Päpstin Johanna

Michael E. Habicht


Päpstin Johanna


Das vertuschte Pontifikat einer Frau

 

Anmerkungen

Die Hardcover-Ausgabe [1] von 2018 (ISBN 9783746757360) löste weltweite mediale Reaktionen aus [2–7].

Eine Übersicht ist auf https://www.michaelhabicht.info/media publiziert.

Die elektronische Ausgabe des Taschenbuches [8] wurde entsprechend den Anforderungen angepasst, um eine möglichst gute Lesbarkeit zu ermöglichen.

 

Die Arbeit wurde in der Schweiz verfasst und verwendet die schweizerische Rechtschreibung; insbesondere zu sehen am scharfen S, (ß), welches in der Schweiz nicht verwendet wird und stattdessen als Doppel-S (ss) geschrieben wird (siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/ß). Siehe dazu auch: P. Gallmann, Warum die Schweizer weiterhin kein Eszett schreiben.

http://www.personal.uni-jena.de/~x1gape/Pub/Eszett_1997.pdf



Auch die mittelalterlichen Texte sind so getreu wie möglich wiedergegeben und zeigen deutlich wie sehr sich dieses «Teutsch» von der heutigen Sprache unterscheidet: « Ein fraw was pabst» (Jans von Wien, Weltchronik (c. 1420) Cod. Pal. germ. 336, folio 203r) ...


Der Autor

Der Autor des Buches arbeitet als Wissenschaftler in der akademischen Forschung mit stark interdisziplinärem Ansatz. Der Forschungsschwerpunkt liegt eher auf der Antike und dem Alten Ägypten. Einige Forschungsthemen haben aber inhaltliche Überschneidungen zum Thema «Die Päpstin», denn auch in Ägypten war das Amt des Pharaos eigentlich Männern vorbehalten. Dennoch haben einige Frauen das Amt ausgeübt, so die Königin Hatschepsut, welche als König Maat-Ka-Re regiert hat [9–11] und – vermutlich – auch die berühmte Königin Nofretete, welche nach einer Forschungstradition,  die Nachfolge von Echnaton in der Rolle als männlicher König Semenchkare angetreten haben dürfte [12–15].

Weitere wichtige Studien sind die Identifikation der Mumie von Königin Nefertari mit einer multidisziplinären Untersuchung [16], eine Untersuchung an den berühmten Mumien von Kha und Merit in Turin [17], der Diagnose eines seltenen Syndroms bei Königin Meresankh III [18],die Meta-Analyse zu Königmumien [19,20] und zu Karl dem Grossen [21].


Danksagung

Ohne die Mithilfe verschiedener Personen und Institutionen wäre das vorliegende Buch nicht zu realisieren gewesen. Ihnen allen gebührt mein herzlicher Dank

 

In alphabetischer Reihenfolge:

Dott. Eugenia Antonucci, Biblioteca Medicea Laurenziana, Firenze

Alamy Bildagentur

Bibliothèque nationale de France

Dr. Francesco Maria Galassi

Gert Heil, Antiquar

Monumenta Germaniae Historica (dMGH) digitale Quellentexte

Peter Priskil

Marguerite Spycher, Graphologin

Wikipedia creative commons


VORWORT

Seit 1277, als Martin von Troppau in seiner Chronik das Pontifikat einer Frau erwähnte, rätselt die Welt über die Frage, ob dies die Wahrheit ist oder ob eine falsche Geschichte, eine stadtrömische Legende im Laufe der Jahrhunderte zu einer alternativen Wahrheit im Mittelalter geworden ist. Hat es einst eine Päpstin gegeben? Was für Folgen hat dies für die apostolische Sukzession? Stellt eine Frau einen Unterbruch dar, da sie nach traditioneller Auslegung als Frau die priesterlichen Weihen nicht empfangen darf? Ist die angeblich seit Petrus ununterbrochene Linie der Päpste unterbrochen worden? Diese Fragen bewegten das Mittelalter intensiv, und die Debatte wird bis heute weitergeführt. Schon bald wurde die Figur der Päpstin missbraucht, um damit Kirchenpolitik im späteren Mittelalter zu machen, ehe man sie, etwas verschämt, als zumindest mögliche Wahrheit in der Katholischen Kirche akzeptierte. Nur wenige Jahre später flammte der Streit erneut auf, denn die Protestanten erkannten in der Geschichte ein perfektes Propagandainstrument, um damit der Katholischen Kirche zu schaden und mit der Figur der Päpstin die Behauptung aufzustellen, die apostolische Sukzession sei schon seit langem unterbrochen. Von nun an begann die katholische Seite damit, die Figur der Päpstin in das Reich der Legende zu verweisen, und bemühte sich, ihre Existenz zu widerlegen. Heute ist die Päpstin aktueller denn je, dient sie doch der Sache der Frauenrechte und ist seit längerem das Idol der Feministinnen und auch der investigativ arbeitenden Journalisten. Auf der anderen Seite stehen heute die Kirchenhistoriker, eine Ökumene der Protestanten und Katholiken, die nun beide im Kirchenchor die Päpstin als Legende, als Fake News des Mittelalters besingen. Die vorliegende Schrift versucht, die beiden Positionen zu skizzieren und basierend auf den historischen Quellen und wissenschaftlichen Untersuchungen zu bewerten.

