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© 2018 Bernd Sternal

Herausgeber: Verlag Sternal Media, Gernrode

Gestaltung und Satz: Sternal Media, Gernrode

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www.harz-urlaub.de

Umschlagsgestaltung: Sternal Media

Abbildungen, Karten und Fotos: Archiv Sternal sowie siehe Bild-Legenden und Bildnachweis

Sagen-Zeichnungen: Lisa Berg

1. Auflage Oktober 2018

ISBN: 978-3-7481-6991-8

Herstellung und Verlag:

Books on Demand GmbH, Norderstedt

Der Bergbau hat den Harz und seine Randgebiete grundlegend geprägt. Dabei spielten die Metalle eine besondere Rolle, denn nicht von ungefähr sind ganze Geschichtsperioden nach ihnen benannt worden.

Die ältesten bekannten metallischen Funde sind etwa 12.000 Jahre alt und stammen aus Kleinasien. Heutige Forschungen gehen davon aus, dass die frühe Metallurgie ein entscheidender Faktor für die Umstellung der nomadisierenden Jäger und Sammler zum Ackerbau und zur Sesshaftigkeit war.

In Mitteleuropa begann diese kulturelle Umstellung jedoch erst Jahrtausende später. Es gab zwar ab der frühen Bronzezeit vor etwa 2.200 v. Chr. Funde von Werkzeugen, Waffen und Schmuck aus Metallen, jedoch ging die Wissenschaft lange Zeit von Importen aus.

Bis vor wenigen Jahrzehnten galt die zweite Hälfte des 10. Jahrhunderts als Beginn des Harzer Bergbaus und damit auch der Metallurgie. Das Jahr 968 war das magische Jahr, in dem gemäß Widukind von Corvey’s Chronik erstmalig die Entdeckung einer Silberader unter Otto I. am Rammelsberg historisch festgehalten wurde. Fortan wurde diese Jahreszahl als Beginn des Harzer Bergbaus genannt. Da die historischen Quellen für die Zeit davor schwiegen, blieb es der Archäologie vorbehalten weiterführende Erkenntnisse zum Harzer Bergbau zu liefern. Das jedoch dauerte bis in die 1980er Jahre, zuvor waren die wissenschaftlichen Methoden einfach noch zu unausgereift. So ist es kein Wunder, dass noch heute in zahlreichen Büchern und Schriften der Beginn des Harzer Bergbaus in das Jahr 968 verortet wird.

Zudem gehörten zur Gewinnung archäologischer Erkenntnisse, neben modernen Methoden und interdisziplinärer Zusammenarbeit, auch immer ein Quäntchen Glück. Ein entscheidender Hinweis, der alle bis dato geltenden Thesen zu widerlegen begann, kam Ende der 1970er Jahre von dem Ortschronisten des Dorfes Düna bei Osterode, Gustav Bierkamp. Dieser hatte Geländeanomalien nahe dem kleinen Ort entdeckt und diese als eine alte Vorgängersiedlung des heutigen Düna gedeutet, welches erstmals im Jahr 1286 genannt wurde. Nachdem sich Archäologen im Jahr 1981 dieses als Weide dienenden Grundstücks angenommen hatten, wurde schnell klar, dass Bierkamp Recht hatte.

Zu diesem Zeitpunkt war jedoch noch nicht abzusehen, dass aus dieser Testgrabung eine folgenreiche archäologische Grabung werden sollte, die für die gesamte Harzregion das Geschichtsbild verändern sollte. Was keiner ahnte wurde Realität, während der insgesamt fünf Jahre dauernden Grabung wurde ein frühmittelalterlicher Herrensitz freigelegt. Die eigentliche Sensation aber waren die ausgegrabenen Hinterlassenschaften zur Metallgewinnung und -verarbeitung von Harzer Erzen. Diese konnten bis in das erste vorchristliche Jahrhundert hinein datiert werden, also etwa Tausend Jahre früher als bisher angenommen. Diese kleine, aber regional bedeutende, Sensation, die sich jedoch nur schwer gegen die fundamentierte Lehrmeinung durchsetzen konnte, gab der Harzer Montanarchäologie dennoch entscheidende neue Impulse.

