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Carla van Kaldenkerken

Supervision und Intervision
in der Mediation

Einführung – Methoden – Anleitungen

Image Wolfgang Metzner Verlag

In Erinnerung an Jörg Fellermann († 2014)
Das Engagement für das Thema Supervision und Mediation
hat uns sehr verbunden.
C.v. K.

© Wolfgang Metzner Verlag, Frankfurt am Main 2014
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Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,
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Gestaltungskonzept Farnschläder & Mahlstedt, Hamburg
Umschlagabbildung © Zoonar/Bernd Stuhlmann
ISBN 978-3-943951-95-0

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhalt

Vorwort

Einleitung

1. Was ist Supervision?

1.1 Geschichte der Supervision

1.2 Supervision heute

1.3 Systematik von Supervision und ihre Unterscheidung von anderen Beratungsformaten

1.4 Formen von Supervision

2. Ausbildungssupervision im Rahmen der Mediationsausbildung

2.1 Standards der Berufsverbände zum Einsatz von Supervision im Rahmen der Ausbildung

2.2 Erfahrungen mit dem Einsatz von Supervision in der Ausbildung

2.3 Die Ausbildungssupervision im Rahmen der Mediationsausbildung

2.4 Rahmenbedingungen von Ausbildungssupervision in der Mediationsausbildung

2.5 Der Dreieckskontrakt zwischen Ausbildungsinstitut, Supervisor und Weiterbildungsteilnehmern

2.6 Arbeitsblätter für die Ausbildungsinstitute

Image 2.6.1 Informationen zur Supervision in der Mediationsausbildung

Image 2.6.2 Grundsätze zur Durchführung der Ausbildungssupervision

3. Supervision als Prozess

3.1 Erstkontakt

3.2 Sondierung und Auftragsklärung

3.3 Der Kontrakt

3.4 Der Supervisionsprozess

3.5 Evaluation

3.6 Arbeitsblätter für die Kontaktaufnahme und Auftragsklärung

Image 3.6.1 Checkliste während und nach der Kontaktaufnahme

Image 3.6.2 Vorgehen im Vorgespräch/in der Auftragsklärung/in der Sondierung

Image 3.6.3 Checkliste für die Sondierung/Auftragsklärung

3.7 Arbeitsblätter zum Kontrakt

Image 3.7.1 Der Kontrakt

Image 3.7.2 Vertrag für Gruppensupervision und -Fallsupervision

Image 3.7.3 Vertrag für Einzelsupervision

3.8 Arbeitsblätter für die Anfangssituation in einzelnen Sitzungen

3.8.1 Vorbemerkung zur Charakteristik von Anfangssituationen

3.8.2 Die soziometrische Landkarte

3.8.3 Der Einstieg mit Symbolen und Metaphern

3.8.4 »Zufriedenheit«

3.8.5 »Wetterbericht«

3.8.6 Einstieg mit Perspektivenwechsel – »Hinter dem Stuhl«

3.8.7 Einstieg nach einer längeren Pause – drei Stationen

3.9 Arbeitsblätter für die Bearbeitungsphase

3.10 Arbeitsblätter für die Schlussphase

3.10.1 Vorbemerkung zur Charakteristik der Abschlussphase eines Supervisionsprozess oder einzelner Sitzungen

3.10.2 Evaluation der Ziele und des Prozesses mit Visualisierungen und Aufstellungen

3.10.3 Drei-Stühle-Auswertung

3.10.4 Wenn du gehst, dann geht mit dir …

4. Die Programmelemente von Ausbildungssupervision

5. Fallarbeit im Rahmen der Ausbildungssupervision

5.1 Vorbemerkung zur Fallarbeit in der Gruppe

5.2 Ablauf von Fallsupervision in der Gruppe

5.2.1 Anfangsphase

5.2.2 Einstieg in die Bearbeitung

5.2.3 Fallbearbeitung

5.2.4 Handlungsperspektiven, Verträglichkeit und Zukunftstest

5.2.5 Schlussphase

5.3 Besondere Aspekte für die Fallbearbeitung von Co-Mediationen

5.4 Die Fallbearbeitung im Einzelsetting

5.4.1 Einzelsupervision oder Coaching – worin liegt der Unterschied?

5.4.2 Einzelsupervision für Mediatoren

5.4.3 Ablauf der Einzelsupervision im Rahmen von Ausbildungssupervision

5.5 Arbeitsblätter für die Fallarbeit

Image 5.5.1 Falldokumentation für die Ausbildungssupervision

5.5.2 Fallpräsentation mit Symbolen und Figuren

5.5.3 Das Genogramm

5.5.4 Das Organigramm

5.5.5 »Die Skulptur« nach Virginia Satir

5.5.6 Das Rollenspiel/Rollentraining

5.5.7 Das Rollenspiel im Einzelsetting

5.5.8 Soziometrie in der Fallberatung

6. Rollenberatung und berufliche Identität

6.1 Vorbemerkungen

6.2 Arbeitsblätter für die Rollenberatung

6.2.1 Die Rollenberatung

6.2.2 Berufsrollen klären

6.2.3 Berufsbiografie

7. Umgang mit Störungen

7.1 Vorbemerkung

7.2 Störungen wahrnehmen und thematisieren

7.3 Spiegelphänomene erkennen und für die Fallarbeit nutzen

7.4 Wechsel von der Fallarbeit zur Selbstthematisierung

7.5 Arbeitsblätter für den Umgang mit Störungen

7.5.1 Spiegelphänomene aufgreifen und bearbeiten