Auffällig bei der Materialrecherche zum Thema war auch, wie oft ich auf ungenaue Zitate, falsche Seitenangaben bei Manuskripten und Ähnliches gestossen bin. Dies hat die Forschung stark erschwert, und möglicherweise liegen auch in meinem Manuskript Zitierfehler vor. In einigen Fällen beschlich mich das Gefühl, es sei bewusst falsch zitiert worden, um das Nachprüfen und Auffinden von Fakten subtil zu behindern.


Sightseeing in Rom

Auch in Rom selber, im Vatikan, kann man Seltsames beobachten, sofern man weiss, wonach man suchen muss. Im Internet findet man unter «Statue, Päpstin Johanna» Bilder einer Statue mit weiblichen Zügen, die in einer Nische im Vatikan stehen soll. Genaue Angaben, wo exakt sie steht, fehlen allerdings.

Dies war Motivation genug, mich bei einem Besuch in Rom auf die Suche zu machen. Zunächst konnte ich die Statue nicht finden und lief das ganze Kirchenschiff in St. Peter auf der Suche nach der Statue in der Nische ab. Dabei entdeckte ich eine andere Statue, die meine Aufmerksamkeit erregte. Sie befindet sich weit oben im Kirchenschiff und wird von den meisten Besuchern nicht wahrgenommen, besonders auch deshalb, weil die meisten nach dem Eingang sofort nach rechts steuern, wo der Rundgang beginnt und das erste Highlight wartet: die Pietà von Michelangelo. Zweifelsohne ein Meisterwerk.

Doch wendet man sich stattdessen nach links und blickt nach oben, sieht man eine Gestalt mit weiblichen Körperformen, dem Gewand eines Bischofs und auf dem Kopf die Tiara mit einem einzelnen Kronreif. Sie hält auch die Schlüssel zum Himmelstor in den Händen.

Die Statue ist wegen der Lichtverhältnisse eher schwierig zu photographieren. Die andere Statue konnte ich zunächst nicht finden. Daher besuchte ich die Papstgräber in den sogenannten Grotten. Man verlässt die Grotten durch einen Seitenausgang, der die Besucher an der Aussenwand von St. Peter vorbeiführt. Dort taucht plötzlich ganz unerwartet die Statue der Päpstin auf. Sie steht in einer Nische ganz seitlich in der Fassade von St. Peter. In den Reiseführern ist die Statue nicht verzeichnet, und in den Plänen ist dort die Reiterstatue von Kaiser Konstantin eingetragen. Doch Konstantin steht ganz in der Nähe, wenn man die Treppe zum Apostolischen Palast hochgeht. Dieser Weg ist aber durch eine Glastüre und Wachen versperrt. In der Nische vor dem Eingang zum Palast steht jedoch diese Statue der Päpstin. Sie ist stilistisch aus der Barockzeit und dürfte von Bernini oder seiner Schule stammen. Im Gegensatz zu vielen Statuen in Sankt Peter trägt sie keine Inschrift, das Feld unter der Statue ist leer.

Beim Ablichten der Statue wurden die Wachen aufmerksam, also spielte ich den Touristentrottel, der einfach alles knipst, auch all die anderen Statuen in der Nähe…

 

Um eine subjektive Fehldeutung der Statuen meinerseits zu vermeiden habe ich den Besuch im Vatikan wiederholt, dieses Mal in Begleitung meines Freundes und Forschungskollegen: FM ist ein hervorragender Kunstkenner, Mediziner und Anatom (und Katholik mit sehr guten Kenntnissen in Kirchenkunst und Latein). Ich sagte ihm nur, dass ich ihm ein paar Statuen zeigen wolle und was er dazu meine. Die Statue im Inneren von St. Peter am Bogen des Hauptschiffs verblüffte auch ihn. Urteil: Definitiv weiblich, man sieht sogar den Busen unter dem Gewand (Originales Zitat).

Die zweite Statue an der Aussenfront hat ihn noch mehr überrascht. Das Urteil hier: Ganz klar und unzweideutig ist die dargestellte Person eine Frau, sie hat sogar eine Frauenfrisur. Die Darstellung einer Heiligen oder Märtyrerin kann es nicht sein, da sie ein Bischofsgewand trägt, die Tiara mit einem Kronreif, Buch und Himmelsschlüssel. Damit ist sie eine apostolische Nachfolgerin von Petrus auf dem Papstthron.

