Aufgabe der wissenschaftlichen Disziplin Wirtschaftsdidaktik ist es, die Bildungsrelevanz des Gegenstandsbereichs zu reflektieren, relevante Ziele und Inhalte zu identifizieren und zu legitimieren, Stoffstrukturen zu systematisieren sowie auf methodische Zugänge und Möglichkeiten der Erkenntnisgewinnung hin zu überprüfen. Dies soll zu reflektierten didaktischen Positionen in Wissenschaft und Unterricht führen und die Basis für eine Weiterentwicklung der Idee ökonomischer Bildung schaffen.
Durch die Arbeit mit diesem Buch sollen Lehramtsstudierende mit wirtschaftlichen Fächern an diese Aufgaben herangeführt werden. Ziel ist es, dass sich die Studierenden so einerseits die Grundlagen für die Planung und Gestaltung von Wirtschaftsunterricht aneignen und andererseits Anregungen für eigenes wissenschaftliches Arbeiten im Bereich der Wirtschaftsdidaktik erhalten.
Konzipiert ist das Buch vor allem für Studierende an bayerischen Universitäten, die die Fächer Wirtschaft und Recht (WiRe) oder Wirtschaft und Beruf (WiBu) unterrichten werden. Anregungen finden jedoch auch alle anderen, die sich mit den Grundlagen ökonomischer Bildung beschäftigen wollen.
Inhaltlich ist die Publikation auf die Themenliste wirtschaftsdidaktischer Grundlagenseminare zugeschnitten und erhebt damit nicht den Anspruch, alle Facetten des fachdidaktischen Diskurses vollumfänglich abzubilden. Die kurzen Texte und Übungen sind für die Arbeit in Seminaren und zum Selbststudium gedacht. Sie können eine vertiefende Auseinandersetzung mit Themenbereichen, Problemen oder Fragestellungen anhand einschlägiger Literatur nicht ersetzen.
Michael Köck
August 2020
Angestrebte Kompetenzen
Vorbemerkungen: Eine unabdingbare Voraussetzung für jede schulische und unterrichtliche Arbeit bilden bildungstheoretische Vorstellungen davon, was Schule generell und Unterrichtsfächer im Speziellen bei den Schülerinnen und Schülern erreichen sollen. Die Formulierung derartiger Intentionen kann die Grundlage für schulpolitische Entscheidungen bilden und hilft, konkrete curriculare Zielsetzungen zu legitimieren. Mit konkreten Zielen lassen sich außerdem Bildungsprozesse steuern und evaluieren. Natürlich bilden Vorstellungen über die Ziele eines Faches oder Lernbereichs auch die Basis, von der aus Lehrerinnen und Lehrer konkrete Unterrichtsentscheidungen bildungstheoretisch absichern und begründen können. Ein Fundament an grundsätzlichen Positionen zu den Intentionen eines Bildungsbereichs benötigt nicht zuletzt auch die fachdidaktische Forschung selbst.
Eine der vordinglichsten Aufgaben der Didaktiken der in Schulen unterrichteten Fächer ist es daher, Bildungsziele und Bildungsinhalte zu erfassen und zu begründen. Weitere Aufgaben einer Fachdidaktikergeben sich dann aus dem Anspruch, Formen der Aneignung für diese Ziele und Inhalte auf der Grundlage evidenzbasierter Forschung vorzustellen. Zusammenfassend lässt sich das Arbeitsprogramm einer Fachdidaktik folgendermaßen charakterisieren: Identifizierung und Legitimierung von Zielen, Inhalten, Methoden und Medien für den jeweiligen Fachunterricht.
Theoretischer Rahmen intentionaler Überlegungen: Während die Frage nach dem generellen Ziel der Schule in Deutschland in der Regel mit dem Bildungsbegriff (s. u.) beantwortet wird, erfordern Antworten nach speziellen Zielen gerade in einem gesellschaftswissenschaftlichen Fach eine sorgfältige Analyse gesellschaftlicher Realitäten sowie die Berücksichtigung spezifischer Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler. Eine Fachdidaktik wird zu wissenschaftlich begründeten Zielen und Inhalten daher nur dann vordringen, wenn auf der Basis bildungstheoretischer Überlegungen verschiedene Erkenntnisse und Theorien Berücksichtigung finden. Dazu zählen u.a. Gesellschafts-, Persönlichkeits-, Entwicklungs- und Lerntheorien. Ausgangspunkt sämtlicher Analysen zur Legitimierung von Zielen und Inhalten eines Faches ist in unserem Kulturkreis der Bildungsbegriff bzw. die Verständigung darüber, was Allgemeinbildung ist und bezwecken soll.