7.5.2 Störungen in der Gruppe ansprechen und bearbeiten

8. Lerngruppen und Intervision im Rahmen der Mediationsausbildung

8.1 Vorbemerkungen

8.2 Die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit

8.2.1 Unabhängigkeit der Lernebenen

8.2.2 Gruppenbildung

8.2.3 Rahmen und Aufgabenstellung

8.3 Anregungen für die Gestaltung der Lerngruppentreffen

8.4 Einführung in die kollegiale Beratung und in ausgewählte Methoden

8.4.1 Vorbemerkungen

8.4.2 Der Ablauf

8.5 Arbeitsblätter für die Arbeit in den Lerngruppen

Image 8.5.1 Leitfaden für die Lerngruppen

8.5.2 A B C D Rollenspiel – Rahmenbedingungen und Auswertung für wirksames Üben

9. Fallsupervision als Instrument der Qualitätssicherung für praktizierende Mediatoren

9.1 Anlässe und Merkmale guter Supervision für ausgebildete Mediatoren

9.2 Standards der Supervision

9.2.1 Supervision betrachtet berufliches Handeln

9.2.2 Supervision integriert Wissen aus verschiedenen Wissenschaften und Methoden

9.2.3 Supervisoren gestalten und steuern vollständige Beratungsprozesse

9.2.4 Supervision schafft ein eigenes System – das Supervisionsoder Beratungssystem

9.2.5 Durch Dreieckskontrakte wird die Organisation in den Beratungsprozess eingebunden

9.2.6 Gute Supervisoren beobachten verschiedene Prozesse und Perspektiven gleichzeitig

9.2.7 Supervisoren gestalten die angemessene Mischung aus Reflexion, Instruktion und Selbsterfahrung

9.2.8 Die Haltung von Supervisoren ist wertegeleitet

9.2.9 Gute Supervisoren kennen und achten die Nachbarprofessionen

10. Auf gute Nachbarschaft – Perspektiven und Ausblick

10.1 Supervision und Mediation – ein Unterschied?

10.2 Supervision oder Mediation – Auswahl der geeigneten Beratungsformate durch Beratung über Beratung

10.2.1 Niveaus der Handlungsfähigkeit – das Modell

10.2.2 Beschreibung der Niveaus Aufgabe, Problem- und Konflikt

10.2.3 Die Anwendung des Modells in der Sondierungsphase

10.3 Kooperation und gegenseitiger Nutzen

Literatur

Sachwortregister

Vorwort

Ohne Supervision können Mediatorinnen und Mediatoren nicht professionell arbeiten.

Für viele Berufsgruppen in sozialpädagogischen, therapeutischen und beratenden Berufen ist Supervision seit jeher zur Qualitätssicherung wenngleich bisher nur in wenigen Berufsfeldern verpflichtend, so doch insgesamt selbstverständlich. Auch in den Standards der Mediationsverbände BAFM, BM und BMWA ist Supervision seit vielen Jahren verankert und als Bestandteil der Ausbildung und Anerkennung von Mediatoren festgelegt. Inzwischen ist Mediation auch in der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland »angekommen« und kommt in immer mehr Lebensbereichen zum Einsatz. Erstmals sind auch die Rahmenbedingungen für Konfliktlösungen durch Mediation gesetzlich geregelt: Am 26. Juli 2012 trat das Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung in Kraft. Es benennt Supervision in der Ausbildung explizit als Bestandteil der Qualitätssicherung.

Mediatoren unterliegen der Pflicht zur Allparteilichkeit. Da sie aber auch nur Menschen mit positiven und negativen Gefühlen sind und sowohl gute als auch schwierig zu verarbeitende Erfahrungen machen, bringt diese Verpflichtung sie trotz aufrichtigen Bemühens um gewaltfreie Kommunikation bisweilen an persönliche Grenzen. Immer wieder gibt es in der Mediation Situationen, in denen der Mediator Gefahr läuft, seine Allparteilichkeit zu verlieren. Konfliktdynamiken können eigene, bislang nicht bearbeitete biografische Themen des Mediators auf eine Weise aktivieren, dass er sich nicht mehr in der Lage sieht, die einzelnen Themen der Konfliktparteien aus einer ausreichend distanzierten Position zu betrachten. Derartiges geschieht unbewusst – und sorgt für Irritationen bei den Beteiligten und Störungen im Mediationsprozess. Supervision unterstützt Mediatoren darin, komplexe Konfliktkonstellationen zu verstehen, persönlichen Abstand zu den Themen der Beteiligten zu halten, eigene Anteile aus der Mediation herauszuhalten, in der Rolle klar zu bleiben und dauerhaft für die eigene Handlungsfähigkeit zu sorgen. Hierzu braucht es qualifizierte Supervision, wie ich sie bei Carla van Kaldenkerken kennengelernt habe. Wir Mediatoren können ihr dankbar sein, dass sie uns nicht nur im Einzelfall behilflich ist, sondern uns mit diesem Buch an ihrem reichhaltigen Erfahrungsschatz teilhaben lässt.

