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Thomas Thiemeyer

Medusa

Band 1
der Hannah-Peters-Reihe

Roman

Impressum

Überarbeitete Neuausgabe

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Autors wiedergegeben werden.

Umschlaggestaltung: Thomas Thiemeyer

eISBN 978-3-948093-00-6

Über dieses Buch

Eine todbringende Steinskulptur mitten in der Sahara. Ein Rätsel, älter als die Menschheit. Eine Forschergruppe, verschollen in einem Höhlenlabyrinth. Und eine Frau, die als Einzige die kryptischen Zeichen zu deuten vermag …

Thomas Thiemeyer entführt seine Leser zu einem der geheimnisvollsten Flecken der Erde, ins Aïr-Gebirge des Niger, wo tief in der Erde das steinerne Auge der Medusa ruht und auf Entdeckung wartet.

Zum Geleit

Eine der trockensten Gegenden auf unserem Planeten.

Eine Landschaft voller Extreme.

Eine Welt voller Wunder…

Die Sahara. Neun Millionen Quadratkilometer aus Sand, Fels und Stille. Die einheimischen Tuareg sagen, Allah habe hier alles Überflüssige entfernt, damit der Mensch das wahre Wesen der Dinge zu erkennen vermöge. Sie nennen die Sahara das Meer ohne Wasser. Doch so lyrisch dieser Titel auch klingen mag, zutreffend ist er nicht. Neueste Forschungen haben ergeben, dass die Sahara tief im Inneren eines der größten Naturwunder unserer Zeit beherbergt. Ein riesiges Reservoir an freiem Trinkwasser, eingebettet in Stollen, Höhlen und Adern. Der Staat Libyen hat bereits damit begonnen, dieses Reservoir anzuzapfen und den größten künstlichen Fluss der Menschheitsgeschichte zu bauen. Das Projekt ist bekannt unter der Bezeichnung GMMR - Greatest Man Made River, und gilt als achtes Weltwunder, doch viele Geologen bezweifeln seine Durchführbarkeit über einen längeren Zeitraum.

Das Wasser, das dort an die Oberfläche gepumpt wird, stammt aus einer Zeit, als dieses Land noch grün und fruchtbar war. Einer Zeit, in der es Seen gab, die eine Größe von hunderttausend Quadratkilometern erreichten und an deren Ufern Elefanten, Giraffen und Löwen lebten. Vor sechstausend Jahren dann begann sich das Klima zu ändern. Die Niederschläge blieben aus und das Land verödete. Zurück blieben endlose Weiten aus Fels und Sand, dazwischen einige wenige Oasen. Wie konnte es dazu kommen und wie ist es zu erklären, dass sich trotz der Trockenheit noch so viel Süßwasser in der Tiefe befindet? Dies ist nicht das einzige Rätsel, das uns die Sahara aufgibt. Es existiert noch ein anderes, was mindestens ebenso seltsam ist.

Die Sahara wurde seit frühester Zeit von Menschen besiedelt. Jäger, Bauern und Viehzüchter kamen und gingen und hinterließen ihre Spuren in Form von Felsmalereien und Gravuren. Doch vor neuntausend Jahren erschien praktisch über Nacht eine Kultur, die Darstellungen von solcher Perfektion und solcher Fremdartigkeit hinterließ, dass sie Wissenschaftlern noch heute ein Mysterium sind. Riesige schwebende Gestalten mit Antennen, Helmen, Stacheln und Raumanzügen, deretwegen der berühmte Afrikaforscher Henri Lhote den Figuren die Bezeichnung Große Marsgötter gegeben hat. Aber was ist auf den Bildern dargestellt? Sind es Masken, sind es Götter oder vielleicht Außerirdische? Woher kamen diese Menschen, woher hatten sie ihre Kunstfertigkeit und vor allem, wohin verschwanden sie? Denn eines ist klar: so plötzlich wie diese Kultur auftauchte, erlosch sie auch wieder. Niemand weiß bis heute, wohin diese Menschen gegangen sind und warum keine der darauffolgenden Epochen einen Hinweis auf ihren Verbleib hinterlassen hat. Alles, was von ihnen erhalten ist, sind Kunstwerke von atemberaubender Fremdartigkeit.

Als ich begann, mich mit der Sahara zu beschäftigen, ahnte ich nicht, dass ich eines Tages mal einen Roman darüber schreiben würde. Ich war fasziniert von der Schönheit der Landschaft und seiner Menschen, und von ihrer Fähigkeit, unter solch extremen klimatischen Bedingungen zu überleben. Als ich dann auf die oben geschilderten Rätsel stieß, begann sich ein Gedanke zu formen. Was wäre, wenn die beiden Phänomene miteinander verknüpft wären? Was, wenn sie nur zwei Teilbereiche eines einzigen Mysteriums wären, eines Rätsels, dass unsere Vorstellungskraft übersteigt? Als Schriftsteller darf man solche Fragen stellen, ja, man muss sie stellen um die Phantasie des Lesers anzuregen und ihn zu ermutigen, die Welt mit offenen Augen zu betrachten. Es ist nur eine Frage der richtigen Mischung aus Dichtung und Wahrheit…

Die meisten der im Buch geschilderten Orte existieren tatsächlich, ebenso wie die erwähnten Kunstwerke.

Für detailliertere Auskünfte zum Thema Sahara oder Felsmalereien wenden Sie sich bitte an das deutsche Frobenius Institut der Goethe-Universität Frankfurt, oder an die Gesellschaft Stonewatch.

Über Hannah Peters

Ich begegnete ihr das erste Mal im Herbst des Jahres 2001, in unserer kleinen Wohnung im Stuttgarter Westen, inmitten von Bildern, Reiseberichten und Kunstbänden. Damals arbeitete ich noch hauptberuflich als Illustrator, fertigte Umschlagzeichnungen für den Heyne Verlag an, Jugendsachbücher für Ravensburger und Covergemälde für die Fantasy-Productions-Reihe „Das schwarze Auge“. Das Vorhaben, einen Roman zu schreiben, trieb mich schon eine ganze Weile um und ich hatte zwei abgeschlossene, wenn auch unveröffentlichte, Manuskripte in meiner Schublade liegen. Auf der Suche nach einem neuen Thema trat sie plötzlich in mein Leben. Mittelgroß, Brillenträgerin, etwa vierzig, wilde braune Haare und ein schalkhaftes Lächeln. Sie ging an meiner Bücherwand entlang und ließ ihre Finger über die Heftrücken meiner National Geographic Sammlung gleiten. »Warum schreibst du keinen Archäologieroman«, fragte sie. »Du könntest an exotische Orte reisen, fremde Kulturen kennenlernen und sagenumwobenen Mysterien auf die Spur kommen. Offenbar beschäftigt dich das Thema bereits seit einigen Jahren. Das Ganze vermischt mit Spannung, Liebe, Abenteuer – daraus müsste sich doch eine gute Geschichte stricken lassen. Wenn du möchtest, helfe ich dir dabei.«

Ich sah sie an und zögerte. Sie wirkte so ganz anders als diese übergroßen Hollywoodlegenden Indiana Jones oder Lara Croft, die mit Waffen und Sprengstoff in alte Tempelanlagen eindrangen und ihnen die Geheimnisse mit Gewalt entrissen. Eine eher schmale, unscheinbare Frau, die aber über Temperament verfügt und über ein unstillbares Verlangen nach Geheimnissen und Abenteuern. Offenbar trägt sie selbst auch einige Geheimnisse mit sich herum. Scharten, die das Leben geschlagen hatte, alte Verletzungen, die nie ausgeheilt waren. Ich entschied, ihren Vorschlag anzunehmen und sie auf einer ihrer Expeditionen zu begleiten. Was hatte ich schon zu verlieren, immerhin musste ich mich nicht allein in unbekanntes Terrain vorwagen.

