BWL Bachelor Basics
Herausgegeben von Horst Peters
1. Auflage 2018
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© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
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ISBN 978-3-17-032688-0
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-032689-7
epub: ISBN 978-3-17-032690-3
mobi: ISBN 978-3-17-032691-0
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Das vorliegende Lehrbuch ist Teil der Lehrbuchreihe BWL Bachelor Basics. Dieses Buch sowie alle anderen Werke der Reihe folgen einem Konzept, das auf die Leserschaft – nämlich Studierende der Wirtschaftswissenschaften – passgenau zugeschnitten ist.
Ziel der Lehrbuchreihe BWL Bachelor Basics ist es, die zu erwerbenden Kompetenzen in einem wirtschaftswissenschaftlichen Bachelor-Studiengang wissenschaftlich anspruchsvoll, jedoch zugleich anwendungsorientiert und kompakt abzubilden. Dies bedeutet:
• Ein hoher wissenschaftlicher Anspruch geht einher mit einem gehobenen Qualitätsanspruch an die Werke. Präzise Begriffsbildungen, klare Definitionen, Orientierung an dem aktuellen Stand der Wissenschaft seien hier nur beispielhaft erwähnt. Die Autoren sind ausgewiesene Wissenschaftler und Experten auf ihrem Gebiet. Die Reihe will sich damit bewusst abgrenzen von einschlägigen »Praktikerhandbüchern« zweifelhafter Qualität, die dem Leser vorgaukeln, Betriebswirtschaftslehre könnte man durch Abarbeiten von Checklisten erlernen.
• Zu einer guten Theorie gehört auch die Anwendung der wissenschaftlichen Erkenntnisse, denn Wissenschaft sollte kein intellektueller Selbstzweck sein. Deshalb steht stets auch die Anwendungsorientierung im Fokus. Schließlich verfolgt der Studierende das Ziel, einen berufsqualifizierenden Abschluss zu erwerben. Die Bücher haben diese Maxime im Blick, weshalb jedes Buch neben dem Lehrtext u. a. auch Praxisbeispiele, Übungsaufgaben mit Lösungen sowie weiterführende Literaturhinweise enthält.
• Zugleich tragen die Werke dem Wunsch des Studierenden Rechnung, die Lehr- und Lerninhalte kompakt darzustellen, Wichtiges zu betonen, weniger Wichtiges wegzulassen und sich dabei auch einer verständlichen Sprache zu bedienen. Der Seitenumfang und das Lesepensum werden dadurch überschaubar. So eignen sich die Bücher der Lehrbuchreihe Bachelor Basics auch hervorragend zum Selbststudium und werden ein wertvoller Begleiter der Lehrmodule sein.
Die Reihe umfasst die curricularen Inhalte eines wirtschaftswissenschaftlichen Bachelor-Studiums. Sie enthält zum einen die traditionellen volks- und betriebswirtschaftlichen Kernfächer, darüber hinaus jedoch auch Bücher aus angrenzenden Fächern sowie zu überfachlichen Kompetenzen. Um auf neue Themen und Entwicklungen reagieren zu können, wurde die Edition bewusst als offene Reihe konzipiert und die Zahl möglicher Bände nicht nach oben begrenzt.
Die Lehrbuchreihe Bachelor Basics richtet sich im Wesentlichen an Studierende der Wirtschaftswissenschaften an Hochschulen für angewandte Wissenschaften, an dualen Hochschulen, Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien und anderen Einrichtungen, die den Anspruch haben, Wirtschaftswissenschaften anwendungsorientiert und zugleich wissenschaftlich anspruchsvoll zu vermitteln. Angesprochen werden aber auch Fach- und Führungskräfte, die im Sinne der beruflichen und wissenschaftlichen Weiterbildung ihr Wissen erweitern oder auffrischen wollen. Als Herausgeber der Lehrbuchreihe möchte ich mich bei allen Autorinnen und Autoren bedanken, die sich für diese Reihe engagieren und einen Beitrag hierzu geleistet haben.
Ich würde mich sehr freuen, wenn das ambitionierte Vorhaben, wissenschaftliche Qualität mit Anwendungsorientierung und einer kompakten, lesefreundlichen und didaktisch an die Bachelor-Studierenschaft abgestimmten Gestaltung zu kombinieren, dem Leser bei der Bewältigung des Bachelor-Lernstoffes hilfreich sein wird und es die Anerkennung und Beachtung erhält, die es meines Erachtens verdient.
Horst Peters
Kredite sind historisch gesehen das Kerngeschäft von Banken. Dieser Markt erodiert aus Bankensicht und zwar sowohl durch den Wettbewerb der deutschen Banken untereinander als auch durch den Wettbewerb der Banken mit den sog. »Alternative Lenders« wie Kreditfonds. Darüber hinaus werden in Zukunft neue Formen der Kreditvergabe und der Transformation von Ersparnissen in Kredit deutlich zunehmen: Crowdfunding ist ein Stichwort.
Das »alte« Kreditgeschäft der Banken, das personenzentriert ist, wird durch Digitalisierung und IT-basierte Lösungen substituiert werden. Dies geschieht entweder innerhalb einer Bank oder durch neue »Player« am Markt. Kreditentscheidungen und deren Umsetzung vom Abschluss von Kreditverträgen bis zur Aus- und Rückzahlung des Kredites werden – und dieser Prozess ist bei einfachen standardisierten Krediten schon weit fortgeschritten – automatisiert. Kredit wird in Zukunft weniger mit »credere« – also mit Glauben – und damit Personen in Verbindung gebracht werden können als vielmehr mit »Big Data«.
Von einem solchen Szenario sind Strukturierte Finanzierungen zuletzt betroffen: Maßgeschneiderte Manufakturlösungen sind ex definitione schwer automatisierbar. Darüber hinaus brauchen großvolumige Lösungen für Kunden in der Finanzindustrie (noch sehr lange) den persönlichen Kontakt. Strukturierte Finanzierungen – sei es bei Banken, Kreditfonds oder Finanzinvestoren wie großen Versicherungen – sind also ein durchaus interessantes, zukünftiges Beschäftigungsfeld für Studierende. Strukturierte Finanzierungen – hier im engen Sinn verstanden als ABS, Leveraged Buyout- und Projektfinanzierungen – sind im Kontext des gesamten Finanzierungsmarktes ein Nischenprodukt. Dies schließt naturgemäß nicht aus, dass Strukturierte Finanzierungen in einigen Spezialsegmenten der Finanzwirtschaft von zentraler Bedeutung sind. Zu denken wäre hier beispielsweise an sog. Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPPs), den Kauf von Unternehmen durch Finanzinvestoren oder an Autokredite und Autoleasing.
