Das Nibelungenlied


Vollständige Ausgabe der Nibelungensage



Aus dem Mittelhochdeutschen übertragen von Karl Simrock

Erstes Abenteuer – Wie Kriemhild träumte

Viel Wunderdinge melden · die Mären alter Zeit
Von preiswerten Helden · von großer Kühnheit,
Von Freud' und Festlichkeiten · von Weinen und von Klagen,
Von kühner Recken Streiten · mögt ihr nun Wunder hören sagen.

Es wuchs in Burgunden · solch edel Mägdelein,
Daß in allen Landen · nichts Schönres mochte sein.
Kriemhild war sie geheißen · und ward ein schönes Weib,
Um die viel Degen mußten · verlieren Leben und Leib.

Die Minnigliche lieben · brachte keinem Scham;
Um die viel Recken warben · niemand war ihr gram.
Schön war ohne Maßen · die edle Maid zu schaun;
Der Jungfrau höf'sche Sitte · wär' eine Zier allen Fraun.

Es pflegten sie drei Könige · edel und reich,
Gunther und Gernot · die Recken ohne Gleich,
Und Geiselher der junge · ein auserwählter Degen;
Sie war ihre Schwester · die Fürsten hatten sie zu pflegen.

Die Herren waren milde · dazu von hohem Stamm,
Unmaßen kühn von Kräften · die Recken lobesam.
Nach den Burgunden · war ihr Land genannt;
Sie schufen starke Wunder · noch seitdem in Etzels Land.

Zu Worms am Rheine wohnten · die Herrn in ihrer Kraft.
Von ihren Landen diente · viel stolze Ritterschaft
Mit rühmlichen Ehren · all ihres Lebens Zeit,
Bis jämmerlich sie starben · durch zweier edeln Frauen Streit.

Ute hieß ihre Mutter · die reiche Königin,
Und Dankrat ihr Vater · der ihnen zum Gewinn
Das Erbe ließ im Tode · vordem ein starker Mann,
Der auch in seiner Jugend · großer Ehren viel gewann.

Die drei Kön'ge waren · wie ich kund getan,
Stark und hohen Mutes · ihnen waren untertan
Auch die besten Recken · davon man hat gesagt,
Von großer Kraft und Kühnheit · in allen Streiten unverzagt.

Das war von Tronje Hagen · und der Bruder sein,
Dankwart der schnelle · von Metz Herr Ortewein,
Die beiden Markgrafen · Gere und Eckewart,
Volker von Alzei · an allen Kräften wohlbewahrt,

Rumold der Küchenmeister · ein auserwählter Degen,
Sindold und Hunold · die Herren mußten pflegen
Des Hofes und der Ehren · den Kön'gen untertan.
Noch hatten sie viel Recken · die ich nicht alle nennen kann.

Dankwart war Marschall · so war der Neffe sein
Truchseß des Königs · von Metz Herr Ortewein.
Sindold war Schenke · ein waidlicher Degen,
Und Kämmerer Hunold · sie konnten hoher Ehren pflegen.

Von des Hofes Ehre · von ihrer weiten Kraft,
Von ihrer hohen Würdigkeit · und von der Ritterschaft,
Wie sie die Herren übten · mit Freuden all ihr Leben,
Davon weiß wahrlich niemand · euch volle Kunde zu geben.

Es träumte Kriemhilden · der ehrenreichen Maid,
Einen wilden Falken · zöge sie lange Zeit;
Den griffen ihr zwei Aare · daß sie es mochte sehn:
Ihr konnt' auf dieser Erde · größer Leid nicht geschehn.

Sie sagt' ihrer Mutter · den Traum, Frau Uten;
Die wüßt' ihn nicht zu deuten · als so der guten:
„Der Falke, den du ziehest · das ist ein edler Mann:
Ihn wolle Gott behüten · sonst ist es bald um ihn getan.“

„Was sagt ihr mir vom Manne · vielliebe Mutter mein?
Ohne Reckenminne · will ich immer sein;
So schön will ich verbleiben · bis an meinen Tod,
Daß ich von Mannesminne · nie gewinnen möge Not.“

„Verred' es nicht so völlig“ · die Mutter sprach da so,
„Sollst du je auf Erden · von Herzen werden froh,
Das geschieht von Mannesminne · du wirst ein schönes Weib,
Will Gott dir noch vergönnen · eines guten Ritters Leib.“

„Die Rede laßt bleiben“ · sprach sie, „Herrin mein.
Es hat an manchen Weiben · gelehrt der Augenschein,
Wie Liebe mit Leide · am Ende gerne lohnt;
Ich will sie meiden beide · so bleib' ich sicher verschont!“

Kriemhild in ihrem Mute · hielt sich von Minne frei.
So lief noch der guten · manch lieber Tag vorbei,
Daß sie niemand wußte · der ihr gefiel zum Mann,
Bis sie doch mit Ehren · einen kühnen Recken gewann.

Das war derselbe Falke · den jener Traum ihr bot,
Den ihr beschied die Mutter · Ob seinem frühen Tod
Den nächsten Anverwandten · wie gab sie blut'gen Lohn!
Durch dieses Einen Sterben · starb noch mancher Mutter Sohn.


Zweites Abenteuer – Von Siegfried

Da wuchs im Niederlande · eines edeln Königs Kind,
Siegmund hieß sein Vater · die Mutter Siegelind,
In einer mächt'gen Veste · weithin wohlbekannt,
Unten am Rheine · Xanten war sie genannt.

Ich sag' euch von dem Degen · wie so schön er ward.
Er war vor allen Schanden · immer wohl bewahrt.
Stark und hohes Namens · ward bald der kühne Mann:
Hei! was er großer Ehren · auf dieser Erde gewann!

Siegfried ward geheißen · der edle Degen gut.
Er erprobte viel der Reiche · in hochbeherztem Mut.
Seine Stärke führt' ihn · in manches fremde Land:
Hei! was er schneller Degen · bei den Burgunden fand!

In seinen besten Zeiten · bei seinen jungen Tagen
Mochte man viel Wunder · von Siegfrieden sagen,
Wie Ehr' an ihm erblühte · und wie schön er war zu schaun:
Bald dachten sein in Minne · viel der waidlichen Fraun.

Man erzog ihn mit dem Fleiße · wie ihm geziemend war;
Was ihm Zucht und Sitte · der eigne Sinn gebar!
Das ward noch eine Zierde · für seines Vaters Land,
Daß man zu allen Dingen · ihn so recht herrlich fand.

Er war nun so erwachsen · mit an den Hof zu gehn.
Die Leute sahn ihn gerne · viel Fraun und Mädchen schön
Wünschten wohl, er käme · dahin doch immerdar;
Hold waren ihm gar viele · des ward der Degen wohl gewahr.

Selten ohne Hüter · man reiten ließ das Kind.
Mit Kleidern hieß ihn zieren · seine Mutter Siegelind;
Auch pflegten sein die Weisen · denen Ehre war bekannt:
Drum mocht' er wohl gewinnen · so die Leute wie das Land.

Nun war er in der Stärke · daß er wohl Waffen trug:
Wes er dazu bedurfte · des gab man ihm genug.
Schon sann er zu werben · um manches schöne Kind;
Die hätten wohl mit Ehren · den kühnen Siegfried geminnt.

Da ließ sein Vater Siegmund · kund tun seinem Lehn,
Mit lieben Freunden woll' er · ein Hofgelag' begehn.
Da brachte man die Märe · in andrer Kön'ge Land.
Den Heimischen und Gästen · gab er Ross' und Gewand.

