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Die Originalausgabe erschien 2017
bei Giulio Einaudi editore, Turin


Copyright © der Originalausgabe 2017
Giulio Einaudi editore s.p.a., Torino

Published in arrangement by Grandi & Associati

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2018
beim Albrecht Knaus Verlag, München,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: Sabine Kwauka

Umschlagmotiv: © ullstein bild/Roger-Viollet/Roger Berson

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN 978-3-641-22350-2
V003

www.knaus-verlag.de

Für Elisa und Riccardo – Schwester, Bruder

1

Ich weiß noch genau, wie ich an dem Morgen, als ich auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums aus dem Lieferwagen stieg und das Gewehr vom Rücksitz nahm, flüchtig zum Wald hinüberschaute und die Sonne wie einen blauen Fleck über der Landschaft aufgehen sah. Es war Oktober, und ich war fünfzehn. Luca schaute in dieselbe Richtung und sagte: »Ich bin müde.« Dabei schob er die Hand unter den Footballhelm und kratzte sich an der Wange. Er klang kein bisschen weinerlich. Luca war am Vortag sechs geworden. Kurz überlegte ich, ihm auch ein Gewehr zu geben, weil zwei auf der Rückbank lagen, aber dann dachte ich, lieber nicht.

»Komm mit!«

Luca gehorchte.

Wir rannten über den Parkplatz zu einer der Lagerhallen. Wir erreichten die Außentreppe. Ich zog ihn hoch, umklammerte dabei seine Hand, damit er nicht ausrutschte, doch mit der anderen musste ich Geländer und Gewehr festhalten. Ich hörte die Polizeisirenen, hörte, wie die Autos mit quietschenden Bremsen vor dem Gittertor hielten, aber nicht, wie die Polizisten ausstiegen, den Lieferwagen durchsuchten und die Lautsprecher des Streifenwagens einschalteten – das nicht. Aber ich hörte, wie mein Name gerufen wurde.

»Ercole«, sagte eine von einem Megafon verzerrte metallische Stimme. »Ercole, komm da raus und mach keinen Unsinn!« Dem Beamten war anzuhören, dass er sich bemühte, höflich zu bleiben, aber in Wahrheit lieber gesagt hätte: »Ercole, Ercole, komm da raus und mach keinen Scheiß«, aber das durfte er nicht, vielleicht weil noch wer dabei war, der sich beschweren würde, falls er dieses Wort benutzte, irgend so ein Gutmensch. Deshalb wiederholte er: »Mensch, Ercole, wir wissen, dass du da drin bist. Leg das Gewehr weg und komm raus.«

Tsss!, dachte ich. Zunächst einmal bin ich gar nicht drin, sondern drauf – oben auf dem Dach. Und außerdem sind Polizisten wirklich komisch: Manchmal führen sie sich total auf – wie damals, als sie meinen Vater verhaftet haben –, und dann haben sie wieder Schiss, weil so ein Gutmensch dabei ist. Ich dagegen hatte kein bisschen Angst vor solchen Wohltätern. Im Gegenteil! Die würden mich niemals kriegen.

»Ercole!«, brüllte nun der Polizist, »verdammt noch mal, hast du mich verstanden, du kleiner Scheißer?«

Ach so, ja, ich heiße übrigens Ercole.