Im Unterschied zum relativ kleinen Anteil am gesamten Finanzierungsmarkt steht die öffentliche Wahrnehmung von Strukturierten Finanzierungen. Hierzu findet man überproportional viele Schlagzeilen: von der »Heuschrecken«-Diskussion im Feld der Leveraged Buyouts, über Umweltschäden einer Projektfinanzierung bis hin zu ABS und der amerikanischen Immobilienkrise. Die Gründe einer höheren öffentlichen Aufmerksamkeit liegen u. a. in den relativ großen Finanzierungsvolumina der meisten Strukturierten Finanzierungen, deren natürlicher Nähe zu politisch nicht einfachen Themen wie Rationalisierung in einem Unternehmen (Leveraged Buyouts) oder den negativen ökologischen Wirkungen als Kollateralschäden großer Infrastrukturprojekte. Hinzukommt eine Komplexität der Finanzierungen, die in der breiten Öffentlichkeit nur schwer vermittelbar ist.
Vor diesem Hintergrund richtet sich das Lehrbuch prioritär an Studierende der Wirtschaftswissenschaften, die bereits über Grundkenntnisse der Finanzierung verfügen. Hinzu kommen alle die, die mit Strukturierten Finanzierungen professionell – aber »am Rande« – zu tun haben. Die Bandbreite reicht von Juristen, die entsprechende Kreditverträge erstellen bis zu etwaigen Entscheidungsträgern in Kommunen, die beispielsweise eine Infrastrukturmaßnahme als ÖPP realisieren wollen. Eine solide Grundkenntnis der Strukturen und Implikationen einer solchen Finanzierungsform kann hier nur vorteilhaft sein.
Abschließend gilt der Dank des Autors Herrn Dr. Fliegauf, der das Buch als Lektor ermöglicht und besser gemacht hat. Darüber hinaus gilt mein besonderer Dank Frau Katja Hentschel, Frau Kerstin Herwald und Herrn Stefan Hübner, die jeweils einzelne Kapital des Buches kritisch kommentiert und so wesentlich zum Gelingen beigetragen haben. Die immer noch verbliebenen Fehler und Irrtümer sind selbstverständlich die des Autors.
Im Juni 2018 |
Christoph Enders |
Abb. 1: |
Vereinfachter Cashflow-Wasserfall |
Abb. 2: |
Vereinfachter Kreditprozess |
Abb. 3: |
Felder der Risikoanalyse zur Erstellung eines Ratings |
Abb. 4: |
Ratingkategorien der Deutschen Bundesbank und von S&P sowie Moody’s |
Abb. 5: |
Typische Finanzkennzahlen als Covenants bei Unternehmens-/LBO-Finanzierungen |
Abb. 6: |
Typische Finanzkennzahlen als Covenants bei Projektfinanzierungen |
Abb. 7: |
Headroom und Covenant (Beispiel) |
Abb. 8: |
Klassifizierung von Kreditsicherheiten |
Abb. 9: |
Kreditbeziehung ohne Sicherheiten |
Abb. 10: |
Besicherter Kredit mit Abtretung der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen |
Abb. 11: |
Grundstruktur eines Credit Default Swaps |
Abb. 12: |
CDS-Preise der Munich Re im Vergleich mit iTraxx Senior Financials und dem iTraxx Europe |
Abb. 13: |
Struktur eines Syndizierungsprozesses |
Abb. 14: |
Vereinfachte Darstellung eines Zinsswaps |
Abb. 15: |
Abhängigkeit des Kurswertes einer Anleihe von der Verzinsung einer Bundesanleihe mit gleicher Laufzeit und dem Kreditrisiko des Emittenten |
Abb. 16: |
Vereinfachte Darstellung der Zinskomponenten aus Banksicht |
Abb. 17: |
Typische Merkmale einer Projektfinanzierung |
Abb. 18: |
Finanzierung eines Unternehmens versus Projektfinanzierung |
Abb. 19: |
Wesentliche Beteiligte an einer Projektfinanzierung |
Abb. 20: |
Phasen einer Projektfinanzierung |
Abb. 21: |
Überblick über den Prozess einer öffentlichen Ausschreibung |
Abb. 22: |
Wesentliche Risiken eines Projektes in der Betriebsphase |
Abb. 23: |
Wesentliche Risiken einer Projektfinanzierung und deren Einstufung |
Abb. 24: |
Projektrisiken aus Sicht der Gläubiger über die Kreditlaufzeit |
Abb. 25: |
Wesentliche Annahmen eines Cashflow-Modells |
Abb. 26: |
Vereinfachte Struktur eines Cashflow-Modells |
Abb. 27: |
Typische Sensitivitätsrechnungen für eine Projektfinanzierung |
Abb. 28: |
Auswirkungen von Sondertilgungen |
Abb. 29: |
Jährliche Ausfallraten 2000-14 in den Sektoren Kraftwerke, Infrastruktur und Öl & Gas |
Abb. 30: |
Vereinfachtes Modell »Kraftwerk« |
Abb. 31: |
Abnahme- und Bezugsverträge bei einem konventionellen Kraftwerk |
Abb. 32: |
Vergleich der Alternativen bei der Infrastrukturbereitstellung |
Abb. 33: |
ÖPPs in Deutschland – Zahl-/ Investitionsvolumen und Finanzierungsart |
Abb. 34: |
Modell einer Forfaitierung mit Einredeverzichtserklärung |
Abb. 35: |
Einnahmemodelle und Risiko bei Straßenverkehrsinfrastruktur |
Abb. 36: |
Beispiel zum Verkehrsrisiko bei differentiellen Wachstumsraten von 3% bzw. 6% jährlich |
Abb. 37: |
Projekt- und Gesellschafterstruktur A8 |
Abb. 38: |
Internationale Reserveklassifikation von mineralischen Rohstoffen |
Abb. 39: |
Monatliche USD-Preise für LME-Kupfer (Grade A) und für australische Kohle zwischen 1/2006 und 3/2017 |
Abb. 40: |
Vereinfachtes Schema einer globalen Kostenkurve |
Abb. 41: |
Lieferverträge als Finanzierungsbasis |
Abb. 42: |
A-/ B-Loan-Struktur |
Abb. 43: |
Traditionelle Bergbaufinanzierung im Hinblick auf Eigen- und Fremdkapital |
Abb. 44: |
Instrumente aktueller Bergbaufinanzierungen (in Mio.) |
Abb. 45: |
Grundmodell von Private Equity-Finanzierungen |
Abb. 46: |
Rolle von Private Equity-Gesellschaften |
Abb. 47: |
Mögliche Kombinationen von Unternehmenskäufern und -verkäufern |
Abb. 48: |
Wesentliche Bereiche einer Due Diligence für LBOs |
Abb. 49: |
Vergleich der Bonität aus Bankensicht zwischen einem Strategen und einem Finanzinvestor |
Abb. 50: |
Mittelherkunft und Mittelverwendung bei einer LBO-Finanzierung |
Abb. 51: |
