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© 2018 Sascha Rauschenberger
Lektorat: Jonas Westhoff (www.jonas.westhoff.de)
Cover: Sven Kuballe (www.kubalounge.com)
Satz, Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH
ISBN: 978-3-7481-3555-5
Nach dem Abtauchen des Windsor-Verlages, den es offensichtlich physikalisch und/oder als ordentliches Gewerbe in Deutschland nie gegeben hat, schien es lange Zeit so, dass die Serie SPQR ein unrühmliches Ende gefunden hätte. Dem war nicht so.
Das soll jetzt kein Hollywood-Text wie bei einer Oscar-Verleihung werden, wo man selbst dem Hamster dankt, aber es gibt ein paar Menschen, denen schulde ich Dank dafür, dass Ihr das jetzt lesen könnt ...
Allen voran Rechtsanwalt H.-J. Baumbach (www.abc-rae.de) aus Mönchengladbach, der sofort und umfassend die Zügel in die Hand nahm, mit der Books on Demand GmbH (BoD), dem deutschen Dienstleister von Windsor, das Gespräch suchte und so einvernehmlich eine Lösung fand.
Natürlich auch BoD, meinem neuen Verlag, ohne den das nicht so schnell geklappt hätte und der uns Windsor-Autoren sehr entgegengekommen sind.
Das sorgfältige Korrektorat wurde durch Jonas Westhoff (www.jonas-westhoff.de) durchgeführt, der schnell und unkompliziert zur Verfügung stand als er gebraucht wurde. Seinem großen Engagement sind die stilistischen Verbesserungen geschuldet.
Das Cover war schon mit Windsor besprochen und gestaltet worden, doch aus rechtlichen Gründen habe ich mir einen neuen Partner gesucht und in Sven Kuballe (www.kubalounge.de) gefunden.
Es zeigt sich, dass es immer gut ist, mit den Leuten zu arbeiten, mit denen man auch geschäftlich schon anderweitig verbunden war, die man kennt und die einen selbst kennen.
Zum Schluss möchte ich allen Autoren danken, die mir geholfen haben, Licht in die Angelegenheit zu bringen, RA Baumbach und die Staatsanwaltschaft mit Informationen versorgen konnten und nimmermüde jede Spur im Netz verfolgt haben.
Hätte Windsor geahnt, was eine wirklich wütende Autorenmeute auszurichten vermag, hätten die sich tief ins Outback des besiedelten Raumes abgesetzt.
Nochmals herzlichen Dank!
Sascha Rauschenberger Köln, im Juli 2018
Den Opfern der islamistischen Mörder gewidmet
Als Beileid an die Angehörigen gedacht.
Den freien und toleranten Menschen zur Mahnung,
dass alles seinen Preis hat!
Als Aufforderung an die Aufrechten dort einzuschreiten,
wo immer Islamisten auftreten!
Als Zeichen für alle Mutigen den Dummen die Stirn zu bieten!
Als Bekenntnis zum Frieden!
Und als Ruf zum Widerstand gegen all die,
die unsere Freiheit und den Frieden gefährden!
In Europa tobten vor knapp 500 Jahren Religionskriege. Katholiken gegen Protestanten, Hugenotten und Anglikaner. In Deutschland endeten sie 1648 mit dem „Frieden von Westfalen", aber in den Herzen der Menschen erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Als Religion immer unwichtiger wurde und Wohlstand für alle da war.
Im Islam gab es niemals diesen Frieden. In sich uneins ist er beseelt von der Idee, sich alle anderen Menschen Untertan zu machen, unerheblich davon, was gesagt wird.
Jede Art von Verhandlung sieht er als „byzantinisches Geschnatter" an. Er akzeptiert nur Stärke. Und wer verhandelt ist nicht stark, so sein Credo.
Den Opfern dieser Anschauung seien daher
dieses und die zwei vorangegangenen Bücher
gewidmet.
Auch im Scham, sie nicht rechtzeitig geschützt zu haben vor diesen Verbrechern. Nicht fähig gewesen zu sein, das Richtige zu tun. Wahrhaben zu wollen, dass verständnisvolle Gedanken anderswo als byzantinisches Geschnatter verspottet werden.
Nicht jeder passt zu uns. Aber viele wollen wir auch gar nicht unter uns haben. Und letztlich ist das auch gut so, denn ich will nicht unter Mördern und ihren Parteigängern leben müssen!
Mögen ihre vergangenen und zukünftigen Opfer in Frieden ruhen...
01/2482
Terranische Hegemonie, Terra, Star Island, Freedom Barracks, 17.12.2481 02:30 LPT
„Kommen Sie rein, Andy." Der Marshall of the TDF Masters ließ den Leiter des TSS, Admiral Andrew Lee, herein und winkte ihn in den hinteren Wohnbereich weiter, der geschmackvoll eingerichtet war, wenn auch der militärische Standard eines Quartiers für „durchreisende Flaggoffiziere" unverkennbar war.
Lee, der Zivil trug, setzte sich ohne weitere Aufforderung in einen der zwei Ledersessel und sagte: „Danke, Daniel. Nehme ich auch.", und quittierte damit durch Hochhalten der Flasche das Angebot Masters nach einem Whiskey.
Masters schüttete dreifingerbreit in ein Wasserglas und reichte es wortlos an Lee, der sich genussvoll und saumüde das Glas unter die Nase hielt, die darin enthaltene Flüssigkeit leicht schwenkte, und den Duft einatmete.
Der Marshall setzte sich in den zweiten Sessel. Nicht ohne vorher seine himmelblaue Uniform bis zur Brust zu öffnen und an seinem eigenen gutgefüllten Glas genießerisch zu schnüffeln.
„Bis auf das Glas der beste Moment der letzten Tage.", sagte Lee.
„Andy, Sie wissen gar nicht wie froh ich war, diese zwei Gläser im Bad gefunden zu haben. Sonst hätten wir aus der Flasche saufen müssen."
Lee lachte. „Wäre mir heute auch egal gewesen."
„Wie wahr, wie wahr..." Masters nahm einen Schluck und verzog leicht das Gesicht, als der fünfundvierzigprozentige Alkohol Zunge und Rachen verbrannte.
„Wasser?", fragte Lee.
„Klar. Ich bin gut vorbereitet. Ich hab da rotes und blaues Wasser, gleich im Bad und in Unmengen."
Lee wanderte ins Bad und ließ ein wenig kaltes Wasser ins Glas fließen.
„Und was machen wir nun?", fragte er zurückkommend und sich fast in den Sessel werfend. Auch er öffnete nun den Stehkragen seines Anzugs, der in einem modischen, ausgebleichten Hellgrün gehalten war.
Der Oberbefehlshaber der TDF schaute ihn ernst an. „Wenn Beten reichen würde, dann würde ich in jede verdammte Kirche, Synagoge, Moschee und in jeden Tempel zentnerschwere Kerzen rollen lassen, aber so müssen wir zusammenziehen, was geht." Er zuckte die Schulter. „Dubai hat uns den Rest gegeben."
