende Entwicklung des Begriffes „Zwerg“:
Geist, Schutzgeist, Seele, Freund |
Geist | Geist |
Zwerg | ||
Freund | ||
Trugbild | (be-)trügen | |
Trugbild, Traum |
In diesem Lied wird berichtet, wie die Zwerge entstanden sind:
Da gingen die Berater zu den Richterstühlen,
Hochheilge Götter hielten Rat,
Wer schaffen sollte der Zwerge Geschlecht
Aus Brimirs Blut und Blains Gebein.
Da ward Modsognir der mächtigste
Dieser Zwerge und Durin nach ihm.
Noch manche der Zwerge machten sie
Aus Erde menschengleich, so wie Durin es sagte.
… … …
Zeit ist's, die Zwerge von Dwalins Zunft
Den Leuten zu leiten bis Lofar hinauf,
Die aus Gestein und Klüften strebten
Von Aurwangs Tiefen zum Erdenfeld.
„Brimir“ („Brandung“ = „Blut“) und „Blain“ („Blauer“ = „Toter“) sind Namen des Urriesen Ymir, aus dessen Blut und Knochen die Asen die Zwerge erschaffen haben. Da die Zwerge eigentlich die Geister der Verstorbenen sind, ist dieses Motiv vermutlich aus dem Bedürfnis entstanden, die Welt als eine Schöpfung durch die Götter zu beschreiben. In ähnlicher Weise haben die Asen auch die Menschen aus zwei Stämmen Treibholz erschaffen.
Die Zwerge sahen aus wie Menschen – schließlich waren sie die Geister der verstorbenen Menschen.
Das Erschaffen der Zwerge aus Erde ist eine Umdeutung der Bestattung der Menschen in der Erde. Da die Erde als das Fleisch des Urriesen angesehen wurde, könnte man die letzte Zeile der ersten dieser drei Strophen um ein Motiv ergänzen: „aus Brimirs Blut und Blains Gebein und Banirs Fleisch“ („Banir“ = „Toter“).
Auch das „Aufsteigen“ der Zwerge „aus Gestein und Klüften“ ist eine Umkehrung ins Gegenteil, da die Verstorbenen in den „Stein“, d.h. in die aus Felsen errichtete Grabkammer im Hügelgrab gelegt werden. Allerdings wurden die Geister der Verstorbenen, d.h. die Zwerge von ihren Nachkommen im Diesseits oft um Rat und Hilfe gebeten, wobei die Zwerge dann aus dem „Stein“ und aus der Erde heraus zu ihnen kamen.
„Aurwang“ („Licht-Gefilde“) ist ein Name für das Jenseits, in dem sich die Totengeister befanden. Vermutlich ist „Aurwang“ mit Tyrs Halle Gimli am Himmel identisch.
In dieser Zusammenfassung der germanischen Mythologie findet sich eine ganz ähnliche Darstellung der Entstehung der Zwerge.
Danach setzten sich die Götter auf ihre Hochsitze und hielten Rat und Gericht, und gedachten, wie die Zwerge belebt würden im Staub und in der Erde gleich Maden im Fleisch. Die Zwerge waren zuerst erschaffen worden und hatten Leben erhalten in Ymirs Fleisch und waren da Maden. Aber durch den Beschluß der Götter erhielten sie Bewußtsein und Menschengestalt, obwohl sie in der Erde und im Gestein lebten.
Modsognir war der erste Zwerg und der zweite war Durin, wie es in der Wöluspa heißt:
Da gingen die Berater zu den Richterstühlen,
Hochheilge Götter hielten Rat,
Wie sie der Zwerge Geschlecht erschaffen sollten
Aus des Brimirs Blut und des Blains Gliedern.
Da ward Modsognir der mächtigste
Dieser Zwerge, und Durin nach ihm.
Manche noch machten sie menschengleich
Der Zwerge in der Erde, wie es Durin sagte.