Strukturelle Nachrangigkeit bei Krediten |
Abb. 52: |
Schematische Transaktionsstruktur beim Kauf eines Unternehmens |
Abb. 53: |
Vereinfachte LBO-Struktur nach dem Closing |
Abb. 54: |
Schematische Darstellung einer LBO-Finanzierung |
Abb. 55: |
Ausgangslage einer ABS-Transaktion |
Abb. 56: |
Auswahl »Pool« und Verkauf an SPV |
Abb. 57: |
Refinanzierung des Forderungskaufs im Kapitalmarkt |
Abb. 58: |
Zahlungsstrom vom Schuldner zum Inhaber der Wertpapiere |
Abb. 59: |
Wesentliche Beteiligte an einer ABS-Finanzierung |
Abb. 60: |
Asset-Klassen von ABS-Transaktionen |
Abb. 61: |
Vereinfachte Darstellung des Schuldendienst-Wasserfalls einer ABS-Transaktion |
Abb. 62: |
Basisstruktur einer synthetischen Verbriefung |
Abb. 63: |
Tranchierung des Forderungspools |
Abb. 64: |
Synthetische Verbriefungsstruktur |
Abb. 65: |
Struktur einer Verbriefung bei einem ÖPP-/ PPP- Projektfinanzierung |
Abb. 66: |
Transaktionsstruktur VCL 24 |
Abb. 67: |
Credit Enhancement VCL 24 |
Abb. 68: |
Vereinfachter Cashflow-Wasserfall VCL 24 |
Abb. 69: |
Planmäßig ausstehender Betrag der Class A-Note (in Mio. Euro) |
Abb. 70: |
Planmäßig ausstehender Betrag der Class B-Note (in Tsd. Euro) |
Tab. 1: |
Top 10 der Mandated Lead Arranger 2016 in der Kategorie Syndizierte Kredite »Western Europe« |
Tab. 2: |
Top-10 der Mandated Lead Arranger Projektfinanzierungen 2017« |
Tab. 3: |
Output eines einfachen Cashflow-Modells« |
Tab. 4: |
Top-10 der Private Equity-Gesellschaften« |
Tab. 5: |
Verteilung der Zinsen auf die einzelnen Wertpapierklassen (vereinfachtes Beispiel)« |
Tab. 6: |
Top 10 Eckdaten der Class A- und Class B-Notes« |
AG |
Aktiengesellschaft |
AktG |
Aktiengesetz |
ABS |
Asset Backed Securities |
AUM |
Assets under Management |
Bafin |
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht |
BGB |
Bürgerliches Gesetzbuch |
BMZ |
Bundesministeriums für Entwicklung und Zusammenarbeit |
BT |
Berichtsteil |
BOT |
Build-Operate-Transfer |
bn |
Billionen |
bps |
Basispunkte (1 bps = 0,01%) |
BVK |
Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften |
Capex |
Capital Expenditures |
CDO |
Collateralized Debt Obligations |
CDS |
Credit Default Swaps |
CLO |
Collateralized Loan Obligations |
c.p. |
ceteris paribus (= unter sonst gleichen Bedingungen) |
DAX |
Deutscher Aktienindex |
DSCR |
Debt Service Cover Ratio |
EAD |
Exposure at Default |
EBA |
European Banking Authority |
EBIT |
Earnings before Interest and Taxes |
EBITDA |
Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortisation |
EBRD |
European Bank for Reconstruction and Development |
ECB |
European Central Bank |
EEG |
Erneuerbare-Energien-Gesetz |
EIB |
Europäische Investitionsbank |
EIF |
European Investment Fund |
EL |
Expected Loss |
EMMI |
European Money Markets Institute |
EPC |
Engineering-Procurement-Construction |
ESMA |
European Securities and Market Authority |
EU |
Europäische Union |
EURIBOR |
Euro Interbank Offered Rate |
EZB |
Europäische Zentralbank |
FIs |
Finanzinstitutionen |
GmbHG |
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung |
GuV |
Gewinn- und Verlustrechnung |
ICSID |
International Center for Settlement of Investment Disputes |
IEA |
International Energy Agency |
IFC |
International Finance Corporation |
IFRS |
International Financial Reporting Standards |
InsO |
Insolvenzordnung |
IPO |
Initial Public Offering |
IRB |
Internal Rating Based Approach |
IRR |
Internal Rate of Return |
ISDA |
International Swaps and Derivates Association |
JORC |
The Australasian Code for Reporting of Exploration Results, Mineral Resources and Ore Reserves |
LBO |
Leveraged Buyout |
LGD |
Loss Given Default |
LIBOR |
London Interbank Offered Rate |
LLCR |
Loan Life Cover Ratio |
LTV |
Loan-to-Value-Ratio |
kW(h) |
Kilowatt(-stunde) |
KfW |
Kreditanstalt für Wiederaufbau |
KT-Risiko |
Konvertierungs- und Transferrisiko |
MaRisk |
Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Banken |
MBI |
Management Buy-in |
MBO |
Management Buyout |
MIGA |
Multilateral Investment Guarantee Agency |
Mio. |
Millionen |
MOIC |
Multiple of Invested Capital |
Mrd. |
Milliarden |
MW(h) |
Megawatt(-stunde) |
M&A |
Mergers & Acquisitions |
NGOs |
Non-governmental organizations |
NPLs |
Non Performing Loans |
O&M |
Operations & Maintenance |
ÖPP |
Öffentlich-Private Partnerschaft |
Opex |
Operating expenditures |
p.a. |
per annum |
PD |
Probability of Default |
PIK |
Payment in Kind |
PPA |
Power Purchase Agreement |
PPP |
Public Private Partnership |
RMBS |
Residential Mortgage Backed Securities |
S&P |
Standard & Poor’s |
SchVG |
Schuldverschreibungsgesetz |
SIV |
Structured Investment Vehicle |
SPC |
Special Purpose Company (oder SPV = Single Purpose Vehicle) |
TSI |
True Sale International |
UFK |
Ungebundene Finanzkredite |
VIFG |
Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft mbH |
Strukturierte Finanzierung ist Manufakturbetrieb und nicht Serienproduktion. Dies gilt für Banken als Kreditgeber wie für Unternehmen als Kreditnehmer. Eine Strukturierte Finanzierung ist eine zeitintensive, maßgeschneiderte Lösung für komplexe Finanzierungsprobleme von Unternehmen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von »Financial Engineering«. Damit hat aus Bankensicht eine Strukturierte Finanzierung neben der Gewinnerzielungsabsicht aus der Kreditvergabe auch die Funktion eines Marketinginstruments. Das Wort Strukturierte Finanzierung signalisiert Kompetenz und Kundenorientierung.
