Mathilda Grace
KOPF ODER ZAHL
Band 3
EINE FRAGE DES STOLZES
Die Las Vegas-Trilogie
Eine Frage des Stolzes
1. Auflage, Juni 2019
Impressum
©2018 Mathilda Grace
Am Chursbusch 12, 44879 Bochum
Text: Mathilda Grace 2017
Fotos: fva2105, PDPics; Pixabay
Coverdesign: Mathilda Grace
Korrektorat: Laura Iacoviello
Web: www.mathilda-grace.de
Alle Rechte vorbehalten. Auszug und Nachdruck, auch einzelner Teile, nur mit Genehmigung der Autorin.
Sämtliche Personen und Handlungen sind frei erfunden. Diese Geschichte spielt in einem fiktiven Casino in Las Vegas.
Liebesroman
Liebe Leserin, Lieber Leser,
ohne deine Unterstützung und Wertschätzung meiner Arbeit könnte ich nicht in meinem Traumberuf arbeiten.
Mit deinem Kauf dieses E-Books schaffst du die Grundlage für viele weitere Geschichten aus meiner Feder, die dir in Zukunft hoffentlich wundervolle Lesestunden bescheren werden.
Dankeschön.
Liebe Grüße
Mathilda Grace
Das Schicksal meint es nicht gut mit Shannon Bettany, denn seine Freunde und Geschäftspartner sind vom Markt. Taylor hat im vergangenen Januar geheiratet, Benedict ist seinem Beispiel vor wenigen Wochen gefolgt, nur er selbst ist noch übrig. Las Vegas auf der Suche nach einem Abenteuer allein unsicher zu machen, ist aber auch nicht das Wahre und so begnügt sich Shannon damit, das Casino am Laufen zu halten. Unterstützung erhält er dabei von Jaxon Rourke, dem neuen Sicherheitschef im Kopf oder Zahl, der alles besser weiß und als ehemaliger US-Marshal leider meistens recht behält. Shannon ist von dem Mann schwer genervt und lässt ihn das deutlich spüren. Doch eines Tages dreht Jaxon den Spieß um und geht auf Konfrontationskurs.
Prolog
Jetzt stand er schon das zweite Mal innerhalb von nur wenigen Monaten vor einem Traualtar und fragte sich, was zum Teufel er hier eigentlich machte.
Er gehörte nicht hierher und er wollte auch nicht hier sein. Er wollte sich das Liebesglück nicht antun, obwohl Shannon der letzte war, der es seinen besten Freunden missgönnt hätte. Sie waren glücklich und sie verdienten es zu lieben, zu heiraten und vermutlich schon bald eigene Familien zu gründen. Zumindest sprachen Taylor und auch Benedict immer mal wieder darüber, wenn sie in der Sicherheitszentrale nach dem Rechten sahen und er so tat, als würde er nicht zuhören.
Dabei hörte er ihnen ganz genau zu. Mehr als gut für ihn war, denn Shannon wusste, dass er so etwas niemals haben würde. Keinen Freund, keine Beziehung und eine Ehe schon gar nicht. Nie wieder würde er so dumm sein, sein Herz an jemanden zu verschenken, der es dann mit Füßen trat, wie Parker es getan hatte.
Er war zwar längst keine 17 mehr, aber dämlich war er deshalb noch lange nicht geworden.
Wahre Liebe gab es nicht. Jedenfalls nicht für ihn.
»Shannon!«
Shannon zuckte bei der Schärfe heftig zusammen, mit der sein Name hinter ihm gezischt wurde, dabei war Jaxon Rourke kaum zu verstehen, so leise hatte er gesprochen. Was gut war, denn Benedict runzelte vorne am Altar gerade die Stirn und sah ihn fragend an.
»Die Ringe«, half der Mistkerl ihm ein weiteres Mal aus und Shannon verkniff sich ein Schnauben. Er würde Rourke keinesfalls den Triumph gönnen, ihn während Jeremys und Benedicts Hochzeit beim Tagträumen erwischt zu haben. Stattdessen setzte er ein freches Grinsen auf.