Es ist kaum möglich, weitere Informationen zu erhalten, weil es hier gemäss Kunstführern und Büchern in der Vatikanbücherei an dieser Stelle eine solche Statue gar nicht gibt. Die einzige Information, die ich gewinnen konnte, ist, dass an der Fassade Statuen von Päpsten des Frühmittelalters stehen sollen. Was zum vermuteten Pontifikat der Johanna passt. Die Statue hält auch das Buch in den Händen, diese Darstellungskonvention ist im Laufe der Zeit typisch für die Päpstin Johanna geworden (um ihre Gelehrigkeit und ihr grosses Wissen bildlich zu machen). Auch die Karte II der Grossen Arkana in den Tarots vom Typ Marseille zeigen «La Papesse» mit Buch.


Personifikation der Kirche?

Erst eine umfangreiche Recherche zu all den Statuen und Grabdenkmälern hat eine offizielle Deutung der «Päpstin» zu Tage gebracht: Im Portico des Vatikan stehen eine Reihe von Personifikationen, wie die Mässigung, der Glaube, die Hoffnung und als Nr. 18 «die Kirche» [22]. Die weibliche Päpstin mit Tiara stellt folglich die Kirche dar (Personifikationen sind oft weiblich in der römisch-heidnischen Mythologie). Die Statue wurde in den Jahren 1720-1732 von Giuseppe Frascari geschaffen.

Die Personifikation «Die Kirche» verwendet manchmal die Gottesmutter Maria als Symbolbild (hier nicht der Fall). Mit der oben genannten Information aus dem Kunstführer steht diese Aussage in Konflikt (ist es nun «Die Kirche» oder «ein früher Papst – mit weiblichen Zügen»?)

Eigentlich würde man bei einer Statue, geschaffen um 1720, erwarten, dass sie eine Tiara mit Dreifachreif darstellen würde. Doch die Statue zeigt eine Tiara mit nur einem Reif, verweist auf die Zeit des Früh- bis Hochmittelalters.

Es ist ein seltsames Spiel mit der Zeitepoche, in welcher das Pontifikat der Päpstin vermutet wird. Es gibt zwar offiziell keine Frauen auf dem Papstthron, doch wird die Personifikation der Kirche als weiblicher Papst abgebildet? Die Statue verweist unterschwellig auf das grösste Skandalthema und zugleich die faszinierendste Geschichte der gesummten Papstchronik.

Die Päpstin kann nicht abgebildet werden, da sie für die Kirche heute als Fiktion gilt, dennoch ist die Bildchiffre so mächtig, dass man sie nicht weglassen kann.


Der Schrein auf dem Weg zum Lateran

Wir nutzten den Aufenthalt in Rom, um den Lateran zu besuchen, und zwar auf dem Weg, den vermutlich die Päpstin auf der verhängnisvollen Prozession genommen haben musste und wo sich ihr angeblicher Schrein befinden soll. Der Weg von Sankt Peter zum Lateran ist relativ weit. Ist man erst zum Kolosseum gelangt, führen heutzutage zwei parallel verlaufende Strassen zu Sankt John in Lateran, der Laterankirche. Dort ist der Papst der Bischof von Rom, dort steht der Lateranpalast, wo im Mittelalter die Päpste lebten. Historisch gesehen ist die Laterankirche sogar wichtiger für das Papsttum als St. Peter. Denn im Lateran steht der Papstthron, von dem der Papst «ex cathedra» verkündet, dies sind unfehlbare Lehrentscheidungen in Fragen des Glaubens und der Sittenlehre. Vom Vatikan aus ist es etwa eine Stunde, wenn man in einer Prozession dorthin zieht (für die medizinische Deutung spielt das später eine Rolle).

Entweder man zieht entlang der Strasse Via di San Giovanni in Laterano oder aber entlang der parallel verlaufenden Strasse Via dei Santi Quatro. Beide führen auf den Hügel, wo der Lateran steht. Der heute noch auf dem Strassenpflaster markierte Pilgerweg führt aber entlang der Via dei Santi Quatro, um dann plötzlich auf Via di San Giovanni in Laterano abzubiegen und an der Kirche San Clemente vorbeizuführen. Anstatt nun der Strasse entlang zum Lateran zu ziehen, kehrt der Pilgerweg wieder auf die Via dei Santi Quatro zurück, um dort entlang einen steilen Weg hinauf zum Lateran zu nehmen. Bezüglich einer Prozession macht dieser Umweg keinen Sinn, er ist umständlich und mit grossen Menschenmassen effektiv ein Problem. Man vermeidet aber einen Abschnitt auf der Strasse Via dei Santi Quatro. Warum? Dort soll Päpstin Johanna ein Kind geboren haben, und seither meiden die Päpste diesen Strassenabschnitt auf der Via Sacra. Selbst wenn die Strassen von heute nicht mehr ganz dem damaligen Strassenverlauf entsprechen sollten, ist der Umweg bemerkenswert. Wir reflektierten über die Möglichkeit, ob eine religiöse Feier und anschliessende Prozession bei einer hochschwangeren Frau unerwartet die Wehen auslösen könnten und beschlossen, die Sache genauer zu untersuchen.