Lee kannte die Einsatzlage der Flotte nur zu gut. Und auch die der anderen Staaten und Nationen, die allesamt aufgerüstet hatten. Aufgerüstet unter Einbehaltung, Reduzierung oder sogar Streichung der Gelder, die die TDF hätte bekommen sollen. So war die TDF ständig schwächer geworden, obwohl auch sie wieder in den letzten Jahren verstärkt werden konnte. Die neuen Sierra-Zerstörer und die leichten Escort-Drohnenträger waren dafür ein sichtbares Zeichen. Dennoch hatte die Schlagkraft der Navy an den Schlachtkreuzern und Schlachtschiffen gehangen, die nach wie vor das Rückgrat der TDF gewesen waren. Und einen großen Teil hatte die TDF innerhalb nur eines Monats verloren. Die Projektion von Macht – hier auch Staatsmacht – war nun sehr übersichtlich geworden.
„Alesia wird in den nächsten Tagen nach Damaskus springen."
Masters sagte dazu nichts, doch man sah an seinen fast schon weißen Fingern, wie fest er sein Glas umschlossen hielt.
„Meine Quellen berichten, dass ein Teil der alesianischen Verbände durch das System ausschwärmend Generalkurs auf Damaskus hält, während ein Drittel Milet unter Blockade hält."
Masters wusste, was er von dieser Umschreibung zu halten hatte. Die alesianische Navy schaltete mit zwei Dritteln der Invasionsflotte von Milet das restliche System aus, sicherte es und zwang ihm ihren Willen auf, während sie auf den Jump Point zuhielten, um mögliche Verstärkungen abzufangen und/oder asap nach Damaskus durch den ohnehin schwach verteidigten Jump Point zu stoßen. Wie es das Sultanat damals mit der Handelsallianz gemacht hatte. Oder jetzt Rom mit dem Sultanat.
Und in der Zwischenzeit bombte man Kos und Milet besatzungsreif. Nicht sturmreif. Denn Alesia kämpfte ungern dort mit Bodentruppen, wo massive Gewalt und kinetische Erpressung genauso wirkungsvoll waren. Ein paar kinetische Schläge hier und dort und eine Regierung überlegte es sich zweimal, ob sie weiterkämpfen wollte.
Das sparte die Aufstellung großer Truppenverbände und verminderte die Verluste. Und die eingesparten Gelder wurden dann in die Flotte gesteckt, die nun eine Größe hatte, die, wenn auch aus alten Schiffsmustern bestehend, eindrucksvoll war. Sogar sehr eindrucksvoll. Zumindest aus der Sicht der Kilikischen Föderation, die dieser Macht nichts mehr entgegenstellen konnte.
Fast so, wie sie selbst der Flotte des Sultans nichts mehr entgegenstellen konnten, wenn auch Admiral Soerenson mit den Resten seiner Flotte nach Tara strebte, um den Sultan irgendwie einzuholen.
„Unser Freund Ivanov sammelt seine Kräfte bei Ankor Wat?", fragte Lee unnötiger Weise, nur um Masters aus seinem dumpfen Grübeln zu holen.
„Genau."
„Wissen Sie mehr? – Ich weiß nur, dass die Vereinigten Drachen bisher nur zwei Republic-Kreuzer, drei Zerstörer und ein paar Geleitschiffe zugesteuert haben."
„Das trifft es genau. Die sind völlig falsch disloziert und halten die Grenze in Schwerpunkten mit mittelstarken Verbänden bei Osaka, Bei-Jing und Srinagar." Masters nahm wieder einen tiefen Zug. Gedankenverloren und damit unvorsichtig, was ihn wieder nach Luft schnappen ließ.
„Verdammt. Ich frage mich wo diese Deppen eigentlich hinwollen? Der Sultan kann nicht nach Süden abdrehen, weil von dort Soerenson kommt. Und das weiß er auch. Oder zumindest wird der Schlächter es ihm rechtzeitig sagen. Also kann er von da, wo er jetzt ist, nur über Thule weiterziehen. Wenn er dann von dort weiterwill, geht das nur in die Vereinigten Drachen hinein oder nach Olont. Und da wäre dann Schluss, weil die athenische Flotte dann dichtmachen würde und Rom mit allem was da ist den Ring um ihn schließen könnte. Nein. Das wird er sicher nicht tun."
„Dann bleibt nur die Erpressung der Clans.", sagte Lee müde.
„Mit Sicherheit nicht!", sagte Masters völlig überzeugt.
Lee beugte sich nun wieder hellwach vor. „An diese Option glaubt Ariane.", sagte er und bezog sich auf seine Lebenspartnerin Ariane Ascaride, die Hochkommissarin der Hegemonie war. „Und nebenbei, darum geht es auch bei der Diskussion im Senat."
Masters schnaubte nur. „Alles Idioten." Er lachte. „Wenn die sich dort festsetzen und Erpresser spielen wird Rom mit den Flotten des Prätors und von Dexter Ambrosius Walker erscheinen und die islamische Flotte aus dem All fegen, völlig unabhängig davon, was sie drohen zu tun, tatsächlich tun oder auch nicht tun." Er lachte wieder, diesmal nur gehässig. „Nein, wenn sie das machen, sind sie tot. Mausetot mit Vorankündigung."
„Damit bleibt nur der Weg in die Vereinigten Drachen. Oder durch sie hindurch. Diese so schnell improvisierte Flotte sieht wie ein Plan aus. Meine Quellen haben da unterschiedliche Optionen aufgezeigt.", sagte Lee.
„Ja ich kenne diese Analyse, dass die Islamisten wohl einen weiteren Fluchtplan vorbereitet haben. Doch das Outback ist weit weg und momentan für deren Flotte nicht zu erreichen. Soerenson kann sie jederzeit abdrängen, da er von da unten kommt." Er schüttelte den Kopf. „Und die Römer rücken von Ninive vor, sobald Verstärkung durch den Prätor da ist. Oder eben auch nicht..."
„Nicht?", fragte Lee, wenn auch nicht ernsthaft überrascht.
„Nicht.", sagte Masters fest. „Warum sollten sie? Sie sind nun mit der Masse ihrer Schiffe einmal durch das ganze Sultanat gezogen und nun am Ende dessen, was logistisch noch zu machen ist. Bis auf deren Langstreckenschiffe müssen sie erst einmal zwischenversorgen. Das dauert ein paar Tage. Und in dieser Zeit ist der Sultan fünf bis sieben Tage weit weg." Masters beugte sich vor und fixierte Lee. „Geschwindigkeit ist der Schlüssel, Andy. Nur Geschwindigkeit. Bis sie in Sicherheit sind."
„Lee stellte sich vor seinem inneren Auge die Karte vor. „Sie meinen, dass sie nach Alesia wollen?"
„Haben Sie nicht einen Bericht geliefert, nachdem man beim Kronprinzen ein Scimitar-Modell entdeckt hat?"
„Schon, aber das ist schon ein wenig sehr weit... Logistisch gesehen."
„Richtig, Andy. Aber wenn Alesia die Hand über den Verband hält, sind wir machtlos. Deren Flotte zusammen mit der des Sultans ist schlichtweg zu mächtig für alles, was wir hier auf die Beine stellen können."