Das Spektrum dessen, was unter Supervision verstanden und in den einzelnen Mediationsverbänden praktiziert wird, ist groß – und der Begriff wird bis heute in zum Teil sehr unterschiedlicher Weise verstanden. Das vorliegende Buch sorgt für notwendige Klarheit hinsichtlich des Begriffs und des Beratungsformats Supervision. Es unterstützt angehende und praktizierende Mediatoren, ihre beruflichen Fähigkeiten effektiver zu gestalten und Routinen im täglichen beruflichen Handeln regelmäßig zu überprüfen. Für uns Mediationsausbilder stellt es darüber hinaus eine wertvolle Hilfe dar, um unsere Ausbildungskandidaten und von uns ausgebildete Mediatoren professionell zu begleiten, sie darin zu unterstützen, ihre neue berufliche Identität zu finden und bei ihren ersten Praxisfällen zu begleiten. Nur so kann Mediation gelingen und damit auf Dauer in die Gesellschaft integriert und weiterentwickelt werden.

In diesem Sinne verhilft das Buch von Carla van Kaldenkerken in willkommener Weise zur Professionalisierung und Qualitätssicherung von Mediation.

Berlin im Januar 2014

Jutta Hohmann

Erste Vorsitzende des Berufsverbandes Mediation (BM e. V.) 2007–2013

Rechtsanwältin und Notarin

Mediatorin BAFM®, BM®, SDM

Ausbilderin BM®

Einleitung

Der Beratungsmarkt boomt. Insbesondere mit Blick auf berufsbezogene Beratung werden verschiedene Formate wie Coaching, Supervision, Mediation, Organisationsberatung und Training immer bekannter und zunehmend genutzt, um die Handlungsfähigkeit von Personen, Gruppen und Organisationen wiederherzustellen und/oder zu steigern. In diesem Zusammenhang stellt sich die Beratungslandschaft insgesamt als unübersichtlich dar – nicht nur für Kunden. So werden die Angebote Coaching, Supervision, Mediation häufig nebeneinander und für ähnliche Anliegen beschrieben und sind für Kunden nicht klar unterschieden, daher häufig verwirrend.

Sowohl für Beratungskunden als auch für die Kooperation der einzelnen Professionen untereinander wäre eine Klarheit über die besonderen Profile der einzelnen Angebote mit ihren spezifischen Leistungen und Kundennutzen wünschenswert. Werden die Grenzen und Rollen verwischt, lernen Ausbildungsteilnehmer in Mediationsweiterbildungen und Mediatoren in Supervisionen unter dem Begriff Supervision zum Teil Beratungsformen kennen, die den fachlichen Ansprüchen der Profession Supervision nicht genügen und die Vorstellung von der Leistung, den Möglichkeiten und dem Nutzen sehr stark reduzieren, wenn nicht sogar verfremden.

Dieses Buch soll einen Beitrag zur Klärung leisten. Als (Lehr-)Supervisorin, Ausbilderin für Mediation und Organisationsberaterin bemühe ich mich seit vielen Jahren um Klarheit in der Beschreibung des Nutzens, der Verfahren sowie der Rollen in den jeweiligen Beratungsformaten und um einen professionellen Einsatz von Supervision im Kontext von Mediation. Die ungeklärte Nachbarschaft der beiden Formate Konfliktmanagement und Supervision bietet mir seit Jahren immer wieder Anlass für Veröffentlichungen und Verbandsaktivitäten als Mitglied sowohl im Bundesverband für Mediation (BM®) als auch in der Deutschen Gesellschaft für Supervision (DGSv). Seit 2004 qualifiziere ich angehende Mediationsausbilder für den Bereich Ausbildungssupervision. Diese Erfahrungen bilden – neben meiner Ausbildertätigkeit in verschiedenen Beratungsformaten sowie der eigenen Forschung und Beratungspraxis – die Grundlage für dieses Buch.

Betrachtet man im Feld der Mediation die Fachveröffentlichungen und Beiträge auf Kongressen und Fachtagungen zum Thema Supervision, wird deutlich, dass Verständnis und Kenntnis von Supervision nicht nur sehr verschieden, sondern auch unvollständig sind. Als »Supervision« kommen in Mediationskontexten Verfahren und Methoden zum Einsatz, die mit dem besonderen Leistungsvermögen fachlich qualifizierter Supervision nur wenig zu tun haben. Sieht man sich die Beschreibungen von Ausbildungsrichtlinien, Ausbildungsausschreibungen, Fachveröffentlichungen und Diskussionen von Ausbildern und Mediatoren eingehender an, so erscheint der unterschiedliche Gebrauch des Begriffs oftmals wie ein Beispiel für die berüchtigte babylonische Sprachverwirrung.

Im Zusammenhang mit dem Mediationsgesetz und der Zertifizierung als Bestandteil der Ausbildung und der Qualitätssicherung für Mediatoren erhält Supervision einen besonderen Stellenwert. Deshalb möchte ich anregen, Klarheit in den Begriff und das Beratungsformat Supervision zu bringen. Zugleich wäre eine Verständigung der Verbände im Sinne der Entwicklung gemeinsamer Standards für Supervision im Rahmen der Mediationsausbildung wünschenswert.