Gleichzeitig werden unter der Überschrift Strukturierte Finanzierungen durchaus vielfältige Produkte subsummiert. Eine allgemein gebräuchliche Definition gibt es nicht. Zwischen einer »normalen« Unternehmensfinanzierung und einer Strukturierten Finanzierung gibt es keine präzise Abgrenzung. Einfache »unstrukturierte« Finanzierungen lassen sich sogar in Strukturierte Finanzierungen transformieren: Man muss nur mehrere derartige Finanzierungen in einem Portfolio bündeln und strukturiert refinanzieren, schon hat man eine ABS-Transaktion.
In diesem Lehrbuch wird Strukturierte Finanzierung in einem engeren Sinne verstanden:
• Es handelt sich um eine Fremdfinanzierung, d. h. Produkte zur Eigenkapitalerhöhung/ -gewinnung werden nicht einbezogen;
• die Finanzierung ist anlassspezifisch und hat somit Einmalcharakter (Transaktionsorientierung);
• Anlass für die Finanzierung ist ein spezifisches Problem wie beispielsweise ein neues und großes Investitionsprojekt, d. h. eine allgemeine Optimierung der Finanzierungsstruktur (also der Passivseite) eines Unternehmens wird nicht als Strukturierte Finanzierung angesehen;
• der Kreditnehmer in seiner Rechtsform wird im Rahmen der Transaktion neu geschaffen;
• es handelt sich um eine individuelle, maßgeschneiderte und komplexe Finanzierungsstruktur, die vom Cashflow her konzipiert und »gedacht« wird;
• strukturierte Finanzierungen sind zeitlich und volumenmäßig begrenzt, weil anlass- und problemlösungsbezogen sowie am Cashflow orientiert (dies im Unterschied z. B. zu einer Betriebsmittellinie, die als »borrowing base« strukturiert ist).
Strukturierte Finanzierungen sind regelmäßig großvolumige Transaktionen. Der Grund hierfür liegt in den Fixkosten der Strukturierung. Fixkosten fallen für die Leistungen der notwendigen Anwälte, Berater und der Banken an. Banken, deren Vergütung in einem signifikanten Maß erfolgsabhängig ist, müssen die internen Kosten auf die zum Abschluss gekommenen Transaktionen umlegen, d. h. die abgeschlossenen Transaktionen müssen auch den Aufwand der nicht-abgeschlossenen Transaktionen tragen. Die Strukturierungskosten sind – schon ex definitione – nur in wenigen Fällen (z. B. ABS-Transaktionen) durch eine gewisse Standardisierung reduzierbar. Das Finanzierungsvolumen liegt in der Regel damit bei mehr als € 50 Mio.
Das Risikoprofil von Projekt- und Leveraged Buyout (LBO)-Finanzierungen ist durchschnittlich höher als das von anderen Unternehmensfinanzierungen. Bei gleichzeitig relativ großen Finanzierungsvolumina werden diese zur Vermeidung von »Klumpenrisiken« oftmals von mehreren Parteien zusammen aufgebracht: Banken schließen sich zu einem Finanzierungskonsortium zusammen, bei Anleihen wird der Kapitalmarkt »angezapft«.
Aus Sicht eines kreditsuchenden Unternehmens sind Strukturierte Finanzierungen »zweischneidig«. Unabhängig davon, dass nicht jeder Kreditwunsch überhaupt erfüllt wird, präferieren Kreditnehmer einerseits eine möglichst einfache bzw. gering ausgeprägte »Struktur«, da dieses den unternehmerischen Freiraum – mithin die Flexibilität – erhöht. Struktur ist aber im Kern immer Einschränkung: Dies gilt z. B. für eine Mindestquote an Eigenkapital wie die strikte Zweckbindung der Finanzierungsmittel bei einer Projektfinanzierung oder die Kriterien, die einzelne Autokredite erfüllen müssen, damit diese in eine ABS-Transaktion aufgenommen werden können. Andererseits hat Flexibilität ihren Preis, denn diese geht aus Sicht der Banken mit einem höheren Risiko einher, das sich entsprechend im Pricing (Zins und Provisionen) widerspiegeln muss. Ohne Zweifel hat beispielsweise die Höhe der Eigenkapitalquote als ein wesentliches Strukturelement einen starken Einfluss auf das Ausfallrisiko einer Finanzierung und damit auf das Pricing.
Es besteht also ein »Trade-off« zwischen Struktur und Pricing. Dieser Zielkonflikt existiert allerdings nur innerhalb einer gewissen Bandbreite. Außerhalb dieser Bandbreite aus Risikoprofil und Pricing werden keine Kredite vergeben: Beide »Ränder« – zu hohes Risiko oder zu niedriges Pricing – sind Ausschlusskriterien für eine Kreditvergabe. Wichtig ist, dass unterschiedliche Finanzierungsgeber unterschiedliche Bandbreiten haben. Banken präferieren beispielsweise eher niedrigere Risiken und akzeptieren damit auch ein niedrigeres Pricing. »Alternative Lenders« wie Kreditfonds sind auf höhere Risiken und höheres Pricing spezialisiert. Betrachtet man jetzt die risikoadjustierte Rentabilität der beiden unterschiedlichen Geschäftsmodelle, so kann diese durchaus vergleichbar hoch (oder niedrig) sein.