Und die Namen der Zwerge, sagt die Seherin, lauten:
Nyi, Nidi, Nordri, Sudri, Austri, Westri, Althiosr, Dwalin, Nar, Nain, Niping, Dain, Biwör, Bawör, Bömbör, Nori, Ori, Onar, Oin, Modwitnir.
Wig und Gandalf, Windalf, Thorin, Fili, Kili, Fundin, Wali, Thror, Throin, Theck, Lit und Wit, Nyr, Nyrad, Reck, Radswid.
Und diese sind auch Zwerge und wohnen im Gestein, während die vorigen in der Erde leben:
Draupnir, Dolgthwari, Hör, Hugstari, Hlediolf, Gloin, Dori, Ori, Dufr, Andwari, Hepti, Fili, Har, Siar.
Aber folgende kamen von Swarins Hügel gen Aurwang auf Jöruvöllu, und von ihnen stammt Lofars Geschlecht. Dies sind ihre Namen:
Skirfir, Wirfir, Skafid, Ai, Alf, Ingi, Eikinskialdi, Fal, Frosti, Fid, Ginnar.“
In diesem Text ist die Entstehung der Zwerge aus dem Fleisch des Urriesen deutlicher ausformuliert als in der „Vision der Seherin“.
Die Unterscheidung von Fels-Zwergen und Erd-Zwergen ist nicht sehr tiefgründig, da sie sich letztlich nur auf den Unterschied der Bestattung in der Erde oder in der Grabkammer in einem Hügelgrab bezieht.
Swarin ist der ehemalige Göttervater Tyr. Sein „Hügel“ ist sein Hügelgrab, das mit „Aurwang“ („Licht-Gefilde“) identisch ist. „Jöruwall“ bedeutet „Erdwall“ und ist eine Umschreibung für die Unterwelt.
In dieser Entstehungsmythe der Zwerge erschaffen die Asen die Zwerge nicht, sondern geben ihnen nur ihr Bewußtsein. Dies entspricht der Erschaffung der beiden ersten Menschen, die zwei zum Leben erweckte Baumstämme sind.
An einer späteren Stelle in diesem Lied wird von „Zwergen vor steinernen Türen“ gesprochen. Mit diesen Steintoren werden die Steinplatten gemeint sein, mit denen man den Eingang zu den Hügelgräbern nach der Bestattung verschloß.
Was ist mit den Asen? Was ist mit den Alfen?
All Jötunheim ächzt, die Asen versammeln sich.
Die Zwerge stöhnen vor steinernen Türen,
Der Bergwege Weiser: wißt ihr, was das bedeutet?
Die „Weiser der Bergwege“ sind die Zwerge, weil „Berg“ eine Umschreibung für Hügelgrab ist – die Zwerge als Totengeister kannten natürlich den Weg in das Hügelgrab und somit auch den Jenseitsweg.
In diesem Lied wird ein Sonnenaufgang aus mythologischer Sicht beschrieben:
Da trieb aus dem Tore wieder der Tag
Sein schön mit Gestein geschmücktes Roß;
Weit über Mannheim glänzte die Mähne:
Des Zwergs Überlisterin zog es im Wagen.
Am nördlichen Rand der nährenden Erde
Unter des Urbaums äußerster Wurzel
Gingen zur Ruhe Gygien und Thursen,
Gespenster, Zwerge und Schwarzalfen.
Auf standen die Herrscher und die Alfenbestrahlerin;
Die Nacht sank nördlich gen Nifelheim.
Ulfrunas Sohn stieg Argiöl hinan,
Der Hornbläser, zu den Himmelsbergen.
Die „Überlisterin des Zwerges“ ist die Sonne. Dies ist eine Anspielung auf das Alwis-Lied und auf die nur in Hinweisen überlieferte Dwalin-Mythe, in denen diese beiden Zwerge zu Stein wurden, weil ein Sonnenstrahl auf sie fiel. Dieses Motiv beruht darauf, daß die Zwerge als Jenseitswesen zur Nacht und zum Winter gehören. Diese Assoziationen zwischen Nacht, Schlaf und Tod findet sich bei fast allen Völkern.