„Und gegen Alesia auch nur wollen.", fügte Lee hinzu.
„Das kommt erschwerend hinzu.", bestätigte Masters zähneknirschend.
„Und egal was die machen, sie sind immer drei bis vier Sprünge vor der Flotte von Soerenson. Selbst dann, wenn er richtig rät, wohin sie wollen."
„Nein, Andrew. Wir wissen alle wohin der Sultan ziehen wird." Er nahm wieder einen Schluck. „Nach Nanking. Dann via Lhasa, Kobe und Osaka in die leeren Puffersysteme hoch nach Alesia." Er schlug mit der linken Faust aus purer Frust auf die Sessellehne.
Lee sagte nichts und trank einen weiteren Schluck, der fast das Glas leerte.
Masters rieb sich die geröteten Augen. „Und Ivanov wird das hinnehmen müssen, da er nur die Soleil Royal hat, die er auch noch aus der Werft klaute, damit er überhaupt einen Schlachtkreuzer dabei hat..."
„Besteht überhaupt keine Chance, dass Ivanov den Verband stellen kann?"
Masters schnaubte. „Klar kann er ihn stellen. Er würde es sogar wollen. Nur wird er dabei draufgehen. Mitsamt den Verbänden, die er noch in ein paar Tagen zusammenkratzen kann." Er knurrte fast. „Während diese sogenannten Drachen zahnlos verhandeln und zusehen werden, dass der Sturm an ihnen vorbeizieht. Mit tiefstem Bedauern selbstverständlich..."
„Mit dem allertiefsten Bedauern.", korrigierte Lee müde. Dann erhob er sich. „Morgen ist auch noch ein Tag. Wird Zeit für mich die Matratze auszuhorchen."
Masters leerte sein Glas und begleitete Lee zur Tür. „Wir sehen uns dann 0800 bei der Hochkommissarin..." Er zögerte kurz. „Gehen Sie nun zu ihr?"
„Nee. Besser nicht. Sonst ist Fragestunde angesagt und ich brauch echt Schlaf."
Masters klopfte ihm aufmunternd auf die Schultern und entließ Lee so.
,Und wieder ein neuer Tag für ruhmvolle Taten im Dienst der Navy', dachte er und ballte unbewusst die Fäuste. ,Gott im Himmel. Die Scheiße fliegt schneller auseinander, als ich je gedacht hätte!'
Blockadezone Sultanat, Grimbal System, an Bord Princess Olympia's Revenge, 18.12.2481 13:50 GST
Der imperiale Patrouillenkreuzer Princess Olympia's Revenge glitt auf Grimbal zu, während das einzige im System vorhandene Vorpostenschiff der Guardian-Klasse größtmöglichen Abstand hielt.
Dem römischen Schiff war es zuvor nicht gelungen mit falschen IFF-Signaturen den Feind anzulocken und abzuschießen, sondern die Tarnung war gleich nach Eintreffen im System durchschaut worden. Die
Anwesenheit der Olympia in der Region schien sich rumgesprochen zu haben. Und der Trader-Frachter, der dafür verantwortlich war, strebte schon zum Jump Point nach Sundance, nachdem er zuvor der Olympia im Transfersystem nach Grimbal entkommen war.
„Irgendwann hat einmal eine jede Strähne ein Ende', dachte der junge Kommandant des Schiffes, Tribun Leonidas Alexanader Falkenberg, und behielt Holotank und Displays im Auge, während die Drohnen des Kreuzers ausschwärmten und den Verkehr im System zum Chaos steigerten. Keiner wollte den Drohnen zu nah kommen, doch diese waren in aller Regel wesentlich schneller als ihre Ziele.
Im Orbit von Grimbal hing eine einsame Cube-Wachstation und vier Scimitars beschleunigten von der Olympia weg.
Leonidas nickte seinem Kommunikationsoffizier, Centuriuo Piotr Gregori Konjew, zu, der eine allgemeine Frequenz öffnete: „Hier der imperiale Patrouillenkreuzer Princess Olympia's Revenge und ich erkläre hiermit das System als unter Blockade stehend. Ich erwarte die Kapitulation der Orbitalverteidigung sowie der mobilen Streitkräfte im System innerhalb von einer Stunde, andernfalls werde ich alle erforderlichen Maßnahmen gewaltsam durchsetzen. Tribun Falkenberg, Ende!"
Erwartungsgemäß passierte erst einmal gar nichts. Zumindest nicht militärischerseits. Natürlich versuchte nun alles, was im Außensystem war, so schnell es ging auf Abstand zum römischen Kreuzer zu gehen und erste Siedlungen, zivile Handels- und Wartungsposten, Minen und Händler boten ihre Kapitulation an.
Der Erste Offizier, Senior-Centurio Valerius Petronius Gibson, ein erfahrener Veteran von Naukratis, regelte das selbstständig und dirigierte einen Trader-Frachter zwecks Kontrolle zur Olympia zurück, nachdem er erfolglos zu fliehen versucht hatte. Eine Eagle-Drohne über und hinter ihm sorgte beim Skipper für die nötige Nachhaltigkeit bei seinem Entschluss aufgeben zu wollen.
„Dennoch wies Gibson den Kapitän an, nicht näher als drei Lichtminuten an die Olympia heranzukommen, da er durchaus mit Selbstmordangriffen rechnete. Daher hielt auch der Sechsfach-KSR-Werfer den kleinen Farchter ständig aufgeschaltet und erfasst...
Zwei Eagles erledigten gerade einen Relais- und Ortungsposten auf einem der Monde von Grimbal V, der in einer Serie von Explosionen verging und danach über eine Signalboje SOS funkte.
„Centurio Farah. Optio Prokhorenko soll mit einem Shuttle den gerade aufgebrachten Trader kontrollieren."
„Jawohl, Tribun.", bestätigte der Sub-Centurio Achmet Khan Farah und wies Optio Alexandr Prokhorenko, den Trinärdecurienführer 3 seiner Centurie, entsprechend an. Die Marines-Centurie der Olympia bestand aus drei Trinärdecurien, die jeweils von Prätorianern, Falkengarde und Maximilianusgarde gestellt wurden und inzwischen viel Übung mit Boarding-Operationen hatten.
Der fünfundzwanzigjährige schneidige Optio, Alexandr Prokhorenko1, führte die Trinärdecurie der Maximilianusgarde und trug mit Stolz das Commando-Abzeichen des Imperiums auf der Brust. Als einziges Abzeichen. Aber es machte deutlich, dass er vor dem Wechsel zur Domänengarde des Imperators bei den MARS-Commandos gedient hatte. Er hatte dies nur aufgegeben, weil er geheiratet hatte und seine Frau nun ein Kind erwartete. Absicht war, bei der Familie sein zu können, anstatt für den MARS wer weiß wo zu dienen.