»Ach ja, die Ringe. Hm, ich glaube, ich habe sie leider zu Hause in der Küche gelassen. Was bei diesen hässlichen Dingern echt kein Verlust ist. Jeremy, bist du sicher, dass du den Blödmann da heiraten willst? Noch hast du Zeit, um abzuhauen.«
»Shannon ...«, knurrte Benedict, während Jeremy ihm grinsend den Stinkefinger zeigte.
Shannon zwinkerte ihnen zu. »Reingefallen.«
»Kann ich ihn bitte umbringen?«, fragte Benedict an Taylor gewandt, der kopfschüttelnd lachte. »Und warum nicht? Er raubt mir sogar an meinem eigenen Hochzeitstag den letzten Nerv.«
»Das ist sein Job als unser bester Freund«, antwortete Taylor belustigt und warf Shannon dann einen finsteren Blick zu. »Und jetzt rück endlich die Ringe raus, Shanie-Baby, sonst muss ich Jaxon leider bitten, dich ausführlich zu durchsuchen, um sie zu finden.«
Alles lachte, während Shannon unflätig fluchte und Jaxon einen warnenden Blick zuwarf, den der allerdings mit einem herausfordernden Grinsen kommentierte.
Arroganter Mistkerl.
Kapitel 1
»Und wieso soll ich das bitteschön tun?«
»Es ist effizienter.«
Das stimmte sogar, aber Shannon würde den Teufel tun und Jaxon Rourke einfach kampflos den Sieg über seine aktuelle Dienstplanung zugestehen. Es war schon schlimm genug, dass er die letzten Diskussionen zu dem Thema verloren hatte. Der Mistkerl wusste leider genau, wovon er sprach, und er hatte keine Scheu, ihm ins Gesicht zu sagen, wo seiner Meinung nach dringend Verbesserungen nötig waren. Und im Casino brauchten sie eindeutig mehr Leute. Ganz besonders zwischen den Tischen, die von seinem Personal an den Türen nicht gut einzusehen waren. Und wenn in der Sicherheitszentrale jemand auf den unzähligen Bildschirmen sich anbahnenden Ärger entdeckte, war es oft schon zu spät oder kurz davor.
»Wir verscheuchen die Spieler, wenn wir ihnen noch mehr Personal vor die Füße stellen«, grollte er, denn das war auch Benedicts und Taylors Einwand gewesen, aber das Problem mit den stetig zunehmenden Streitereien, sobald schlechte Verlierer sich mit ihren Gebern anlegten, oder der Ärger, wenn Betrunkene mal wieder ihre eigenen Grenzen nicht kannten, würde sich leider nicht von selbst lösen.
Es war unumgänglich, dass sie neue Männer und Frauen einstellten, um die Sicherheit ihrer übrigen Gäste weiterhin gewährleisten zu können, und zwar bald.
»Nicht, wenn die komplette Mannschaft im Casino, abgesehen von den Leuten direkt an den Türen, auf Zivil umgestellt wird. Sie können mitspielen, dabei die Spieler im Auge behalten und rechtzeitig Bescheid geben, falls sich Probleme anbahnen.« Jaxon beugte sich ein Stück zu ihm, damit der Rest der derzeit anwesenden Leute sie nicht mehr verstehen konnte. »Du weißt, dass ich recht habe, aber du kannst das gerade nicht zugeben, weil dir wieder mal dein Stolz im Weg steht. Ich bin nicht dein Feind, Shannon, also hör endlich auf, mich wie einen zu behandeln.«
Jaxon ließ ihm keine Zeit, irgendwie zu reagieren, da er die Sicherheitszentrale mit langen Schritten verließ, und das nahm ihm Shannon genauso übel, wie seine vorherige Ansprache. Irgendwann würde er Jaxon Rourke vom Dach schubsen oder Schlimmeres mit ihm anstellen. Am besten war der Ex-Marshal dabei nackt und nass.