Die Gygien („Riesinnen“), Thursen („Riesen“), Gespenster („Totengeister“), Zwerge („Totengeister“) und Schwarzalfen („Totengeister“) müssen bei Tagesanbruch in die Unterwelt zurückkehren, da sie zu dem Reich der Dunkelheit gehören.
Das der ersten Strophe zugrundeliegende Bild ist die Fahrt der Sonne in ihrem von zwei Pferden gezogenen Wagen über den Himmel.
In dem ehemaligen, von dem Sonnengott-Göttervater Tyr geprägten Weltbild ist der Ort des Überganges zwischen den beiden Welten der Horizont, an dem die Sonne auf- und untergeht. In dem neueren, von dem Schamanengott Odin geprägten Weltbild ist jedoch der Weltenbaum der Ort, an dem sich Diesseits und Jenseits treffen. Daher kehren die Totengeister dort durch das Tor der Hel in die Unterwelt zurück – „unter des Urbaums äußerster Wurzel“.
Die „Alfenbestrahlerin“ ist die Sonne, die in dem Alfheim-Jenseits am südlichen Himmel die dort lebenden Totengeister bescheint.
Die Nacht schwindet eigentlich nach Westen hin, da die Sonne im Osten aufgeht. Da der Weltenbaum jedoch im Norden steht, versinkt dort aus mythologischer Sicht auch die Nacht – sie sinkt zusammen mit den Totengeistern ins Jenseits hinab.
„Ulfrunas Sohn“ ist der Gott Heimdall, der die Regenbogenbrücke hinaufsteigt, die hier „Argiöl“ genannt wird, was „Adler-Schreie“ bedeutet und wohl eine Anspielung auf den am Morgen wiedergeborenen Sonnengott-Göttervater Tyr und dessen Adler-Seelenvogel ist.
Thor:
„Aus einer Brust alter Kunden
Vernahm ich nie so viel.
Mit schlauen Lüsten, verlorst Du die Wette,
Der Tag verzaubert Dich, Zwerg:
Die Sonne scheint in den Saal.“
Da der Tod und das Jenseits mit der Nacht assoziiert wurden, wurden auch die Totengeister einschließlich der Zwerge mit der Nacht assoziiert, wodurch durch die Umkehrung des Zusammenhanges das Motiv entstehen konnte, daß die Totengeister und die anderen Zwerge im Sonnenlicht zu Stein wurden.
Am Tor tönte / Trauerklage
zur freudlosen Zeit / der Zwergennot.
Des Morgens früh / mehrt die Sorgen
aller Kummer / um Erdenleid.
Zwergennot = der Morgen (die Sonne versteinert die Zwerge)
Zwerge leben als Totengeister fast immer in Hügelgräbern.
Thjodolfr von Hvini berichtet darüber:
„Aber der Tag-scheue
Diurnir unten
in dem mächtigen Saal
lockte Sveigdi
in den Stein
und führt ihn hinein.
Der arme König
folgte dem Zwerg
in den leuchtende Saal
jenes Mimirs in der Tiefe,
in dessen Riesenwohnstatt,
– dorthin ging er mit.“
In dieser halb historischen, halb mythologischen Geschichte Skandinaviens werden die Zwerge als Bewohner der Erde angesehen, denen man wie den Menschen in den Dörfern oder den Hirschen im Wald begegnen kann.
„Blaumenschen“ sind Totengeister.
In Schweden gibt es viele große Reiche und viele Menschengeschlechter und viele Arten von Sprachen. Dort gibt es Riesen und dort gibt es Zwerge und dort sind ebenfalls Blaumenschen und dort gibt es auch noch seltsamere Wesen.
In diesen Strophen werden die Zwerge ausdrücklich „tot“ genannt – sie sind die Totengeister.
Das, was Asmund und die Königin tragen, waren zwei Schwerter, die von Zwergen geschmiedet worden waren.
Asmund sprach diese Verse:
„Man kann kaum wissen,
was geschehen wird,
wenn man zu einem Zweikampf
fortgeht.