Der Anschlag auf Rome und der Angriff auch auf das Domänen-HQ hatten ihn aber nicht eine Sekunde zögern lassen sich freiwillig für diese Operation zu melden. Freiwillig auch deshalb, weil er Olympia persönlich gekannt und auch mehrmals ihre Leibwache bei öffentlichen Anlässen geführt hatte. Er hatte nicht erst Bilder ihrer Leiche sehen müssen, um sich zu melden. Der eher stille junge Mann hatte sofort seinen Kommandeur aufgesucht und darum gebeten, zu regulären Truppen versetzt zu werden oder anderswie eine Verwendung im direkten Einsatz gegen Islamisten zu bekommen.
Das war so in etwa zeitgleich mit der Anfrage von Leonidas beim Kommandeur der Maximilianusgarde gewesen, wie es um Freiwillige für „eine besondere und gefährliche Operation hinter feindlichen Linien" bestellt sei.
Die Maximilianusgarde hatte sich nach Bekanntgabe geschlossen freiwillig gemeldet. Und ein strenges Auswahlverfahren unter den Trinärdecurien hatte schließlich den Optio und seine Männer an Bord geführt.
Wie alle Marines an Bord trugen sie nun die rot abgesetzte nachtblaue Uniform der Imperial Marines Forces, doch hatten sie alle am linken Unterarm ein orangenes Ärmelband mit der schwarzen Aufschrift „Olympia Maximilianus" und trugen als einzige Auszeichnung das blutrote Rome Memorial Ribbon, das der Imperator eigentlich nur für Angehörige von Opfern und für Opfer selbst gestiftet hatte. Doch das übersah man hier besser... Jeder dieser Marines sah sich als Angehöriger von Olympia.
„Einkommender Spruch von Grimbal.", meldete der Signaloffizier und legte die Sendung auf Fingerzeig seines Kommanadanten auf den Hauptschirm. „Hier Systemkommando Grimbal. Wir werden nicht kapitulieren. Möget ihr ungläubigen Hunde in der Hölle schmoren. Ende!"
„Cube und planetare Basen starten insgesamt 28 Drohnen.", meldete der Ortungsoffizier, Optio (IAS) Vishakha Agarwal, und strich sich eine verirrte Strähne ihres langen pechschwarzen Haars, das ansonsten hochgebunden war, aus dem Gesicht.
„Sind die Drohnen mit den Abfangraketen in Reichweite?"
„Sie müssen sich erst sammeln..."
„Nein XO. Sie sollen notfalls einzeln auf Abfangkurs gehen, ihre Javelin verschießen und dann wieder Jagd auf lohnende Ziele und Prisen machen. Die Spacebugs können selbst nicht wirken, solange die Abfangraketen außerhalb ihrer eigenen Reichweite eingesetzt werden. Was immer das übersteht, wird durch unsere Punktverteidigung vernichtet werden."
„Jawohl, Tribun."
„Scimitars drehen ein."
„Gut, Ortung. Damit war zu rechnen. Was macht der Guardian?"
„Kommt langsam auf."
„Sehr schön." Leonidas lächelte wie ein Wolf. „Vier Torpedos im Minenmodus und deaktiviert ausstoßen. Nicht starten. Nur ausstossen. So programmieren, dass sie mit passiven Nahbereichssensoren die Signatur der Guardian aufschalten und sich auf optimaler Distanz dann selbst aktivieren und das Ziel bekämpfen."
„Jawohl Tribun, bestätigten Waffenoffizier und XO gleichzeitig und kurz darauf verließen vier mittlere Torpedos die Startrohre und trieben langsam achteraus weg.
Würden ihre passiven Sensoren eine direkte Ortung wahrnehmen, würden sie sich sofort aktivieren, unter Stealth gehen und den Guardian ansteuern, der offensichtlich aus einem älteren Baulos stammte, was mit Sicherheit gegen ein ausreichend gutes Ortungssystem sprach und noch mehr gegen eine gute ECCM-Ausstattung. Auf jeden Fall würden die Torpedos sehr dicht herankommen, bevor sie geortet werden würden.
„Shuttle gestartet.", meldete der XO Gibson und Leonidas sah den Shuttle zum Trader beschleunigen.
„Rendezvous Scimitars und Bugs in sieben Mike, Tribun.", meldete Agarwal und Leonidas sah die erste Rotte von Eagles in Abfangreichweite kommen und ihre je zwei Javelin-AMM abfeuern.
„Alle vier Javelin haben Ziele erfasst.", meldete der Waffenoffizier, der die Telemetriedaten aus den Flightboxen der Drohnenpiloten überwachte.
Leonidas sah die Symbole auf dem Taktikscreen. Dann erreichten vier Javelin vier Spacebugs und es gab acht Symbol-Plots weniger im Holotank.
,Spätestens jetzt sollte der Kommandeur des Sultans hier erkennen, wie witzlos das alles ist, was er hier treibt', dachte Leonidas, wusste aber, dass der Islamist nicht aufgeben würde.
„Eine weitere Rotte in Schussweite."
Wieder verschwanden Symbole. Und als sich die Seimitars und die Bugs endlich vereinigen konnten, waren nur noch neun Bugs über, die sich nun abmühten, ihre vier „Dickschiffe" zu decken.
Eagles in der Bombermodulation konnten entweder vier KSR in zwei Einfach-Werfern laden oder vier Javelins. Der XO hatte einfach einen Werfer mit KSR und einen mit Javelins beladen lassen, so dass die Eagles sowohl für Abfang- wie auch für Angriffsoperationen gerüstet waren.
Darüber hinaus waren die Eagles mit einem mittleren Laser ausgerüstet, den die Bugs nicht hatten. Sie waren leichter, dafür aber mit mehreren Waffen für den direkten Schlagabtausch mit anderen Drohnen ausgestattet. Und ihre ECM war besser als die der Römer, doch das spielte gegen die Javelin keine Rolle, da diese AMM es gegen die ECM von Torpedos und schweren Raketen aufnehmen konnte und auch musste.
So hatten fast alle Javelins letztlich ein Opfer gefunden. Doch jetzt sammelten sich acht Eagles und stürzten sich auf die verbliebenen Spacebugs, dabei die bessere Reichweite ihres mittleren Lasers nutzend und die Bugs von den Scimitars abdrängend.
Weitere Bugs vergingen und auch zwei Eagles explodierten.
Dann feuerten die Scimitars ihre mittleren KSR in zwei Salven ab und insgesamt 32 Raketen rasten auf die Olympia zu, während die Seimitars abdrehten.
Ruhig und routiniert rief der Waffenoffizier Sub-Centurio Ricardo Scipio Langley ein Abwehrprogramm auf und die zwei Zehnfach-Werfer des Kreuzers schickten die ersten zwanzig LSR im Abwehrmodus auf den Weg, während die Olympia ohne Ausweichmanöver ihren Kurs hielt und somit den Guardian auf Kurs und damit auch auf Kurs zu den Torpedos hielt.
Dann folgte eine zweite Salve LSR.
Nach drei Minuten vergingen alle KSR der Seimitars, die sich nun mit den Drohnen zurückzogen. Der Angriff war kläglich gescheitert.
„Vier Torpedos auf den Cube, Waffen. Und klopf sie ruhig vorab weich", wies Leonidas an und sofort strebten vier Torpedos unter Stealth auf die kleine Station zu. Dabei einen leichten Parabelkurs wählend, der es den Massegeschossen der Olympia erlauben würde, die Schilde der Station vorab weichzuklopfen.