In MEDUSA entführte sie mich in die Sahara, hinein ins Land der Tuareg, der Sandsteingebirge und Felsmalereien. Sie zeigte mir Orte, von denen ich noch nicht mal gehört hatte und begeisterte mich mit haarsträubenden und lebensgefährlichen Abenteuern. Als der Roman 2004 erschien und mit weit über 150.000 verkauften Exemplaren in die Bestsellerlisten sprang, wurde mir klar, dass aus unserem kleinen Flirt mehr geworden war. Hannah hatte mich an die Hand genommen und mir den Weg gewiesen. Das hier fing an ernst zu werden. Eine richtige Beziehung. Eine Fernbeziehung zwar - schließlich galt es noch andere Romane zu schreiben - aber immerhin.

Es folgten in einigem Abstand vier weitere Romane in denen sie mir sehr nah war, nur, um mich kurz darauf, und für unbestimmte Zeit, wieder zu verlassen. On and Off, wie das bei modernen Paaren eben so ist.

In NEBRA (2009) lud sie mich ein, die Wunder europäischer Frühkulturen zu entdecken, genauer gesagt, das Geheimnis um die Himmelsscheibe von Nebra und den Hexenkult am Brocken. Danach wurde es noch gefährlicher. VALHALLA (2014) zwang mich, an einen Ort zu reisen, an den ich mich unter normalen Umständen nie begeben hätte – in die Welt ewigen Eises, klirrender Kälte und Monate währender Polarnächte. Es war tröstlich zu wissen, dass Hannah in dieser Zeit genauso gelitten hat wie ich. Wir beide sind nicht für diese Temperaturen geschaffen. Wir sehnen uns nach Wärme, Licht und Weite. Doch auch dieses Abenteuer endete im Guten und zum Glück ohne abgefrorene Gliedmaßen oder andere bleibende Schäden. Dann folgten BABYLON (2016) und WICCA (2019). Der eine Roman führte ins irakisch-syrische Grenzgebiet, dem Herz der Terrormiliz Islamischer Staat und Ursprungsort des Turms zu Babel, der andere war eine Schnitzeljagd über Honduras und Jordanien, bis an die südenglische Küste, auf der Suche nach dem Weltenbaum und dem Geheimnis ewigen Lebens.

Danach verabschiedete sich Hannah von mir, zog davon, irgendeinem neuen haarsträubenden Abenteuer entgegen und ließ mich zurück, damit ich mich wieder meiner Arbeit widmen konnte. Denn so ist sie: sie geht wenn es ihr passt und kommt irgendwann, wenn ich am wenigsten mit ihr rechne.

On and Off.

Fünfzehn Jahre sind inzwischen vergangen. Für mich. Wieviel es für Hannah sind? Keine Ahnung, denn man muss fein zwischen Echtzeit und Romanzeit unterscheiden. Irgendwie gehen die Uhren zwischen zwei Buchdeckeln anders. Manchmal schneller, manchmal langsamer – es scheint da keine festen Regeln zu geben.

Hannah ist in diesen Jahren nur wenig gealtert. Inzwischen ist sie mit John zusammen und hat eine Tochter. Sie ist gereift, vielschichtiger und klüger geworden, aber sie sieht noch immer so aus wie damals, als wir uns zum ersten Mal begegneten. Mit diesem Schalk im Gesicht, den staubigen Klamotten und der Karte in der Hand.

Eines weiß ich genau: wenn sie das nächste Mal durch meine Tür tritt und mich anlächelt, wird es sein wie damals. Ich werde unruhig und unkonzentriert werden. Das Kribbeln und die Abenteuerlust werden mich überkommen und ich werde diesen unbezähmbaren Drang verspüren, alles stehen und liegen lassen und ihr zu folgen. Egal wohin, Hauptsache ins Abenteuer.

Denn das ist es, was uns verbindet, Hannah und mich.

Nun lade ich Sie ein, Hannah in ihr erstes Abenteuer zu folgen. Die vorliegende Fassung wurde von mir leicht überarbeitet. Die Geschichte ist in ihren Grundzügen natürlich dieselbe, wurde aber in einigen Stellen sprachlich geglättet und inhaltlich und chronologisch an die darauffolgenden Abenteuer angepasst. Viel Vergnügen mit MEDUSA.

Inhaltsübersicht

Zitate

Widmung

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

Dank

Für Bruni,
in tiefer Dankbarkeit
für all die wundervollen Jahre …

Jeder ist ein Mond und hat eine dunkle Seite,
die er niemandem zeigt.
Mark Twain

Wer eine Blume pflückt, stört einen Stern.
Francis Thompson

1

Das Geröll knirschte unter ihren Stiefeln, als sie das ausgetrocknete Flussbett emporstieg. An den Spitzen vertrockneter Grasbüschel glitzerten morgendliche Tautropfen. Der Ruf eines Ziegenmelkers verhallte klagend in den Tiefen des namenlosen Tals. Vereinzelt summten Fliegen durch die Luft, auf der Suche nach einem Ort, an dem sie vor der Hitze des heranbrechenden Tages Schutz suchen konnten.

Hannah Peters blickte über den Rand ihrer Brille hinauf in den kobaltblauen Himmel. Nicht der kleinste Wolkenschleier war zu erkennen. Obwohl die Sonne bereits so hoch stand, dass ihre Strahlen auf die Felswand zu ihrer Linken fielen, führte die Luft noch die Kälte der Nacht mit sich. In zwei Stunden aber würde es hier unten kaum noch Schatten geben. Dann würde die Luft flirren und jeder Schritt zu einer Qual werden. Bis dahin musste sie das markierte Gebiet erreicht haben. Einen steilen Felsabbruch am Zusammenfluss dreier Wadis, wie die Einheimischen die nur zeitweise Wasser führenden Trockentäler nannten. Auf ihrer Karte sah das Gelände ideal aus. Wie geschaffen für einen Überhang mit Felsmalereien.

Hannah wühlte in ihrem Rucksack auf der Suche nach ihrer Uhr. Dabei stieß sie auf ihren Reisepass, der hier eigentlich gar nichts verloren hatte, doch dann fand sie, wonach sie suchte. Schon sieben Uhr vorbei. Verdammt. Eigentlich hätte sie seit über einer Stunde unterwegs sein wollen, aber sie musste ja gestern Abend unbedingt von diesem Dattelwein trinken. Die Zunge klebte ihr am Gaumen, aber es war noch viel zu früh, um einen Schluck aus ihrer Feldflasche zu nehmen. Hier tat man gut daran, sich seinen Vorrat an Wasser einzuteilen, das hatte sie schmerzhaft lernen müssen. Außerdem wollte sie vorankommen, um nicht in die Gluthitze des Mittags zu geraten.