Wen man finden mochte · aus der Verwandten Art,
Der Ritter werden sollte · die edeln Knappen zart
Lud man nach dem Lande · zu der Lustbarkeit,
Wo sie das Schwert empfingen · mit Siegfried zu gleicher Zeit.

Man mochte Wunder sagen · von dem Hofgelag.
Siegmund und Siegelind · gewannen an dem Tag
Viel Ehre durch die Gaben · die spendet' ihre Hand:
Drum sah man viel der Fremden · zu ihnen reiten in das Land.

Vierhundert Schwertdegen · sollten gekleidet sein
Mit Siegfried zusammen · Manch schönes Mägdelein
Sah man am Werk geschäftig · ihm waren alle hold.
Viel edle Steine legten · die Frauen da in das Gold,

Die sie mit Borten wollten · auf die Kleider nähn
Den jungen stolzen Recken · das mußte so ergehn.
Der Wirt ließ Sitze bauen · für manchen kühnen Mann
Zu der Sonnenwende · wo Siegfried Ritters Stand gewann.

Da ging zu einem Münster · mancher reiche Knecht
Und viel der edeln Ritter · Die Alten taten recht,
Daß sie den Jungen dienten · wie ihnen war geschehn.
Sie hatten Kurzweile · und freuten sich es zu sehn.

Als man da Gott zu Ehren · eine Messe sang,
Da hub sich von den Leuten · ein gewaltiger Drang,
Da sie zu Rittern wurden · dem Ritterbrauch gemäß
Mit also hohen Ehren · so leicht nicht wieder geschäh's.

Sie eilten, wo sie fanden · geschirrter Rosse viel.
Da ward in Siegmunds Hofe · so laut das Ritterspiel,
Daß man ertosen hörte · Pallas und Saal.
Die hochbeherzten Degen · begannen fröhlichen Schall.

Von Alten und von Jungen · mancher Stoß erklang,
Daß der Schäfte Brechen · in die Lüfte drang.
Die Splitter sah man fliegen · bis zum Saal hinan.
Von mancher Recken Händen · ward dies voll Eifers getan.

Der Wirt bat es zu lassen · Man zog die Rosse fort;
Wohl sah man auch zerbrochen · viel starke Schilde dort,
Viel der edeln Steine · auf das Gras gefällt
Von des lichten Schildes Spangen · die hatten Stöße zerschellt.

Da setzen sich die Gäste · wohin man ihnen riet,
Zu Tisch, wo von Ermüdung · viel edle Kost sie schied
Und Wein der allerbeste · des man die Fülle trug.
Den Heimischen und Fremden · bot man Ehren da genug.

So viel sie Kurzweile · gefunden all den Tag,
Das fahrende Gesinde · doch keiner Ruhe pflag:
Sie dienten um die Gabe · die man da reichlich fand;
Ihr Lob ward zur Zierde · König Siegmunds ganzem Land.

Da ließ der Fürst verleihen · Siegfried, den jungen Mann,
Das Land und die Burgen · wie sonst er selbst getan.
Seinen Schwertgenossen · gab er mit milder Hand:
So freute sie die Reise · die sie geführt in das Land.

Das Hofgelage währte · bis an den siebten Tag.
Sieglind die reiche · der alten Sitte pflag,
Daß sie dem Sohn zu Liebe · verteilte rotes Gold:
Sie konnt' es wohl verdienen · daß ihm die Leute waren hold.

Da war zuletzt kein armer · Fahrender mehr im Land.
Ihnen stoben Kleider · und Rosse von der Hand,
Als hätten sie zu leben · nicht mehr denn einen Tag.
Man sah nie Ingesinde · das so großer Milde pflag.

Mit preiswerten Ehren · zerging die Lustbarkeit.
Man hörte wohl die Reichen · sagen nach der Zeit,
Daß sie dem Jungen gerne · wären untertan;
Das begehrte nicht Siegfried · dieser waidliche Mann.

So lange sie noch lebten · Siegmund und Siegelind,
Wollte nicht Krone tragen · der beiden liebes Kind;
Doch wollt' er herrlich wenden · alle die Gewalt,
Die in den Landen fürchtete · der Degen kühn und wohlgestalt.


Drittes Abenteuer – Wie Siegfried nach Worms kam

Den Herrn beschwerte selten · irgendein Herzeleid.
Er hörte Kunde sagen · wie eine schöne Maid
Bei den Burgunden wäre · nach Wünschen wohlgetan,
Von der er bald viel Freuden · und auch viel Leides gewann.

Von ihrer hohen Schöne · vernahm man weit und breit,
Und auch ihr Hochgemute · ward zur selben Zeit
Bei den Jungfrauen · den Helden oft bekannt:
Das ladete der Gäste · viel in König Gunthers Land.

So viel um ihre Minne · man Werbende sah,
Kriemhild in ihrem Sinne · sprach dazu nicht Ja,
Daß sie einen wollte · zum geliebten Mann:
Er war ihr noch gar fremde · dem sie bald ward untertan.

Dann sann auf hohe Minne · Sieglindens Kind:
All der andern Werben · war wider ihn ein Wind.
Er mochte wohl verdienen · ein Weib so auserwählt:
Bald ward die edle Kriemhild · dem kühnen Siegfried vermählt.

Ihm rieten seine Freunde · und die in seinem Lehn,
Hab' er stete Minne · sich zum Ziel ersehn,
So soll' er werben, daß er sich · der Wahl nicht dürfe schämen.
Da sprach der edle Siegfried · „So will ich Kriemhilden nehmen,

Die schöne Königstochter · von Burgundenland,
Um ihre große Schöne · Das ist mir wohl bekannt,
Kein Kaiser sei so mächtig · hätt' er zu frein im Sinn,
Dem nicht zum Minnen ziemte · diese reiche Königin.“

Solche Märe hörte · der König Siegmund.
Es sprachen seine Leute · also ward ihm kund
Seines Kindes Wille · Es war ihm höchlich leid,
Daß er werben wolle · um diese herrliche Maid.

Es erfuhr es auch die Königin · die edle Siegelind:
Die mußte große Sorge · tragen um ihr Kind,
Weil sie wohl Gunthern kannte · und die in seinem Heer:
Die Werbung dem Degen · zu verleiden fliß man sich sehr.

Da sprach der kühne Siegfried · „Viellieber Vater mein,
Ohn' edler Frauen Minne · wollt' ich immer sein,
Wenn ich nicht werben dürfte · nach Herzensliebe frei.
Was jemand reden möge · ich bleibe immer dabei.“

„Ist dir nicht abzuraten“ · der König sprach da so,
„So bin ich deines Willens · von ganzem Herzen froh
Und will dir's fügen helfen · so gut ich immer kann;
Doch hat der König Gunther · manchen hochfährt'gen Mann.

„Und wär' es anders niemand · als Hagen der Degen,
Der kann im Übermute · wohl der Hochfahrt pflegen,
So daß ich sehr befürchte · es mög' uns werden leid,
Wenn wir werben wollen · um diese herrliche Maid.“

„Wie mag uns das gefährden!“ · hub da Siegfried an:
„Was ich mir im Guten · da nicht erbitten kann,
Mag ich schon sonst erwerben · mit meiner starken Hand;
Ich will von ihm erzwingen · so die Leute wie das Land.“

„Leid ist mir deine Rede“ · sprach König Siegmund,
„Denn würde diese Märe · dort am Rheine kund,
Du dürftest nimmer wagen · zu reiten in ihr Land.
Gunther und Gernot · die sind mir lange bekannt.