Der Schrein der Päpstin befindet sich an der Verbindungsstrasse zwischen di San Giovanni in Laterano und der Via dei Santi Quatro, wo die Strasse danach stark ansteigt. Der Schrein ist nicht viel grösser als ein Wachhäuschen, ist vor einiger Zeit neu gestrichen worden und sieht nun nicht mehr so heruntergekommen aus wie in den Büchern von Morris und Stanford. Die verblichene Malerei im vergitterten Schrein stellt zweifelsohne die Gottesmutter Maria mit Jesuskind dar und nicht die Päpstin. Dennoch gilt der Ort als «Schrein der Päpstin», und im Gegensatz zu vielen anderen Schreinen in der Stadt Rom findet man immer wieder Blumen, kleine Zettelchen und andere Dinge ins Gitter gesteckt. Die Geschichte, die Peter Stanford in seinem Buch über die Päpstin schildert ist korrekt [23]: Der Ort erfreut sich einer geheimen Verehrung.

Die Recherche zum Thema brachte uns auf zwei ganz unterschiedliche Forschungstraditionen, die zu vollkommen unterschiedlichen Schlussfolgerungen gelangen. Wir stellen sie hier beide dar (bei allen anderen Büchern, die zum Thema verfasst wurden, wird jeweils nur eine Sicht mit Nachdruck verteidigt und dem Leser eine einseitige Sicht der Dinge und mehr oder minder tendenziöse Deutung der Hinweise präsentiert). Oder die Autoren scheuen nicht die Unterschlagung von Informationen. 

TEIL 1

Dort äusserte der dicke Wicht:

Päpstin Johanna lebte nicht,

Verstehn sie? Na! Ich schwöre drauf!

Sonst hört die Weltgeschichte auf!

Ich lache mich fast darüber krank:

Der Papst’ ne Frau? Na, Gott sei Dank!

Was? Papst Johann! rief ich: ein Mädel?

Lebt wohl! Zerbrecht Euch nicht den Schädel!

 


Siegmey. Die Päpstin. Höchst seltsame Historie so im 9. Jahrhundert passiret war. 3rd ed. Berlin: Denicke; 1879 [24]


Der Mythos der Päpstin Johanna

Die erste Deutungstradition sieht in der Johanna eine Legende, die zum Mythos wurde, jedoch keine historisch nachweisbare Wahrheit darstellt: Das vermutete Pontifikat einer Frau wurde in der Mitte oder zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts angesetzt:

Eventuell hat sie als Johannes VIII. (872–882) geherrscht oder aber sie regierte nach Papst Leo IV. (847–855) für etwas mehr als zwei Jahre als Johannes VII. Später erfand die Kirche gemäss gewissen Theorien einen fiktiven Papst namens Benedikt III. (855–858) um das Pontifikat der Johanna zu verschleiern. Oder ihr etwa zwei bis zweieinhalb jähriges Pontifikat liegt zwischen Leo IV. und Benedikt III. Vereinzelt wurde es auch nach Benedikt III. angesetzt [25].

Die Deutung, dass sie als Johannes VIII. (872–882) geherrscht habe, ist wenig wahrscheinlich, da sein Pontifikat recht gut belegt ist. Dennoch spielt Johannes VIII. eine wichtige Rolle in der Verschleierungstaktik und der Missinterpretation.

In offiziellen Papstchroniken des Barockzeitalters bis zu der heutigen Zeit gilt sie als fiktive Figur, die es nie gab [26,27]. Sie wird daher auch nicht erwähnt oder nur ganz kurz [26,28]. Man erklärt dem Leser zwischen den Zeilen, dass sie eine Fiktion ist und das Thema daher nicht weiterverfolgt werden sollte. Bitte nicht nachdenken und schon gar nicht danach forschen.

 

In der heutigen Zeit lassen sich zwei grundsätzliche Interpretationen des Mythos feststellen. Zum einen wird die Geschichte als Fiktion gedeutet, welche aber durch gesellschaftliche und politische Entwicklungen zu einer benötigten Geschichte wurde (eine Art «Fake News» des Mittelalters). Oder sie ist vertuschte Wahrheit, die zum Mythos geworden ist und im Laufe der Zeit angereichert und weiterentwickelt wurde.