Bildungsverständnis: Inhaltliche Überlegungen zu Schulfächern nehmen ihren Ausgang stets bei Fragen nach dem „Was?", „Für Wen?" oder „Warum?". Bei der Suche nach Antworten auf diese Fragen werden verschiedene Aspekte ins Feld geführt. Verwiesen wird beispielsweise auf Anwendbarkeit, Nutzen oder Altersgemäßheit der Inhalte, die Zweckmäßigkeit für die historisch gewachsenen Bildungsinstitutionen oder generell auf die „Bildungsbedeutsamkeit" der Lerngegenstände. Um Inhalten Bildungsbedeutsamkeit zuzugestehen, muss erst geklärt werden, was Bildung überhaupt bedeutet. Eine Annäherung an den Bildungsbegriff kann aus drei Blickrichtungen erfolgen - nämlich, was Bildung ist, was sie können soll und wie sie angebahnt wird.
Was ist Bildung?
Was Bildung meint, ist stets auch von der jeweiligen Perspektive abhängig. Aus einer sozialwissenschaftlichen Richtung wird Bildung beispielsweise vor allem als Bündel individueller Qualifikationen gesehen, das sich in einem ständigen Prozess des Auf- und Umbauens von Kenntnissen, Fertigkeiten und geistigen Zuständen formiert, in Institutionen erworben wird und die Stellung des Individuums in der Gesellschaft mitbestimmt. Aus einer eher geistesgeschichtlichen Tradition heraus wird Bildung als Entfaltung der individuellen Kräfte eines Menschen betrachtet (Kron 2009, S. 66).
Was soll Bildung können?
Folgt man Wolfgang Klafki (1996, S. 52), befähigt Bildung zur Selbstbestimmung, Mitbestimmung und zur Solidarität in der Gesellschaft. In ähnlicher Weise charakterisieren Jank und Meyer (2002, S. 211) Allgemeinbildung. Sie bezeichnen sie als „[...] Fähigkeit eines Menschen, in der Auseinandersetzung mit der Welt selbstbestimmt, kritisch, sachkompetent und solidarisch zu denken, zu handeln und sich weiterzuentwickeln." Kaiser und Kaminski (1999 S. 21 f.) beschreiben ausgehend von Klafkis Bedeutungsaspekten der Allgemeinbildung drei Aufgaben der Allgemeinbildung:
Bildung hat hier die Aufgabe, seinem Träger eine Analyse von Einzelinformationen auf der Grundlage verbindender Bezüge zu ermöglichen, so dass die Basis für reflektierte Handlungsentscheidungen geschaffen wird.
Dieser Aspekt betont die Notwendigkeit der Analyse aktueller Entwicklungen auf der Basis historischer Prozesse.
Dies meint, dass es Aufgabe von Bildung ist, so genannte „black boxes" aufzulösen. Damit soll eine kritische Einschätzung ermöglicht werden.
Wie wird Bildung angebahnt?
Bildung meint aber nicht nur den individuellen Persönlichkeitsentwicklungsprozess bzw. den damit erreichten Status einer Person, sondern auch den von außen initiierten Prozess zum Aufbau dieser Eigenschaften. Individuelle Bildung konstituiert sich in der Auseinandersetzung mit Inhalten und im Rahmen sozialer Prozesse. Eng verbunden mit dem Bildungsgedanken sind daher der Erziehungsgedanke und die Bedeutung pädagogischen Handelns. Mit dem Bildungsbegriff erwächst dem pädagogischen Handeln ein Maßstab, der es u.a. ermöglicht, Erziehungsziele zu beurteilen und zu bewerten (vgl. Gudjons 1999, S. 204). Erzieherisches Handeln ist an den Chancen für das Individuum zu messen, kulturelle Basisfähigkeiten zu erwerben (Enkulturation) und in die Gesellschaft hineinzuwachsen (Sozialisation).
Woran lässt sich Bildung erwerben?
Das Grundanliegen jeglicher Allgemeinbildung lässt sich mit dem Bildungspostulat umschreiben: Bildung soll Persönlichkeitsentfaltung, Daseinsbewältigung und Hineinwachsen in die Gesellschaft ermöglichen. Dass Bildung dabei eine sachliche Dimension besitzt, die ausgehend von gesellschaftlichen Problemlagen bestimmte Bildungsinhalte oder Stoffe braucht, um Nähe und Distanz zum ökonomischen, kulturellen und politischen System herzustellen, ist ein Paradigma moderner Bildungskonzepte (vgl. Gudjons 2008, S: 200ff.).