„Mit Gewalt erwerben · kann niemand die Magd,“
Sprach der König Siegmund · „das ist mir wohl gesagt;
Willst du jedoch mit Recken · reiten in das Land,
Die Freunde, die wir haben · die werden eilends besandt.“

„So ist mir nicht zumute „ · fiel ihm Siegfried ein,
„Daß mir Recken sollten · folgen an den Rhein
Einer Heerfahrt willen · das wäre mir wohl leid,
Sollt' ich damit erzwingen · diese herrliche Maid.

„Ich mag sie schon erwerben · allein mit meiner Hand,
Ich will mit zwölf Gesellen · in König Gunthers Land;
Dazu sollt ihr mir helfen · Vater Siegmund.“
Da gab man seinen Degen · zu Kleidern grau und auch bunt.

Da vernahm auch diese Märe · seine Mutter Siegelind;
Sie begann zu trauern · um ihr liebes Kind:
Sie bangt' es zu verlieren · durch die in Gunthers Heer.
Die edle Königstochter · darüber weinte sie sehr.

Siegfried der Degen · ging hin, wo er sie sah.
Wider seine Mutter · gütlich sprach er da:
„Frau, ihr sollt nicht weinen · um den Willen mein:
Wohl will ich ohne Sorgen · vor allen Weiganden sein.

„Nun helft mir zu der Reise · nach Burgundenland,
Daß mich und meine Recken · ziere solch Gewand,
Wie so stolze Helden · mit Ehren mögen tragen:
Dafür will ich immer · den Dank von Herzen euch sagen.“

„Ist dir nicht abzuraten“ · sprach Frau Siegelind,
„So helf' ich dir zur Reise · mein einziges Kind,
Mit den besten Kleidern · die je ein Ritter trug,
Dir und deinen Gesellen · ihr sollt der haben genug.“

Da neigte sich ihr dankend · Siegfried, der junge Mann.
Er sprach: „Nicht mehr Gesellen · nehm' ich zur Fahrt mir an
Als der Recken zwölfe · verseht die mit Gewand.
Ich möchte gern erfahren · wie's um Kriemhild sei bewandt.“

Da saßen schöne Frauen · über Nacht und Tag,
Daß ihrer selten eine · der Muße eher pflag,
Bis sie gefertigt hatten · Siegfriedens Staat.
Er wollte seiner Reise · nun mit nichten haben Rat.

Sein Vater hieß ihn zieren · sein ritterlich Gewand,
Womit er räumen wollte · König Siegmunds Land,
Und ihre lichten Panzer · die wurden auch bereit
Und ihre festen Helme · ihre Schilde schön und breit.

Nun sahen sie die Reise · zu den Burgunden nahn,
Und sie begann zu sorgen · beides, Weib und Mann,
Ob sie je wiederkommen · sollten in das Land.
Sie geboten aufzusäumen · ihre Waffen und ihr Gewand.

Schön waren ihre Rosse · ihr Reitzeug goldesrot;
Wenn wer sich höher dauchte · so was es ohne Not,
Als der Degen Siegfried · und die ihm untertan.
Nun hielt er um Urlaub · zu den Burgunden an.

Den gaben ihm mit Trauern · König und Königin.
Er tröstete sie beide · mit minniglichem Sinn
Und sprach: „Ihr sollt nicht weinen · um den Willen mein:
Immer ohne Sorgen · mögt ihr um mein Leben sein.“

Es war leid den Recken · auch weinte manche Maid;
Sie ahnten wohl im Herzen · daß sie es nach der Zeit
Noch schwer entgelten müßten · durch lieber Freunde Tod.
Sie hatten Grund zu klagen · es tat ihnen wahrlich not.

Am siebenten Morgen · zu Worms an den Strand
Ritten schon die Kühnen · all ihr Gewand
War von rotem Golde · ihr Reitzeug wohlbestellt;
Ihnen gingen sanft die Rosse · die sich da Siegfried gesellt.

Neu waren ihre Schilde · licht dazu und breit,
Und schön ihre Helme · als mit dem Geleit
Siegfried der kühne · ritt in Gunthers Land.
Man ersah an Helden · nie mehr so herrlich Gewand.

Der Schwerter Enden gingen · nieder auf die Sporen;
Scharfe Speere führten · die Ritter auserkoren.
Von zweier Spannen Breite · war, welchen Siegfried trug;
Der hatt' an seinen Schneiden · grimmer Schärfe genug.

Goldfarbne Zäume · führten sie an der Hand;
Der Brustriem war von Seide · so kamen sie ins Land.
Da gafften sie die Leute · allenthalben an:
Gunthers Mannen liefen · sie zu empfangen heran.

Die hochbeherzten Recken · Ritter so wie Knecht,
Liefen den Herrn entgegen · so war es Fug und Recht,
Und begrüßten diese Gäste · in ihrer Herren Land;
Die Pferde nahm man ihnen · und die Schilde von der Hand.

Da wollten sie die Rosse · ziehn zu ihrer Rast;
Da sprach aber Siegfried · alsbald, der kühne Gast:
„Laßt uns noch stehn die Pferde · mir und meinem Geleit:
Wir reiten bald von hinnen · dazu bin ich ganz bereit.

„Wer von euch es wisse · der soll mir's nicht verschweigen:
Wo ich den König finde · das soll man mir zeigen,
Gunther den reichen · aus Burgundenland.“
Da sagt' es ihm einer · dem es wohl war bekannt.

„Wollt ihr den König finden · das mag gar leicht geschehn:
In jenem weiten Saale · hab' ich ihn gesehn
Unter seinen Helden · da geht zu ihm hinan,
So mögt ihr bei ihm finden · manchen herrlichen Mann.“

Nun waren auch dem König · die Mären schon gesagt,
Daß gekommen wären · Ritter unverzagt:
Sie führten lichte Panzer · und herrlich Gewand;
Sie erkenne niemand · in der Burgunden Land.

Den König nahm es wunder · woher gekommen sei'n
Die herrlichen Recken · im Kleid von lichtem Schein
Und mit so guten Schilden · so neu und so breit;
Daß ihm das niemand sagte · das war König Gunthern leid.

Zur Antwort gab dem König · von Metz Herr Ortewein;
Stark und kühnes Mutes · mocht' er wohl sein:
„Da wir sie nicht erkennen · so heißt jemand gehn
Nach meinem Oheim Hagen · dem sollt ihr sie lassen sehn.

„Ihm sind wohl kund die Reiche · und alles fremde Land;
Erkennt er die Herren · das macht er uns bekannt.“
Der König ließ ihn holen · und die in seinem Lehn:
Da sah man ihn herrlich · mit Recken hin zu Hofe gehn.

Warum nach ihm der König · frug Hagen da, geschickt?
„Es werden fremde Degen · in meinem Haus erblickt,
Die niemand mag erkennen · habt ihr sie je gesehn,
So sollt ihr mir, Freund Hagen · in aller Wahrheit Rede stehn.“

„Das will ich“, sprach Hagen · Zum Fenster schritt er drauf,
Da ließ er nach den Gästen · den Augen freien Lauf.
Wohl gefiel ihm ihr Geräte · und all ihr Gewand;
Doch waren sie ihm fremde · in der Burgunden Land.