Ein Mythos ist selten vollkommen real, hat oft nur einen geringen Wahrheitskern und ist dennoch für die Menschheit von größter Bedeutung. Als vergleichendes Beispiel seien hier Homer und seine beiden Epen Ilias und Odyssee zu nennen. Homer als Individualgestalt des blinden Ependichters hat es nach allgemeiner Ansicht der antiken Philologie ebenso wenig gegeben wie seine Helden Odysseus, Penelope, Achilles, Agamemnon, Paris oder Hektor. Die Bedeutung dieser Figuren ist aber für die Geschichte überragend. So verstand sich Alexander der Grosse als neuen Achilles oder Vergil setzte mit der Aeneis die Geschichte aus römischer Sicht fort und legitimierte die Eroberung Griechenlands letztlich als Rache für die Zerstörung Trojas. 

Mythische Geschichten können in der Tat so wichtig werden, dass sie die Realgeschichte und Kunst nachhaltig beeinflussen und die Phantasie beflügeln [27,29,30]. Mit Mythen kann auch reale Geschichte entstehen, wie der Fall Schweizerische Eidgenossenschaft zeigt. Der Nationalheld Wilhelm Tell ist eine fiktive Figur, dennoch ist sie ein mächtiges Symbol und gilt als Staatsprägend. Wilhelm Tell verkörpert eine Idee.

Bei der Geschichte der Päpstin Johanna könnte es sich ebenfalls um einen solchen Mythos handeln, welcher nachhaltig auf die Kirchengeschichte eingewirkt hat und heute aktueller ist denn je, da gerade wieder einmal über die Zulassung von Frauen zum Priesteramt auch in der Katholischen Kirche debattiert wird. Päpstin Johanna ist eine Idee mit ungeheurer Wirkkraft.


Die Päpstin als Legende

Diese Position wird von Wissenschaftlern und Kirchenhistorikern basierend auf den historischen Quellen vertreten und gilt in der Wissenschaft bei vielen als akzeptiert. Die Bedeutung der Päpstin Johanna wird in dieser Deutungsart aber keineswegs geschmälert, da der Mythos für das Verständnis der Kirchengeschichte eminent wichtig ist. Die (eventuell) fiktive Päpstin ist aus heutiger Sicht die einzige wirklich interessante Papst-Gestalt des Mittelalters. Alle anderen Päpste sind uns letztlich fern.

Der Mythos lässt sich in seiner Entstehung und Entwicklung in verschiedene Phasen aufgliedern und zeigt auf, wie möglicherweise aus einer römischen Lokallegende im Verlauf des Mittelalters eine kollektiv geteilte «fiktive Wahrheit» wurde die für damals aktuelle Kirchenpolitik als Argument und scharfe Waffe diente. Ein Mythos kann anders als die Realität in verschiedenste Richtungen geformt und angepasst werden, ohne dass die «Geschichte dadurch psychologisch unwahr würde. Dies ist der Unterschied zur Realität».

Die Aufgliederung des Mythos wurde vom Kirchenforscher und Stiftspropst Ignaz von Döllinger (1799–1890) vorgelegt. Politische Voreingenommenheit kann man dem Stiftsprobst nicht vorwerfen, denn für seine Kritik am päpstlichen Universalprimates von 1870 wurde er sogar 1871 exkommuniziert. Von Döllinger hatte nachgewiesen, dass das neue Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes sich letztendlich  aus kirchenrechtlichen Fälschungen des 9. Jahrhunderts ableitete [27]. Handkehrum ist damit aber auch belegbar, dass im 9. Jahrhundert zahlreiche Dokumente der Kirche gefälscht und manipuliert wurden, was dann der zweiten Deutungstheorie zur Päpstin Johann als Argumentationslinie dienen wird.

Von Döllinger befasste sich mit seiner Arbeit Papst-Fabeln des Mittelalters (1863 und erneut aufgelegt 1890) mit der Legende der Johanna [29]. Er wies nach, dass es aus den heute vorhandenen Schriftzeugnissen keine Quellen zu Johanna vor dem 13. Jahrhundert gibt. (Diese Aussage ist heute nicht mehr gültig). Einträge bei früheren Chronisten des Hochmittelalters wie Marianus Scotus (gest. 1082) oder Sigebert von Gembloux (um 1100) erwähnen sie, doch es sind spätere Nachtragungen mit anderer, späterer Schriftform sind (im Mittelalter wurden wertvolle Chroniken mit Ergänzungen versehen).

Von Döllinger unterschied zwischen dem 9. Jahrhundert, wo die Geschichte angeblich stattfand, und der literarischen Überlieferung im 13. Jahrhundert. Die Legendenbildung entstand in mehreren Phasen, die nun kurz skizziert werden sollen.