Vor diesem Hintergrund werden die drei wichtigsten Strukturierten Finanzierungen – Projekt-, LBO-Finanzierung und Asset Backed Securities (ABS) – in ihren Grundzügen dargestellt. Bei Projekt- und LBO-Finanzierungen wiederum werden Finanzierungstechniken eingesetzt, die allein schon als strukturiert angesehen werden können. Ein Beispiel hierfür ist eine Bergbauprojektfinanzierung in einem Entwicklungsland. Zur Reduzierung der inhärenten Währungskonvertierungs- und Transferrisiken bei Kreditnehmern in Entwicklungsländern ohne vollkonvertible Währung werden Commodity Finance-Techniken (im Kern Schuldendienst aus Lieferungen statt aus Zahlungsströmen) entsprechend für diese Projektfinanzierungen angewendet. Aber eine Commodity Finance-Transaktion selbst erfüllt nicht das o. g. Kriterium eines neuen Kreditnehmers, so dass dieser Finanzierungstyp nicht zu den Strukturierten Finanzierungen in diesem Lehrbuch gezählt wird.
Dieses Lehrbuch gliedert sich in vier Hauptkapitel. Zunächst erfolgt eine allgemeine Einführung in die Grundlagen der Unternehmensfinanzierung. Es handelt sich hierbei um Fragestellungen, die sowohl für alle drei Typen von Strukturierten Finanzierungen als auch für klassische Unternehmensfinanzierungen Relevanz haben. Zu den gemeinsamen Themen von Strukturierter und Unternehmensfinanzierung zählen u. a. Risikoanalyse, Rating, Kreditsicherheiten, Kreditsyndizierung, wesentliche Kreditvertragsbestandteile und Kreditvergabe bei Banken als der wichtigsten kreditgebenden Gruppe.
Hinzukommt der Prozess einer Kreditvertragsanpassung. Eine Kreditvertragsanpassung ist immer dann erforderlich, wenn die im Kreditvertrag zwischen den beiden Vertragsparteien vereinbarten Klauseln vom Kreditnehmer nicht eingehalten werden können. Dieser Teil des Kreditprozesses ist vor allem bei LBO- und Projektfinanzierungen von großer Relevanz. Je filigraner strukturiert ein Kredit und je länger dessen Laufzeit ist, umso häufiger müssen c. p. die anfänglich im Kreditvertrag definierten Klauseln neu an die jeweilige Realität angepasst werden. Verläuft die reale wirtschaftliche Entwicklung eines Kreditnehmers schlechter als anfänglich prognostiziert, so kann beispielsweise eine Anpassung der Tilgungsstruktur erforderlich werden, um den verfügbaren Cashflow des Kreditnehmers mit dem notwendigen Schuldendienst in Deckung zu bringen. Im positiven Fall einer besseren wirtschaftlichen Entwicklung kann eventuell ein niedrigerer Zinssatz in Kombination mit einer schnelleren (oder auch langsameren) Tilgung neu vereinbart werden.
Auf diese Einführung in Corporate Finance-Themen einer Fremdfinanzierung folgen jeweils ein Kapitel zu Projektfinanzierungen, LBO-Finanzierungen und ABS. Diese drei letztgenannten Kapitel bauen nicht aufeinander auf, d. h. man kann ohne weiteres auch nur ein Kapitel – z. B. über Projektfinanzierung – lesen. Innerhalb der beiden Kapitel Projektfinanzierung und ABS erfolgt vom Allgemeinen ausgehend eine Vertiefung. Bei Projektfinanzierung werden im Detail unterschiedliche Bereiche exemplarisch dargestellt. Im ABS-Kapitel wird ein konkretes Beispiel einer Transaktion zur Vertiefung der theoretischen Ausführungen vorgestellt. Dieser modulare Aufbau des Lehrbuches impliziert, dass sich Wiederholungen zwischen den Kapiteln nicht ganz vermeiden lassen. Wichtige Fachbegriffe werden zudem in einem Glossar kurz erläutert.
Ziel des Lehrbuchs ist, dass der Leser oder die Leserin ein Grundverständnis für die drei Finanzierungsprodukte gewinnt. Dies ist vereinfacht die Frage nach dem »wie funktioniert eine Projektfinanzierung oder eine ABS-Transaktion«. Die Voraussetzung hierfür sind Grundkenntnisse der Betriebswirtschaftslehre. Bevor beispielsweise ein Unternehmenskauf als LBO finanziert werden kann, muss zunächst einmal eine Unternehmensbewertung mittels Discounted Cashflow-Verfahren und Multiples stattgefunden haben.
Neben der Darstellung der reinen Finanzierungstechniken werden auch deren Rahmenbedingungen und Umfeld erläutert. Für das Verständnis einer LBO-Finanzierung ist es beispielsweise sinnvoll, die wesentlichen Akteure – nämlich die Private Equity-Gesellschaften mit ihrem Geschäftsmodell – ansatzweise zu verstehen. Für die Projektfinanzierung einer Autobahn in Deutschland dagegen sind weniger die Eigenkapitalgeber von Relevanz als vielmehr der Staat als Konzessionsgeber. Die Grundzüge der Diskussion um die Vor- und Nachteile eines solchen ÖPP-Projektes sind von daher relevant, um den Hintergrund der Finanzierungsstrukturen zu verstehen.
Typisch für Informationen, die im Rahmen einer Finanzierung bereitgestellt werden, ist der sog. Disclaimer, also ein Haftungsausschluss, der im Wesentlichen Einschränkungen im Hinblick auf bereitgestellte (falsche) oder eben nicht bereitgestellte (fehlende) Information enthält. Selbstverständlich braucht auch ein Lehrbuch wie dieses einen Disclaimer.
Dieses Lehrbuch ist auf Finanzierungsthemen fokussiert und zwar nur soweit diese eine Fremdfinanzierung betreffen. Das Aufbringen von Eigenkapital ist nicht Teil des Themas, d. h. die Verfügbarkeit von Eigenkapital wird vorausgesetzt.
Dem Ziel der Schriftenreihe entsprechend werden die Themen nicht in ihrer »vollen Tiefe« behandelt. Dies gilt insbesondere für Fragen der Bilanzierung oder steuerlichen Einordnung; Themen, die bestenfalls einmal kurz gestreift werden. Im Kern wird nur auf einzelne Probleme hingewiesen, aber es werden in diesen Themenbereichen keine konkreten Lösungen vorgestellt. Dies gilt auch für die vielfältigen rechtlichen Fragestellungen einer Strukturierten Finanzierung. Dieses Lehrbuch gibt also einen Überblick über Fremdfinanzierungsthemen und ist so gesehen als Einstieg auch für angehende Juristen/ Juristinnen oder Bilanzierungsexperten/ -expertinnen geeignet. Man muss zunächst einmal ein Produkt verstehen, bevor man dieses in ein Vertragswerk oder einen Jahresabschluss umsetzen kann.