Er sprach, woher die Recken · auch kämen an den Rhein,
Es möchten selber Fürsten · oder Fürstenboten sein.
„Schön sind ihre Rosse · und ihr Gewand ist gut;
Von wannen sie auch ritten · es sind Helden hochgemut.“

Also sprach da Hagen · „Soviel ich mag verstehn,
Hab' ich gleich im Leben · Siegfrieden nie gesehn,
So will ich doch wohl glauben · wie es damit auch steht,
Daß er es sei, der Degen · der so herrlich dorten geht.

Er bringt neue Mären · her in dieses Land:
Die kühnen Nibelungen · schlug des Helden Hand,
Die reichen Königssöhne · Schilbung und Nibelung;
Er wirkte große Wunder · mit des starken Armes Schwung.

„Als der Held alleine · ritt aller Hilfe bar,
Fand er an einem Berge · so hört' ich immerdar,
Bei König Niblungs Horte · manchen kühnen Mann;
Sie waren ihm gar fremde · bis er die Kunde hier gewann.

„Der Hort König Nibelungs · ward hervorgetragen
Aus einem hohlen Berge · nun hört Wunder sagen,
Wie ihn teilen wollten · die Niblung untertan.
Das sah der Degen Siegfried · den es zu wundern begann.

„So nah kam er ihnen · daß er die Helden sah
Und ihn die Degen wieder · Der eine sagte da:
›Hier kommt der starke Siegfried · der Held aus Niederland.‹
Seltsame Abenteuer · er bei den Nibelungen fand.

„Den Recken wohl empfingen · Schilbung und Nibelung.
Einhellig baten · die edeln Fürsten jung,
Daß ihnen teilen möchte · den Schatz der kühne Mann:
Das begehrten sie gar dringend · zu geloben es der Herr begann.

Er sah so viel Gesteines · wie wir hören sagen,
Hundert Leiterwagen · die möchten es nicht tragen,
Noch mehr des roten Goldes · von Nibelungenland:
Das alles sollte teilen · des kühnen Siegfriedes Hand.

„Sie gaben ihm zum Lohne · König Niblungs Schwert:
Da wurden sie des Dienstes · gar übel gewährt,
Den ihnen leisten sollte · Siegfried der Degen gut.
Er konnt' es nicht vollbringen · sie hatten zornigen Mut.

„Da hatten sie zu Freunden · kühne zwölf Mann,
Die starke Riesen waren · was konnt' es sie verfahn?
Die erschlug im Zorne · Siegfriedens Hand,
Und siebenhundert Recken · zwang er vom Nibelungenland.

„Mit dem guten Schwerte · geheißen Balmung.
Vom Schrecken überwältigt · war mancher Degen jung
Zumal vor dem Schwerte · und vor dem kühnen Mann:
Das Land mit den Burgen · machten sie ihm untertan.

„Dazu die reichen Könige · die schlug er beide tot.
Er kam durch Albrichen · darauf in große Not:
Der wollte seine Herren · rächen allzuhand,
Eh' er die große Stärke · noch an Siegfrieden fand.

„Mit Streit bestehen konnt' ihn · da nicht der starke Zwerg.
Wie die wilden Leuen · liefen sie an den Berg,
Wo er die Tarnkappe · Albrichen abgewann:
Da war des Hortes Meister · Siegfried der schreckliche Mann.

„Die sich getraut zu fechten · die lagen all erschlagen.
Den Schatz ließ er wieder · nach dem Berge tragen,
Dem ihn entnommen hatten · Die Niblung untertan.
Alberich der starke · das Amt des Kämmrers gewann.

„Er mußt' ihm Eide schwören · er dien ihm als sein Knecht,
Zu aller Art Diensten · ward er ihm gerecht.“
So sprach von Tronje Hagen · „Das hat der Held getan;
Also große Kräfte · nie mehr ein Recke gewann.

„Noch ein Abenteuer · ist mir von ihm bekannt:
Einen Linddrachen · schlug des Helden Hand;
Als er im Blut sich badete · ward hörnern seine Haut.
So versehrt ihn keine Waffe · das hat man oft an ihm geschaut.

„Man soll ihn wohl empfangen · der beste Rat ist das,
Damit wir nicht verdienen · des schnellen Recken Haß.
Er ist so kühnen Sinnes · man seh' ihn freundlich an:
Er hat mit seinen Kräften · so manche Wunder getan.“

Da sprach der Herr des Landes · „Nun sei er uns willkommen.
Er ist kühn und edel · das hab' ich wohl vernommen;
Des soll er auch genießen · im Burgundenland.“
Da ging der König Gunther · hin, wo er Siegfrieden fand.

Der Wirt und seine Recken · empfingen so den Mann,
Daß wenig an dem Gruße · gebrach, den er gewann;
Des neigte sich vor ihnen · der Degen ausersehn,
Daß ihm so ehrend Grüßen · von ihrer Seite war geschehn.

„Mich wundert diese Märe“ · sprach der König zuhand,
„Von wannen, edler Siegfried · ihr kamt in dieses Land,
Oder was ihr wollet suchen · zu Worms an dem Rhein?“
Da sprach der Gast zum König · „Das soll euch unverhohlen sein.

„Ich habe sagen hören · in meines Vaters Land,
An euerm Hofe wären · das hätt' ich gern erkannt,
Die allerkühnsten Recken · so hab' ich oft vernommen,
Die je gewann ein König · darum bin ich hieher gekommen.

„So hör' ich auch euch selber · viel Mannheit zugestehn,
Man habe keinen König · noch je so kühn gesehn.
Das rühmen viel der Leute · in all diesem Land;
Nun kann ich's nicht verwinden · bis ich die Wahrheit befand.

„Ich bin auch ein Recke · und soll die Krone tragen:
Ich möcht' es gerne fügen · daß sie von mir sagen,
Daß ich mit Recht besäße · die Leute wie das Land.
Mein Haupt und meine Ehre · setz' ich dawider zu Pfand.

„Wenn ihr denn so kühn seid · wie euch die Sage zeiht,
So frag' ich nicht, ist jemand · lieb oder leid:
Ich will von euch erzwingen · was euch angehört,
Das Land und die Burgen · unterwerf' ich meinem Schwert.“

Der König war verwundert · und all sein Volk umher,
Als sie vernommen hatten · sein seltsam Begehr,
Daß er ihm zu nehmen · gedächte Leut' und Land.
Das hörten seine Degen · die wurden zornig zuhand.

„Wie sollt' ich das verdienen“ · sprach Gunther der Degen,
„Wes mein Vater lange · mit Ehren durfte pflegen,
Daß wir das verlören · durch jemands Überkraft?
Das wäre schlecht bewiesen · daß wir auch pflegen Ritterschaft!“

„Ich will davon nicht lassen“ · fiel ihm der Kühne drein,
„Von deinen Kräften möge · dein Land befriedet sein,
Ich will es nun verwalten · doch auch das Erbe mein,
Erwirbst du es durch Stärke · es soll dir untertänig sein.

„Dein Erbe wie das meine · wir schlagen gleich sie an,
Und wer von uns den andern · überwinden kann,
Dem soll es alles dienen · die Leute wie das Land.“
Dem widersprach da Hagen · und mit ihm Gernot zuhand.

„So stehn uns nicht die Sinne“ · sprach da Gernot,
„Nach neuen Lands Gewinne · daß jemand sollte tot
Vor Heldeshänden liegen · reich ist unser Land,
Das uns mit Recht gehorsamt · zu niemand besser bewandt.“

In grimmigem Mute · standen da die Freunde sein.
Da war auch darunter · von Metz Herr Ortewein.
Der sprach: „Diese Sühne · ist mir von Herzen leid:
Euch ruft der starke Siegfried · ohn' allen Grund in den Streit.

