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©2014 Yürgen Oster
Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 978 3735 7834 93
Gesetzt in der Optima, chinesische Schriftzeichen FZ LiBian, welche sich an der klassischen Kanzleischrift orientiert.
Das Gedicht Xin Xin Ming gilt als der erste Text der Chan (Zen) Literatur. Es wurde verfasst von Meister Seng Can, dem dritten Patriarchen nach Bodhidharma, chin. Puti Damo, der den Buddhismus aus Indien nach China brachte. Über Seng Cans Herkunft ist nichts bekannt, weder sein Geburtsdatum noch sein bürgerlicher Name. Gestorben ist er 606.
Xin bedeutet Vertrauen, Glaube oder Bekenntnis; das zweite Xin
ist das Zeichen für Herz, aber auch Geist im Sinne des Bewusstseins, des Geistigen im Menschen; Ming
ist eine Inschrift, ursprünglich bezogen auf in Stein oder Holz eingeschriebene Texte, woher solch verwegene Übersetzungen wie ,Meisselschrift‘ oder ,Einprägungen‘ stammen. Wenn auch der Text tief zu Herzen gehen soll, so betont er auch die Schlichtheit der Lehre.
Es ist alles ganz einfach, sagt der Meister zu Beginn, dann führt er es aus und es werden 146 Zeilen zu je 4 Schriftzeichen. Ähnlich dem Dao De Jing, wurde das Xin Xin Ming unzählige Male übersetzt und kommentiert. Da eine Übersetzung aus dem Chinesischen schon immer eine Interpretation bedeutet, führen zwangsläufig die Kommentare noch weiter vom Original weg. Dennoch habe auch ich mich dazu hinreißen lassen.
Meiner Bearbeitung liegt eine chinesische Textversion zugrunde, in der jeweils 3 Zeilen zu einem Vers vereint wurden. Während der Arbeit bemerkte ich, dass viele andere Übersetzungen nur zwei Zeilen zusammen zogen. Dadurch verändert sich natürlich mitunter der Bezug. Ich habe deshalb meine Bearbeitung zunächst unterbrochen und überprüft, mich dann aber doch von allen Zweifeln befreit und meine Dreizeiler fortgesetzt.
Der Chan-Zweig des Buddhismus ist stark vom Daoismus beeinflusst und geht davon aus, dass der Geist und Buddha eins sind. Es gibt nichts zu vervollkommnen, nur die Tatsachen anzuerkennen. Die häufige Betonung der Einheit, der Versuch Seng Cans, auf logischem Wege in das Paradox der Zweiheit zu führen um sie aufzulösen, soll den Leser wecken. Deshalb habe ich auch, statt von einer abstrakten Zweiheit von Zweifeln geschrieben. Die Natur ist ohne Zweifel und die wahre Natur des Geistes ebenfalls. Dennoch ist der Zweifel eine Eigenschaft.
Die Praxis des Chan ist das Sitzen in Versenkung. Eine Methode, die schon lange im Daoismus praktiziertund bereits von Zhuang Zi erwähnt wurde. Allerdings entstand das wohl wichtigste Werk über das Sitzen von Si Ma Cheng Zhen kurz nach und unter dem Einfluss des Xin Xin Ming. So verstehe auch ich den Text mehr als eine Erweiterung daoistischer Kultur, weswegen ich ihn von buddhistischer Terminologie freigehalten habe.
Ich hoffe, nicht unnötige Verwirrung zu stiften, bitte alle Ungereimtheiten mir und nicht Meister Seng Can anzulasten und dem Xin Xin Ming mit offenem Herzen zu begegnen.
Teneriffa 2014
Dao erreichen ist nicht schwer, nur nicht fassen nach diesem oder jenem, nur nicht hassen oder lieben.
Gleich zu Anfang spuckt es uns Meister Seng Can direkt ins Gesicht: es ist ganz einfach! Hör einfach auf zu unterscheiden, hör einfach auf, zu lieben oder zu hassen, etwas anzunehmen, etwas abzulehnen.
Versteht ihr das, ihr streitsüchtigen Besserwisser, die ihr vom erleuchteten Geist lehrt? Ihr haltet ihn schon in Händen oder zwischen den Ohren, nehmt ihn in euer Herz auf und habt Vertrauen.