Entsprechend dem Charakter eines Lehrbuches sind die Literaturhinweise. Ziel ist nicht die prioritäre Darstellung etwaiger unterschiedlicher Lehrmeinungen und Theorien zur Finanzierung, sondern eine praxisorientierte Einführung. Wie im Fußball gilt: Entscheidend ist, was auf dem Platz passiert. Damit liegt ein Schwergewicht auf der sog. grauen Literatur, in der sich aktuelle Finanzierungen und Meinungen bzw. Trends finden. Dass es sich dabei oftmals um pro domo, also zum eigenen Vorteil erstellte Literatur handelt, wird als relativ unproblematisch angesehen. Ziel derartiger Publikation von in der Regel renommierten Anwälten oder Institutionen ist immer die Werbung in eigener Sache, so dass die Qualität der verwendeten Quellen akzeptabel ist.
Mit der Verwendung von »flüchtigen« Internetquellen geht einher, dass deren Verfügbarkeit nur zeitlich begrenzt gegeben sein kann. Ein Beispiel ist der Zinssatz EURIBOR, der im Lehrbuch per 29.12.2017 ausgewiesen wird. In der entsprechenden Internetquelle findet sich aber immer der aktuelle Wert, so dass die Nachvollziehbarkeit des aufgeführten Wertes anhand exakt dieser Internetseite nicht gegeben ist.
Der individuelle Charakter einer jeden Strukturierten Finanzierung in Kombination mit unterschiedlichen Produktdefinitionen führt dazu, dass in einem Lehrbuch keineswegs alle Aspekte und Techniken von Strukturierten Finanzierungen behandelt werden können. Dargestellt wird also im Wesentlichen der aktuelle »Mainstream«. Individuelle – eben strukturierte – Finanzierungslösungen unterliegen allgemeinen Markttrends. In Marktphasen mit hoher Liquidität – wie dies im Jahr 2017 in der Eurozone der Fall ist – sind die Kreditnehmer im Vorteil. Banken konkurrieren untereinander und mit Nicht-Banken wie Kreditfonds um die Kreditvergabe. Der Wettbewerb findet dann auf den Feldern der Konditionen eines Kredites (z. B. Eigenkapitalhöhe, Laufzeit, Sicherheiten, Vertragsgestaltung etc.) und dem Pricing (Zinsen und Provisionen) statt. Während also mit den Kreditkonditionen aus dem Jahr 2010 heute kaum noch ein Geschäft gemacht werden kann, sind die Grundzüge der Transaktionen unverändert geblieben (z. B. Einzweckgesellschaften, Non-recourse etc.).
Ein weiterer genereller Vorbehalt gilt für die Datenlage zum jeweiligen Markt bzw. Produkt. Je nach Anbieter bzw. Quelle gibt es Unterschiede. Ziel der Daten ist es, einen Eindruck über Größenordnungen (z. B. Marktvolumen oder Zinsmargen) zu geben.
Ein letzter Hinweis gilt der Sprache: Strukturierte Finanzierungen sind in den USA und in England entstanden. Sie sind sprachlich angelsächsisch geprägt. Die Personen in den Finanzabteilungen von Unternehmen und noch mehr in der Finanzindustrie selbst kommunizieren in einer Mischung von englischen Fachbegriffen und deutscher Sprache. Dies ist sicherlich sprachlich nicht »schön«, aber »gelebte Praxis«. Es gilt der englische Fachbegriff und nicht die deutsche Übersetzung. Konkret beispielsweise Rating statt Benotung. Entsprechend wird in diesem Lehrbuch verfahren. Darüber hinaus wird aus Gründen der leichteren Lesbarkeit die männliche Sprachform bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen verwendet.
Alle Vermögensgegenstände eines Unternehmens (Aktiva) sind immer schon finanziert. Bilanziell gibt es keine Aktivseite ohne die korrespondierende Passivseite. Die Frage nach »der Henne und dem Ei«, also danach, was zuerst vorhanden war, ist hier irrelevant. Die Bilanz eines Unternehmens ergibt sich quasi automatisch. Der Informationswert einer solchen Bilanz strebt allerdings auf dieser hohen Aggregationsebene gegen null. Es fehlt die entscheidende Kategorie, die Eigentumsverhältnisse (»Wem gehört was?«). Dies ist vereinfacht die Frage nach Eigen- oder Fremdkapital – kurzum die Frage nach der Art der Finanzierung.
Wirtschaftlich entscheidend sind dabei nicht die statischen Bilanzzahlen bezüglich Eigen- und Fremdkapital, die in Monats-, Quartals-, Halbjahres- und Jahresberichten aufgeführt werden. Entscheidend sind der »produzierte« Cashflow eines Unternehmens und dessen Verteilung (»Wer erhält wann welchen Teil?«). Man kann sich die Verteilung des Cashflows anschaulich als Wasserfall vorstellen ( Abb. 1).
Abb. 1: Vereinfachter Cashflow-Wasserfall
Dieser Cashflow-Wasserfall ist das dominierende Prinzip jeglicher Finanzierung. Zuerst – und ganz oben – erhalten die sog. vorrangigen Gläubiger (oder »Senior«-Gläubiger) die ihnen vertraglich fest zustehende Menge an Cashflow (bzw. Wasser). Ist danach noch Cashflow übrig, fließt dieser in die nächste Stufe zu den nachrangigen Gläubigern (»Junior«-Gläubiger). Genauso wie die vorrangigen Gläubiger haben die nachrangigen Gläubiger einen vertraglich fixierten Anspruch zu einem bestimmten Zeitpunkt auf eine definierte Menge Cashflow (bzw. Wasser), aber eben nur soweit wie überhaupt noch Cash (bzw. Wasser) vorhanden ist. Der Cash, der nach dem »Verbrauch« auf der Ebene der Junior-Gläubiger noch vorhanden ist, fließt zum Eigenkapital. Eigenkapital hat ex definitione keinen vertraglichen Anspruch: weder bezüglich des Zeitpunkts noch der Menge an Cashflow. Eigenkapital erhält residual alles, was übrig ist.