Unterscheidung in spezielle und allgemeine Bildung: Eine gewichtige Rolle bei der Beurteilung von Bildungsinhalten spielt in Deutschland die ausgeprägte Trennung zwischen Allgemeinbildung und beruflicher Bildung. Sie ist für die Ausgestaltung schulischer Curricula im Bereich ökonomischer Bildung folgenreich. Denn wenngleich die Grenzziehung zwischen einer zweckfreien Allgemeinbildung und einer zweckbezogenen Berufsbildung heute nicht mehr ganz so strikt erfolgt, wie es nach Humboldt lange Zeit üblich war, bleiben didaktische Überlegungen zur ökonomischen Bildung durchaus auf die jeweiligen Bildungsabschnitte fixiert. Auch hier soll der Fokus nicht auf dem Wirtschaftsspeziellen, sondern auf dem Wirtschaftsallgemeinen liegen (vgl. Czycholl 2000). Wie das Allgemeine jedoch jeweils zu identifizieren ist, bietet Anlass zu kontroversen Diskussionen, wie sie etwa Reinhold Hedtke (2006, S. 98) mit folgenden Fragen anstößt: „Was unterscheidet den Einkäufer im Einzelhandelskonzern vom privaten Käufer im Supermarkt? Worin unterscheiden sich das Hauptbuch im Betrieb und das Haushaltsbuch im privaten Haushalt? Was macht den Unterschied zwischen Handwerker und Heimwerker?"
Kaiser und Kaminski sehen den Unterschied in dieser Diskussion zwischen dem allgemein Bedeutsamen und dem speziell Bedeutsamen, für die es ihrer Meinung nach auch Beispiele in anderen Bereichen gibt (z.B. in der Geschichte). Reinhold Hedtke (2006, S. 97f.) kann dagegen keinen, von vornherein gegebenen Unterschied zwischen allgemeinökonomischen oder wirtschaftsberuflichen Wissensbeständen erkennen. Seiner Meinung nach entscheidet allein der soziale Kontext bzw. die Perspektive auf einen Inhalt oder eine Methode darüber, was als allgemein oder beruflich bildend zu gelten hat. Entsprechende Perspektiven sind zwar gesellschaftlich vorgeprägt oder institutionalisiert, sie können sich aber durchaus ändern. Udo Reifner (2010, S. 10) differenziert dagegen zwischen Bildung in Ökonomie (Volks- und Betriebswirtschaftslehre, Wirtschaftssoziologie, Wirtschaftsrecht) und ökonomischer Allgemeinbildung. Das trennende Kriterium, das Allgemeinbildung vom Ansatz wissenschaftlicher Erkenntnis unterscheidet, ist für ihn die pädagogische Intention.
Aufgabe
Sehen Sie Unterschiede zwischen der ökonomischen und der beruflich relevanten ökonomischen Bildung? Begründen Sie Ihre Aussagen ausführlich.
Bedeutung ökonomischer Bildung in der jüngeren Geschichte: Als Konsequenz eines vorherrschenden neuhumanistischen Bildungsverständnisses konnten utilitaristische Bildungsinhalte wie Technik oder Wirtschaft außerhalb beruflicher Schulen lange Zeit in Deutschland kaum Fuß fassen. Mit Ausnahme einiger Pädagogen, wie etwa Georg Kerschensteiner, Eduard Spranger oder Theodor Litt wurde entsprechenden Inhalten vom pädagogischen Mainstream und seinen Vertretern lange Zeit ein eigener Bildungswert abgesprochen. Wirtschaftsunterricht an allgemeinbildenden Schulen war daher die Ausnahme.