Leonidas beobachtete zufrieden die nun völlig eingespielten Prozesse auf der Brücke. Völlig ruhig, ohne unnötige Worte arbeitete jeder jedem zu und es war nicht ansatzweise so etwas wie Aufregung zu bemerken.
„Shuttle meldet Beginn des Boarding, Tribun.", gab Konjew leise weiter, da er wusste, dass Leonidas das Geschehen auf einem seiner Schirme live mitverfolgt hatte.
„Sind die planetaren Drohnenbasen erkannt worden?"
„Positiv, Tribun.", meldete Optio Agarwal.
„Nach dem Cube in Priorität Zwo mit Massegeschossen vernichten. Kollateralschäden vermeiden."
„Jawohl. Tribun.", bestätigten die Ortungs- und die Waffenstation unisono.
Grimbal war eine Besatzungswelt, die unter der Besatzung schon genug gelitten hatte und nicht auch noch durch kinetische oder gar AM-Schläge zusätzlich leiden musste. Leonidas wollte nur die militärischen Ziele ausschalten und es nachfolgenden Truppen erleichtern, den Planeten einzunehmen und zu befrieden. Oder auch der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu befreien, indem er so viele islamischen Einrichtungen, Basen und Verbände vernichtete wie irgend möglich. Aber all das ohne der Bevölkerung noch mehr zu zu schaden. Auch nicht indirekt.
Eine halbe Stunde später aktivierten sich die vier Torpedos und gingen sofort unter Stealth auf Angriffskurs. Der Guardian hatte die Torpedos nur eine Lichtminute vor seinem Steuerbordbug geortet und versucht mit seinen leichten LSR zu bekämpfen.
Die Torpedos stießen Täuschkörper aus, die selbst direkt auf das Schiff zuhielten, während die Torpedos ausfächerten und auf anderen Kursen den Guardian ansteuerten.
Verzweifelt zog das Schiff im Neunziggradwinkel und mit äußerster Kraft ins Zenith des Systems, während die SD-Waffen Sperrfeuer schossen. Ein Torpedo wurde vernichtet, einer detonierte im Nahbereich, doch die beiden anderen trafen.
Der XO machte eine malende Geste und Leonidas, wie auch der Rest der Brückenbesatzung, schmunzelte. In der Messe der Olympia wurden die Silhouetten ihrer Abschüsse und Prisen an ein Schott gemalt...
Zwanzig Minuten später schlugen die ersten 80er-Massegeschosse in den Cube ein, dessen Schild sofort Energie verlor und anfing zu fluktuieren. Nach insgesamt acht Treffern wurden Rettungskapseln ausgestoßen, die Kurs auf die Atmosphäre des Planeten nahmen.
Auch die Drohnen und die Scimitars nahmen nun Kurs auf den Planeten.
„Ich will diese Drohnen und Scimitars ausgeschaltet wissen. Landeplätze identifizieren und zerstören!", wies Leonidas seine Brückencrew an.
„Boardingteam meldet Schiff gesichert und als Prise genommen. Hat Konterbande geladen und ist Eigentum einer islamischen Reederei auf Karbala."
„Gut, Optio Agarwal. Anweisung an Optio Prokhorenko Besatzung in Stasis zu schicken und die KI als Prise via Granada nach Venecia zum dortigen Systemkommando zu befehlen."
"Verstanden, Tribun", bestätigte die junge Offizierin sofort.
Der XO machte wieder eine malende Geste.
„Haben wir eigentlich genug Farbe an Bord?", fragte Leonidas und der XO lachte nur schallend.
1 Leutnant Alexandr Prokhorenko (RUS) fiel am 29.03.2016 in Palmyra, einer ehemals römischen Metropole in Syrien, als er vom IS allein auf sich gestellt umzingelt einen Luftschlag auf die eigene Stellung anforderte, um nicht in Gefangenschaft des IS zu geraten. Bei dem Luftschlag wurden 146 IS-Kämpfer getötet. Die IS-Verluste waren so entscheidend, dass Palmyra zügig eingenommen werden konnte, das bis dahin ein Kulturerbe der Menschheit war und vom IS vorsätzlich und bewusst verwüstet worden war. Leutnant Prokhorenko hinterlässt eine Frau mit Kind. RIP.
Befreiungszone, Karthago-System, Karthago, 18.12.2481 14:00 LPT
Der Aufseher 2. Klasse, Harry Logan, aß still seine Brote, die ihm seine Frau Pamela mit zur Arbeit gegeben hatte. Er verbrachte seine Pause an seinem Abschnitt am Fabrikator, der zunehmend unrund lief und täglich mehr Fehler verursachte.
Der Oberingenieur und die Krawattenträger hatten zunehmend Problerne die nun ständig anwesenden Aufseher der Glaubenspolizei davon zu überzeugen, dass das durch die ständigen und zum Teil willkürlichen Losänderungen in der Produktion begründet war, die auf Lieferengpässe bei Ausgangsstoffen und -produkten zurückzuführen waren...
Logan konnte das nur recht sein, dass die Kollaborateure nun eigene Ausreden erfanden, um die zunehmende Kleinstsabotage im System der Fabrikatorfertigung hier zu vertuschen.
„Wie läuft es hier Logan?", fragte der Maschinenmeister 1. Klasse, der den Oberingenieur immer begleitete, und setzte sich neben ihn auf ein Fundamentsockel.
Es war der Freund des Onkels der Freundin seiner Frau, der das „Malheur" auf der Polizeistation passiert war, in dessen Verlauf die Glaubenspolizisten sie vergewaltigt hatten, weil sie durch die „Unsittlichkeit der Frau" verführt worden waren.
„Macht die Zuführung 543 immer noch Probleme?", fragte der Meister.
Logan kaute ruhig weiter und meinte dann: „Wird besser. Läuft aber immer noch heiß, wenn man nicht höllisch aufpasst. Am Thermostat lag es aber nicht."
„Es lag daran, dass du auf Standard zurückgegangen bist." Der Meister sagte es ganz ruhig und leise, ohne auch nur die Miene zu verziehen und Harry Logan wusste, dass sein Kopf so gut wie auf der Stange vorm Tor steckte, wenn der Meister das meldete.
„Beruhige dich, Harry. Fehler passieren. Besonders jetzt... Wo es so hektisch zugeht."
Harry überlegte fieberhaft. „Tut mir leid, wenn bei mir was falsch gelaufen ist. Aber zurzeit läuft das hier alles nicht rund."
„Genau. Viel zu hektisch. Da passiert dann jeder Mist, der früher nicht passieren konnte."
„Ich bemühe mich, dass es nicht wieder passiert..."
„Ach lass gut sein. Du hast absolut nichts falsch gemacht. Standard ist halt viel zu oft zu optimistisch definiert worden. Wir beide wissen, dass der Produktionsprozess immer manuell angepasst werden muss."
Logan atmete aus. Doch was sollte das dann?
„Weißt du, wir sollten heute Abend mal ein Ale trinken gehen, wenn du magst."