Die Berufsverbände der einzelnen Beratungsformate haben in den letzten Jahren einen großen Beitrag zur Professionalisierung geleistet. In den meisten Beratungsprofessionen gelten heute Ausbildungsstandards, in denen Supervision einen ausgewiesenen Platz innehat. Die Anleitung zur Selbstreflexion gehört seit vielen Jahren zum Konzept in den verschiedenen Mediationsausbildungen. Sämtliche Fachverbände haben inzwischen die Lernebene Supervision sowie Mindestanforderungen an die Qualität der Selbstreflexion in ihren Ausbildungsgängen etabliert. Seit der Verabschiedung der Standards beim Bundesverband für Mediation (2000) wurden bereits vielfältige Erfahrungen gesammelt und auf Ausbilderkonferenzen ausgetauscht. Dennoch ist die Bandbreite dessen, was unter dem Begriff Supervision verstanden und praktiziert wird, noch immer sehr groß.

Obwohl Supervision im Rahmen der akademischen Ausbildung von »Beziehungsarbeitern« und in der Ausbildung von Psychotherapeuten wie Beratern so vielfältig zum Einsatz kommt, wird der Besonderheit von Ausbildungssupervision und Praxisanleitung im Rahmen akademischer Aus- und beruflicher Weiterbildungen bislang nur wenig Beachtung geschenkt. Und obwohl die Anforderungen an Ausbildungssupervisoren ausgesprochen anspruchsvoll sind, wird das Programm in der Fachliteratur wie im fachlichen Diskurs bisher vernachlässigt. Ich möchte in diesem Buch die besonderen Anforderungen an die praktizierenden Ausbildungssupervisoren darstellen, diverse Verfahren beschreiben und Anregungen zur Entwicklung eigener Methodik und Rollenklarheit geben. Daher wird in den folgenden Kapiteln

Supervision mit seiner Geschichte und Tradition erklärt,

die Indikation und der Einsatz von Supervision verdeutlicht,

das spezifische Leistungsvermögen und der Kundennutzen aufgezeigt,

die Spezifik von Ausbildungssupervision herausgearbeitet,

der Einsatz von Supervision im Kontext von Mediation vertieft sowie

das Verfahren und ausgewählte methodische Interventionen für die jeweiligen Einsatzbereiche beschrieben.

Das Buch richtet sich an angehende Mediatoren in der Ausbildung, an praktizierende Mediatoren sowie insbesondere an Mediationsausbilder. Sie alle finden darin

die Darstellung der kollegialen Beratung, die angehenden und ausgebildeten Mediatoren eine Anleitung für Fallbesprechungen in Lern oder Intervisionsgruppen bietet – Vorgehen, Rollenverteilung und methodische Unterstützungen hierfür werden ausführlich beschrieben;

zahlreiche Anregungen und Empfehlungen für den Einsatz von Supervision im Rahmen der Mediationsausbildung sowie für die Gestaltung der Verbindung zwischen dem Ausbildungsinstitut und den Supervisoren;

Informationen über Ausbildungssupervision – als professionelle Begleitung, Anleitung und Kontrolle von Ausbildungskandidaten während der ersten eigenen Praxisfälle, beim Erlernen des Verfahrens- und der Methoden der Mediation, beim Finden der Rolle und bei der Klärung der neuen beruflichen Identität –, die dazu dienen, Ausbilder für den Einsatz von Supervision zu qualifizieren;

Modelle für die Sondierung von Beratungsanliegen, ihre Zuordnung zu den verschiedenen Beratungsformaten und die Beschreibung von Konsequenzen für die Strukturierung des Beratungsprozesses als konzeptionelle Basis für die Gestaltung der Kooperationsbeziehungen mit anderen Beratern und für den Umgang mit Format- und Rollenunterschieden in der eigenen Beratungspraxis.

Teile dieses Buches wurden aus meinem Lehr- und Praxisbuch für Supervisoren, »Wissen was wirkt – Modelle und Praxis pragmatischsystemischer Supervision« (2014) übernommen. Auf der Basis systematischer Erforschung meiner supervisorischen Praxis sowie fortdauernder Auseinandersetzung mit den Theorien der Supervision und der allgemeinen Beratungslehre entstand dieses Lehrbuch.

In einem Handbuch sind bisweilen einzelne Wiederholungen unvermeidbar. Damit es als Nachschlagewerk dienen kann, werden in den Arbeitsblättern gelegentlich zentrale Aspekte aus den erläuternden Texten wiederholt.

Alle Versuche, die Gleichbehandlung der Geschlechter sprachlich auszudrücken, sind entweder leseunfreundlich oder klingen bürokratisch. Ich habe daher eine wechselnde Geschlechterform der Akteure (also mal männlich, mal weiblich, mal gemischt) gewählt.

Als Supervisorin widme ich meine professionelle Aufmerksamkeit vorrangig dem beruflichen Handeln von Menschen. So ergab es sich, dass ich als Mediatorin und Ausbilderin für Mediation nur mit Arbeitskonflikten und Mediationen in Organisationen zu tun habe. Aus dieser Perspektive erklären sich die vielen Beispiele aus Kontexten der Arbeitswelt. Sie und die darin geschilderten Vorgehensweisen lassen sich indes ohne Weiteres auf andere Bereiche der Mediation (wie Schule, Familie etc.) übertragen.