Sie war gerade im Begriff, ihren Schritt zu beschleunigen, als sie ein sonderbares Schnauben vernahm, das so gar nicht in die Stille des felsigen Tals passen wollte: das Schnauben eines großen Tieres.

Hannah bog um einen Felsvorsprung und blieb wie angewurzelt stehen. Nicht mehr als fünfzig Meter von ihr entfernt stand eine Addaxantilope. Einmal hatte Hannah eine Herde dieser scheuen Tiere gesehen, doch das war draußen gewesen, in den weiten Ebenen der Wüste. Sie hatte noch nie gehört, dass einzelne Tiere sich so weit in die Berge hineinwagten. Es war ein Bock, mit graubraunem Fell und geschraubten Hörnern, die gut einen Meter maßen. Ein herrliches Tier.

Prüfend hielt es seine Nase in den Wind. Seine Flanke zitterte. Es schien, als stünde das Tier unter großer Anspannung. Wovor hatte es solche Angst? Hannah ließ ihren Blick über das Gelände wandern, konnte aber nichts entdecken. Sie wusste, dass es gefährlich war, sich in der Nähe eines solchermaßen verstörten Tieres aufzuhalten. Langsam, um es nicht zu erschrecken, ging sie rückwärts, während ihre Augen die umliegenden Felsen nach einer geschützten Stelle absuchten.

Plötzlich hörte sie Steine fallen. Der Antilopenbock riss den Kopf hoch. Gehetzt blickte er nach allen Seiten. Angstvolles Stöhnen drang aus seiner Kehle. Ein kurzes Aufbäumen, dann brach er aus und stürmte mit atemberaubender Geschwindigkeit los. Hannah erstarrte. Die pfeilspitzen Hörner gesenkt, donnerte die Antilope in vollem Galopp auf sie zu. Wie ein Güterzug, schoss es ihr durch den Kopf. Sie war vollkommen ungeschützt. Es gab hier keinen Fels, hinter dem sie sich hätte verstecken, keinen Baum, auf den sie hätte klettern können. Ihr Puls flatterte. Sie glaubte zu spüren, wie der Hufschlag den Boden erzittern ließ. Sie öffnete den Mund zu einem Schrei, doch ihre Stimme versagte. Fassungslos starrte sie auf die entsetzlichen Hörner, als ein gewaltiger Schlag die Antilope von den Beinen riss. Der massige Körper stürzte und rutschte, in eine Staubwolke gehüllt, vor ihre Füße. Endlose Sekunden vergingen, ehe Hannah durchatmete.

Der Bock lag regungslos vor ihren Füßen. Zitternd ging sie einige Schritte zurück und schlang die Arme um sich, unfähig zu begreifen, was soeben geschehen war. Sie hatte weder einen Schuss gehört noch etwas anderes wahrgenommen, was auf die Ursache dieses Sturzes hindeuten konnte. Erst als der Staub sich legte, erkannte sie zwei sandfarbene Hunde, die neben der Antilope kauerten. Sie mussten so schnell gewesen sein, dass Hannah sie nicht hatte kommen sehen. Oder war es die Todesangst gewesen, die ihren Blick umnebelt hatte? Es waren große Tiere mit lang gezogener Schnauze und kurzem Fell. Einer hatte den Hinterlauf der Antilope erwischt und hielt ihn mit seinen gewaltigen Zähnen gepackt. Der andere hatte sein Gebiss in den Hals des Tieres geschlagen. Ein bedrohliches Knurren drang aus ihren Kehlen.

Hannah wankte zurück und ließ sich auf einen flachen Felsen sinken. Mit zitternden Fingern öffnete sie ihren Rucksack und holte die Wasserflasche heraus. Das kühle Nass tat ihr gut. Sie schloss die Augen für einige Augenblicke und spürte, wie die Schwäche verflog. Als sie wieder aufblickte, stand ein Targi vor ihr, ein männlicher Tuareg. Seine Augen leuchteten aus dem dunkelblauen Gesichtsschleier.

»Ça va?« Seine Stimme war voll und klar. Er sprach ein akzentfreies Französisch. Zu verblüfft, um Angst zu empfinden, nickte sie und zwang sich ein Lächeln aufs Gesicht.

»Oui. Tout va bien. Merci.« Sie wischte sich den Staub aus dem Gesicht. Der Targi nickte. Dann drehte er sich um und ging hinüber zu der Antilope. Erst jetzt begriff sie, dass die Hunde ihm gehörten. Auf ein Zeichen ihres Herrn hin ließen sie das Tier los und legten sich einige Meter abseits mit lauerndem Blick ins Geröll. Oben auf der Felskante entdeckte Hannah zwei Pferde, herrliche, pechschwarze Tiere. Sie scharrten aufgeregt mit den Hufen, als würden sie ungeduldig auf Befehle ihres Meisters warten. Hannah wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Antilope zu und erschrak. Das Tier hatte sich durch den Sturz etliche Schürfwunden zugezogen, doch es lebte. Es stand unter Schock und lag apathisch auf der Seite. Der Targi streichelte mit der Hand für einige Momente beruhigend über die Nüstern des Tieres. Dann drehte er den Körper mit einer kraftvollen und doch sanften Bewegung, bis die Antilope auf dem Rücken lag. Es war verblüffend zu sehen, wie sie all das willenlos mit sich geschehen ließ. Die Beine angewinkelt, lag sie absolut regungslos und starrte in die Luft.

Hannah hielt den Atem an, während der Targi ein Messer zog. Mit einer beinahe zärtlichen Geste öffnete er den Brustkorb unterhalb des Rippenbogens. Dann befreite er seinen rechten Arm vom schützenden Stoff des Gewandes und führte seine Hand in den Körper des Tieres, dorthin, wo das Herz sein musste. Hannah betrachtete die Szene voller Faszination. Es blutete kaum. Die Augen der Antilope waren von Frieden erfüllt, und fast schien es, als erwartete das Tier den eigenen Tod mit Zuversicht. Nichts deutete darauf hin, dass hier ein Lebewesen gewaltsam aus dem Leben schied. Die Hand des Targi drückte auf das Herz, verlangsamte seinen Schlag und brachte es schließlich zum Stillstand. Hannah sah verwundert, wie der Körper der Antilope erschlaffte und ihre Augen stumpf wurden.