Während also die Senior- und Junior-Gläubiger a priori die Rentabilität ihrer Investition basierend auf dem erwarteten Cashflow relativ gut prognostizieren und berechnen können, ist die Eigenkapitalverzinsung als Residualgröße stärker variabel bzw. zeigt gegenüber den vorrangigen Stufen eine größere Volatilität. Dies schließt natürlich weder aus, dass sich im Falle einer Restrukturierung bzw. Insolvenz eines Unternehmens die Gläubiger »verrechnet« haben (also ihr vertraglicher Anspruch nicht erfüllt wird), noch dass die Eigenkapitalinvestoren a priori gar keine Eigenkapitalrentabilität abschätzen können.
Anders formuliert: Fremdkapital hat ein limitiertes Up-side (Chancen) in Höhe der vereinbarten Zinsen und ein Down-side (Risiko) in voller Höhe des jeweiligen Fremdfinanzierungsvolumens. Eigenkapital dagegen hat ein unlimitiertes Up-side (also grundsätzlich unlimitierte Chancen) und ebenfalls ein limitiertes Risiko in Höhe des Eigenkapitalbetrages. Aber Eigenkapital hat die unterste Position im Cashflow-Wasserfall, so dass etwaige Verluste zuerst gegen das Eigenkapital laufen bzw. verrechnet werden. Beim Eigenkapital in einer ABS-Finanzierung spricht man deshalb vom First Loss-Piece.
Die Cashflow-Verteilung im Wasserfall ist dabei grundsätzlich unabhängig davon, ob ein Unternehmen sich im Going-concern- oder im Gone-concern-Modus befindet. Letzteres ist ein Restrukturierungs- bzw. Insolvenzszenario. Das ultimative Szenario ist die Liquidation aller Vermögenswerte in einem Insolvenzverfahren. Betrachtet man eine Liquidation stark vereinfacht, so folgt die Verteilung der Liquidationserlöse bedingt durch Sicherheiten sowie vertraglichen Regelungen zwischen den Gläubigern dem Cashflow-Wasserfall. Allerdings ist es in der Realität in einem Liquidationsszenario sehr wahrscheinlich, dass der Cashflow kaum für die oberste »Stufe« ausreicht, zu der nicht nur die Kreditgeber, sondern auch beispielsweise Lieferanten oder Beschäftigte gehören können. Dass in einem solchen Szenario noch Cash an das Eigenkapital auf der untersten Stufe verteilt werden kann, ist de jure in Deutschland grundsätzlich ausgeschlossen. Die Begründung hierfür liegt im deutschen Insolvenzrecht. Ein Insolvenzantrag ist zu stellen, wenn der Schuldner »nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.« (§ 17, Abs. 2 InsO)1 Kurzum dann, wenn der Cashflow nicht für alle nötigen Zahlungen ausreicht und somit ab dem ersten Euro, der im Wasserfall fehlt, um die Gläubiger (im letzten bzw. untersten Rang vor dem Eigenkapital) vertragsgemäß zu bedienen.
In der Realität einer Strukturierten Finanzierung ist der »Wasserfall« regelmäßig mehrstufiger und komplexer:
a) Anzahl der Stufen im Cashflow-Wasserfall: Innerhalb der Gruppe der Strukturierten Finanzierungen findet sich bei ABS-Transaktionen die größte Zahl an einzelnen Stufen. Bei ABS-Transaktionen können auch einmal zehn Stufen eines Cashflow-Wasserfalls vorliegen.
b) Abhängigkeit von der jeweiligen wirtschaftlichen Lage: Die vertraglich vereinbarte Rangfolge der Cashflow-Verteilung kann vom jeweils aktuell erwirtschafteten Cashflow abhängen. In diesem Fall wird vom Kreditnehmer monatlich oder am Ende eines Quartals über den operativen Cashflow berichtet. Im Normalfall – also bei einem Cashflow der dem anfänglichen Geschäftsplan entspricht – werden beispielsweise Zinsen für eine Nachrangtranche gezahlt. Wird aber der vertraglich festgelegte Mindestwert an operativem Cashflow unterschritten, so wird der Wasserfall zu Gunsten der Senior-Gläubiger umgestellt. Diese erhalten dann prioritär Zinszahlungen und der dann noch verfügbare Cashflow dient der Tilgung der Senior-Verbindlichkeiten. Erst wenn die Senior-Kredite voll zurückgezahlt sind, kommt die nächste Stufe.
c) Wasserfall über die »Grenzen« eines Unternehmens hinaus: Das Wasserfallprinzip ist nicht auf einzelne Unternehmen beschränkt, sondern findet besonders in Unternehmensgruppen mit Mutter-Tochter-Beziehungen Anwendung.
d) Spezifische Regelungen: Gesetzliche Regelungen als auch vertragliche Vereinbarungen (z. B. Bestellung von Sicherheiten) zwischen den einzelnen Gruppen an Gläubigern führen zu Abweichungen vom strengen Wasserfallprinzip.
Gegenläufig zum Wasserfall sind die Entscheidungs- bzw. Leitungsbefugnisse zwischen der obersten und untersten Stufe im Wasserfall. Die Eigenkapitalgeber – auf der untersten Stufe – sind grundsätzlich allein zur Unternehmensleitung befugt. Bei einer GmbH oder AG werden die Leitungsaufgaben durch einen Vertrag an das Management (Geschäftsführer, Vorstände) übertragen. Die Gläubiger haben dagegen nur »Schutzrechte«, die sowohl gesetzlich normiert sind (z. B. Begrenzung von Ausschüttungen) als auch durch einzelvertragliche Regelungen zwischen den jeweiligen Parteien der Gläubiger und dem Unternehmen zustande kommen.
Eine wesentliche Abweichung zur Gegenläufigkeit der Entscheidungsbefugnisse besteht darin, dass die Rechte der Junior-Gläubiger, die ein höheres Risiko tragen als die Senior-Gläubiger, die geringsten (Mitsprache-/ Entscheidungs-) Rechte haben, wenn es um Anpassungen der Kreditverträge geht. Hier sind die Senior-Gläubiger »senior« gegenüber den Junior-Gläubigern, denn sonst könnten ggf. die Junior-Gläubiger Entscheidungen fällen, die zu Lasten der Senior-Gläubiger gehen. Die Kompensation der Junior-Gläubiger für die geringeren Rechte und das höhere Risiko aus ihrer nachrangigen Stellung im Wasserfall erfolgt durch eine höhere Verzinsung bzw. Einmalprovision am Anfang. Hinzukommen ggf. für die Junior-Gläubiger noch weitere erfolgsabhängige Komponenten, d. h. die Junior-Gläubiger partizipieren in einem gewissen Maße am Up-side. Ultimativ könnten die Junior-Gläubiger sogar das Recht haben, ihre Finanzierung (partiell) in Eigenkapital zu wandeln.