Shannon fluchte innerlich und wandte sich an Max, der heute die Leitung über die Nachtschicht hatte. »Sein Vorschlag wird in die Tat umgesetzt. Sag Hendrik, dass wir neues Sicherheitspersonal brauchen. Zehn Stellen. Er soll die Anzeigen dazu fertig machen. Voraussetzungen wie üblich, mit einem Zusatzpunkt: sie müssen spielen können. Wenn er Fragen hat, soll er mich anrufen.«
»Geht klar, Boss.«
»Danke.«
Shannon verschwand Tür knallend in den Flur, wo er jedoch keine zehn Schritte weit kam, bis er plötzlich hart am Kragen seines Jacketts gepackt und rabiat durch eine Tür in einen dunklen Raum gezerrt wurde.
»Was zur …?«
Weiche Lippen auf seinem Hals erstickten seine Wut im Keim, während zwei starke Hände ihn an der Hüfte gepackt hielten und mit dem Rücken gegen ein Regal pressten. Sie waren in einem der Vorratsräume, erkannte Shannon, als hinter ihm etwas klapperte und danach das Platschen von Flüssigkeit in einer Flasche zu hören war. Nur in welchem? Im nächsten Moment fiel neben ihm etwas zu Boden. Ein Besen? Verflixt noch mal, sie waren im Putzraum gelandet. Shannon keuchte, als sich ein Knie zwischen seine Beine schob, und riss Jaxon von seinem Hals weg, ehe der noch die Frechheit besaß, ihm einen Knutschfleck zu verpassen.
»Fuck, ausgerechnet die Besenkammer? Ist dir wirklich nichts Besseres eingefallen?«
»Klein und finster, das gefällt dir doch«, raunte ihm eine tiefe Stimme ins Ohr und allein für den wissenden Unterton hätte er Jaxon am liebsten erwürgt.
»Fick dich!«
Jaxon lachte und packte ihn wieder am Kragen, um ihn mit dem Gesicht voran ans Regal zu drücken. »Falsch. Ich werde dich ficken, und zwar jetzt gleich, Bettany!«
Wenig später bildete seine Hose einen Wust zu seinen Füßen und Shannon hielt sich den Mund mit einer Hand zu, um jegliches Geräusch zu unterdrücken, weil Jaxon niemals leere Drohungen machte. Wenn er eines in den vergangenen fünf Monaten, seit er sich in regelmäßigen Abständen von diesem Mistkerl in den sprichwörtlichen Himmel vögeln ließ, gelernt hatte, dann das.
Und auch heute dauerte es nicht lang genug, obwohl er sich eher die Zunge abgebissen hätte, als zuzugeben, dass der Sex mit Jaxon, so grandios er in Shannons Augen auch war, ihm längst nicht mehr ausreichte. Er wollte dasselbe wie Taylor und Benedict, doch er wusste, dass das reine Utopie war. Eine alberne Wunschvorstellung. Für ihn gab es keinen passenden Partner, so wie Jeremy oder Hendrik es für seine Freunde waren. Für ihn gab es nur den Bodensatz. Männer wie Parker. Männer, die erst den Himmel auf Erden versprachen und dann, eines Tages, völlig überraschend, ihr wahres Gesicht zeigten.
Deswegen war Sex alles, was er jemals haben würde. Shannon hatte bereits vor vielen Jahren gelernt, damit zu leben, denn er wollte nicht, dass Jaxon sich veränderte. Dass er genauso wurde wie Parker. Er wollte, dass der Mistkerl, der gerade mit seinen Fingern dafür sorgte, dass er ebenfalls seinen Spaß hatte, genau so blieb, wie er war.
Ein toller Mann.
Und damit für ihn unerreichbar.
»Wow, wer hat dich denn überfallen?«, fragte Taylor eine knappe Stunde später erstaunt, als Shannon, frisch geduscht und in einem sauberen Anzug, in sein eigenes Büro trat, wo seine besten Freunde auf ihn warteten.