Du, Königin,
trugst eines in Dänemark,
und ich selber
eines in Schweden:
Es waren zwei,
die zu töten begierig waren;
von den Geschenken des Budli
ist nun eines zerbrochen;
sie wurden von toten Zwergen
geschmiedet,
so wie keine anderen
zuvor oder in Zukunft.“
In den Kenningarn werden die Zwerge als Hügelgrab-Geister geschildert:
Hügelgrab | Zwergenhaus | Jatgeirr Torfa-Sohn | Lausavisur | |
Hügelgrab | Zwerg-Berg | Zwerge = Totengeister | anonym | Goldemar |
Totengeist, Zwerg | Hügelgrab-Bewohner | anonym | schwedischer Runenstein | |
Hügelgrab | Steintüre der Zwerge | Zwerge = Totengeister | anonym | Der Seherin Ausspruch |
tot sein | bei der Dise im Zwergenhaus liegen | Diese = (Jenseits-)Göttin | Jatgeirr Torfa-Sohn | Lausavisur |
Zwerge | Tageslicht-scheue Wächter der Halle der Ahnen des Durnir | Durnir =Zwerg; Zwerge wurden im Tageslicht zu Stein; Ahnen-Halle = Hügelgrab | Thjodolfr von Hvini | Ynglingatal |
Zwerge | Führer auf den Bergwegen | Berg = Hügelgrab | anonym | Vision der Seherin |
Riesen | Heer der Hügelgräber | Riesen sind wie die Zwerge Jenseits-Wesen, d.h. Totengeister | Sigvatr Thordarson | Austrfararvisur |
Die Zwerge sind auch die Besitzer des Mets, der bei Bestattungen und anderen Ritualen getrunken wurde:
Da der Skalden-Met denen, die ihn tranken, die Dichtkunst verlieh, gibt es auch eine Verbindung zwischen den Zwergen und der Dichtung:
Die Zwerge versteinern im Sonnenlicht, d.h. sie müssen tagsüber in den Stein (Grabkammer des Hügelgrabes) zurückkehren:
Morgenanbruch | Zwergennot | morgens versteinert die Sonne die Zwerge | anonym | Gudrun-Lied |
Sonne | Dwalins Spiel-Gefährte | der Zwerg Dwalin wurde bei Sonnenaufgang zu Stein | Snorri Sturluson | Skaldskaparmal |
Thulur | ||||
anonym | Odins Rabenzauber | |||
Sonne | Überlisterin des Zwerges | morgens versteinert die Sonne die Zwerge | anonym | Alwis-Lied |
Riesen | Hasser des Schildes des ewig brennenden Feuers | ewiges Feuer = Sonne; Schild der Sonne = Sonnenscheibe; Sonnen-Hasser = Riesen und Zwerge versteinerten, wenn die Sonne auf sie schien | Eilifir Godrunason | Thorsdrapa |
Schließlich gibt es noch einige Kenningar, die sich darauf beziehen, daß die Himmelskuppel von vier Zwergen getragen wird:
Himmel | Helm des Westri | Westri, Austri, Sudri, Nordri = Himmelsträger-Zwerge (Helm = Ymirs Schädel = Himmel) | Snorri Sturluson | Skaldskaparmal |
Himmel | Helm des Austri | Snorri Sturluson | Skaldskaparmal | |
Himmel | Helm des Sudri | Snorri Sturluson | Skaldskaparmal | |
Himmel | Helm des Nordri | Snorri Sturluson | Skaldskaparmal | |
Himmel | Last der Zwerge | Snorri Sturluson | Skaldskaparmal | |
Himmel | Aufgabe der Zwerge | Snorri Sturluson | Skaldskaparmal | |
Himmel | Arbeit der Zwerge | Snorri Sturluson | Skaldskaparmal | |
Himmel | Last der Sippe des Nordri | Hallfredr Ärger-Skalde Ottarsson | Erfidrapa Olafs Trygvasonar | |
Himmel | Arbeit des Austri | Arnorr Jarl-Skalde Thordarson | Thorfinnsdrapa |
Zwerge und Riesen sind beides Totengeister im Jenseits:
„Mit Freude erzähle ich die Neuigkeiten
über den Streit zwischen dem Zwerg und dem Riesen.“
Die Zwerge waren gute Schmiede:
Doch Högni antwortete: „Das hast Du zu spät angeboten, wenn Du Frieden schließen willst, denn ich habe schon Dainsleif gezogen, das die Zwerge geschmiedet haben und daß der Tod eines Mannes werden muß, sobald es entblößt worden ist.“
„Ich sage Dir, daß dieses Schwert alles beißen wird, worauf es trifft, ob es nun Eisen oder irgendetwas anderes ist, und seine Schneide kann nicht durch Zaubersprüche getötet werden, denn es ist von Zwergen geschmiedet worden und sein Name ist 'Graustahl'.“
Als der Königssohn Hildibrandr bei der Hleidr zehn Jahre alt geworden war, hielt deren Vater, der Riese Svadi, ein großes Gastmahl, an dessen Schluß er jenem (dem Hildibrandr) ein von Zwergen geschmiedetes und von Odinn mit besonderen Kräften begabtes Schwert, dem Kollr aber einen mächtigen Spieß schenkte.