Die Grabinschrift

Die Legende um die Päpstin begann mit einer Inschrift, welche bei den frühen Chronisten erwähnt wird: Der lothringische Dominikaner Jean de Mailly und das von ihm abhängige Predigerhandbuch des Étienne de Bourbon überliefern eine Grabinschrift  [27,30]:


Require de quodam papa vel potius papissa, quia femina erat, et simnlas se esse virum, probitate ingenii factus notarius curie, deinde cardinalis et tandem papa. Quadam die cum ascenderet equum, perperit puerum, et statim Romana iusticia, ligatus pedibus eius, ad caudam equi tractus est et a populo lapidatus per dimidiam leugam, et ubi obiit, ibi sepultus fuit, et ibi scriptum est: Petre, pater patrum, papisse prodito partum. Sub ipso institutum fuit ieiunium quatuor temporum, et dicitur ieiunium papisse.


Jean de Mailly versah den Absatz mit der Bemerkung «require», dass diese Geschichte überprüft werden müsse. Die Lesung der Inschrift: P. Pater Patrum P. P. P. löste Jean de Mailly die Abkürzungen auf als «Petre, pater patrum, papisse prodito partum» (Petrus, Vater der Väter, verrate das Gebären der Päpstin) [27]. Die Inschrift ist uns nicht erhalten, sondern nur als Zitat überliefert. Die Franziskaner griffen kurz darauf die Geschichte auf, und in der Chronik des unbekannten Erfurter Minoriten und in den ebenfalls anonymen «Flores temporum» wurde die Inschrift sogar mit dem Teufel in Verbindung gesetzt. Von Döllinger wies nach, dass in diesem frühen Stadium die Deutung noch schwankte, denn die Erfurter Chronik verstand die Inschrift als Aufforderung des Dämons an die Päpstin, ihre Niederkunft im päpstlichen Konsistorium offenzulegen, während die Quelle «Flores temporum» in der Inschrift ein Versprechen sah, nicht eher aus einem Besessenen zu weichen, bis die Päpstin diesen Exorzismus vollzieht, nämlich die Geburt ihres Kindes bekanntzugeben [27]. Schon sehr früh wurde also eine Verbindung mit dem Teufel hergestellt, was in späteren Phasen wichtig wurde.

Die Inschrift scheint aus heidnischer Zeit zu stammen, wohl aus dem Umfeld des Mithraskultes. Die Bezeichnung «Pater patrum» war ein häufiger Titel der höchsten Priester des Mithras [31]. Von Döllinger vermutete, dass der Name des Priesters Papirius oder ähnlich gelautet haben dürfte, aber der Name nicht mehr vollständig lesbar war. Die nachfolgenden P. P. P. bedeuten in antiken Texten oft «propria penuncia posuit“ (mit seinem eigenen Geld errichtet). Wird ein Text nicht ausgeschrieben, so muss eine gängige und damals einfach aufschlüsselbare Abkürzung damit gemeint sein. Wieso Jean de Mailly die Inschrift als «papisse prodito partum» deutete, ist nicht bekannt. Auch wie es zum Umformungsprozess kam, ist unklar: Es werden lokale Fremdenführer oder ein bereits kursierender Lokalmythos über die Päpstin vermutet, welche dann in diese Grabinschrift diese Deutung hineininterpretierten [27].


Martin von Troppau

Der Dominikaner Martin von Troppau (geboren um 1220/30–nach 1278) auch unter seinem lateinischen Namen Martinus Polonus bekannt, erschuf mit dem «Chronicon pontificum et imperatorum» eine Universalchronik von grösster Bedeutung und weiter Verbreitung [32]. Sein Werk wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und hat grossen Einfluss auf die Geschichtsschreibung des Mittelalters. Er schrieb die Papst- und Kaiserliste 1277 und nahm auch die Päpstin Johanna in die Liste auf. Gemäss Troppau folgte auf Leo IV. zunächst Päpstin Johanna als Papst Johannes VIII. und dann erst Benedikt III. Er berichtete über den Papst Johannes Anglicus:

Post hunc Leonem Johannes Anglicus natione Maguntinus sedit annis II, mensibus V, diebus IIII or, et mortuus est Rome, et cessavit papatus mense I. Hic, ut asseritur, femina fuit, et in puellari etate a quodam suo amasio in habitu virili Athenis ducta, sic in diversis scientiis profecit, ut nullus sibi par inveniretur, adeo ut post Rome trivium legens magnos magistros discipulos et auditores haberet. Et cum in Urbe, ubi vita et scientia magne opinionis esset, in papam concorditer eligitur. Sed in papatu per suum familiarem impregnatur. Verum tempus partus ignorans, cum de Sancto Petro in Lateranum tenderet, angariata inter Colisseum et Sancti Clementis ecclesiam peperit, et post mortua ibidem, ut dicitur, sepulta fuit. Et quia papa eandem viam semper obliquat, creditur a plerisque, quod ob detestationem facti hoc faciat. Nec ponitur in catalogo sanctorum pontificum propter muliebris sexum quantum ad hoc deformitatem.