Einen etwas anderen Weg nahm die Entwicklung in Süddeutschland. In Bayern beispielsweise fand der Wirtschaftsunterricht im Zuge der Entwicklung der Realschulen Eingang in das allgemeinbildende Schulwesen. Über Transformationsprozesse in der Schullandschaft erreichte er auch das Gymnasium. Die breite Masse der Schülerinnen und Schüler kam indes auch in Bayern erst über die Schulreformen der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts verstärkt mit ökonomischen Inhalten in Kontakt. Im Rahmen der Überlegungen zur Umgestaltung der Volksschule und zur Einführung einer „Arbeitslehre" wurden Arbeit, Wirtschaft oder Beruf nun erstmals wieder stärker als bildungsbedeutsame Inhalte identifiziert. Bildungstheoretische Impulse hierzu kamen unter anderem von Saul B. Robinsohn und Wolfgang Klafki. Der Begründer der Curriculum-Theorie, Saul B. Robinsohn, sah Bildung als Ressource für die Bewältigung von Lebenssituationen. Wolfgang Klafki präferierte eine Konzentration der Allgemeinbildung auf epochaltypische Schlüsselprobleme (vgl. Kruber 2006, S. 187ff.). Ökonomische Aspekte spielen in beiden Ansätzen eine wichtige Rolle. Deutschlandweit blieb die Bildungsidee der Arbeitslehre allerdings überwiegend auf den Bereich der Hauptschule fixiert. Die Auseinandersetzung mit Arbeit, Wirtschaft oder Technik ist daher in manchen Schularten auch heute noch keine Selbstverständlichkeit. Dabei gibt es gerade für eine wirtschaftliche Bildung gewichtige Gründe.
Aufgabe
Informieren Sie sich über die (wirtschafts)didaktischen Positionen der im vorangegangenen Abschnitt genannten Personen und stellen Sie die Ergebnisse mit einer geeigneten App aus dem Internet (z.B. learningApps.org) dar.
Der Mensch als homo oeconomicus oder ökonomische Tätigkeit als Grundkonstante menschlichen Lebens: Der Begründungsstrang für die Notwendigkeit ökonomischer Bildung kann bei der Eigenschaft des Menschen als Einzel- und Gesellschaftswesen ansetzen: Den umfangreichen menschlichen Bedürfnissen stehen in einer Welt begrenzter Ressourcen nur eingeschränkte Mittel zur Befriedigung zur Verfügung, so dass ständig ökonomische Entscheidungen zu treffen und Handlungen zu tätigen sind. Den Rahmen dafür bilden die eigenen Möglichkeiten und die arbeitsteilige Gesellschaft. Die wirtschaftliche Tätigkeit stellt somit eine menschliche Konstante dar. Ohne verschiedene Handlungsalternativen abzuwägen und sich für eine „wirtschaftliche" Option zu entscheiden, kommt demnach kaum ein Mensch aus. Deshalb ist jeder Mensch in gewisser Weise ein homo oeconomicus. Allerdings unterscheiden sich Menschen in Bezug auf ihre grundlegenden Interessen und Einstellungen und damit auch in Bezug auf ihr wirtschaftliches Handeln. Nicht jeder Mensch agiert so, wie es die Modellvorstellung des homo oeconomicus nahelegt, nämlich rational und vernünftig.
Bedeutung ökonomischer Bildung für Daseinsbewältigung und gesellschaftliche Krisenbewältigung: Die Wahl einer beruflichen Laufbahn, die Möglichkeiten finanzieller Absicherung, Konsumentscheidungen, die Entwicklung des Arbeitsmarktes oder weltwirtschaftlicher Beziehungen - die Liste wirtschaftlich relevanter Probleme, denen sich der Einzelne oder die Gesellschaft stellen muss, ließe sich weiter fortsetzen. Um solche Probleme zu lösen, bedarf es Methoden und Kenntnisse. Die individuelle Daseinsbewältigung genauso wie die gesellschaftliche Problem- und Krisenbewältigung sind daher starke Argumente, die für eine ökonomische Bildung sprechen.
Dabei erweist sich die Ökonomie in den hoch entwickelten Gesellschaften als ein extrem komplizierter und teilweise auch für Fachleute nur schwer durchschaubarer Bereich. Selbst kundigen Betrachtern oder Fachleuten erschließen sich viele Aspekte wirtschaftlicher Prozesse nur unzureichend. Die Gründe dafür sind beispielsweise in speziellen Marktmechanismen mit ihren ökonomischen, politischen oder auch rechtlichen Voraussetzungen, in kulturellen oder geographischen Besonderheiten sowie im versteckten Einfluss unterschiedlicher Akteure und Institutionen zu suchen.
Komplexität, Differenzierung und Dynamik des ökonomischen Systems machen daher einen systematischen Erwerb von Kompetenzen erforderlich, die es dem Individuum ermöglichen, wirtschaftliche Vorgänge zu verstehen, Ursachen zu erkennen, Folgen zu beurteilen und Prozesse mündig, sachgemäß und verantwortlich mit zu gestalten.