Bis zu diesem Zeitpunkt sah man den Harz bis in das Hochmittelalter als natürliche Bastion an, die aufgrund ihrer Unwirtlichkeit eine Völker- und Kulturscheide bildete. Erst nach den montanarchäologischen Erkenntnissen von Düna begannen sich neue Denkansätze herauszubilden. Neolithische Funde aus dem Gebirge, die seit Beginn der Archäologie als Wissenschaft gemacht wurden, bekamen nun einen anderen Stellenwert und wurden neu interpretiert. Wissenschaftliche Untersuchungen in anderen europäischen und besonders auch süddeutschen Mittelgebirgslandschaften stehen dabei im gleichen Erkenntnishorizont, wie die Harzer Erkenntnisse. Es kann daher heute als unstrittig gelten, dass die Hochlagen des Harzes im Neolithikum nicht nur zu jagdlichen und kultischen Zwecken genutzt wurden, sondern dass diese Regionen seit dem Beginn der Sesshaftigkeit – die auch in direktem Zusammenhang mit Viehhaltung steht – saisonal aufgesucht und genutzt wurden.

Zahlreiche moderne Prospektionsmethoden kamen bei diesen umfangreichen Untersuchungen zum Einsatz, von denen besonders die Pollenanalyse der Hochmoorgebiete hervorzuheben ist. Bei fast allen Pollendiagrammen ist dabei der menschliche Einfluss auf die Vegetation zu beobachten und lässt für das Neolithikum den Schluss zu, dass in den Hochlagen des Harzes Viehzucht und Weidewirtschaft betrieben wurde. Weiterhin kann, aufgrund zahlreicher Funde, davon ausgegangen werden, dass gezielt in den Harzer Höhenlagen nach seltenen, für Werkzeuge geeigneten, Mineralvorkommen gesucht wurde.

Durch die archäologischen Erkenntnisse von Düna begann sich plötzlich der Schleier der Montangeschichte im Harz zu öffnen. Den Wissenschaftlern wurde klar, diese Erkenntnisse würden auch die Geschichte des Harzes grundlegend revolutionieren. Ab dem Jahr 1985 widmete sich das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege der Erforschung der Montanrelikte im Harz intensiver. Gefördert durch die Volkswagen-Stiftung wurde dann im Jahr 1992 eine Forschungsstelle für Montanarchäologie in Goslar gegründet. In der dortigen Forschungsstelle Montanarchäologie am Rammelsberg leitete der Archäologe Dr. Lothar Klappauf über drei Jahrzehnte dieses interdisziplinäre Forschungsteam, dass ein gemeinsames Ziel hatte: die frühe Montangeschichte des Harzes zu untersuchen. Viele neue, ja bahnbrechende Erkenntnisse wurden so in den letzten drei Jahrzehnten gewonnen, die die Vorgeschichte des Harzes in ein ganz neues Licht rücken.

Dabei wurde ein besonderes Augenmerk auf die Spuren des „Alten Mannes“ gelegt. Darunter versteht man im Montanwesen allgemein verlassene, verfallene Gruben und ausgeerzte Gangbereiche. Im Harz jedoch werden als „Alter Mann“ insbesondere die Spuren des um das Jahr 1349 erloschenen alten Bergbaus zusammengefasst. Aus diesen für den Laien völlig unspektakulären Spuren lassen sich für die Montanarchäologie wichtige Zusammenhänge erschließen. Erzlagerstätten gab es im gesamten Harzgebiet unzählige, doch schon zu Zeiten des „Alten Mannes“ war eine gewisse verkehrstechnische Erschließung des Abbaugebietes erforderlich. Das gewonnene Erz musste ausgeschmolzen werden und dazu waren viel Holz und Holzkohle erforderlich. Meist brachte man das Erz zur Energie, wo sich dann auch die Schmelzplätze befanden. Und das waren nicht wenige: Nach derzeitigen Erkenntnissen geht man allein im niedersächsischen Oberharz von über achthundert Verhüttungsplätzen aus, was hochgerechnet auf den gesamten Harz etwa 2.500 ergeben dürfte. Moderne Analyseverfahren gestatten es heute zudem, die Herkunft der Stammerze und deren Verbreitung exakt zu bestimmen.

Es war bis vor dieser neuen Erkenntnisgewinnung die geltende Lehrmeinung, dass zwar Eisen schon bis etwa 500 v. Chr. in der Harzregion gewonnen wurde, Nichteisenmetalle jedoch erst seit dem Ende des 1. Jahrtausends abgebaut wurde. Die zuvor gefundenen Bunt- und Edelmetalle sprach man den Handelsaktivitäten zu.