Das Angebot klang so harmlos wie nur etwas, doch der Meister hatte es noch nie gemacht, daher witterte Logan sofort eine Falle. Dennoch konnte er nicht ablehnen, denn der Meister war hier neben den Ingenieuren sein unmittelbarer fachlicher Vorgesetzter.
„Das würde mich freuen.", sagte er neutral und bemühte sich um ein Lächeln.
Der Meister stand auf. „Gut. Dann bis achtzehn Uhr, Logan. Ich hole dich ab."
Logan blickte dem Meister nach. Der Appetit war ihm gründlich vergangen. ,Was zum Teufel sollte das denn?', fragte er sich.
Der Meister hatte ihn abgeholt und ihn mit ein wenig Smalltalk zu einem Lokal gebracht, bei dem Harry sich nur überrascht umgesehen hatte. Wenn das der Geschmack des Maschinenmeisters war, dann war das eindeutig nicht seine Welt. Arhythmische Musik in einer gewöhnungsbedürftigen Mischung aus Neo-Trash und Pseudo-Punk, unterlegt mit diversen DJ-Einlagen und Kunststücken am Synthesizer ließen schnell den Wunsch aufkommen, doch taub zu sein.
Der Meister bestellte ihnen zwei Krüge Ale und schob Logan in die Nähe einer der Boxen, die jene förmlich vibrieren ließen.
Eine Unterhaltung war eigentlich nur möglich, wenn man sich beidseitig direkt ins Ohr brüllte.
„Harry. Lass uns du sagen. Ich bin Miles."
„OK, Miles!" Harry überlegte kurz. „Was machen wir denn hier?"
„Hier werden die Bürgerimplantate hinfällig. Wenn sie auch als Aufnahmegeräte fungieren."
Jeder Bürger der ehemaligen Handelsallianz hatte zur Identifikation unter dem Brustbein einen Chip implantiert, der neben der ID auch noch andere Funktionen hatte, die alle nicht hinlänglich kommuniziert worden waren. So auch eine medizinische Akte, was lautstark hervorgehoben wurde. Dann auch eine Sicherheitsakte, was gern verschwiegen wurde und dann wohl auch eine akustische Überwachung mit Sendefunktion, was gern geleugnet wurde. Dass sich das Implantat aber am Brustbein befand, sprach eigentlich dafür, dass das Skelett als Resonanzkörper diente, und den Schall besser übertrug.
Harry stutze kurz. „OK!"
„Sag mal, hattest du keine Angst, deinen Abschnitt zu sabotieren?"
„Schon, Miles. Aber ich hatte die Schnauze voll."
Miles wippte im Takt mit, oder in dem, was man als Takt annehmen wollte. Das Lokal war von gewöhnlichen Arbeitern der Unterklasse frequentiert, die sich hier besaufen wollten, um ihre Existenz besser vergessen zu können. Viele so betrunken und zugekifft, dass es ihnen schwerfallen würde nach Hause zu kommen. Wo immer das auch war.
„Gut. Da bist du nicht allein."
„Nein?"
„Nein, Harry." Miles überlegte kurz. „Und was willst du nun tun? Als nächstes meine ich. Oder war das nur eine einmalige Sache?"
Harry überlegte und nahm einen tiefen Zug zur Ablenkung. Unauffällig schaute er sich um. Doch dieses Lokal stand mit Sicherheit auf der Liste der Lokale, die als ungefährlich eingestuft waren, da jeder Gast sich wirklich bemühte, sich schnell vollzudröhnen. Mit was auch immer.
„Miles. Was soll man denn machen? Das geht doch so nicht."
„Richtig, Harry. Mein Reden." Er ließ das wirken. „Wir sind der Meinung, dass wir jetzt mal ernsthaft was machen sollten. Als Unterstützung, sobald die Römer kommen."
,Sobald, nicht wenn', dachte Harry und dann ging es ihm auf: „WIR?"
„Ja. Wir sind eine Gruppe, die auch die Schnauze voll hat."
„Und wer ist Wir?"
„Patrioten. Bürger. Menschen mit Herz und Seele."
Harry fühlte sich unbehaglich und Miles sah es ihm an.
„Wusstest du, dass wir ab nächster Woche Minen produzieren werden?"
„WAS?"
„MINEN!"
„Nicht dein Ernst?"
„Doch. Großauftrag für ein Los mit zehn Millionen Stück. Springteufel!" „Wer springt zum Teufel?"
„Nee. SPRINGTEUFEL! Das ist der Name der Minen!"
„Oh." Harry kannte die Dinger noch von seiner Armeeausbildung in der Miliz. Sich selbst verlegende, interagierende, krabbenartige und getarnte Minen gegen leicht- und ungepanzerte Fahrzeuge und vor allem Kampfrüstungen mit einer Wirkzeit bis zu fünf Tagen, ohne nochmals aufgeladen zu werden. Konnten ihre Ziele anspringen, sich festklammern und dann eine Hohlladung zünden. Ekelhafte Dinger...
„Zehn MILLIONEN?"
„Jo."
„Und an was denkst du?" Harry überlegte. „Die werden mit Sicherheit getestet und die Produktion wird überwacht werden."
„Wird sie. Es werden islamische Sicherheitskräfte dabei sein."
„Und wie soll das dann gehen?"
„Software."
„Hä?"
„Wir manipulieren die Software auf den Steuerchips der Mine."
„Das fällt auf."
Miles lachte. „Na hoffentlich dann, wenn die Dinger nichts machen."
„Bin kein Programmierer. Aber die Qualitätskontrolle wird das merken."
„Ich auch nicht Harry. Aber wir haben einen. Und der sagt das geht.
Frag mich nicht wie. Wichtig ist aber, dass das Los ohne Störung produziert und ausgeliefert wird."
„WAS?"
„Ja. Genau. Der Fabrikator muss laufen wie geschmiert."
Die Musik hämmerte so laut, dass es wehtat.
„Wo im Prozess?"
„Brauchst du nicht zu wissen. Wichtig ist, dass das Los sauber durchläuft."
Harry schaute Miles skeptisch an und der erwiderte den Blick seines Arbeitskollegen und nickte bestätigend. Seine Aufgabe schien klar umrissen zu sein und ohnehin auch nicht besonders schwierig.
„Und ihr wollt nicht, dass ich wieder ein paar Schalter umlege? Nur das?"
„Und dass du alles tust, damit das Los fristgerecht rausgeht."
„Und der Chip?"
„Nicht dein Bier!" Er prostete Harry zu.
Der nahm einen Schluck und schaute sich in dieser neogrellen Umgebung um, wo der Lichtsyntheziser mit der Lichtprojektion dem Rhythmus nicht hinterherkam und ein paar Gestalten sogar versuchten danach zu tanzen. ,So muss die Hölle aussehen', dachte Harry. ,Dante hatte sich geirrt...'
„Und ich muss sonst nichts machen?"
„Nee. Nur der vorbildliche Arbeiter sein, der du auch bist."
Harry lachte. „Na dann..."
„Klasse, Harry. Wir wussten, dass man sich auf dich verlassen kann."
„Miles?"