Ich danke den Teilnehmern meines Seminar »Supervisionskompetenz für Ausbilder für Mediation« für ihre freimütigen Auskünfte über eigene Praxis und Verfahren von Supervision im Rahmen der Ausbildung. Zahlreiche Ermunterungen für die Veröffentlichung dieses Buches und kollegiale Gespräche unter Ausbildern sind nicht nur Hintergrund vieler Überlegungen, sondern fließen als Anregung und Motivation zu diesem Buch stets mit ein. Dafür danke ich allen Teilnehmern und Gesprächspartnern an dieser Stelle ausdrücklich. Mein besonderer Dank gilt meinem Mann und Kollegen, Roland Kunkel-van Kaldenkerken, und Prof. Dr. Kornelia Rappe-Giesecke für die fachlichen Gespräche, die Begleitung meiner Forschung und die kollegialen Hinweise, Hilfestellungen und Vorschläge.

Carla van Kaldenkerken

1. Was ist Supervision?

In diesem Kapitel werden zunächst die Entwicklung des Beratungsformats Supervision und der Stand der Professionalisierung skizziert. Das Beratungsformat und seine Programme werden definiert und differenziert beschrieben und die verschiedenen Formen von Supervision dargestellt – wobei der Ausbildungssupervision ein besonderer Stellenwert zukommt.

1.1 Geschichte der Supervision

Supervision hat verschiedene Wurzeln und ihre Ursprünge sind eng verbunden mit der Entwicklung der Sozialarbeit in den Vereinigten Staaten und England. Vor dem Hintergrund der Industrialisierung und den damit einhergehenden Veränderungen der Arbeitswelt und des wachsenden sozialen Elends entwickelten sich dort im ausgehenden 19. Jahrhundert freiwillige Wohlfahrtsangebote des Bürgertums und, angeregt durch einen Londoner Pfarrer, Aktivitäten der Hilfe zur Selbsthilfe. »Seit 1883 wurden junge Universitätsabsolventen für helfende Aktivitäten eingesetzt und Pfarrer Barnett begann, jeden dieser Helfer einmal wöchentlich zu einem halbstündigen Gespräch in sein Arbeitszimmer zu bitten, um mit ihm soziale und sozialpädagogische Fragen zu besprechen und ihn zu beraten [...]. Dieser englische Vorläufer der Supervision wurde dann in den USA institutionell weiterentwickelt« (Belardi, 1996, S. 19). Das amerikanische Modell dieser Zeit kann man sich so vorstellen, dass ehrenamtliche Helfer (volunteers) in Familien und mit sozialen Angeboten aktiv waren. Sie wurden von den bezahlten Hauptamtlichen (paid agents) beratend begleitet. Die Paid Agents erhielten durch die Volunteers wesentliche Informationen über ihre Klienten, auf deren Grundlage sie ihre Diagnosen und Hilfsangebote erstellten.

Die wesentliche Aufgabe der Volunteers bestand darin zu beobachten, aus welchen Gründen die Betroffenen nicht in der Lage waren, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Bei Bedarf gewährten sie – nach Rücksprache mit den Paid Agents – Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen und überwachten deren Verwendung. Die unbezahlten, ungelernten Armenbesucher wurden von den Paid Agents sowohl fachlich angeleitet als auch in ihrer Tätigkeit kontrolliert. Beide Funktionen, die administrativ-kontrollierende und die fachlichanleitende, »differenzierten sich dann Ende des Jahrhunderts in die der ›adminstrative supervisors‹ und der ›educational supervisors‹ aus, eine Unterscheidung, die im amerikanischen Non-Profit-Sektor noch heute gängig ist und in manchen Modellen des Mitarbeitercoachings durch Vorgesetzte bei uns wieder aufgegriffen wird« (Rappe-Giesecke, 2003, S. 2).

Eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Supervision spielte auch »die ehemalige Buchhalterin Mary Richmond, eine leitende Mitarbeiterin in der New Yorker C. O. S. (Charity Organization Society). […] Schnell hatte sie die organisatorischen Schwächen der bisherigen unsystematisch verteilten finanziellen Mittel für die Armen erkannt und begann die soziale Arbeit geschäftsmäßig zu verwalten. Mit ihrem 1917 erschienenen Buch ›Social Diagnosis‹ wurde sie weltweit bekannt und zur Begründerin der sozialen Einzelhilfe, also der ›social casework‹« (Belardi, 1996, S. 20).

Bis heute sind Supervisoren in den USA an Universitäten ausgebildete, berufserfahrene Vorgesetzte, deren Wirkungsbereich zwischen den Sozialarbeitern und den Leitungen sozialer Institutionen angesiedelt ist. Sie nehmen nach wie vor im Sinne der administrativen Supervision kontrollierende Aufgaben wahr, die der Verwirklichung der Organisationsziele dienen.

In Deutschland kommen ab 1920 erste Angebote zur Reflexion beruflichen Handelns unter Titeln wie »Selbstkontrolle im Berufsvollzug« auf (Belardi, 1996, S. 21). An der Sozialen Frauenschule in München findet zu dieser Zeit eine Lehrveranstaltung mit dem Titel »Besprechung der sozialen Praxis unter Heranziehung von Fachvertretern« statt. 1922 wird in der Fachzeitschrift »Soziale Berufsarbeit« eine einjährige Fortbildung mit dem Titel »Anleitung zur geistigen Verarbeitung Ihrer praktischen Erfahrungen« angekündigt. Die Grundzüge des Erlernens einer Berufsrolle – einerseits am Modell erfahrener Berufskollegen, andererseits durch die Reflexion der beruflichen Praxis – wurden nachweislich schon seit 1920 praktiziert.