„Wenn ihr und eure Brüder · ihm auch nicht steht zur Wehr,
Und ob er bei sich führte · ein ganzes Königsheer,
So wollt' ich's doch erstreiten · daß der starke Held
Also hohen Übermut · wohl mit Recht beiseite stellt.“

Darüber zürnte mächtig · der Held von Niederland:
„Nicht wider mich vermessen · darf sich deine Hand:
Ich bin ein reicher König · du bist in Königs Lehn;
Deiner zwölfe dürften · mich nicht im Streite bestehn.“

Nach Schwertern rief da heftig · von Metz Herr Ortewein:
Er durfte Hagens Schwestersohn · von Tronje wahrlich sein;
Daß er so lang geschwiegen · das war dem König leid.
Da sprach zum Frieden Gernot · ein Ritter kühn und allbereit.

„Laßt euer Zürnen bleiben „ · hub er zu Ortwein an,
„Uns hat der edle Siegfried · noch solches nicht getan;
Wir scheiden es in Güte · wohl noch, das rat' ich sehr,
Und haben ihn zum Freunde · es geziemt uns wahrlich mehr.“

Da sprach der starke Hagen · „Uns ist billig leid
Und all euern Degen · daß er je zum Streit
Kam an den Rhein geritten · was ließ er das nicht sein?
So übel nie begegnet · wären ihm die Herren mein.“

Darauf erwidert' Siegfried · der kraftvolle Held:
„Wenn euch, was ich gesprochen · Herr Hagen, mißfällt,
So will ich schauen lassen · wie noch die Hände mein
Gedenken so gewaltig · bei den Burgunden zu sein.“

„Das hoff' ich noch zu wenden“ · sprach wieder Gernot.
Allen seinen Degen · zu reden er verbot
In ihrem Übermute · was ihm wäre leid.
Da gedacht' auch Siegfried · an die viel herrliche Maid.

„Wie geziemt' uns mit euch zu streiten?“ · sprach wieder Gernot.
„Wieviel dabei der Helden · auch fielen in den Tod,
Wenig Ehre brächt' uns · so ungleicher Streit.“
Die Antwort hielt da Siegfried · König Siegmunds Sohn, bereit:

Warum zögert Hagen · und auch Ortewein,
Daß er nicht zum Streite · eilt mit den Freunden sein,
Deren er so manchen · bei den Burgunden hat?“
Sie blieben Antwort schuldig · das war Gernotens Rat.

„Ihr sollt uns willkommen sein“ · sprach Geiselher das Kind,
„Samt euren Heergesellen · die mit euch gekommen sind:
Wir wollen gern euch dienen · ich und die Freunde mein.“
Da hieß man den Gästen · schenken König Gunthers Wein.

Da sprach der Wirt des Landes · „Alles, was uns gehört,
Verlangt ihr es in Ehren · das sei euch unverwehrt;
Wir wollen mit euch teilen · unser Gut und Blut.“
Da ward dem Degen Siegfried · ein wenig sanfter zumut.

Da ließ man ihnen wahren · all ihr Wehrgewand:
Man suchte Herbergen · die besten, die man fand:
Siegfriedens Knappen · schuf man gut Gemach.
Man sah den Fremdling gerne · in Burgundenland hernach.

Man bot ihm große Ehre · darauf in manchen Tagen,
Mehr zu tausend Malen · als ich euch könnte sagen;
Das hatte seine Kühnheit · verdient; das glaubt fürwahr:
Ihn sah wohl selten jemand · der ihm nicht gewogen war.

Flissen sich der Kurzweil · die Kön'ge und ihr Lehn,
So war er stets der Beste · was man auch ließ geschehn.
Es konnt' ihm niemand folgen · so groß war seine Kraft,
Ob sie den Stein warfen · oder schossen den Schaft.

Nach höf'scher Sitte ließen · sich auch vor den Fraun
Der Kurzweile pflegend · die kühnen Ritter schaun:
Da sah man stets den Helden · gern von Niederland;
Er hatt' auf hohe Minne · seine Sinne gewandt.

Was man beginnen wollte · er war dazu bereit;
Er trug in seinem Sinne · eine minnigliche Maid,
Und auch nur ihn die Schöne · die er noch nie gesehn,
Und die sich doch viel Gutes · von ihm schon heimlich versehn.

Wenn man auf dem Hofe · das Waffenspiel begann,
Ritter so wie Knappen · immer sah es an
Kriemhild aus den Fenstern · die Königstochter hehr;
Keiner andren Kurzweil · hinfort bedurfte sie mehr.

Und wüßt' er, daß ihn sähe · die er im Herzen trug,
Davon hätt' er Kurzweil · immerdar genug.
Ersähn sie seine Augen · ich glaube sicherlich,
Keine andre Freude · hier auf Erden wünscht' er sich.

Wenn er bei den Recken · auf dem Hofe stand,
Wie man noch Kurzweil · pflegt in allem Land,
Wie stand dann so minniglich · das Sieglindenkind,
Daß manche Frau ihm heimlich · war von Herzen hold gesinnt.

Er gedacht' auch manchmal · „Wie soll das geschehn,
Daß ich das edle Mägdlein · mit Augen möge sehn,
Die ich von Herzen minne · wie ich schon längst getan?
Die ist mir noch gar fremde · mit Trauern denk' ich daran.“

So oft die reichen Könige · ritten in ihr Land.
So mußten auch die Recken · mit ihnen all zur Hand.
Auch Siegfried ritt mit ihnen · das war der Frauen leid;
Er litt von ihrer Minne · auch Beschwer zu mancher Zeit.

So wohnt' er bei den Herren · das ist alles wahr,
In König Gunthers Lande · völliglich ein Jahr,
Daß er die Minnigliche · in all der Zeit nicht sah,
Durch die ihm bald viel Liebes · und auch viel Leides geschah.

Viertes Abenteuer - Wie Siegfried mit den Sachsen striitt

 

Nun nahen fremde Mären · in König Gunthers Land
Durch Boten aus der Ferne · ihnen zugesandt
Von unbekannten Recken · die ihnen trugen Haß:
Als sie die Rede hörten · gar sehr betrübte sie das.

Die will ich euch nennen · es war Lüdeger
Aus der Sachsen Lande · ein mächtiger König hehr;
Dazu vom Dänenlande · der König Lüdegast:
Die gewannen zu dem Kriege · gar manchen herrlichen Gast.

Ihre Boten kamen · in König Gunthers Land,
Die seine Widersacher · hatten hingesandt,
Da frug man um die Märe · die Unbekannten gleich
Und führte bald die Boten · zu Hofe vor dem König reich.

Schön grüßte sie der König · und sprach: „Seid willkommen!
Wer euch hieher gesendet · hab ich noch nicht vernommen;
Das sollt ihr hören lassen“ · sprach der König gut.
Da bangten sie gewaltig · vor des grimmen Gunther Mut.

„Wollt ihr uns, Herr, erlauben · daß wir euch Bericht
Von unsrer Märe sagen · wir hehlen sie euch nicht.
Wir nennen euch die Herren · die uns hieher gesandt:
Lüdegast und Lüdeger · die suchen heim euer Land.

„Ihren Zorn habt ihr verdienet · wir vernahmen das
Gar wohl, die Herren tragen · euch beide großen Haß.
Sie wollen heerfahrten · gen Worms an den Rhein;
Ihnen helfen viel der Degen · laßt euch das zur Warnung sein.