Mit geschickten Bewegungen schnitt der Targi die Innereien aus dem Tier und stopfte den größten Teil davon in einen ledernen Sack. Stücke des Darms verfütterte er an die Hunde, die mit großem Eifer ihren Anteil an der Beute in sich hineinschlangen. Von den Nieren schnitt er zwei Stücke ab, eines für sich und eines für Hannah. Als sie zögerte, nickte er ihr aufmunternd zu. »Hier nehmen Sie. Ist gut für die Nerven. Stärkt das Blut.«

Sie wusste, dass es einer Beleidigung gleichgekommen wäre, diese Geste abzulehnen. Also griff sie nach dem daumengroßen Stück und steckte es sich in den Mund. Es war warm, schmeckte eisenhaltig und war überraschend zart. Dennoch rebellierte ihr Magen. Nahezu ungekaut schluckte sie das ganze Stück hinunter und versuchte die aufsteigende Übelkeit zu verdrängen. Der Targi erhob sich, während er den Schleier, der sein Gesicht vor Sand und Sonne schützte, ablegte. Hannah war überrascht, als sie das Gesicht eines alten Mannes erblickte. Fünfzig, vielleicht sechzig Jahre alt mochte er sein. Die Haare, die das wettergegerbte Gesicht einfassten, begannen bereits grau zu werden.

»Kore. Kore Cheikh Mellakh, vom Stamm der Kel Ajjer«, sagte er und streckte ihr die Hand entgegen. Sie schlug ein. Dann führten beide ihre rechte, reine Hand zum Herzen. Hannah lebte lang genug in Algerien, um die Gepflogenheiten zu kennen.

»Hannah Peters. Ich bin Archäologin; studiere und katalogisiere steinzeitliche Felsmalereien.«

»Ah, die Frau, die mit den kel essuf spricht. Ich habe von Ihnen gehört.«

»Ich hoffe, nur Gutes.«

»Ehrlich gesagt, die Menschen hier halten Sie für verrückt. Eine Frau, die ganz allein zu den Geistern geht, muss verrückt sein, sagen sie. Kein Tuareg würde freiwillig dorthin gehen, wo die Alten wohnen.«

»Aber ich bin nicht allein. Mein Mitarbeiter befindet sich eine knappe Tagesreise entfernt im Basiscamp. Außerdem studiere ich die Alten, wie Sie sie nennen, schon seit fast zehn Jahren.«

»Seltsam, dass wir uns noch nicht begegnet sind. Ich kehre alle zwei bis drei Jahre hierher zurück, um zu jagen.«

»Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich bisher in anderen Gegenden gearbeitet habe. Ich bin zum ersten Mal hier im Sefar.« Sie blickte ihn neugierig an. Seine Füße steckten in kunstvoll bemalten und geflochtenen Ledersandalen. Um seinen Hals trug er das traditionelle gris-gris, ein Amulett aus mehreren kleinen Lederbehältern, in denen die Tuareg Fetische und Koran-Suren mit sich trugen, zum Schutz gegen die Geister der Wüste.

Hannah kam eine Idee. »Vielleicht können Sie mir mit einer Auskunft weiterhelfen«, sagte sie. »Ich war auf dem Weg zu einem bestimmten Punkt in dieser Gegend.« Sie zog ihre Karte aus dem Rucksack. Dann deutete sie auf die Stelle, die sie als Etappenziel ausgewählt hatte. »Kennen Sie diesen Ort? Gibt es dort irgendwelche Zeichnungen oder Ritzungen? Felsmalereien oder etwas in der Art?«

Der Targi trat näher. Sein Blick verriet Unsicherheit. Hannah deutete auf eine andere Stelle. »Sehen Sie, wir befinden uns hier. Dies ist unsere Schlucht, der steile Anstieg, rechts und links davon das Plateau.« Sie beobachtete den Mann. Langsam schien er zu begreifen. Mit seinem rissigen Finger fuhr er über das Papier, während er die Karte studierte. »Diese Stelle dort?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, da ist nichts. Die Mühe hätten Sie sich sparen können.«

Hannah sank in sich zusammen. Den ganzen Weg umsonst gegangen. Heute war einfach nicht ihr Tag. Während sie die Karte zusammenfaltete, beschäftigte der Mann sich mit der Antilope. Er pfiff seine Pferde heran, stemmte den schweren Körper mit äußerster Kraftanstrengung auf den Rücken des Packpferdes und hängte die Lederbeutel seitlich an die Tragegurte. Dann bestieg er das Reitpferd. »Seien Sie nicht enttäuscht. Das Plateau birgt noch viele Geheimnisse, die auf Menschen wie Sie warten. Ich habe Sie in Gefahr gebracht. Als Wiedergutmachung möchte ich Ihnen etwas zeigen, was Sie interessieren wird.« Er streckte seine Hand aus.

Hannah zögerte. Sie war unschlüssig, ob sie die Einladung annehmen sollte. Die Tuareg waren Frauen gegenüber für gewöhnlich sehr zuvorkommend. Denn Frauen führten das Lager in den langen Monaten, die die Männer unterwegs waren. Dementsprechend groß waren ihr Einfluss und der Respekt, der ihnen von den Männern entgegengebracht wurde. Aber auch unter den Targi konnte es schwarze Schafe geben.

»Ich weiß nicht. Ich brauche Wasser, und mein Mitarbeiter erwartet mich zurück.«

»Wasser ist kein Problem. Kommen Sie, Sie werden es nicht bereuen.«

Irgendetwas in den Augen des Mannes überzeugte sie von seinen ehrlichen Absichten. Sie nahm die ausgestreckte Hand und schwang sich hinter ihm in den Sattel.

Eine Stunde später saß sie unter dem flatternden Dach eines khaima und hielt ein Glas Tee in den Händen. Thé de Tuareg, den die Wüstenbewohner aus grünen Blattkugeln brühten. Er war süß und stark. Hannah mochte das Getränk, dessen Zubereitung sehr aufwändig war. Aber im Lager eines Tuareg besaß Zeit keine Bedeutung.

Während sie an ihrem Tee nippte, sah sie sich um. Sie liebte die Sahara, und hier befand sie sich an dem schönsten Ort, den sie sich vorstellen konnte: Tassili N’Ajjer, das Plateau der Flüsse, wie die Tuareg ihn nannten. Eine von Wind und Wasser zerfressene Hochebene im Südosten Algeriens, ein Ort, so unberührt und ursprünglich wie zu Beginn der Schöpfung. Südlich von ihrer jetzigen Position lagen zwei Gebirgszüge, der Hoggar und der Aïr. Beide waren dunkel und vulkanisch; Orte, wie aus Dantes Inferno entsprungen. Im Westen wie im Osten gab es nur noch Sand. Endlosen Sand. Meere aus Sand, Wellen, die eine Höhe von zweihundertfünfzig Metern erreichen konnten. Das war das Reich der Ergs, der größten Sandwüsten, die es auf der Erde gab. Kein menschliches Wesen konnte dort überleben, ausgenommen die Tuareg. Gegen diese Wüsten wirkte selbst das Tassili N’Ajjer wie der Garten Eden. Hier gab es Quellen, Zypressenhaine und Dattelpalmen, hin und wieder begegnete man einer Schlange, einer Ziege oder einem Fennek. Auch Vögel lebten hier. Krähen, Geier und sogar Eulen. Das Tassili N’Ajjer war wie eine Insel, auf die sich die Geschöpfe der Sahara vor den Fluten aus Sand gerettet hatten.

