Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.
© 2013 (Erstauflage), Claus Bernet
Alle Rechte vorbehalten.
office@bernetc.com oder kontakt@edition-graugans.de
http://himmlischesjerusalem.wordpress.com
Berlin, 5.3.2015, 3. Aufl.
Herstellung und Verlag:
Bod - Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7322-1900-1
Arbeiten aus Stein halten überaus lange. So erklärt es sich, dass in diesem Band der „Meisterwerke“ viele, zumeist gut erhaltene Arbeiten aus dem Mittelalter enthalten sind. Zudem ist das Material Stein meist in Gebäuden eingebunden und befindet sich noch heute an dem Ort, an dem es seine Auftraggeber oder andere Entscheidungsträger haben wollten.
Städte wie Jerusalem sind aus Stein erbaut, und damit liegt es nahe, auch Stein – meist Marmor, Basalt oder Sandstein – als das „authentische“ Material zu seiner künstlerischen Darstellung heranzuziehen. Hierzu fallen auch Arbeiten aus Keramik oder modernem Kunststein. Freilich: Das Wetter und die Umwelteinflüsse haben vielen Kunstwerken über die Jahrhunderte schwer zugesetzt, die ursprünglichen Farben sind kaum erhalten, und auch feinere Strukturen oder Ziselierungen haben, im Gegensatz zu Miniaturen, die Zeit nicht unbeschadet überdauert. Da viele der Steinwerke aber recht großformatig geschaffen sind, so hat sich auch heute noch ein recht respektabler Zustand erhalten. Gerade für nicht Lesekundige waren die Gerichtsszenen an Portalen, die ja fast immer auch das Himmlische Jerusalem thematisieren, ein wichtiger Orientierungspunkt im religiösen Alltagsgeschehen, und noch heute gehören die Bildhauerarbeiten der Portale von Autun, Bourges oder Paris zu den bekanntesten Jerusalems-Darstellungen überhaupt.
Während in Frankreich und übrigens auch in Skandinavien das Himmlische Jerusalem in Stein überaus oft am Tympanon und Kapitellen von Sakralbauten oder in Form von Taufsteinen zu finden ist, so ist Deutschland, Dank Kirchensteuer und „Kunst am Bau“, unbestritten der Ort der Jerusalems-Denkmale. Erwähnenswert sind hier der Kitzinger Stadtbrunnen, das Synagogendenkmal in Hildesheim oder die Jerusalemstele in Rodgau. Kein anderes Land hat hier mehr zu bieten.
Ähnlich scheint es auch bei Grabsteinen zu sein. Grabmäler in Anlehnung an das Himmlische Jerusalem gab es zwar schon seit der Antike, wohl, weil damit ein „Ewigkeitswert“ gesichert schien, doch erst seit der letzten Jahrtausendwende wurde das Himmlische Jerusalem zum „Friedhofsrenner“. Glaubt schon während der Lebenszeit kaum jemand mehr an den paradiesischen Friedensort, so soll er wenigstens im Tode etwas Hoffnung ausstrahlen – möchte man meinen. Ganze Steinmetzbetriebe in Deutschland haben sich dieser Mode verschrieben und bieten die Stadt im Ganzen oder Ausschnitte in Form der beliebten Himmelspforte an, so Gerhard Stickel in seinem Atelier in Nagold, die „Kurz Natursteine GmbH“ in Bensheim, Hanns-Christian Luibl in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Sebastian Langner in Wittlich/Hunsrück u.v.a.. Wie wird man wohl in 2000 Jahren über diese Werke urteilen?
Das hochmittelalterliche Relief stammt aus der Kirche St Paul lès Dax im gleichnamigen Ort Saint-Paul-lès-Dax im Departement Landes. Der Bau aus dem 12. Jahrhundert gilt als Höhepunkt der Romanik. Über den blinden Apsisarkaden findet man Flachreliefs aus Marmor zur Passion Christi und zur Auferstehung. Zu dieser letzten Gruppe gehören zwei Bilder aus der Apokalypse: die sechste und siebte Posaune sowie das Himmlische Jerusalem. Die vier Tore im unteren Bereich nehmen die Apsisarkaden von St Paul lès Dax auf. In einer weiteren Arkade, eine Ebene darüber, schaut Christus nach außen. Ganz oben schließen zwei Engel das Relief ab. Rechts sind kleinere Tore angebracht, die vielleicht den Tabernakel, die Kirche St Paul lès Dax oder Bauten der Gottesstadt zeigen. Vermutlich befanden sie sich auch auf der linken Seite des ansonsten symmetrisch gestalteten Reliefs.
Das besondere an St Paul lès Dax ist, dass dieses Relief nicht etwa im Kircheninneren, sondern an der Maueraußenseite angebracht ist. Eine solche kostbare Außendekoration war möglich geworden, da die Kirche am Pyrenäenhauptpass des Pilgerwegs nach Santiago de Compostella reich geworden war.
E. Dufourcet: L’eglise de Saint-Paul-lès-Dax, Dax (1882).
Ch. Didelot: Les bas-reliefs de l’église de Saint-Paul-lès-Dax, in: Congrès Archéologique de France: Séances généra - les, 1888/89, S. 380-381.