„Binnen zwölf Wochen · muß ihre Fahrt geschehn;
Habt ihr nun guter Freunde · so laßt es bald ersehn,
Die euch befrieden helfen · die Burgen und das Land:
Hier werden sie verhauen · manchen Helm und Schildesrand.

„Oder wollt ihr unterhandeln · so macht es offenbar;
So reitet euch so nahe · nicht gar manche Schar
Eurer starken Feinde · zu bitterm Herzeleid,
Davon verderben müssen · viel der Ritter kühn im Streit.“

„Nun harrt eine Weile · (ich künd euch meinen Mut),
Bis ich mich recht bedachte „ · sprach der König gut.
„Hab' ich noch Getreue · denen will ich's sagen:
Diese schwere Botschaft · muß ich meinen Freunden klagen.“

Dem mächtigen Gunther · war es leid genug;
Den Botenspruch er heimlich · in seinem Herzen trug.
Er hieß berufen Hagen · und andr' in seinem Lehn
Und hieß auch gar geschwinde · zu Hof nach Gernoten gehn.

Da kamen ihm die Besten · so viel man deren fand.
Er sprach: „Die Feinde wollen · heimsuchen unser Land
Mit starken Heerfahrten · das sei euch geklagt.“
Drauf erwiderte Gernot · ein Ritter kühn und unverzagt:

„Dem wehren wir mit Schwertern“ · sprach da Gernot,
„Da sterben nur, die müssen · die lasset liegen tot.
Ich werde nie vergessen · darum der Ehre mein:
Unsre Widersacher · sollen uns willkommen sein.“

Da sprach von Tronje Hagen · „Das dünkt mich nicht gut;
Lüdegast und Lüdeger · sind voll Übermut.
Wir können uns nicht sammeln · in so kurzen Tagen,“
So sprach der kühne Recke · „ihr sollt es Siegfrieden sagen.“

Da gab man den Boten · Herbergen in der Stadt.
Wie feind sie ihnen waren · sie gut zu pflegen bat
Gunther der reiche · das war wohlgetan,
Bis er erprobt an Freunden · wer ihm zu Hilfe zog' heran.

Der König trug im Herzen · Sorge doch und Leid.
Da sah ihn also trauern · ein Ritter allbereit,
Der nicht wissen konnte · was ihm war geschehn:
Da bat er König Gunthern · ihm den Grund zu gestehn

„Mich nimmt höchlich wunder“ · sprach da Siegfried,
„Wie die frohe Weise · so völlig von euch schied,
Deren ihr so lange · mit uns mochtet pflegen.“
Zur Antwort gab ihm Gunther · dieser zierliche Degen:

„Wohl mag ich allen Leuten · nicht von dem Leide sagen,
Das ich muß verborgen · in meinem Herzen tragen:
Steten Freunden klagen · soll man des Herzens Not.“
Siegfriedens Farbe · ward da bleich und wieder rot.

Er sprach zu dem Könige · „Was blieb euch je versagt?
Ich will euch wenden helfen · das Leid, das ihr klagt.
Wollt ihr Freunde suchen · so will ich einer sein
Und getrau es zu vollbringen · mit Ehren bis ans Ende mein.“

„Nun lohn' euch Gott, Herr Siegfried · die Rede dünkt mich gut;
Und kann mir auch nicht helfen · eure Kraft und hoher Mut,
So freut mich doch die Märe · daß ihr so hold mir seid:
Leb' ich noch eine Weile · ich vergelt' es mit der Zeit.

„Ich will euch hören lassen · was mich traurig macht.
Von Boten meiner Feinde · ward mir hinterbracht,
Mit Heerfahrten kämen · sie mich zu suchen hie:
Das geschah uns von Degen · in diesen Landen noch nie.“

„Daß laßt euch nicht betrüben“ · sprach da Siegfried,
„Sänftet eur Gemüte · und tut, wie ich euch riet:
Laßt mich euch erwerben · Ehre so wie Frommen
Und bittet eure Degen · daß sie euch zu Hilfe kommen.

„Und hätten dreißigtausend · Helfer sich ersehn
Eure starken Feinde · doch wollt' ich sie bestehn,
Hätt' ich auch selbst nur tausend · verlaßt euch auf mich.“
Da sprach der König Gunther · „Das verdien' ich stets um dich.“

„So heißt mir eurer Leute · gewinnen tausend Mann,
Da ich von den Meinen · nicht mehr hier stellen kann
Als der Recken zwölfe · so wehr' ich euer Land.
Immer soll getreulich · euch dienen Siegfriedens Hand.

„Dazu soll Hagen helfen · und auch Ortewein,
Dankwart und Sindold · die lieben Recken dein.
Auch soll da mit uns reiten · Volker, der kühne Mann:
Der soll die Fahne führen · keinen Bessern trefft ihr an.

„Und laßt die Boten reiten · heim in ihrer Herren Land;
Daß sie uns bald da sehen · macht ihnen das bekannt,
So daß unsre Burgen · befriedet mögen sein.“
Der König hieß besenden · Freund' und Mannen insgemein.

Zu Hofe gingen wieder · die Lüdeger gesandt;
Sie freuten sich der Reise · zurück ins Heimatland.
Ihnen bot da reiche Gabe · Gunther, der König gut,
Und sicheres Geleite · des waren sie wohlgemut.

„Nun sagt,“ sprach da Gunther · „meinen starken Feinden an,
Ihre Reise bliebe · besser ungetan;
Doch wollten sie mich suchen · hier in meinem Land,
Mir zerrannen denn die Freunde · ihnen werde Not bekannt.“

Den Boten reiche Gaben · man da zur Stelle trug:
Deren hatte Gunther · zu geben genug.
Das durften nicht verschmähen · die Lüdeger gesandt.
Sie baten um Urlaub · und räumten fröhlich das Land.

Als die Boten waren · gen Dänemark gekommen,
Und der König Lüdegast · den Bericht vernommen,
Wie's ihnen am Rhein ergangen · als das ihm ward gesagt,
Seine übermüt'ge Botschaft · ward da bereut und beklagt.

Sie sagten ihm, sie hätten · manch kühnen Mann im Lehn;
Auch sahen sie darunter · einen Recken stehn,
Der war geheißen Siegfried · ein Held aus Niederland.
Leid war's Lüdegasten · als er die Dinge so befand.

Als die vom Dänenlande · hörten diese Mär,
Da eilten sie, der Helfer · zu gewinnen desto mehr,
Bis der König Lüdegast · zwanzigtausend Mann
Seiner kühnen Degen · zu seiner Heerfahrt gewann.

Da besandte sich von Sachsen · auch König Lüdeger,
Bis sie vierzigtausend · hatten und wohl mehr,
Die mit ihnen ritten · gen Burgundenland.
Da hatt' auch schon zu Hause · der König Gunther gesandt

Zu seinen nächsten Freunden · und seiner Brüder Heer,
Womit sie fahren wollten · im Kriegszug einher,
Und auch mit Hagens Recken · das tat den Helden not.
Darum mußten Degen · bald erschauen den Tod.

Sie schickten sich zur Reise · als es ging hindann,
Die Fahne mußte führen · Volker, der kühne Mann,
Da sie reiten wollten · von Worms über Rhein;
Hagen von Tronje · der mußte Scharmeister sein.