Hannah beobachtete, wie Kore sich der erlegten Antilope zuwandte. Vier fachgerechte Schnitte um die Fesseln, einen am Schädel. Dann blies er ihr mit einer dafür vorgesehenen Pumpe Luft unter die Haut und zog ihr das Fell wie einen Handschuh ab. Er hängte es sorgfältig zum Trocknen auf und begann anschließend, die Antilope in handliche Teile zu zerlegen. Die Stücke verstaute er in Lederbeuteln. Den Hunden warf er währenddessen immer wieder kleine Bissen hin, aber nie so viel, dass sie wirklich satt wurden. Sie durften ihren Jagdtrieb nicht verlieren. Als Kore seine Arbeit beendet hatte und klar war, dass es für die beiden nichts mehr geben würde, verzogen sie sich, um sich zwischen den Felsen noch selbst zu versorgen.

»So«, wandte er sich nach getaner Arbeit seinem Gast zu. »Entschuldigen Sie meine Unhöflichkeit, aber ich musste das jetzt erledigen, damit das Fleisch nicht verkommt. In den Beuteln kann es jetzt reifen, bis ich in mein Lager zurückkehre.«

Hannah winkte ab. »Das ist doch selbstverständlich. Sie haben übrigens gute Gehilfen. Was sind das für Hunde?«

Kore lächelte. »Mischlinge. Das sind die besten Jäger. Immer hungrig, nie zufrieden. Bei ihnen ist der Jagdinstinkt noch nicht verloren gegangen. Außerdem wissen sie genau, dass sie die Beute nicht töten dürfen. Sie sind sehr gelehrig.« Er setzte sich zu ihr und goss sich ebenfalls einen Tee ein. »Erzählen Sie. Warum suchen Sie nach Felsbildern?«

»Weil ich davon fasziniert bin. Es gibt sie auch im südlichen Afrika, doch nirgendwo sind sie besser erhalten und prächtiger als hier, mitten in der Sahara. Die trockene Luft bewahrt die Gravuren und Farben besser als jedes Museum.« Sie spürte, dass sie ins Dozieren geriet, aber Kore zeigte keine Anzeichen von Desinteresse. Also fuhr sie fort. »Das Problem ist nur, die Bilder aufzuspüren. Auf einer Fläche, so groß wie ganz Europa, sind sie so schwer zu finden wie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen. Doch hier, nordöstlich von Djanet findet man die schönsten und bedeutendsten Bilder Afrikas. Vielleicht sogar der ganzen Welt. Höchstens die Malereien in den Höhlen an der Vézère im Südwesten Frankreichs können sich damit messen. Höhlen mit schillernden Namen wie Font de Gaume, Les Combarelles oder Lascaux. Orte, die Weltruhm erlangt haben.«

Kore nickte bedächtig. »Hier gibt es keine Namen, nur Felsen und die Malereien der Alten.«

»Ja, aber dafür von unvergleichlicher Schönheit. Als ich sie das erste Mal sah, wusste ich, dass ein einziges Menschenleben nicht ausreichen würde, um sie zu erforschen.« Ihre Stimme wurde bei diesen Worten immer leiser.

Kore strich mit seinem Finger über das Teeglas. »Was sagt Ihre Familie dazu, dass Sie so allein in die Wüste gehen?«

»Meine Familie?« Sie lachte bitter. »Ich habe seit Jahren keinen Kontakt zu ihr. Vater hasst mich, weil ich nicht seinen Wünschen entsprochen habe. Er wollte, dass ich sein Geschäft übernehme oder dass aus mir eine anständige Ehefrau wird. Es gab nur diese zwei Möglichkeiten. Nun ja, im Gegensatz zu meiner Schwester muss ich wohl eine einzige Enttäuschung gewesen sein.« Sie stockte. Seit langer Zeit hatte sie zu niemandem mehr so offen gesprochen, nicht einmal zu ihrem Assistenten. Aber sie hatte auch seit langer Zeit keinen Außenstehenden gefunden, der ihr so geduldig zuhörte. Mit schmerzhafter Deutlichkeit wurde ihr bewusst, wie einsam sie im Grunde war. Sie richtete sich auf. »Wollten Sie mir nicht etwas zeigen?«

Kore sah sie aus seinen unergründlichen Augen an. »Verzeihen Sie, wenn ich zu neugierig war. Das war unhöflich.«

Sie winkte ab. »Meine Schuld. Ich hätte Sie nicht mit meinen Problemen langweilen sollen. Aber es tut gut, sich mal wieder mit jemandem zu unterhalten.«

Er lächelte. »Darf ich Ihnen noch einen Tee anbieten?«

»Vielen Dank. Genug für mich.«

»Gut. Dann wollen wir gehen. Es ist nicht weit.« Der Targi klatschte in die Hände. Augenblicklich waren die Hunde wieder da. Kore stand auf und verließ mit Hannah den Schatten des Zeltes.

Sofort bildeten sich Schweißtropfen auf ihrer Stirn. Es war noch nicht einmal Mittag und bereits so heiß, dass man sich auf dem Geröll die bloßen Füße verbrennen konnte. Kore ging mit weiten Schritten voraus und steuerte eine enge Stelle zwischen den Felsen an. Die Hunde schlüpften als Erste hindurch, dicht gefolgt von ihrem Herrn. Hannah blieb zurück und blickte sich um. Die Stelle sah wenig viel versprechend aus. In all den Jahren hatte sie ein untrügliches Gespür für Felsformationen entwickelt. Die Felsen hier trugen die Spuren von Winderosion. Wenn hier einmal etwas gewesen war, hatte es das Sandstrahlgebläse der Wüste längst zerstört. Aber, so wusste sie, man sollte niemals voreilige Schlüsse ziehen. Vielleicht wollte er ihr gar keine Malereien zeigen.

Sie folgte dem Tuareg in den schmalen Gang. Je weiter sie ging, desto enger rückten die Wände zusammen. An zwei Stellen konnte sie sich nur seitlich voranschieben. Die Kamera scheuerte über das raue Gestein. »Verdammt«, murmelte sie, als sie bemerkte, dass das Gehäuse Kratzer abbekommen hatte. Sie nahm die Kamera und legte schützend ihren Arm um sie.

Nach wenigen Metern rückten die Wände auseinander und gaben den Blick auf einen märchenhaft anmutenden Talkessel frei. Umsäumt von bizarr abgeschliffenen Felsen, die zu allen Seiten senkrecht in die Höhe wuchsen, bildete der Kessel ein fast perfektes Rund. In seiner Mitte befand sich ein grob gemauerter Brunnen, neben dem eine uralte Zypresse wuchs. Der Form und der Dicke ihres Stammes nach zu urteilen, musste der Baum seit gut und gerne dreitausend Jahren hier stehen. Er war so alt, dass er beinahe versteinert wirkte. Ein lebendes Fossil, ging es Hannah durch den Kopf. Zusammen mit dem Brunnen an seiner Seite war er von beinahe überirdischer Schönheit.