Die zweite Wurzel der Supervision liegt in der 1920 am Berliner Psychoanalytischen Institut eingeführten Kontrollanalyse. Im Rahmen dieser Säule der Psychoanalytikerausbildung stellten angehende Psychoanalytiker einem erfahrenen Ausbilder, dem Kontrollanalytiker, ihre Fälle vor. Fragen der Behandlung, das eigene Vorgehen und eigene Verstrickungen wurden dabei besprochen, reflektiert und am Modell gelernt. Diese Form der Begleitung wurde auch für andere Beratungs- und Therapieausbildungen als Lehrtherapie oder Supervision übernommen.

Durch die Emigration deutschsprachiger Analytiker ab 1933 wurde dieses Verfahren auch in den USA bekannt und veränderte dort die Sozialarbeit. War diese bisher eher kontrollierend orientiert, so wurde sie nun durch dieses tiefenpsychologische Verständnis und die damit verbundenen Gesprächstechniken bereichert.

Als dritte Wurzel der Profession beschreibt Kornelia Rappe-Giesecke die von dem Psychiater und Psychoanalytiker Michael Balint in den 1940erJahren in London entwickelte Gruppenarbeit zur beruflichen Selbsterfahrung. Sein Anliegen war es, Ärzte dahingehend zu trainieren, »ihre Person und ihr Gefühl als Instrument in der Behandlung von Patienten einzusetzen« (Rappe-Giesecke, 2003, S. 3). Dieses Konzept der Balint-Gruppenarbeit hat heute in vielen Supervisionsansätzen einen zentralen Stellenwert.

Viele Fachleute für Sozialarbeit, sowie Sozialwissenschaftler und Therapeuten mussten in der Zeit des Nationalsozialismus emigrieren; als Folge ruhte die Entwicklung der Sozialarbeit und Therapie bis 1950. Nach 1950 wurde in Deutschland die amerikanische Supervision »nicht nur verspätet, sondern mit verschiedenen psychologischen Ansätzen untermauert aufgenommen, weiterentwickelt und ihr Organisationsbezug (administrative Supervision) eher ignoriert« (Belardi, 1996, S. 24).

Anfang der 1950er-Jahre entstanden in Deutschland verschiedene Konzepte. Besonders wichtig war hierbei die Arbeit Eduard Hapkes, eines Lüneburger Psychologie-Professors, der die amerikanische Supervision auf einer Studienreise kennengelernt hatte und weiterentwickelte. Er markiert als wichtige Faktoren der Beratung – mit dem Ziel einer Professionalisierung der sozialen Arbeit und ihres Verhältnisses zum Klienten.

die Bedeutung der Praxisschilderung,

das Verstehen der Klientenperspektive,

die Entprivatisierung der Beziehungen zu den Klienten,

die Reflexion der Verstrickungen von Helfern und Klienten,

die Abgrenzung zur Seelsorge und Therapie sowie

die Fallorientierung in der Supervision

Nach 1955 belebte sich der fachliche Diskurs und ab 1967 starteten die ersten Ausbildungen für Supervision. Das Modell der administrativen Supervision oder Vorgesetztensupervision, wie es sich in den USA herausgebildet hatte, war in Deutschland in der Form nicht möglich, da hier andere institutionelle Rahmenbedingungen herrschten. Viele Vorgesetzte in sozialen Einrichtungen und öffentlichen Verwaltungen waren keine Sozialarbeiter, sondern Verwaltungsfachkräfte, Juristen oder Psychologen. So war die fachliche Anleitung und Kontrolle nur bedingt möglich und der Supervision kam hier vor allem die Funktion zu, für fachliche Qualität zu sorgen. Im Zusammenhang mit der Professionalisierung und Akademisierung der Sozialarbeiterausbildung erhielt Supervision einen stärkeren Stellenwert in der Ausbildung. Damit wuchs in Deutschland der Bedarf an Supervisoren und erste Ausbildungsgänge entstanden ab 1964.

Beginnend mit der Zusatzausbildung 1964–1966 beim Deutschen Verein und der Ausbildung an der Akademie für Jugendfragen 1967 wurden zunächst vorwiegend an Akademien und Instituten im Bereich der freien Wohlfahrtspflege externe frei- und nebenberufliche Supervisoren ausgebildet. In den Folgejahren entstanden viele Ausbildungsgänge an privaten Instituten und 1974 startete die Universität Kassel den ersten Diplomstudiengang für Supervision. Bis dahin meist nur in sozialen Arbeitsfeldern bekannt und dort früh zur Qualitätssicherung, Professionalisierung und zum Gesundheitsschutz eingesetzt, wurde Supervision als berufsbezogene Beratungsform zur Verbesserung der beruflichen Handlungsfähigkeit erst in den letzten Jahren weit über dieses Berufsfeld hinaus bekannt. Ihr Einsatz hat sich mittlerweile in viele weitere Bereiche und Branchen ausgeweitet.