Mit ihnen ritt auch Sindold · und der kühne Hunold,
Die wohl verdienen konnten · König Gunthers Gold.
Dankwart, Hagens Bruder · und auch Ortewein,
Die mochten wohl mit Ehren · bei dem Heerzuge sein.

„Herr König,“ sprach da Siegfried · „bleibet ihr zu Haus:
Da mir eure Degen · folgen zu dem Strauß,
So weilt bei den Frauen · und tragt hohen Mut:
Ich will euch wohl behüten · die Ehre so wie das Gut.

„Die euch heimsuchen wollten · zu Worms an dem Rhein,
Der will ich euch erwehren · sie sollen zu Hause sein;
Wir wollen ihnen reiten · so nah ins eigne Land,
Daß ihnen bald in Sorge · der Übermut wird gewandt.“

Vom Rheine sie durch Hessen · mit ihren Helden ritten
Nach dem Sachsenlande · da wurde bald gestritten.
Mit Raub und mit Brande · verheerten sie das Land,
Daß bald den Fürsten beiden · ward Not und Sorge bekannt.

Sie kamen an die Marke · die Knechte rückten an.
Siegfried der starke · zu fragen da begann:
„Wer soll nun der Hüter · des Gesindes sein?“
Wohl konnte nie den Sachsen · ein Heerzug übler gedeihn.

Sie sprachen: „Laßt der Knappen · hüten auf den Wegen
Dankwart den kühnen · das ist ein schneller Degen:
Wir verlieren desto minder · durch die in Lüdgers Lehn;
Laßt ihn mit Ortweinen · hie die Nachhut versehn.“

„So will ich selber reiten“ · sprach Siegfried der Degen,
„Den Feinden gegenüber · der Warte zu pflegen,
Bis ich recht erkunde · wo die Recken sind.“
Da stand bald in den Waffen · der schönen Sieglinde Kind.

Das Volk befahl er Hagen · als er zog hindann,
Ihm und Gernoten · diesem kühnen Mann.
So ritt er hin alleine · in der Sachsen Land:
Dabei ward verhauen · von ihm wohl manchen Helmes Band.

Er sah ein groß Geschwader · das auf dem Felde zog
Und die Kraft der Seinen · gewaltig überwog:
Es waren vierzigtausend · oder wohl noch mehr.
Siegfried in hohem Mute · sah gar fröhlich das Heer.

Da hatte sich ein Recke · auch aus der Feinde Schar
Erhoben auf die Warte · der wohl gewappnet war:
Den sah der Degen Siegfried · und ihn der kühne Mann;
Jedweder auf den andern · mit Zorn zu blicken begann.

Ich sag' euch, wer der wäre · der hier der Warte pflag;
Ein lichter Schild von Golde · ihm vor der Linken lag:
Es war der König Lüdegast · der hütete sein Heer.
Der edle Fremdling sprengte · herrlich wider ihn einher.

Nun hatt' auch ihn Herr Lüdegast · sich feindlich erkoren:
Ihre Rosse reizten beide · zur Seite mit den Sporen;
Sie neigten auf die Schilde · mit aller Macht den Schaft;
Da kam der mächt'ge König · darob in großer Sorgen Haft.

Dem Stich gehorsam trugen · die Rosse pfeilgeschwind
Die Könige zusammen · als wehte sie der Wind;
Dann mit den Zäumen wandten · sie ritterlich zurück:
Die grimmen Zwei versuchten · da mit dem Schwerte das Glück.

Da schlug der Degen Siegfried · das Feld erscholl umher,
Aus dem Helme stoben · als ob's von Bränden war',
Die feuerroten Funken · von des Helden Hand.
Jeder an dem andern · seinen rechten Partner fand.

Auch ihm schlug Herr Lüdegast · manchen grimmen Schlag;
Jedweder auf dem Schilde · mit ganzer Stärke lag.
Da hatten es wohl dreißig · erspäht aus seiner Schar:
Eh' die ihm Hülfe brachten · der Sieg doch Siegfriedens war

Mit drei starken Wunden · die er dem König schlug
Durch einen lichten Harnisch · der war doch fest genug.
Das Schert mit seiner Schärfe · entlockte Wunden Blut;
Davon der König Lüdegast · gewann wohl traurigen Mut.

Er bat ihn um sein Leben · und bot ihm all sein Land
Und sagt' ihm, er wäre · Lüdegast genannt.
Da kamen seine Recken · die hatten wohl gesehn,
Was da von ihnen beiden · auf der Warte war geschehn.

Er führt' ihn gern von dannen · da ward er angerannt
Von dreißig seiner Mannen · doch wehrte seine Hand
Seinen edeln Geisel · mit ungestümen Schlägen.
Bald tat noch größern Schaden · dieser zierliche Degen.

Die Dreißig zu Tode · wehrlich er schlug;
Ihrer einen ließ er leben · der ritt da schnell genug
Und brachte hin die Märe · von dem, was hier geschehn;
Auch konnte man die Wahrheit · an seinem roten Helme sehn.

Gar leid war's den Recken · aus dem Dänenland,
Als ihres Herrn Gefängnis · ihnen ward bekannt.
Man sagt' es seinem Bruder · der fing zu toben an
In ungestümem Zorne · ihm war gar wehe getan.

Lüdegast der König · ward hinweggebracht
Zu Gunthers Ingesinde · von Siegfrieds Übermacht.
Er befahl ihn Hagen · als ihnen zu Ohren kam,
Es sei der fremde König · nicht allzu groß war ihr Gram

Man gebot den Burgunden · „Die Fahne bindet an.“
„Wohlauf,“ sprach da Siegfried · „hier wird noch mehr getan
Vor Abendzeit, verlier' ich · Leben nicht und Leib:
Das betrübt im Sachsenlande · noch manches waidliche Weib.

„Ihr Helden vom Rheine · ihr sollt mein nehmen wahr:
Ich kann euch wohl geleiten · zu Lüdegers Schar.
Da seht ihr Helme hauen · von guter Helden Hand:
Eh' wir uns wieder wenden · wird ihnen Sorge bekannt.“

Zu den Rossen sprangen Gernot · und die ihm untertan.
Die Heerfahne faßte · der kühne Spielmann,
Volker der Degen · und ritt der Schar vorauf.
Da war auch das Gesinde · zum Streite mutig und wohlauf.

Sie führten doch der Degen · nicht mehr denn tausend Mann,
Darüber zwölf Recken · Zu stieben da begann
Der Staub von den Straßen · sie ritten über Land;
Man sah von ihnen scheinen · manchen schönen Schildesrand.

Nun waren auch die Sachsen · gekommen und ihr Heer
Mit Schwertern wohlgewachsen · die Klingen schnitten sehr,
Das hab' ich wohl vernommen · den Helden an der Hand:
Da wollten sie die Gäste · von Burgen wehren und Land.

Der Herren Scharmeister · führten das Volk heran.
Da war auch Siegfried kommen · mit samt seinen Mann,
Die er mit sich führte · aus dem Niederland.
Des Tags sah man im Sturme · manche blutige Hand.

Sindold und Hunold · und auch Gernot,
Die schlugen in dem Streite · viel der Helden tot,
Eh' sie ihrer Kühnheit · noch selber mochten traun:
Das mußten bald beweinen · viel der waidlichen Fraun.

Volker und Hagen · und auch Ortwein
Leschten in dem Streite · manches Helmes Schein
Mit fließendem Blute · die Kühnen in der Schlacht.
Von Dankwarten wurden · viel große Wunder vollbracht.