[32,33]

Direkter Link: http://www.mgh.de/ext/epub/mt/mvt017v018r.htm


Martin von Troppau – Chronicon Pontificum et Imperatorum

 

Demnach hat die Päpstin ein Pontifikat von zwei Jahren, fünf Monaten und vier Tagen innegehabt. Von Troppau erwähnt explizit, dass der Papst eine Frau (femina fuit) und in Athen ausgebildet worden war. Sie war sehr gelehrt und wurde einstimmig zum Papst gewählt. Sie wurde schwanger und da sie den Zeitpunkt der Niederkunft nicht wusste, verstarb sie auf dem Prozessionsweg zwischen dem Kolosseum und der Laterankirche nahe bei der Kirche St. Clementis und wurde dort bestattet. Wegen der Deformität eine Frau zu sein, wurde sie nicht in die Liste der Päpste aufgenommen.

Martin von Troppau erwähnt die Inschrift nicht, er hat sie wohl nicht gekannt und erzählt die Geschichte viel detailreicher, er kennt sogar die Länge ihres Pontifikates auf den Tag genau. Aus welcher Quelle seine Informationen stammen, ist nicht bekannt. Von Troppau ist sich bezüglich der Wahrheit der Geschichte aber nicht absolut sicher, da er anmerkte, „creditur a plerisque“ (wird von den meisten geglaubt), somit rapportierte er eine damals weit bekannte Geschichte [27].

Martin von Troppau hatte seine Chronik zunächst in den 1260er Jahren aufgestellt und zweimal erweitert. Erst in der dritten und letzten Redaktion fügte von Troppau um 1277 die Geschichte der Päpstin ein. Für die Vertreter der mythologischen Deutung gilt er daher als der Erfinder der konkreten und bis heute tradierten Johanna-Legende [27]. Er gab der bis dahin namenlos überlieferte Päpstin den Namen und auch eine genaue Angabe ihres Pontifikates, das er nach Leo IV. in der Mitte des 9. Jahrhunderts ansetzte. Zudem nennt er ihre Herkunft und eine genaue Länge des Pontifikates (2 Jahre, 5 Monate und 4 Tage) und die wichtigsten Stationen ihres Lebens.

 

In den Abschriften ist zudem eine Variante der Legende entstanden, wonach die Päpstin nicht bei der Geburt verstorben sein soll, sondern überlebte, abgesetzt und in ein Kloster verbannt wurde (Variante von Martin von Troppau im Berliner Manuskript). Ihr Kind, ein Sohn, soll später zum Kardinalbischof von Ostia ernannt worden sein. Der Sohn soll die Päpstin nach ihrem Tode nicht am Geburtsort ihres Sohnes (wie sie gewünscht haben soll) bestattet haben, sondern in der Kardinalskirche in Ostia. Dort sollen sich später Wunder ereignet haben, und der Ort ihrer Niederkunft in Rom trage seitdem den Namen vicus papisse (Platz der Päpstin). Diese Variante gilt als eine frauenfreundliche Deutung der Geschichte im Mittelalter [27].

In Ostia gibt es nur eine bedeutende Kirche, welche schon vor der Zeit von Johanna belegt ist, die Kathedrale Sant’Aurea, benannt nach einer weiblichen Märtyrerin namens Aurea oder Chryse (Lateinisch bzw. Griechisch für „Die Goldene“), welche um 250/260 ihren Tod fand[1]. Gemäss der Tradition wurde Aurea auf ihren Gutsbesitz bestattet, und später entstand dort die Kirche Santa Aurea über ihrem Grab. Die Kirche entstand im 5. Jahrhundert und wurde erstmals um 700 durch Papst Sergius I. renoviert und erneut um 800 durch Papst Leo III. Auch Papst Leo IV. führte um 850 Erneuerungsarbeiten durch (also kurze Zeit vor der angeblichen Päpstin). Die Reliquien (Urnen) der Aurea und der Monica wurden 1430 nach Rom überführt (Acta Sanctorum, Mai I, p. 490).[2]

Die Kirche wurde im 15. Jahrhundert neu gebaut und ein Fragment einer christlichen Inschrift wurde 1981 gefunden, welche auf Aurea verweist. Die Inschrift wurde in die Burg von Ostia verbracht und lautet „Chryse hic dorm(it)“ (Chryse schläft hier). Ob es sich wirklich um ihre Grabinschrift handelt oder später hinzugefügt wurde, ist unklar. [3]

Da Chryse (Aurea) ihren Tod erlitt, indem sie mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen wurde, dürfte das Grab ohnehin ein Kenotaph gewesen sein.

Das Bischofsamt von Ostia gilt in der Kirche als bedeutend. Seit 1050 ist das Amt für den Posten des Kardinaldekans reserviert (den obersten Kardinal und damit das zweithöchste Amt direkt nach dem Papst). Zwischen 2002 und 2005 hatte Joseph Kardinal Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI. das Amt inne.