1989 wurde der Berufsverband Deutsche Gesellschaft für Supervision (DGSv) gegründet. Die Gesellschaft stellt sich in ihrer Borschüre » Supervision – ein Beitrag zur Qualifizierung beruflicher Arbeit« als soziale und gesellschaftliche Akteurin vor, deren Engagement der Gestaltung einer modernen und verantwortbaren Arbeitswelt gilt. Über 4000 Mitglieder sowie 27 Akademien, Hochschulen und Weiterbildungsunternehmen sind in der DGSv als persönliche und juristische Mitglieder aktiv, um Supervision auf dem Beratungsmarkt und in der Fachöffentlichkeit in lebendigem Diskurs zu profilieren.

Methodisch ausgerichtete Ausbildungsinstitute, meist aus dem Bereich der Psychotherapie, haben ihre Verfahren auf Supervision übertragen und bieten Ausbildungen dazu an. Diese verschiedenen methodischen Ausrichtungen haben die fachliche Entwicklung, zunächst über Abgrenzung, stark bereichert. Dem folgte zunehmend ein Dialog zwischen den verschiedenen methodischen Ausrichtungen. »Supervision hat sich mit Konzepten und Methoden wie Balints ›training-cum-research-Gruppen‹, casework, Andragogik, Praxisanleitung, Ausbildungssupervision, angewandte Gruppendynamik, Gruppenanalyse, Psychoanalyse und anderen Therapieformen wie Gestalttherapie, Psychodrama bis hin zur systemischen Beratung, NLP und Methoden der Organisationsentwicklung auseinandergesetzt. Parallel fand die Adaption von Theorien der Gruppe, des Individuums, der Organisation, der Gesellschaft und der Kultur statt.« (Rappe-Giesecke, 2009, S. 10). Die Profession Supervision profiliert sich heute gemäß der Selbstdarstellung des Berufsverbands mit einem methodenübergreifenden, wissenschaftlich fundierten und praxisorientierten Konzept für personenund organisationsbezogene Beratungstätigkeiten in der Arbeitswelt.

1.2 Supervision heute

Supervision wird heute neben den traditionellen Einsatzbereichen in vielen Berufsfeldern und Branchen auch im Rahmen von Personalund Organisationsentwicklung, bei Modernisierungsprozessen sowie bei Einzelpersonen zur Steigerung beruflicher Handlungskompetenz und Arbeitszufriedenheit eingesetzt.

In Abgrenzung zu den Formaten der Therapie, Organisationsberatung, Mediation und Weiterbildung stellt Supervision die personenbezogene Beratung von Fachkräften und Führungskräften zu beruflichen Fragen dar. Ihre besondere Qualität liegt im reflexiven Bearbeitungsmodus beruflicher Themen. Die Überprüfung und Verbesserung der Praxis, des beruflichen Handelns und der professionellen Interaktionen von Einzelnen und Organisationseinheiten sind Gegenstand der Beratung. Die Einflüsse meist unbewusster Grundannahmen und Leitbilder – seitens der Person, der Profession, der Klienten oder auch der Organisation – auf das berufliche Handeln werden analysiert, die »latenten Steuerungsprogramme« erforscht und so der Reflexion zugänglich gemacht (der Begriff wird hier als Sammelbegriff für automatisiertes, der bewussten Steuerung nicht mehr oder noch nicht unterliegendes Verhalten verwendet). Genau diese Erforschung der unbewussten Steuerungsprogramme und die damit verbundene Tiefe der Reflexion machen das Besondere und weit über Alltagsreflexionen unter Kollegen Hinausgehende an einer professionell angeleiteten Supervision aus. Sie besteht in der Hinleitung zu einem komplexen Verstehen beruflicher Probleme und ihrer zugrundeliegenden Steuerungs-programme. Erst damit werden die Überprüfung des beruflichen Handelns, die Entwicklung von Handlungsalternativen und eine flexible und professionelle Gestaltung von Arbeits- und Klienten-/Kundenbeziehungen möglich.

Die wichtigsten Voraussetzungen für den Erfolg der Beratung sind Interesse und Offenheit der Supervisanden, ihre Themen reflektieren und überdenken zu wollen, sowie die Gewissheit, dass auch schwierige Gefühle und Themen respektvoll behandelt werden.

In der Supervision finden Supervisanden die Möglichkeit, unter fachkundiger Anleitung und Begleitung über die Arbeit, über Schwierigkeiten und Erfolge, neue Herausforderungen, aber auch über Überforderungen, Strukturen und institutionelle Besonderheiten zu sprechen. Supervision bietet die Möglichkeit, dieses Material zunächst in Ruhe zur Kenntnis zu nehmen und zu analysieren. Und dann werden alternative Handlungsmöglichkeiten entwickelt und ausprobiert, um die berufliche Kompetenz und Arbeitszufriedenheit zu steigern, die Fachlichkeit zu erhalten und zu erweitern sowie die institutionellen Aufgabenstellungen befriedigender und effektiver lösen zu können. Supervision unterstützt insofern die Integration von persönlicher Entwicklung, persönlicher und kollektiver Professionalisierung und den Anforderungen der Institution.