»Fantastisch«, murmelte sie. »Wie kommt es, dass nichts über diesen Ort bekannt ist?«

»Vielleicht Ihnen nicht, wir Tuareg kennen ihn seit Generationen. Wir halten ihn geheim. Früher war er eine wichtige Wasserstelle und ein Gebetsplatz, aber der Brunnen ist seit vielen Generationen ausgetrocknet, und so blieben auch die Pilger aus.«

Hannah hob die Kamera an ihr Auge, doch Kore schüttelte den Kopf. »Bitte nicht fotografieren. Dies ist ein heiliger Ort. Nach den Gesetzen des Koran dürfen von solchen Orten keine Bilder gemacht werden. Es tut mir Leid.«

Hannah blickte ihn enttäuscht an. »Schade. Dieser Platz könnte berühmt werden. Allein dieser Baum …«

»Genau das ist der Punkt. Streng genommen hat der Koran nicht viel damit zu tun. Es geht um die Stille. Können Sie sich vorstellen, wie es hier zugehen würde, wenn die Welt davon erfährt?«

Hannah wusste, wovon er sprach. Sie hatte oft genug mit ansehen müssen, wie die Touristen mit Heiligtümern anderer Kulturen umgingen. Doch sie verspürte das Bedürfnis, jemanden an ihrer Entdeckung teilhaben zu lassen. Jemanden, der ihr nahe stand. Kore schien ihre Gedanken zu erraten.

»Ich verstehe Ihren Wunsch. Aber überlegen Sie gut, ob und wem Sie davon berichten. Dies ist für uns Tuareg seit Tausenden von Jahren ein geweihter Ort, und das soll er bleiben. Aber eigentlich wollte ich Ihnen etwas anderes zeigen.« Er deutete auf die Felsen. »Sehen Sie die Spalte hinter dem Baum, auf der anderen Seite?«

Hannahs Blick folgte seinem ausgestreckten Arm. Tatsächlich – sie hatte es zuerst für einen Schatten gehalten. Das Gestein musste dort vor langer Zeit aufgebrochen sein. Wahrscheinlich durch die enormen Temperaturschwankungen. Wind und Wasser hatten seine Kanten rund geschliffen. Von ungeheurer Neugier angezogen, näherte sie sich der Spalte. Erst als sie kurz davor stand, bemerkte sie, dass Kore und seine Hunde ihr nicht folgten.

»Kommen Sie nicht mit?«

»Nein«, antwortete er mit einem schwer zu deutenden Ausdruck im Gesicht. »Dies ist ein Ort der kel essuf. Für uns ist er tabu. Aber für Sie dürfte er von großem Interesse sein.«

Hannah lächelte. Wie konnte er das wissen, wenn er dort noch nie war? »Sind Sie sicher? Ich könnte einen guten Führer gebrauchen. Selbstverständlich würde ich mich erkenntlich zeigen.«

Kore winkte ab. »Lassen Sie es gut sein. Gehen Sie ruhig allein, es ist nicht weit. Vermutlich werden Sie keine Zeit mehr haben, um sich mit mir zu unterhalten, wenn Sie erst die Schlucht betreten haben. Ich mache mich auf den Weg ins Aïr-Gebirge, genauer gesagt zu den Montagnes Bleues, in deren kühlen Schatten ich den Sommer verbringen werde. Ich würde mich freuen, wenn Sie mich dort einmal besuchen und mir berichten würden, was Sie hier herausgefunden haben. Ich lasse Ihnen ausreichend Wasser an der Zypresse zurück. Leben Sie wohl, Hannah Peters. Allah beschütze Sie.«

»Leben auch Sie wohl, Kore. Und vielen Dank für alles. Allah es malladek!« Sie hob die Hand, doch Kore befand sich bereits auf dem Rückweg.

Sie wandte sich dem Spalt zu. Mit klopfendem Herzen betrat sie das mystische Halbdunkel. Die Felsen wirkten wie gegerbtes Leder. Während Hannah ihre Hände über die raue Oberfläche gleiten ließ, spürte sie überwältigende Neugier in sich aufsteigen. Warum hatte Kore so geheimnisvoll getan? Was mochte sich im Inneren der Schlucht befinden? Hoch über ihr pfiff der Wind über das Plateau. Ein Heulen erklang, dessen Echo von den Steilwänden widerhallte. Als würden Stimmen nach ihr rufen. Manchmal klang es, als flüsterten sie dicht neben ihrem Ohr, dann wieder hörte sie entfernte Schreie. Hannah drehte sich um, aber da war niemand. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Kein Wunder, dass die Tuareg glaubten, dieser Ort sei von Geistern bewohnt. Sie zwang sich, an die physikalische Ursache des Phänomens zu denken. Die steilen Wände umschlossen eine Luftsäule, die durch den Höhenwind in Schwingung versetzt wurde. Die Stimmen waren nichts weiter als schwingende Luftmoleküle. Alles ganz einfach. Dennoch: Sie wurde das Gefühl nicht los, dass sie an diesem Ort nicht allein war. Hannah, Hannah, schienen die Stimmen zu rufen. Es war ganz deutlich zu hören.

Sie verschränkte die Arme vor der Brust und ging weiter, Schritt für Schritt. Mit jedem Meter, den sie zurücklegte, wurde das Gefühl der Bedrohung größer. Es war das erste Mal, dass ihr so etwas widerfuhr. Warum nur hatte Kore sie in diese Schlucht geschickt? Warum war er nicht mitgekommen? Wollte er sie ängstigen? Wenn das sein Ziel war, dann hatte er es geschafft. Sie war geneigt umzukehren, als sie etwas entdeckte. Einen Schatten an der Felswand. Eine Form, und dort drüben noch eine. Undeutlich und doch vertraut. Arme, Beine, Leiber. Sie waren riesig, sie waren …

Hannah hielt den Atem an. Dort waren noch mehr. Sie bedeckten die Felswände, so weit das Auge reichte. Dreißig, vierzig. Gigantische Wesen aus längst vergangenen Tagen. Und alle schienen sie anzustarren, als hätten sie schon seit Urzeiten auf sie gewartet. Hannah, Hannah, riefen die Stimmen.

Sie stolperte vorwärts, und mit jedem Schritt wurde ihr klarer, dass sie Kore würde enttäuschen müssen. Dieser Ort ließ sich unmöglich geheim halten.

Etwas Mächtiges hatte sie gepackt und wollte nicht zulassen, dass sie entkam. Etwas, was einen eigenen Willen zu besitzen schien. Ein Wesen aus dunkler Vorzeit. Immer tiefer wurde sie hineingezogen in eine Welt aus Mythen und Legenden. Die Gesichter erzählten Geschichten und flüsterten von dem Geheimnis am Ende der Schlucht. Und Hannah ging durch die verborgene Welt, bis sie dorthin gelangte, wo jegliches Wissen endete und alles Legende war.

2

Sechs Monate später …

Die Staubwolke, die sich von Norden näherte, krümmte und wand sich wie eine gigantische Schlange aus Sand. Kilometerum Kilometer zog sie sich über die Ebene. Die Sommerhitze ließ die Luft flirren und trug damit noch mehr zu dem Eindruck bei, dass sich ein lebendes, atmendes Geschöpf auf sie zubewegte.