Da versuchten auch die Dänen · waidlich ihre Hand;
Von Stößen laut erschallte · mancher Schildesrand
Und von den scharfen Schwertern · womit man Wunden schlug.
Die streitkühnen Sachsen · taten Schadens da genug.

Als die Burgunden · drangen in den Streit,
Von ihnen ward gehauen · manche Wunde weit:
Über sie Sättel fließen · sah man da das Blut;
So warben um die Ehre · diese Ritter kühn und gut.

Man hörte laut erhallen · den Helden an der Hand
Ihr scharfen Waffen · als die von Niederland
Ihrem Herrn nachdrangen · in die dichten Reihn;
Die zwölfe kamen ritterlich · zugleich mit Siegfried hinein.

Deren vom Rheine · kam ihnen niemand nach.
Man konnte fließen sehen · den blutroten Bach
Durch die lichten Helme · von Siegfriedens Hand,
Bis er Lüdegeren · vor seinen Heergesellen fand.

Dreimal die Kehre · hat er nun genommen
Bis an des Heeres Ende · da war Hagen kommen:
Der half ihm wohl vollbringen · im Kampfe seinen Mut.
Es mußte heut' ersterben · vor ihnen mancher Ritter gut.

Als der starke Lüdeger · Siegfrieden fand,
Wie er so erhaben · trug in seiner Hand
Balmung den guten · und da so manchen schlug,
Drob ward der Fürst zornig · und ingrimmig genug.

Da gab es stark Gedränge · und lauten Schwerterklang,
Wo ihr Ingesinde · aufeinander drang.
Da versuchten desto heftiger · die beiden Recken sich;
Die Scharen wichen beide · der Kämpen Haß ward fürchterlich.

Dem Vogt vom Sachsenlande · war es wohl bekannt,
Sein Bruder sei gefangen · drum war er zornentbrannt;
Nicht wüßt' er, der's vollbrachte · sei der Sieglindensohn.
Man zeihte des Gernoten · hernach befand er es schon.

Da schlug so starke Schläge · Lüdegers Schwert,
Siegfrieden unterm Sattel · niedersank das Pferd;
Doch bald erhob sich's wieder · der kühne Siegfried auch
Gewann jetzt im Sturme · einen furchtbaren Brauch.

Dabei half ihm Hagen · wohl und Gernot,
Dankwart und Volker · da lagen viele tot.
Sindold und Hunold · und Ortwein der Degen
Die konnten in dem Streite · zum Tode manchen niederlegen.

Untrennbar im Kampfe · waren die Fürsten hehr.
Über die Helme fliegen · sah man manchen Speer
Durch die lichten Schilde · von der Helden Hand;
Auch ward von Blut gerötet · mancher herrliche Rand.

In dem starken Sturme · sank da mancher Mann
Von den Rossen nieder · Einander rannten an
Siegfried der kühne · und König Lüdeger;
Man sah da Schäfte fliegen · und manchen schneidigen Speer.

Der Schildbeschlag des Königs · zerstob vor Siegfrieds Hand.
Sieg zu erwerben dachte · der Held von Niederland
An den kühnen Sachsen · die waren von Wunden schwach.
Hei! was da lichte Panzer · der kühne Dankwart zerbrach!

Da hatte König Lüdeger · auf einem Schild erkannt
Eine gemalte Krone · vor Siegfriedens Hand:
Da sah er wohl, es wäre · der kraftreiche Mann.
Laut auf zu seinen Freunden · der Held zu rufen begann:

„Begebt euch des Streites · ihr all mir Untertan!
Den Sohn König Siegmunds · traf ich hier an,
Siegfried den starken · hab' ich hier erkannt;
Den hat der üble Teufel · her zu den Sachsen gesandt.“

Er gebot die Fahnen · zu senken in dem Streit.
Friedens er begehrte · der ward ihm nach der Zeit;
Doch mußt' er Geisel werden · in König Gunthers Land:
Das hatt' an ihm erzwungen · des kühnen Siegfriedes Hand.

Nach allgemeinem Rate · ließ man ab vom Streit.
Viel zerschlagner Helme · und der Schilde weit
Legten sie aus Händen · so viel man deren fand,
Die waren blutgerötet · von der Burgunden Hand.

Sie fingen, wen sie wollten · sie hatten volle Macht.
Gernot und Hagen · die schnellen, hatten Acht,
Daß man die Wunden bahrte · da führten sie hindann
Gefangen nach dem Rheine · der Kühnen fünfhundert Mann.

Die sieglosen Recken · zum Dänenlande ritten.
Da hatten auch die Sachsen · so tapfer nicht gestritten,
Daß man sie loben sollte · das war den Helden leid.
Da beklagten ihre Freunde · die Gefallnen in dem Streit.

Sie ließen ihre Waffen · aufsäumen nach dem Rhein.
Es hatte wohl geworben · mit den Gefährten sein
Siegfried der Recke · und hatt' es gut vollbracht:
Das mußt' ihm zugestehen · König Gunthers ganze Macht.

Gen Worms sandte Boten · der König Gernot:
Daheim in seinem Lande · den Freunden er entbot,
Wie ihm gelungen wäre · und all seinem Lehn:
Es war da von den Kühnen · nach allen Ehren geschehn.

Die Botenknaben liefen · so ward es angesagt.
Da freuten sich in Liebe · die eben Leid geklagt,
Dieser frohen Märe · die ihnen war gekommen.
Da ward von edlen Frauen · großes Fragen vernommen,

Wie es den Herrn gelungen · wär' in des Königs Heer.
Man rief der Boten einen · zu Kriemhilden her.
Das geschah verstohlen · sie durfte es wohl nicht laut:
Denn einer war darunter · dem sie längst ihr Herz vertraut.

Als sie in ihre Kammer · den Boten kommen sah,
Kriemhild die schöne · gar gütlich sprach sie da:
„Nun sag' mir liebe Märe · so geb' ich dir mein Gold,
Und tust du's ohne Trügen · will ich dir immer bleiben hold.

„Wie schied aus dem Streite · mein Bruder Gernot
Und meine andern Freunde? · Blieb uns nicht mancher tot?
Wer tat da das Beste? · Das sollst du mir sagen.“
Da sprach alsbald der Bote · „Wir hatten nirgend einen Zag

„In Gefahr und Streite · ritt niemand so wohl,
Hehre Königstochter · wenn ich es sagen soll,
Als der edle Fremdling · aus dem Niederland:
Da wirkte große Wunder · des kühnen Siegfriedes Hand.

„Was von den Recken allen · im Streit da geschehn,
Dankwart und Hagen · und des Königs ganzem Lehn,
Wie wehrlich sie auch stritten · das ist doch wie ein Wind
Nur gegen Siegfrieden · König Siegmundens Kind.

„Sie haben in dem Sturme · der Helden viel erschlagen;
Doch möcht' euch dieser Wunder · ein Ende niemand sagen,
Die da Siegfried wirkte · ritt er in den Streit.
Den Fraun an ihren Freunden · tat er mächtiges Leid.

„Auch mußte vor ihm fallen · der Friedel mancher Braut.
Seine Schläge schollen · auf Helmen also laut,
Daß sie aus Wunden brachten · das fließende Blut:
Er ist in allen Dingen · ein Ritter kühn und auch gut.

„Wieviel auch hat begangen · von Metz Herr Ortewein:
Was er nur mocht' erlangen · mit dem Schwerte sein,
Das fiel vor ihm verwundet · oder meistens tot:
Doch schuf euer Bruder · die allergrößeste Not,