Nicht immer erscheinen alle diese Ziele erreichbar. In solchen Fällen hilft Supervision dabei, die Handlungsspielräume auszuloten, Rahmenbedingungen und Handlungsmöglichkeiten realistisch einzuschätzen und alternative Maßnahmen zu überlegen.

Offene oder verdeckte Konflikte in Arbeitsgruppen und Teams sind die häufigsten Anlässe für die Supervisionsanfrage. Unzufriedenheit mit der eigenen Arbeit, ineffektive Arbeitsabläufe, Störungen der Kooperation und Kommunikation, Leitungskonflikte, innere Ambivalenzen, berufliche Neuorientierungen, Burn-out, Fragestellungen bei der Interaktion mit Kunden und Klienten werden in Vorgesprächen häufig als Themen für die Supervision genannt. Damit hat sie sich inzwischen weit über die Felder der sozialen Arbeit hinaus als berufsbezogenes Beratungsformat für die Reflexion komplexer Fragestellungen zur Person, Organisation und ihren Kooperationen und Schnittstellen profiliert.

Die Kennzeichen für Supervision lassen sich – und ich folge hier einer Präsentation des Geschäftsführers der DGSv, Jörg Fellermann – so zusammenfassen:

eine Fokussierung auf Beratungsthemen aus Beruf und Arbeit,

eine Fokussierung auf die Ermöglichung des vertieften Verstehens beruflicher Handlungen neben Hinweisen zu deren Veränderung,

eine vielfältige Anwendung zu Fragen und Themen der individuellen beruflichen Entwicklung, der Personalentwicklung oder der Organisationsentwicklung,

eine besondere Bedeutung des Beratungsprozesses neben dem Beratungsergebnis,

eine besondere Bedeutung der Beratungsinteraktionen neben den Beratungsthemen,

multiple und aufeinander bezogene Perspektiven zur Betrachtung des Beratungsthemas,

eine Offenheit bezüglich des Beratungsergebnisses,

eine besondere Werthaltigkeit der Beratung, die bevorzugt nachhaltigen Nutzen erzielen will,

eine besondere Kennzeichnung der Rolle des Beraters/der Beraterin durch ein adäquates, kritisch-loyales Arbeitsbündnis, das auf eine Verbesserung beruflicher Arbeit zielt sowie

eine Qualitätsentwicklung und -sicherung im Rahmen einer Profession und deren Organisation.

Bei der Reflexion beruflicher Themen werden immer die Dimensionen Person, Profession, Funktion, Organisation und deren Kunden berührt. Diese Dimensionen können nicht beliebig ausgeschlossen werden und müssen in dem Maße behandelt werden, wie es einem besseren Verständnis der vorgelegten Arbeitssituation und dem Verfolgen der höchstmöglichen Wirksamkeit als beruflich handelnde Person dient.

Werden z. B. im Rahmen von Fallarbeit auch persönliche oder strukturelle Aspekte beleuchtet, so werden diese immer auf die Ausgangsfrage und die berufliche Handlungsfähigkeit der Supervisanden bezogen. Das Prinzip der durchgängigen Arbeitsbezogenheit der Supervision bedeutet, die verschiedenen Dimensionen und Eigendynamiken beruflichen Handelns wahrzunehmen, zu fokussieren und immer wieder auf die vorgelegte, zu reflektierende Arbeitssituation zu beziehen.

Auf der individuellen Ebene wird der persönliche Umgang mit beruflichen Anforderungen, biografischen Prägungen und personenbezogenen Anteilen an den vorgelegten Themen beleuchtet. Lösungsansätze, die im Rahmen der eigenen Möglichkeiten liegen, werden ausgelotet. Dabei hängt es von der Kontrolle des Einzelnen ab, inwieweit er/ sie die persönlichen Anteile besprechen möchte. Persönliche Anteile spielen nur eine Rolle, wenn sie für das beschriebene berufliche Thema von Bedeutung sind. In diesem Punkt grenzt sich Supervision eindeutig vom Format Therapie ab. Die Bearbeitung biografischer Aspekte zu beruflichen Themen werden in therapeutische Kontexte überwiesen.

Auch berufsspezifische Aspekte können am Problemgeschehen einen Anteil haben. Unstimmigkeiten zwischen Berufsgruppen, unterschiedliche berufliche Sozialisationen mit ihren jeweiligen Werten und Anforderungen sind ebenso Gegenstand der Reflexion wie die Explikation von Erfahrungswissen und die gemeinsame Weiterentwicklung von Konzepten und Standards.

Einen wesentlichen Aspekt vieler Supervisionen in Arbeitsgruppen und Teams stellt die Interaktionsebene dar. Gegenstand der Bearbeitung sind hierbei Kooperationen, die Kommunikation mit Kollegen und Vorgesetzen sowie gelegentlich leichte Konflikte. (Erfahrene Supervisoren können leichte Konflikte bearbeiten. Eskalierte und schwere Konflikte werden hingegen im Format Konfliktmanagement bearbeitet). Ziel der Supervision ist die Verbesserung der Kommunikation und Kooperation. Werden eskalierte Konflikte im Rahmen von Vorgesprächen oder im Verlauf der Supervision deutlich, werden die Formate Konfliktmanagement und Mediation empfohlen. Haben die Teilnehmer die Konflikte geklärt, kann wieder zurück in das Beratungsformat Supervision gewechselt werden (→ Kap. 10).