Skjalgr war hocherfreut über den Ring. Er sagte über ihn, daß ihn Nimrod von vier Zwergen habe schmieden lassen, daß ihn ferner Huld Trollkönigin die Große dem Odinn geschenkt habe, als er bei ihr lag und daß ihn dann Freyja aus Ärger hierüber durch Loki habe stehlen lassen; von ihr habe ihn dann ihre Pflegeschwester Skrama, also seine Mutter, erhalten. Den Ring sollten nun mit Odins Zustimmung 100 Jahre lang Weiber aufbewahren, nach Ablauf dieser Zeit aber solle derjenige der König aller Unholde in Jötunheim werden, der ihn am Troll-Thing vorzeigen könne.
„Budlis Geschenk“ ist das magische Schwert, das die beiden Zwerge Olius und Alius für König Budli geschmiedet haben.
Die Zwerge sind „tot“, da sie Totengeister sind.
Es waren zwei,
die zu töten begierig waren;
von den Geschenken des Budli
ist nun eines zerbrochen;
sie wurden von toten Zwergen
geschmiedet,
so wie keine anderen
zuvor oder in Zukunft.
Das Motiv der Zwergen-Schmiede ist nach und nach ausgeweitet worden, sodaß sie schließlich allgemein als gute und zauberkundige Handwerker angesehen worden sind:
Da schickte Allvater den Jüngling Skirnir, der Freys Diener war, zu einigen Zwergen in Schwarzalfenheim, und ließ das Band Gleipnir verfertigen. Dieses war aus sechserlei Dingen gemacht: aus dem Schall des Katzentritts, dem Bart der Weiber, den Wurzeln der Berge, den Sehnen der Bären, der Stimme der Fische und dem Speichel der Vögel.
Freyja:
„Du faselst, Hyndla, träumt Dir vielleicht?
Daß Du sagst, mein Geselle sei mein Mann.
Meinem Eber glühn die goldnen Borsten,
Dem Hildiswin, den herrlich schufen
Die beiden Zwerge Dain und Nabbi.“
Hyndla = Hel
Hildiswin = „Kampfschwein“ = Freyas Eber
Iwalts Söhne gingen in Urtagen
um Skidbladnir zu schaffen,
Das beste der Schiffe, für den schimmernden Freyr,
Niörds nützen Sohn,
Iwalt = Tyr; seine Söhne = „Alcis“ = zwei Schimmel, zwei Zwerge Skidbladnir = Jenseitsreise-Schiff, magisches Schiff
Die Zwerge sind auch runenkundig:
Odin:
„Hauptlieder neun lernt ich von dem weisen Sohn
Bölthorns, des Vaters Bestlas,
Und trank einen Trunk des teuern Mets
Aus Odhrörir geschöpft.
Zu gedeihen begann ich und begann zu denken,
Wuchs und fühlte mich wohl.