Shannon entschied, die Frage zu ignorieren und warf stattdessen einen Blick auf sein Handy. »Habe ich einen Termin vergessen? In meinen Kalender steht nichts.«
»Du meinst abgesehen von Hendriks Geburtstag am Freitag?«
Shannon erstarrte. »Shit.«
Taylor schnaubte und sah zu Benedict. »Ich hab's dir doch gesagt. Er merkt sich jeden noch so unbedeutenden Scheiß, aber den Geburtstag meines Ehemanns kriegt er nicht auf die Reihe.«
»Was möglicherweise daran liegt, dass wir seit Jahren keine Geburtstage gefeiert haben, da wir die meiste Zeit am Arbeiten sind, seit das Kopf oder Zahl geöffnet hat«, konterte Benedict trocken und ließ sich dann mit einem Grinsen auf der Schreibtischkante nieder. »Allerdings dürfte sich das in Zukunft ändern, weil mein eigener toller Mann mir bereits einen qualvollen Tod angedroht hat, sollte ich es jemals wagen, Jahrestage oder einen anderen wichtigen Termin zu vergessen. Was mich auch zurück zum Thema bringt, denn du«, Shannon traf ein herausfordernder Blick, »musst etwas für uns tun.«
»Wenn es illegal ist, mache ich es nicht.«
Benedict grinste. »Keine Sorge, das ist es nicht. Okay, es ist hart an der Grenze des Ertragbaren, aber ...«
Shannon schnaubte. »Hey, ich dachte, es geht hier um Hendriks Geburtstag. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass Taylors sensibler Schatz sich freiwillig an einer illegalen Aktion beteiligt.«
»Tut er auch nicht«, stimmte Taylor ihm zu und trat neben Benedict. Danach grinsten ihn beide breit an und in der Sekunde erkannte Shannon, dass er wirklich ernsthaft in der Klemme steckte.
»Was wollt ihr von mir?«, fragte er misstrauisch, weil sie nur als Einheit auftraten, wenn das, was auch immer sie gerade ausheckten, längst beschlossene Sache war.
Taylor lächelte harmlos. »Deine Zustimmung.«
»Wozu?«
»Einem Campingabenteuer.«
Ach so. Sie wollten mit ihren Männern in die Wüste und sich dort ein paar Nächte mit wildem Sex um die Ohren schlagen. Shannon winkte ab. »Viel Spaß.«
»Zu sechst. Im Red Rock. Dieses Wochenende. Oder genauer gesagt, von Freitag bis Montag.« Benedict warf ihm einen unschuldigen Blick zu. »Für Notfälle nehmen wir die Handys mit, ansonsten übernimmt Tamsyn für Hendrik das Personal und Chris hat zugestimmt, für das Wochenende die Sicherheitszentrale zu leiten.«
Der Groschen fiel und er fiel mit einem lauten Knall. »Kommt nicht infrage«, knurrte Shannon, der sich lieber freiwillig vom Hoover-Staudamm gestürzt hätte, als mit Jaxon Rourke campen zu gehen.
»Jeremy und Hendrik wollen ihn näher kennenlernen und belagern ihn schon seit zwei Wochen. Aber sie sind auch der Meinung, es wäre unfair, dich hierzulassen, um das Kopf oder Zahl zu überwachen, genauso wie es mehr als fies wäre, wenn er alleine mitkommen muss und sich dann wie das fünfte Rad am Wagen fühlt. Also ...«
»Niemals!«
»Hendrik wünscht sich dieses Campingwochenende zum Geburtstag und ich wette, du hast noch nicht mal einen Gedanken an ein Geschenk verschwendet.«
Wie auch, wenn er das Datum völlig vergessen hatte? Er musste sich dringend einen Geburtstagskalender oder so etwas in der Art zulegen. Gab es solche Dinge auch fürs Handy? Hoffentlich, denn auf einen Wandkalender warf er nie und nimmer täglich einen Blick. Aber das musste jetzt warten, bis er sich aus diesem Campingwahnsinn wieder herausgemogelt hatte.
»Ich besorge ihm noch heute ein Geschenk.«
Taylor schürzte die Lippen. »Du willst also lieber ein unpersönliches Geschenk für meinen Mann kaufen, was er natürlich sofort als solches erkennen wird, er ist schließlich nicht dumm, als ihm seinen einzigen Wunsch zu erfüllen, nur weil du bockig bist?«
»Ich bin nicht bockig!«
Oh, wie er diese Taktik hasste, vor allem, weil sie viel zu oft funktionierte. Taylor beherrschte es grandios, ihm ein schlechtes Gewissen einzureden, darum war er auch immer derjenige von ihnen, der das Reden übernahm, falls Benedict mit seiner ruhigen Art keinen Erfolg hatte. Oder, so wie heute, genau wusste, dass er ihn niemals zu diesem Trip überreden konnte und darum sofort Taylor das Feld überließ.