»Komm schnell, Hannah, das glaubst du nicht.« Abdu Kader, ihr Assistent, stand seit einigen Minuten an der Felskante, die Augen an sein Fernglas gepresst.

»Was ist denn los?« Hannah, die versuchte, ihre braune Haarflut mit einem Gummi zu bändigen, blickte auf. »Ist es wichtig?«

»Und ob. Sieht nach Militärfahrzeugen aus.«

Hannah sprang auf. Sie griff nach dem kleinen Fernglas, das sie neben ihrer Sandbrille immer in einer Tasche bei sich trug, und eilte zu Abdu. Nach kurzem Suchen hatte sie die Fahrzeuge im Blick.

»Das ist kein Militär«, stellte sie fest. »Es ist das Team, das man uns angekündigt hat.« Sie versuchte einen genaueren Blick auf die Fahrzeuge zu werfen, aber die Staubwolken ließen die Details verschwimmen. Doch was sie sah, versetzte sie in Erstaunen. »Ich bin davon ausgegangen, dass man uns ein kleines Filmteam schickt«, sagte sie, »aber da habe ich mich wohl geirrt. Das sind Hummer Geländewagen, drei Stück.«

Sie erinnerte sich, wie vor zwei Tagen ein schweres Transportflugzeug über ihre Köpfe hinweg Richtung Djanet gebraust war, dem einzigen Ort weit und breit, der über einen Flugplatz verfügte. Sie hatte sich schon gefragt, was eine solch große Maschine in diesem Teil der Wüste verloren hatte. Jetzt kannte sie die Antwort.

Von Djanet aus führte eine staubige Piste bis zu ihrem Lager. Hier oben, hundert Meter über der Ebene, wehte ein trockener Wind, der auf der Haut brannte. Unten in der Ebene war die Hitze jetzt mörderisch. Hannah stellte sich neben Abdu. »Die scheinen festzuhängen.«

Abdu nickte. »Haben wohl das Warnschild nicht ernst genommen und sind in die Sandwanne gefahren.«

Hannah blickte auf den Konvoi hinab und stimmte ihm zu. »Ich habe ihnen geraten, besser bis zum Herbst zu warten. Aber sie wollten ja nicht hören. Von der National Geographic Society hätte ich eigentlich mehr Professionalität erwartet. Erst lassen sie Monate verstreichen mit ihren langwierigen Verhandlungen über Budgets, und dann kann es auf einmal nicht schnell genug gehen. Sie haben es noch nicht einmal für nötig befunden, uns darüber zu informieren, wer das Team leitet. Ich kann nur hoffen, dass sie uns keine Amateure geschickt haben.«

Hannah lebte lange genug in der Wüste, um zu wissen, dass eine Expedition in dieser Region während des Hochsommers selbst für Menschen mit langjähriger Erfahrung in der Sahara eine ungeheure Strapaze war. Abgesehen von den gnadenlosen Temperaturen war jetzt die Zeit der Sandstürme. Davon überrascht zu werden – ungeschützt und auf freier Ebene, wie es die Fahrzeuge dort unten waren – konnte den Tod bedeuten. Der Sand würde sich in Minutenschnelle um sie herum anhäufen. Sie hatte es selbst erlebt. Schon nach einer Stunde wären die Autos ein Teil der Wüste geworden.

Hannah kniff die Augen zusammen. Nur jemand wie sie, der seit vielen Jahren hier lebte, konnte das Risiko abschätzen, das von dem unberechenbaren Wind ausging. Die Insassen hatten ein Riesenglück, dass er sich zurzeit ruhig verhielt. Verdammter Leichtsinn.

»Soll ich runter und ihnen helfen?«, fragte Abdu.

Hannah schüttelte den Kopf. »Nein. Sie sollen versuchen, allein klarzukommen. Betrachten wir es einfach als einen ersten Test. Wenn sie die kurze Strecke von Djanet bis hierher nicht bewältigen, wie wollen sie es dann tiefer in die Wüste hinein schaffen?«

»Du gehst also immer noch davon aus, dass die Suche weitergeht?«

»Darauf wette ich eine Flasche Dattelwein mit dir. Die Frage ist nur, ob die das durchstehen.«

Abdus Augen zwinkerten belustigt. »Du bist heute wieder besonders liebenswürdig. Freust du dich denn gar nicht?«

»Doch schon. Ich möchte es ihnen nur nicht zu leicht machen, verstehst du? Immerhin habe ich hier Jahre mit mühseliger Kleinarbeit verbracht. Sie sollen ruhig mal etwas von den Strapazen erleben, die wir auf uns genommen haben.«

Abdu schüttelte den Kopf. »Seltsame Denkweise. Ich bin immer davon ausgegangen, dass du dir genau diese Aufmerksamkeit immer gewünscht hast. Und anstatt das Glück mit offenen Armen willkommen zu heißen, legst du ihm Steine in den Weg.«

Hannah seufzte. »Ich frage mich manchmal, ob ich das Richtige getan habe. Vielleicht hätte ein einfacher Artikel in der Archaeology Today auch seine Funktion erfüllt. Jetzt haben wir hier ein Filmteam, das alles auf den Kopf stellen wird – für einen einstündigen Beitrag im Discovery Channel. Eingequetscht zwischen zwei Werbepausen, versteht sich. Und wenn sich herausstellt, dass meine Vermutungen falsch sind? Dann stehe ich vor der gesamten Welt wie ein Trottel da. Ich glaube, es ist einfach die Angst vor der eigenen Courage.«

Abdu nickte. »Das wäre möglich. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass das nicht der wirkliche Grund für deine Verstimmung ist. Könnte es sein, dass du einfach ein schlechtes Gewissen hast, weil du etwas versprochen hast, was du nicht gehalten hast?«

Sie hob den Kopf. »Ich weiß nicht, wovon du redest.«

»Und ob du das weißt. Ich rede von deinem Versprechen, das du Kore gegeben hast – nämlich diesen Ort geheim zu halten.«

Sie lächelte. Abdu kannte sie inzwischen besser als sie sich selbst. »Ich gebe ja zu, dass ich die Unwahrheit gesagt habe, und auch wenn Kore deswegen enttäuscht ist, hielt ich es doch für richtig, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Ich spüre, dass hier etwas von enormer kultureller Bedeutung verborgen liegt, und habe mir diese Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht. Aber manchmal muss man einfach Prioritäten setzen.« Damit war das Thema für sie beendet.

Ihr Begleiter nickte in der für ihn so typischen knappen Art, dann blickte er wieder auf die Ebene hinab. »Scheint so, als hätten sie das Fahrzeug freibekommen. Soll ich ihnen nicht doch entgegenfahren?«

»Du bleibst, wo du bist! Ich habe ihnen die genauen GPS-Daten gegeben. Die müssen allein in der Lage sein, uns hier zu finden.« Sie zwinkerte ihrem Begleiter zu. »Nur ein weiterer Test.« Mit diesen Worten ließ sie den kopfschüttelnden Abdu zurück und ging zu den Zelten.