Wort aus dem Wort verlieh mir das Wort,
Werk aus dem Werk verlieh mir das Werk.
Runen wirst Du finden und Ratstäbe,
Sehr starke Stäbe, sehr mächtige Stäbe.
Erzredner ersann sie, Götter schufen sie,
Sie ritzte der hehrste der Herrscher.
Odin den Riesen, den Alfen Dain,
Dwalin den Zwergen,
Alswid aber den Riesen;
einige schnitt ich selbst.“
Hier ist Dwalin der Runnen-kundige Zwerg. Dain ist ein weiterer Zwerg, der hier zu den Schwarzalfen, d.h. zu den Ahnen in der Erde („Zwerge“) gehört.
Budli:
„Hör’ das, liebe Tochter mein, schaffe nun dazu Rat,
Wie sollen wir den gewaltigen Mann gewinnen aus seinem Land.“
Brünhild:
„Du sollst den Saal mir lassen bereiten in öden Marken:
Mit so geringer Bedienung will ich darin verweilen.
Du sollst mir den Goldstuhl setzen in öder Mark zu stehn,
Wie ihn die zwei Zwerge aufs Beste mit Runen zu schlagen verstehn.
Wie ihn die zwei Zwerge aufs Beste mit Runen zu schlagen verstehn:
Beides mit Rauch und Waberlohe, die um den Saal dort brennt.
Dieselbe Waberlohe, die wird mich also schützen,
Nur Sjurdur der Berühmte, der wagt dagegen zu kämpfen.“
Er ließ den Saal ihr bereiten also in öden Marken:
Mit so geringer Bedienung fuhr sie darin zu verweilen.
Er ließ in öden Marken ihr schlagen den Saal:
Beides mit Rauch und Waberlohe, die um den Saal dort brennt.
Und so große Waberlohe ließ er sein darum,
Wie die zwei Zwerge konnten aufs Beste mit Runen vollbringen.
Und so große Waberlohe ließ er darum schlagen,
Daß die Zwerge nicht vermochten ihm mit Trug zu nahen.
Ribe liegt im Südosten Dänemarks und ist die älteste Stadt dieses Landes und war lange Zeit der wichtigste dänische Nordseehafen. Dort wurde ein Schädel gefunden, auf den um ca. 800 n.Chr. eine Inschrift eingeritzt worden ist.
Diese Runen-Inschrift lautet:
ulfur auk uthin auk hutiur
hialb buris uithr
thaima uiarki auk tuir kuniu
buur
Diese Inschrift kann man mit einiger Sicherheit wie folgt übersetzen:
Wolf(-gott) und Odin und Hutiur
möge dem Buris helfen gegen
diesen Schmerz und Zwergen-Schlag
Buur
Da „möge“ im Singular und nicht im Plural („mögen“) steht, sind die drei Götter offensichtlich als eine dreiteilige Einheit aufgefaßt worden, die man stets als Gesamtheit anrief.
Mit „Zwergenschlag“ ist wahrscheinlich ein Hexenschuß gemeint.
„Buur“ ist die Unterschrift des Runenmeisters.
Die beiden Götter „Ulfur“ und „Huitur“ sind unbekannt, doch könnte mit „Ulfur“, also „Wolfsgott“ Tyr gemeint sein, da dieser Gott sowohl mit dem Fenris-Wolf verbunden ist als auch der Vater der beiden Alcis-Zwillinge war, die als Krieger des öfteren auch die Gestalt von zwei Wölfen annehmen konnten.
Hutiur könnte evtl. der Gott Hödur sein – aber das ist sehr ungewiß.
Gegen einen Zwerg (Zwergenschlag = Hexenschuß) soll man sieben kleine Oblaten nehmen so wie die, die in der Kommunion benutzt werden, und die folgenden Namen auf sie schreiben: Maximianus, Malchus, Iohannes, Martimianus, Dionisius, Constantinus, Serafion.
In dieser Kirchengeschichte wird über ein Erlebnis des normannischen Priesters Gauchelin aus dem Jahr 1091 n.Chr. berichtet, in dem zwergenhafte Wesen auftreten:
In der Stadt Saint Aubin de Bonneval war ein Priester Gauchelin.