„Ja?"
„Die Scheißdinger dürfen nicht funktionieren, wenn wir sie abliefern."
„Doch Harry. Genau das müssen sie. Und zwar zu 99.9999 Prozent."
Er lachte und schlug Harry auf die Schulter, der müde zurückgrinste.
Am nächsten Tag ging Harry Logan wie gewohnt zur Arbeit. Wurde wie gewohnt am Tor schnell durchgewunken und nur oberflächlich optisch kontrolliert, während andere Kollegen von den Glaubenspolizisten schikaniert wurden. Kollegen, von denen Harry wusste, dass sie sich von der Islamisierung der Gesellschaft eher abgestoßen fühlten und das auch zeigten.
Letzteres musste dann wohl seinen Weg in die Bürgerimplantate gefunden haben, die durch jeden Scanner der Polizei – welche auch immer – abgerufen werden konnten und so die Aufmerksamkeit derer erregten, über die sie sich ursprünglich selbst aufgeregt hatten. Nur zu laut, zu lange und wohl auch zu offensichtlich.
Als Harry seinen Abschnitt erreicht hatte, fand er schon das neue Los auf dem Produktionsplanungsbildschirm. Er war für die Zuführung und Montagevorbereitung des rechten mittleren Beines der Mine zuständig. Er kontrollierte den Produktionsprozess an seiner Sektion, dann die der vor- und nachgelagerten Produktionsstufen und stellte eine minimale Diskrepanz fest.
Die nahm er zum Anlass, ex ante die Montageflusskontrolle zu informieren und eine Einstellungsoptimierung an vier 3D-Druckern zu beantragen, die dann allesamt oberhalb von „erweiterter Standardeinstellung" liegen würden.
So ließ die Ankunft des Ingenieurs 4. Klasse, eines gerade fertigstudierten Mannes, der als technischer Assistent im Abschnitt eingesetzt war, nicht lange auf sich warten. Da er Logan inzwischen hinlänglich kannte und noch sehr gut die Probleme in diesem Abschnitt bei den Feldküchen in Erinnerung hatte, war er alles andere als frohgestimmt, schon wieder diesen pingeligen Querulanten vor sich zu haben, der wohl nicht verstehen wollte – oder konnte – dass das ganze Unternehmen hier auch Gewinnziele hatte...
„OK, Logan. Was liegt an?"
Und Logan erklärte es ihm mit sachlicher Tonlage, unbewegter Miene und in aller Ruhe. Der Ingenieur nickte, machte sich ein paar IC-Notizen und sagte dann: „Das geht so aber nicht."
Und exakt das hatte Logan gewollt. Jetzt brauchte er nur noch die Aufmerksamkeit eines Glaubenswächters, der hier eben noch vorbeigetigert war und nun einer Arbeiterin in der anderen Sektion auf den Arsch schaute.
„Dann können wir wohl die fristgerechte Produktion vergessen oder die islamische Armee gibt sich mit fünfbeinigen Minen zufrieden oder aber es passiert ein Wunder und – Inschallah – die Dinger laufen auch so."
Bei Nennung des Zauberwortes kam der Glaubenswächter wie von selbst gesteuert angesprungen. „Was gibt es, Brüder?"
,Danke Bruder.', dachte Logan mit Unschuldsmiene. „Ich bin der Auffassung, dass der Produktionsfluss ein paar neue Einstellungen braucht, damit die Minen produziert werden können. Zumindest mit sechs anstatt mit fünf Beinen..."
„Lass sehen", forderte der grünuniformierte Mann auf, besah sich die technische Darstellung auf dem Holo-Montageflussscreen, während der Ingenieur versuchte nicht die Augen zu verdrehen und sagte dann nach einer ganzen Weile die verschiedenfarbigen Flussdiagramme anstarrend: „Verstehe", und es war offensichtlich, dass er rein gar nichts verstand. „Und was schlägst du vor – Logan?", seinen Scanner konsultierend, der auf das Bürgerimplantat zugriff.
„Wir müssen die erweiterte Standardeinstellung, hier, hier, dort und da um 6,78% anpassen. Sonst kommt es zu einer Abweichung von 0,09 Prozent in der Endproduktion, da wir Fehler beseitigen müssen, die wir jetzt und hier vermeiden können."
„Blödsinn", sagte der Ingenieur mit herablassender Miene.
„Das kommt mir nicht sehr viel vor.", sagte der Islamist zweifelnd und beäugte den Ingenieur, der kurz vorm Platzen war.
„Das sind dann aber 9000 Minen weniger. Ich bin da zwar kein Experte, aber Soldaten sollten sich auf die Dinger verlassen können, oder?", wandte er sich an den Wächter, der bei der Zahl hellhörig wurde.
„9000 Minen weniger?" Er wirkte besorgt.
„0,09 Prozent von zehn Millionen sind halt 9 0 0 0 . " , sagte Logan ruhig.
„Blödsinn", wiederholte der junge Ingenieur. „Das kostet nur, ohne, dass es etwas bringt. Vertraglich ist eine zweiprozentige Vakanz in der Qualität festgelegt."
Der Wächter schaute Logan an, der die Schultern zuckte und quasi wie nebenbei bemerkte: „Und davon ist dann schon mal ein guter Teil hier versenkt. Aber es gibt ja noch 6.432 andere Prozessschritte", und zeigte auf eine Zahl in der oberen Bildleiste.
„Das ist Quatsch", sagte der Ingenieur und blickte den Glaubenswächter an wie jemanden, der zu blöd war etwas anderes zu tun, als diese Uniform zu tragen.
Der Glaubenswächter, der davon wirklich nichts verstand, auch nicht allzu helle war, hatte aber genug Instinkt jemanden zu erkennen, der ihn nicht nur nicht mochte und dies auch gut verstecken konnte, aber ein wenig zu weit gegangen war.
Er schwenkte den Scanner auf den Ingenieur, der sich nun in seiner Autorität verletzt sah und genervt ausatmete.
Was der Wächter ablas gefiel ihm offenbar nicht und er wandte sich an Logan. „Mach das so, wie du meinst, Bruder." Der Ingenieur riss die Augen auf. „Und du Bruder, solltest dir ein Beispiel an unserem Bruder hier nehmen und unsere Verteidigungsanstrengungen gegen die Ketzer besser unterstützen. Besser als - bisher...", sagte er und blickte den Ingenieur durchdringend an.
„Nun, wenn du meinst." Er blickte sich unsicher und nach Hilfe suchend um, doch es war kein Vorgesetzter in Sicht. „Es könnte aber den Kostenrahmen sprengen..."
„Die Minen dienen unser aller Verteidigung", warf Logan kleinlaut und sehr leise ein, aber laut genug vom Glaubenswächter gehört zu werden, der sofort seine Schultern straffte, wohlwollend nickte und „Inschallah" sagte. „Sehr wahr, Bruder. Allah möge unsere Wege zum Sieg mit seiner Weisheit erleuchten und uns Wege zeigen, wo wir ohne seine Hilfe straucheln könnten."
„Allahu Akbar.", intonierte Logan um Aufrichtigkeit bemüht, während der Ingenieur nur die Zähne zusammenbiss.