Die beiden dünnwandigen Stoffgebilde schmiegten sich an den Fels unterhalb eines steilen Überhangs. Das kleinere diente zum Schlafen, im großen lagerten ihre Aufzeichnungen, die Computer, das Satellitennavigationsgerät sowie die übrige technische Ausstattung, darunter ein Diktiergerät und eine Digitalkamera, die ihr das Frobenius-Institut zur Verfügung gestellt hatte. Die Zelte stammten aus den Beständen der algerischen Armee und standen die meiste Zeit offen. Die Technik war gewissenhaft in Aluminiumkisten verstaut und gut geschützt gegen den allgegenwärtigen Sand. Da Hannah es vorzog, ihre Aufzeichnungen handschriftlich zu Papier zu bringen, und auch sonst nicht viel Wert auf die elektronischen Helfer legte, waren die Geräte noch so gut wie unbenutzt. Sie hatte die Erfahrung gemacht, dass die Technik immer das Erste war, was bei den hohen Temperaturen ausfiel, und zwar umso schneller, je komplizierter sie war.

Abdu hatte kein eigenes Zelt. Er liebte es, in Hannahs altem, soliden Toyota Landcruiser zu schlafen, dessen grüne Farbe über die Jahre zu einem stumpfen Gelb verblichen war. Die zerschlissenen Kunstledersitze waren mit fein gewebten Tuareg-Stoffen überzogen und sehr bequem. Der Wagen war fast schon zu einem dritten Mitglied ihres Teams geworden, hatte er ihnen doch mehr als einmal das Leben gerettet. Natürlich war er nicht zu vergleichen mit den drei pechschwarzen Ungeheuern, die wie riesige Insekten im Schneckentempo auf ihr Lager zusteuerten. Hannah kannte sich in diesem Geschäft gut genug aus, um zu wissen, dass allein eines dieser Fahrzeuge gut und gern achtzigtausend Dollar kostete. Eine Summe, von der sie und Abdu bequem zwei Jahre lang hätten leben und forschen können.

Während Hannah die Aufzeichnungen der letzten Tage durchblätterte, schlenderte Abdu heran. An der Art, wie er sich bewegte, erkannte sie, dass er etwas auf dem Herzen hatte.

»Was gibt’s denn?«, fragte sie ungehalten.

»Ich möchte dich nicht stören«, entgegnete er, während er beobachtete, wie sie einige lose Blätter in einen Ordner heftete. Sie seufzte. Wenn Abdu reden wollte, hatte es keinen Sinn, sich dagegen zu wehren. Er hatte das bei weitem dickere Fell. »Also gut, schieß los.«

Mit ernstem Blick schnappte er sich einen Klappstuhl und setzte sich neben sie. »Es ist wegen vorhin. Ich habe das Gefühl, dass du irgendwie enttäuscht bist.«

»Enttäuscht? Ich wüsste nicht, weshalb. Läuft doch alles bestens.«

»Du solltest nicht versuchen, mich für dumm zu verkaufen«, sagte er, während er auf dem Stuhl vor und zurück wippte und an einem Grashalm herumknabberte. »Das funktioniert bei mir nicht.«

Sie lächelte. »Du bist schrecklich, weißt du das?«

Abdus Zähne schimmerten weiß, als er sie angrinste.

Sie ließ ihre Hände in einer Geste gespielter Resignation auf die Schenkel fallen. »Also gut. Ich bin sauer. Warum? Überleg doch mal. So viele Jahre arbeiten wir nun schon hier. Wir haben wichtige Grundlagenforschung betrieben, doch noch nie hat jemand unsere Arbeit zur Kenntnis genommen. Abgesehen von einigen Kollegen, die meine Berichte in den Fachzeitschriften lesen. Aber nun, da wir etwas entdeckt haben, was nach Sensation riecht, kommen sie an. Allen voran die National Geographic Society, die angesehenste und vermögendste geografische Gesellschaft weltweit.«

»Du übertreibst …«

»Von wegen. Die NGS finanziert Hunderte von Forschungsprojekten rund um den Globus und besitzt einen eigenen Fernsehkanal. Das National Geographic Magazine ist die weltweit erfolgreichste Zeitschrift in diesem Bereich. Ein oder zwei Artikel darin, und die ganze Welt kennt unseren Namen.«

»Und warum kommt dir das so ungelegen? Ich dachte immer, du wolltest genau das.«

»Schon, aber hat es unsere bisherige Arbeit etwa nicht verdient, veröffentlicht zu werden? Haben wir in den letzten Jahren etwa nur in den luftleeren Raum hinein gearbeitet?«

»Aha!« Abdus Augen leuchteten. »Jetzt kommst du zum Kern der Sache. Da hat die verletzte Eitelkeit gesprochen. Du willst nicht, dass jemand anderer die Lorbeeren für unsere Arbeit erntet, das ist es.«

»Genau das! Zufrieden?« Mit energischen Bewegungen klappte sie den Ordner zu und stellte ihn an seinen Platz hinter den Aluminiumkisten. Dann begann sie den Klapptisch abzustauben.

Abdu ließ sich lange Zeit mit seiner Antwort, und als er weitersprach, schien er seine Worte genau abzuwägen. »Der Fund ist in Wirklichkeit zu großartig, um geheim gehalten zu werden oder als Fußnote in der Archaeology Today zu verkümmern. Du weißt das, und ich weiß das auch«, sagte er. »Aber ob wir nun den Ruhm dafür ernten oder jemand anderer, ist im Grunde egal. Genau genommen waren es ja die Tuareg, die die Entdeckung gemacht haben. Dies ist ihr Gebiet, ihr Geheimnis, ihr heiliger Ort. Sie haben uns lediglich gestattet, ihn zu besichtigen. Nun, du hast das Geheimnis ausgeplaudert, und das ist eine Sache, die dir schwer im Magen liegt. Irgendwann wirst du dich vor den Tuareg und deinem eigenen Gewissen verantworten müssen.« Damit stand er auf und ging wortlos davon.

Hannah atmete tief durch. Er hatte Recht und sie wusste es.

Eine halbe Stunde später erschienen die Expeditionsfahrzeuge auf dem Hochplateau. Hannah fand, dass sie mit ihrem hohen Radstand aussahen wie bösartige Käfer. Das markante Rechteck mit der Aufschrift National Geographic Society prangte in gelben Lettern auf den Türen. Ihr kundiges Auge erkannte sofort, dass an den Fahrzeugen aufwändige Veränderungen vorgenommen worden waren. Sie waren mit Seilwinden, Rammschutz, Außenhalterungen sowie Vorrichtungen ausgestattet, die es erlaubten, auf den Dächern der Fahrzeuge Schlafkabinen einzurichten. Das alles unterstrich den Eindruck, dass hier keine Kosten und Mühen gescheut worden waren. Das waren keine Autos, sondern Prestigeobjekte. Dass man ihnen solche Fahrzeuge schickt, konnte nur bedeuten, dass sie hier Großes erwarteten. Durch die Scheiben waren die angespannten Gesichter der Teammitglieder zu erkennen. Der Besuch in der Sandwanne schien sie mitgenommen zu haben, und sie spürte einen Anflug von schlechtem Gewissen in sich aufsteigen.