»Hendrik möchte nur etwas Zeit mit seinen Freunden verbringen, zu denen er dich übrigens auch zählt.«
»Jaxon ist hier der Sicherheitschef. Seit wann nimmt man seinen eigenen Sicherheitschef mit zum Campen?«, rief Shannon seinen Freunden in Erinnerung. Nicht dass es geholfen hätte.
»Er ist ein interessanter Kerl, meint mein Ehemann«, konterte Taylor nämlich ungerührt und Shannon konnte förmlich spüren, wie sich die Schlinge um seinen Hals von Sekunde zu Sekunde enger zuzog. »Hendrik möchte mit uns grillen, am Lagerfeuer sitzen, über peinliche und uralte Kindheitsgeschichten lachen und einfach ein paar freie Tage mit seinen Freunden genießen.«
Himmel, er musste seinen Hintern retten, und zwar schnell. Sehr schnell. »Taylor ...«
»Du weißt doch noch, dass Hendrik nie eine Familie hatte, die diese Bezeichnung verdiente, oder?«, fragte Taylor leise und Shannon verbiss sich einen lästerlichen Fluch. Als bester Freund seit Kindertagen kannte Taylor seine Schwachstellen eindeutig zu gut und er hatte auch keine Skrupel, sie gegen ihn zu verwenden.
»Du verdammter Mistkerl«, grollte er und konnte im nächsten Moment genau sehen, dass Taylor sich nur mit Mühe ein triumphierendes Lächeln verkneifen konnte. »Ich sollte dich erwürgen!«
Benedict breitete feixend die Arme aus. »Sieh es doch mal so … Das Wetter ist perfekt. Nicht zu warm, nicht zu kalt. Wir bauen ein paar Zelte auf, schlagen uns abends mit Burgern und Würstchen die Bäuche voll, bevor wir später die Sterne beobachten und damit unsere Männer sehr, sehr glücklich machen.«
»Rourke ist nicht … Herrgott!« Shannon fluchte, als Taylor und Benedict loslachten. »Ich hasse euch beide«, knurrte er dann und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. »Was kriege ich dafür, dass ich mitkomme?«
»Ich verrate meinem Ehemann nicht, dass du seinen Geburtstag vergessen hast.«
Das hatte ja kommen müssen. »Du bist so ein Arsch.«
»Danke.« Taylor reckte sich und schaute zu Benedict. »Irgendwas war noch, oder?«
»Penthouse«, murmelte Benedict und Taylor zog eine gequälte Grimasse, bevor er sich räusperte.
»Ach ja … Wir brauchen Jaxons Apartment.«
Shannon stutzte irritiert. »Was?«
»Timothy muss zu Hause ausziehen, besser gesagt, er will. Seine Freundin ist schwanger, geht aber noch ein Jahr zur Schule und will keinesfalls mit ihrem Baby bei ihren streng katholischen Eltern bleiben. Da gibt es wohl einige Probleme, weil sie noch so jung ist und beide nicht daran denken, demnächst zu heiraten.« Taylor winkte ab. »Ich habe nicht weiter nachgefragt, als ihr die Tränen in die Augen stiegen. Jedenfalls brauchen die beiden dringend ein bezahlbares Dach über dem Kopf.«
»Jaxon hat aber noch kein Haus gefu...«
Shannon brach mitten im Wort ab. Das meinte Taylor nicht ernst. Oh nein, das war ganz sicher nur ein kleiner und absolut bescheuerter Scherz. Doch leider verrieten ihm Taylors und auch Benedicts betretene Mienen, dass dem nicht so war. Sie meinten genau das, was er befürchtete. Shannon schüttelte den Kopf.