In den Jahren nach dem vermuteten Pontifikat von Johanna sind folgende Bischöfe von Ostia bekannt: [4]

Spuren eines Grabes einer angeblichen Päpstin sind bislang nicht bekannt geworden.

Interessant ist auch die Anmerkung, dass aufgrund dieses Ereignisses, die nachfolgenden Päpste den Prozessionsweg abänderten. Kerner und Hebers weisen in ihrer Arbeit darauf hin, dass diese Ergänzung sich erst um 1270 herausgebildet haben könnte. Von einem bestimmten Zeitpunkt an haben die Päpste nicht mehr die Via dei Santi Quatro Coronati benutzt, sondern sind auf der Via di San Giovanni in Laterano an der Kirche San Clemente vorbeigezogen.



[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Aurea_of_Ostia

http://www.santaurea.org/

[2] Bruno W. Häuptli in the Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon.

[3] http://www.ostia-antica.org/dict/south/saurea.htm

[4] Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Suburbicarian_Diocese_of_Ostia

 

Männlichkeitsprüfung

Eine weitere Ausgestaltung der Legende wurde mit der Geschichte der Männlichkeitsprüfung erreicht [27]: Der Dominikaner Robert d’Uzès (gest. 1296) schrieb in seinem Werk „Liber visionem“, das er an die Päpste Coelestin V. und Bonifaz VIII. gerichtet hatte, über den gefährdeten Zustand der Kirche. Er berichtet die Geschichte als Vision, die er 1291 gehabt habe und bei welcher der Papst darauf geprüft werde, ob er ein Mann sei. Auch Geoffroy de Courlon berichtete davon, dass die Römer die Gewohnheit hatten, das männliche Geschlecht des Papstes mit einem speziellen Stuhl, der ein Loch hatte, zu überprüfen [27]. Von Döllinger deutete diese Episode als ein Missverständnis des Volkes, welches ein päpstliches Erhebungszeremoniell missverstanden habe, welches seit Papst Paschalis II. aus dem Jahr 1099 bezeugt ist. Der neugewählte Papst hatte dabei auf zwei durchbrochenen Sesseln Platz zu nehmen, die damals vor dem Silvesteroratorium im Lateranpalast standen. Das Sitzen hatte die Bedeutung des Besitzergreifens. Dass man dafür nicht normale Throne, sondern antike Toilettensitze benutzte, war eventuell einfach ungeschickt, denn das Volk verstand, so argumentiert von Döllinger, die Sache als fremd und unbekannt und erfand dann auch eine eigene Erklärung. Nach der Volksdeutung soll mit der Öffnung das Geschlecht des Papstes geprüft worden sein.

Die offizielle Erklärung der Kirchenexperten ist in dieser Phase zumindest für den heutigen Leser schwer zu akzeptieren, insbesondere weil es auch entsprechende Darstellungen gibt, wie das Geschlecht des Papstes auf dem Stuhl geprüft und verkündet wird: „habet“ (er hat [männliche Genitalien]) [27].

Hätten die Kirchenoberen nicht solche durchbrochenen Sitze verwendet, wäre vielleicht die Theorie nie entstanden. Da man nun (angeblich) das männliche Geschlecht des neuen Papstes prüfen musste, zieht dies den fast unausweichlichen Gedanken nach sich, dass offenbar früher einmal diesbezüglich eine Panne mit einer Päpstin passiert sein musste.

Damit war die erste Entwicklung des Mythos abgeschlossen. Nun folgt die spätmittelalterliche Verwendung desselben zu kirchenpolitischen Zwecken.


Die Päpstin wird zur Wahrheit

Im späteren Mittelalter nutzen Kirchenleute die Geschichte der Päpstin um daran ihre frauenfeindlichen Argumentationen aufzuhängen [27]: Tholomäus von Lucca (gest. 1327) sah in der Päpstin eine verwerfliche Täuschung der Kirche und setzte es mit der vermessenen Torheit und Schande des ganzen weiblichen Geschlechtes gleich.

Auch der Benediktiner Ranulph Higden (um 1330) vertrat die Ansicht, die Päpstin sei wegen ihrer weiblichen Ungebührlichkeit nicht in die Papstliste aufgenommen worden. Heinrich von München liess um 1350 dann in einer Reimchronik die Päpstin durch die Gottesmutter Maria verfluchen. Die Liste liesse sich noch weiterführen; die Kirche geiferte gegen das weibliche Geschlecht, die Existenz der Päpstin galt aber zunehmend als Tatsache: Um 1370 schrieb auch Giovanni Boccaccio in seiner Frauenschrift «De mulieribus claris» von der unerhörten Unverschämtheit der Päpstin. Er gibt Gilberta als ihren Geburtsnamen an.


Giovanni Boccaccio: De mulieribus claris


Iohannes, esto vir nomine videatur, sexu tamen femina fuit