„Solltest du weitere Verbesserungen ausfindig machen, Bruder, dann zögere nicht uns zu kontaktieren. Möge Allah dich schützen." Er nickte Logan aufrichtig zu und ging, während der Ingenieur vor Wut rauchend und einen Bericht diktierend fortging.
Logan atmete leise aus und blickte sich um. Als er hochblickte sah er Miles über das Geländer in der vierten Laufebene gelehnt herunterblicken. Er verzog keine Miene, doch ganz kurz zwinkerte er Logan zu und ging dann weiter.
Ja. Allahs Wege sind sonderbar, ihr Armleuchter.', dachte er und verstellte die aufgezeigten Parametereinstellungen in der Produktionsflussplanung.
Blockadezone, Ninive-System, an Bord IRS Roma, 20.12.2481 06:30 GST
Das Sultanat war nun in drei Teile gespalten. In die Besatzungszone, deren Planeten befreit werden sollten, wie beispielsweise die Welten der ehemaligen Handelsallianz, in die zukünftige Überwachungszone, deren Systeme entmilitarisiert, überwacht und später befreit werden sollten, wie Grimbal oder Botany, und dann in die Blockadezone, den Kernwelten des Sultanats, die zunächst unter Quarantäne gestellt und deren Bewohner daran gehindert wurden ihre Planeten, egal in welcher Form, zu verlassen. Ninive selbst, aufgrund der sehr starken islamistischen Verbände an der Oberfläche, zählte zur Blockadezone und würde dann, nach der Befriedung in die Uberwachungszone wechseln. Aber das war eher Zukunftsmusik, denn es zurückzuerobern würde hart werden ...
Das ging natürlich alles damit einher, dass die Orbitalverteidigung ausgeschaltet wurde, Raumhäfen zerstört wurden und jedes raumtaugliche Schiff aufgebracht oder zerstört worden war. Den Kernwelten sollte so jede Chance genommen werden, den Raum zu erreichen und römische Schiffe - bei was auch immer das Imperium wollte – auch nur zu behindern.
Nach Ankunft der Venecia-Invasionsflotte, die die TDF bei Dubai unterstützt hatte, hatte der Prätor Roger de la Forge sofort Legat-3 Dexter Ambrosius Walker, den Befehlshaber der 1. Flotte Roms, zu sich befohlen.
Nie war eine einsam dahinziehende Korvette aufmerksamer und mit mehr Interesse verfolgt worden als die, die den Legaten quer durch das System mit Höchstgeschwindigkeit zum Prätor brachte.
Als die winzige Korvette zum Flaggschiff des Prätors, der gewaltigen Roma, längsseits ging, der Shuttle den Legaten zum Hangar trug und die Seite salutierte, wusste der Legat, der vom Kommandanten der Roma empfangen wurde, dass wohl bald einem anderen Legaten der Salut gelten würde.
,Was hätte ich denn sonst machen sollen?', ging es Walker durch den Kopf. Er war Senior-Tribun Claudius Servus, dem Kommandanten der Roma, fast schon dankbar, dass er nicht versuchte die etwas unangenehme Lage mit dem üblichen Smalltalk zu verkürzen, während er den Legaten zum Flaggquartier des Prätors begleitete, vor dessen Luke er sich leise und freundlich verabschiedete, während der Posten den Legaten meldete und nach Aufgleiten der Luke salutierend den Weg freigab.
Walker atmete kurz tief ein und betrat dann schneidig das Quartier, blieb drei Meter vor dem wartenden Prätor stehen und salutierte so schneidig, wie seit Tagen der Akademie nicht mehr.
Der Prätor schaute ihn ruhig an, erwiderte den Gruß und bat dann mit einer Armbewegung am kleinen Besprechungstisch Platz zu nehmen, während der Steward Kaffee servierte.
Walker sah dem Prätor deutlich an, dass dieser am liebsten losgebrüllt hätte und schwer an sich arbeitete das eben nicht zu tun. Auch das rechnete Walker dem Oberbefehlshaber der imperialen Streitkräfte Roms hoch an und wusste selbst nicht, ob er an dessen Stelle das auch gekonnt hätte.
Der Prätor rührte in seinem goldgeränderten Kaffeebecher herum, der das Schiffswappen der Roma trug. Dann schüttelte er leicht den Kopf und sagte: „Ich will gar nicht erst versuchen, weiter so zu tun, als wenn ich ruhig wäre, Legat. Daher bitte ich dich mir zu sagen, was in allen Götter Namen dich zu diesem Scheiß bewogen hat."
Walker, der den Kaffee nicht angerührt hatte und stocksteif im Sessel saß, nickte kurz und sagte betont ruhig: „Ich habe an das Wohl der mir unterstellten Männer gedacht, meine Optionen abgewogen und dann den Entschluss gefasst, dem Gegner eben nicht hinterherzuspringen."
„Nicht.", sagte de la Forge bloß und schaute über den Becherrand zum Legaten.
„Jawohl, Prätor." Walker räusperte sich etwas verlegen. „Da war aus meiner Lagebeurteilung nichts zu gewinnen und viel mehr zu verlieren. Darf ich erklären?"
„Bitte." Der Prätor bemühte sich weiterhin um Ruhe.
„Ich hatte ein Schlachtschiff, das nahezu kampfunfähig und sprunguntauglich war und eines, das schwer beschädigt war. Mein Kommandoschiff Empire war ebenfalls beschädigt; wie auch zahlreiche andere Schiffe meiner Flotte. Mit nur zwei Großkampfschiffen, beide beschädigt und einer Handvoll Kreuzern hätte ich einen am anderen Ende gehaltenen Jump Point nicht durchbrechen können. Geschweige denn die dort lauernde Flotte so schwächen können, dass es das Opfer meiner Flotte wert gewesen wäre. Wir hätten die Erste Flotte Roms verloren, nichts gewonnen und sinnlos andere Optionen geopfert."
„An welche Optionen hattest du denn gedacht, Legat."
„An die, selbst den Brückenkopf zu halten und die islamische Flotte daran zu hindern zurückzukommen. An die auf dich zu warten, damit du oder ich den Brückenkopf halten, während der andere den Gegner verfolgt. Und auch an die, meine Kräfte für den Tag zu schonen, wo wir zumindest gleich gut wie der Gegner aufgestellt sind."
Der Prätor rührte wieder im Kaffee und der Goldlöffel klapperte im Porzellanbecher. Kein anderes Geräusch war zu hören.
„War es auch eine Option für dich daran zu denken, dass der Gegner nun in der Liga von Asgard freie Bahn hat und den inneren Frieden der Hegemonie zerschlägt? Und überhaupt, dort nichts weiter vor sich hat als dutzende hilflose Sternsysteme?"
„Jawohl, Prätor. An diese Option habe ich auch gedacht."
„Und?"
Walker sammelte sich. Was er jetzt sagen würde, sagen musste, würde sein Schicksal besiegeln. In die eine oder auch andere Richtung. Das wusste er und der Prätor war immer noch wütend. Doch es half nichts. Er hatte noch nie gekniffen.