Bedeutung ökonomischer Bildung für die Selbstverwirklichung und Persönlichkeitsentwicklung: Ökonomische Entscheidungen sind stark von der Identität und dem Selbstkonzept des jeweiligen Menschen abhängig und wirken auf diese Persönlichkeitsmerkmale zurück. Besonders die Erfahrungen und Entscheidungen im Kontext von Arbeit und Beruf haben einen großen Einfluss auf den Menschen und tragen zur Persönlichkeitsentwicklung bei. Aber auch Konsumentscheidungen oder finanzielle Entscheidungen stehen in einem engen Zusammenhang mit individuellen Interessen, Einstellungen und Motivationslagen.
Ökonomische Bildung kann mit dazu beitragen, dass entsprechende Entscheidungen rationaler und reflektierter getroffen werden. Die Grundlage hierfür bildet sowohl ein ausreichendes Wissen (materiale Bildung) als auch gefestigte Einstellungen und Haltungen (formale Bildung). Bildungsprozesse, die beides anregen, tragen damit zur Selbstverwirklichung und Persönlichkeitsentwicklung bei und sind ein unverzichtbarer Bestandteil der Allgemeinbildung (vgl. DEGÖB 2004, S. 3).
Bedeutung ökonomischer Bildung für das demokratische System: Ökonomische Bildung kann als individuelle „Ausrüstung" zur Bewältigung wirtschaftlich geprägter Lebenssituationen betrachtet werden oder als gesellschaftliche Ressource zur Gestaltung einer gemeinsamen Kultur. Zur kulturellen Basis zählt das wirtschaftliche System genauso wie das politische. Ökonomische Bildung muss daher auch deswegen ein integraler Bestandteil der Allgemeinbildung sein, weil die marktwirtschaftliche Grundordnung von der Akzeptanz und Partizipation ihrer Bürgerinnen und Bürger abhängig ist (Kaiser & Kaminski 1999, S. 22f.). Das Verständnis für die Zusammenhänge in einem liberalistischen und sozialen Wirtschaftssystem setzt als geistige Ressource ökonomische Bildung voraus. Angesichts der raschen Veränderungen in der Arbeits- und Wirtschaftswelt sind ökonomische Kenntnisse und Fähigkeiten eine unabdingbare Voraussetzung für politische Meinungsbildungs- und Gestaltungsprozesse.
Die besondere Rolle der Kinder und Jugendlichen: Ökonomische Bildung in den Schulen lässt sich zudem mit der besonderen Situation der heranwachsenden Kinder und Jugendlichen begründen. Sie gelten im ökonomischen System oft als besonders gefährdet. In neueren Ansätzen zur Verbraucherpolitik wird mittlerweile selbst die Situation von Erwachsenen als „vulnerabel" (verwundbar) eingestuft. Die Ursachen hierfür werden u.a. in der Marktmacht und den Mitteln von Unternehmen gesehen, die die individuellen Möglichkeiten des einzelnen Akteurs im ökonomischen Geschehen übersteigen würden. Kinder und Jugendliche können den Mechanismen und Kräften einer komplexen Wirtschaftswelt oft noch weniger als Erwachsene entgegensetzen. Grundsätzliche Aufgabe einer ökonomischen Bildung an allgemeinbildenden Schulen ist es daher, die Position der Kinder und Jugendlichen im ökonomischen System zu stärken.
Für die Schülerinnen und Schüler, die ja im Verlauf ihrer Schulzeit mehr und mehr in die Konsumentenrolle hineinwachsen und als eigene Zielgruppe intensiv beworben werden, ist besonders die Verbraucherbildung unerlässlich. Ökonomische Entscheidungen bergen mitunter verschiedene Fallstricke mit weitreichenden finanziellen, juristischen oder auch datenschutzrechtlichen Konsequenzen. Hinzu kommt, dass sowohl die wirtschaftlichen als auch die sozialen Ausgangsbedingungen der Kinder und Jugendlichen in Deutschland alles andere als einheitlich sind. Aufgrund ihres familiären Hintergrundes oder der Einbindung in spezifische Peergroups sind sie daher für die Bewältigung wirtschaftlich geprägter Lebenssituationen und Entscheidungen recht unterschiedlich gewappnet (vgl. Vohland 1981, S. 173).
Definition: Ökonomische Bildung umfasst die Summe aller Bildungsbemühungen sowie die daraus resultierenden Kompetenzen, mit denen unter Beachtung gesellschaftlich akzeptierter Wertvorstellungen und der zur Verfügung stehenden Ressourcen wirtschaftlich relevante Situationen im privaten, beruflichen oder politischen Bereich analysiert, Probleme identifiziert, Entscheidungsalternativen gefunden sowie adäquate Lösungsmöglichkeiten ausgewählt und realisiert werden können.
Aufgaben
Anregung für wissenschaftliches Arbeiten