»Auf gar keinen Fall.«
»Willst du lieber mit einem verknallten Pärchen unter einem Dach leben, das bald ein Kind bekommt?«
Um Gottes willen. Eher stellte er sein Bett unter einer Brücke auf. Andererseits wäre die Brücke vielleicht doch eine Option. Er hatte auch so schon genug Probleme damit, jeden Tag mit Rourke zusammenzuarbeiten. Von den netten Techtelmechteln zwischendurch, die unbedingt geheim bleiben mussten, gar nicht zu reden. Er konnte nicht mit diesem verführerischen Mann unter demselben Dach leben, dieselbe Dusche benutzen, beim Frühstück am selben Tisch sitzen, nur durch zwei dünne Türen voneinander getrennt schlafen. Das würde Shannon nie und nimmer überleben. Jedenfalls nicht lange. Die Alternative fand er allerdings weitaus schlimmer.
»Verdammte Scheiße.«
»Heißt das ja?«, fragte Benedict.
»Nein! Ja! Großer Gott! Irgendwann zahle ich euch das heim«, drohte Shannon wutschnaubend und verließ Tür knallend sein Büro, ohne auf eine Antwort zu warten. Er musste hier raus. An die frische Luft, um einmal kurz und so laut er konnte zu schreien, bevor er sich hoffentlich wieder in den Griff bekam und zurück an die Arbeit gehen konnte. Er schlug den direkten Weg nach draußen ein.
Sein Handy begann zu klingeln.
»Was?«, fauchte er in das Gerät, ohne einen Blick auf das Display zu werfen, wer überhaupt am Apparat war.
»Sehr höflich, mein Sohn.«
Shannon sackte in sich zusammen und blieb ein paar Schritte neben der von Palmen gesäumten Sitzecke im Foyer stehen. »Tut mir leid, Dad. Schlechtes Timing.«
»Möchtest du darüber reden?«
Shannon zog eine Grimasse. »Eigentlich nicht.«
»Ich könnte dir stattdessen von deinem neuen Bruder erzählen«, neckte sein Vater ihn und Shannon begann zu grinsen, während er den Weg in die Sitzecke einschlug und sich auf den weichen Polstern niederließ. Sein Vater war wirklich unmöglich, was das ständige Adoptieren von elternlosen Jungtieren anging.
»Hast du dir diesmal ein Stinktier angelacht?«, fragte er feixend, doch bei der Antwort seines Vaters blieb ihm das Lachen umgehend im Halse stecken. Das war doch bitte nur ein Scherz. »Du hast einen jungen Grizzly ins Haus geholt? Bist du verrückt?«
»Er ist noch ein Baby. Völlig harmlos.«
Harmlos? Ein Grizzlybär? Shannon hätte seinen Vater am liebsten durch die Leitung gezogen und geschüttelt, bis der wieder zu Verstand kam. Er musste nach diesem Telefonat unbedingt seine Mutter und Ashley anrufen, um sich zu vergewissern, dass es ihnen gutging und danach einen Plan schmieden, um seinem Vater diesen Quatsch schnellstens wieder auszureden. Zuerst Benedict und Taylor mit ihrem Campingblödsinn, dann Rourkes Einzug bei ihm und jetzt auch noch das. Momentan war er offensichtlich nur von Verrückten umgeben.
»Dad!«
»Reingefallen«, konterte sein Vater heiter und lachte, als Shannon anfing zu fluchen. »Keine Sorge, es ist kein Bär. Nur ein kleiner Rehbock, der ziemlich früh dran ist, darum stehen seine Chancen leider nicht sehr gut. Aber ich will es trotzdem versuchen.«
Das war doch wieder einmal so typisch. Shannon war sofort besänftigt und lächelte liebevoll. »Ach, Dad.«
»Sag nichts. Ich habe ein zu weiches Herz, das weiß ich, weil deine Mum es mir ständig erzählt. Aber wo wir schon von weichen Herzen sprechen … Was habe ich da gehört? Du gehst Campen?«
»Benedict ist so eine Klatschtante.«
Shannon stöhnte auf, als sein Vater erneut lachte. »Wie wahr. Er hat gestern deine Mum angerufen und die beiden haben geredet und geredet … Du kennst sie ja.«