Am 1. Januar 1091 nach der Geburt des Herrn holte man in der Nacht den Priester Gauchelin an ein Krankenbett, wie es üblich ist. Gauchelin kam …
Als er auf dem Heimweg war und ganz allein und fern von jeder menschlichen Behausung dahinschritt, vernahm er plötzlich ein gewaltiges Getöse wie von einem sehr großen Heer. Es war acht Tage nach Neumond, die Mondsichel strahlte hell im Zeichen des Steinbocks und zeigte dem Wanderer den Weg.
Da holte ihn ein riesenhaft-großer Mann ein, der eine gewaltige Keule trug. Er erhob den Handgriff der Keule über das Haupt des Priesters und sprach: „Halt! Gehe nicht weiter!“
Der Priester wurde starr vor Schreck und blieb, auf den Stock, den er trug, gestützt, unbeweglich stehen.
Der gewaltige Keulenträger aber blieb an seiner Seite und erwartete, ohne ihm ein Leids zu tun, das Vorüberziehen des Heeres.
Siehe, da zog ein gewaltiger Haufe von Kriegern zu Fuß vorbei. Die Leute trugen auf Genick und Rücken Kleinvieh und Kleider, vielartiges Hausgerät und verschiedene Gebrauchsgegenstände, wie sie Räuber fortzutragen pflegen. Alle aber klagten laut und ermahnten sich gegenseitig zur Eile.
Dann folgte eine Schar bewaffneter Träger, denen sich der erwähnte Riese plötzlich anschloß.
Sie trugen etwa fünfzig Särge, und zwar wurde jeder Sarg von zwei Trägern getragen. Ferner saßen auf den Särgen Menschen so klein wie Zwerge, aber mit großen Köpfen; auch hielten sie große Körbe.
Vermutlich ist dies die älteste Textstelle, an der Zwerge als „klein“ bezeichnet werden. Leider ist nicht sicher, ob dieses „klein“ aus den Vorstellungen über die germanischen Ahnengeister („Zwerge“) oder aus den Vorstellungen über die keltischen Ahnengeister („Kleines Volk“) stammt.
Die Formulierung „so klein wie Zwerge“ läßt jedoch vermuten, daß man schon damals Zwerge, also „germanische Totengeister“ als klein angesehen hat.
Sogar ein mächtiger Marterpfahl wurde von zwei Männern einhergeschleppt. Auf dem Marterpfahl war ein bejammernswerter Mensch straff angebunden, und inmitten harter Qualen heulte und schrie er laut. Ein ekelhafter Teufel nämlich, der auf demselben Marterpfahl saß, stach den Blutüberströmten in grausamer Weise mit feurigen Sporen in die Lenden und in den Rücken.
In dem Gemarterten erkannte Gauchelin deutlich den Mörder des Priesters Etienne.
Nunmehr folgte eine Masse Frauen, deren Zahl dem Priester unendlich schien. Sie ritten nach Frauenart und saßen auf Frauensätteln, in die glühende Nägel eingelassen waren. Oft schleuderte der Sturm die Frauen etwa um eine Elle in die Höhe und ließ sie dann auf die Spitzen der glühenden Nägel herunterfallen.
So müssen sie natürlich für die Unkeuschheiten und gemeinen Genüsse, denen sie während ihres Lebens maßlos fröhnten, jetzt Feuer und Ekelhaftigkeiten und noch mehr Qualen, als sich aufzählen lassen, elend erdulden und laut und jämmerlich heulend ihre eigenen Strafen verkünden. In dieser Schar erkannte der Priester gewisse Edelfrauen und erblickte Frauensänften tragende Pferde und Maultiere von vielen Frauen, die damals sogar noch unter den Lebenden weilten.
Gleich darauf bemerkte er einen langen Zug von Klerikern und Mönchen und von ihren Richtern und Leitern: Bischöfen und Äbten, alle in geändertem Priesterornat. Die Kleriker und die Bischöfe waren mit schwarzen Kapuzenmänteln bekleidet. Auch die Mönche und Äbte waren ebenfalls in schwarzen Kutten.
Sie seufzten und klagten und einige riefen Gauchelin an und baten ihn bei ihrer einstigen Freundschaft, für sie zu beten.
Von den schrecklichen Visionen erschüttert, stand der Priester zitternd auf den Stab gebeugt, noch Grausigeres erwartend. Siehe, da kam eine Masse Krieger heran. menschliche Farbe, aber in schwarzem Dust und sprühendem Feuer erschienen sie. Alle saßen auf Riesenpferden, und mit allen Waffen bewehrt, stürmten sie dahin wie zur Schlacht und schwenkten rabenschwarze Banner.
Einer von ihnen, Landric von Orbec, der in jenem Jahr gestorben war, wandte sich an den Priester, schärfte ihm in grausigen Rufen Botschaften ein und bat ihn hoch und teuer, diese Aufträge seiner Frau zu bestellen. Die vorausziehenden und die folgenden Scharen aber fielen Landric ins Wort, hinderten ihn am Weitersprechen und riefen dem Priester zu: „Glaube Landric nicht, denn er ist ein Lügner.“
Dieser Landric war Vizegraf zu Orbec und Richter gewesen. In der Verwaltung und in seinen Verfügungen aber urteilte er nach Gutdünken, beugte das Recht für Geld und diente mehr der Begehrlichkeit und Falschheit als der Rechtlichkeit.
Als die ungeheure Masse der Krieger vorüber war, dachte Gauchelin: „Das sind zweifellos die Leute des Herlekin. Ich habe zwar gehört, daß man sie vor Zeiten oft gesehen habe; ich traute jedoch diesen Berichten nicht und lachte darüber, weil ich niemals sichere Anzeichen der Anwesenheit solcher Herlekinleute gesehen habe. Jetzt aber sehe ich wahrhaftig die Seelen der Verstorbenen vor mir. Aber wenn ich das Geschehene erzähle, wird mir niemand glauben, falls ich den Menschen nicht eine sichtbare Probe aus der Spukerscheinung vorführen kann.“
Da Gauchelin diesen Zug von Menschen für Verstorbene hält, sollten eigentlich auch die Zwerge auf den Särgen Verstorbene sein – was jedoch nicht ganz sicher ist, da sie evtl. auch eine andere Art von Wesen sein könnten.
Sofort packte er die Zügel eines glänzenden Rappen. Der aber entriß sich mit Gewalt dem Griff der Hand und verschwand im Galopp. In der Schar der Äthiopier trabte ein gesatteltes und gezäumtes Pferd an. Er eilte zu und streckte die Hand nach ihm aus.
Dieses Pferd blieb stehen, um den Priester aufsteigen zu lassen. Beim Atmen stieß es aus den Nüstern Nebelmassen, so lang wie die längste Eiche. Nun setzte der Priester den linken Fuß in den Steigbügel, packte die Zügel mit einer Hand und legte die Hand auf den Sattel. Plötzlich fühlte er unter dem Fuß eine Hitze wie von glühendem Feuer, und durch die Hand, die die Zügel hielt, hindurch drang ihm eine unglaubliche Kälte nach dem Herzen zu.
Indem kommen vier gespenstige Reiter daher und brüllen: „Was überfüllst Du unsere Pferde? Du hast mit zu kommen! Keiner von uns hat Dich angerührt, und Du hast uns bestehlen wollen.“
Der Priester ließ vor Schrecken das Pferd los. Drei von den Reitern wollten ihn packen. Da sprach der vierte zu ihnen: „Laßt ab von ihm und erlaubt ihm, mit mir zu sprechen.“
Dann sprach er zu dem Priester, dem der Schreck in allen Gliedern saß: „Bitte, hör' mich an und bestelle meiner Frau, was ich Dir auftrage.“
Priester antwortete: „Ich weiß nicht, wer Du bist, und Deine Frau kenne ich nicht.“