Strukturierte Finanzierungen und klassische Unternehmensfinanzierungen sind – wie gesagt – nicht wirklich klar und eindeutig voneinander abzugrenzen. Die einzelnen Merkmalsausprägungen finden sich auf einem Kontinuum zwischen Strukturierten Finanzierungen und Unternehmensfinanzierungen. Relevant sind dabei die nachfolgend aufgeführten Merkmale.
Außenfinanzierung ist ein Liquiditätszufluss für das jeweilige Unternehmen. Dies kann (a) eine Kreditfinanzierung durch Dritte sein (Fremdfinanzierung) und/ oder (b) die Einbringung von Mitteln zur Erhöhung des Eigenkapitals durch die Gesellschafter bzw. Aktionäre. Letzteres nennt man auch Eigenfinanzierung. Eine Strukturierte Finanzierung zeichnet sich dadurch aus, dass die Außenfinanzierung eine zentrale Rolle spielt. Die Innenfinanzierung über Gewinnthesaurierung sowie eine Finanzierung aus Rückstellungen und Abschreibungen ist durch deren (indirekte) Effekte auf den Cashflow von Relevanz. Innenfinanzierung wird vor allem dann bei einer Strukturierten Finanzierung gebraucht, wenn während der Kreditlaufzeit größere (Re-)Investitionen getätigt werden müssen.
Innerhalb des Lebenszyklus eines Unternehmens von der ersten Idee über die »Seed-/ Venture Capital«-Phase bis zu den reifen »Geschäftsmodellen« sind Strukturierte Finanzierungen auf letztere fokussiert. Strukturierte Finanzierungen basieren auf etablierten Produkten in reifen Märkten, d. h. der sog. Markttest ist ohne Zweifel positiv ausgegangen. Auf Grund der etablierten Produkte sind auch die für die Finanzierung bereitgestellten Sicherheiten werthaltig. Der für eine Finanzierung relativ sicher prognostizierbare Cashflow des Kreditnehmers korreliert mit der Werthaltigkeit der Sicherheiten. Ein gutes Beispiel sind Windenergie-Kraftwerke als Projektfinanzierung. Trotz aller Risiken, die bei einer Projektfinanzierung auftreten, ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass auch in 25 Jahren noch Strom gebraucht wird und die technische Lebensdauer der Kraftwerke entsprechend lang ist. Eine derartige Aussage selbst für alltägliche Dinge wie Smartphones wäre für einen Zeitraum von über 20 Jahren zumindest gewagt.
Strukturierte Finanzierungen sind Tag 1-Finanzierungen, d. h. die Institution, die das Eigen- und Fremdkapital erhält, ist regelmäßig neu gegründet und beginnt direkt mit der Umsetzung des definierten Geschäftszwecks. Damit geht einher, dass die neu gegründete Institution keine »Altlasten mitschleppt« und für die Zukunft nur in einem definierten Feld tätig werden kann (vgl. auch den folgenden Punkt). Die Voraussetzung, um direkt in der Umsetzungsphase zu beginnen, ist, dass es sich entweder um ein »etabliertes Produkt« (z. B. Strom aus Windkraftwerken) oder ein etabliertes Unternehmen handelt. Letzteres geschieht im Rahmen eines LBOs, bei dem das gekaufte Unternehmen durch den Käufer finanziell komplett neu aufgestellt wird.
Klassische Unternehmenskredite sind bei entsprechender Bonität oftmals nicht zweckgebunden, sondern dienen ganz allgemein der Unternehmensfinanzierung. Dies ist bei Strukturierten Finanzierungen diametral anders. Zentral ist hier eine klare Zweckbindung der Finanzierungsmittel. Die Bandbreite reicht von der Finanzierung einer Einzweckgesellschaft (Special Purpose Company oder Vehicle, SPC/ SPV) bis zur nicht operativen Holdinggesellschaft im Rahmen eines LBOs. Ein Beispiel für eine SPC in einer ABS-Transaktion ist eine Gesellschaft, die ein bestimmtes Portfolio an Kreditforderungen aufkauft, den entsprechenden Schuldendienst erhält und dann den vereinbarten Schuldendienst an die die SPC refinanzierenden Investoren leistet. Die Finanzierung der SPC ist dabei nur ein Zwischenschritt zur Finanzierung des eigentlichen, genau definierten Zweckes.
Diese Zweckbindung impliziert direkt eine korrespondierende Beschränkung des Managements des jeweiligen Kapitalnehmers. Im Extremfall der oben genannten ABS-Transaktion gibt es kein eigenes Management, sondern nur noch einen Treuhänder, der – rein verwaltend – die Interessen der Kapitalgeber im Rahmen exakt definierter Vorgaben vertritt. Die SPC funktioniert damit in einem »Autopilot-Modus«.
Mit der Zweckbindung geht eine begrenzte Laufzeit einher. Ist der Zweck beispielsweise der Bau und Betrieb eines Windparks, so ist die Laufzeit zunächst durch die technische Lebensdauer der Anlagen begrenzt. Entscheidend und in der Regel kürzer ist die wirtschaftliche Lebensdauer. Diese wird bei einem Windpark durch die zeitlich limitierte Förderung der Stromeinspeisung nach dem EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) determiniert. Der mögliche Ersatz des Windparks durch neue Anlagen nach Erreichen der maximalen Lebensdauer ist nicht mehr Teil der Betrachtung einer Projektfinanzierung. Handelt es sich um ein Infrastrukturprojekt, so basiert dieses häufig auf einer zeitlich begrenzten Konzession. Bei einem Bergbauprojekt ergibt sich dagegen die maximale Lebensdauer aus den Rohstoffreserven. Die Begrenzung eines Projektes trifft nicht nur auf die Fremdfinanzierung zu, sondern auch auf die Eigenkapitalfinanzierung. Der Wert des Eigenkapitals ist am Ende der Lebensdauer der Anlagen grundsätzlich null, d. h. bis zu diesem Zeitpunkt muss die Eigenkapitalverzinsung gesichert sein. Eigenkapital ist also nicht dauerhaft, sondern zeitlich nur länger als das Fremdkapital investiert. Dies gilt grundsätzlich auch für LBOs, bei denen der »Exit« aus der Transaktion am Anfang weder der Höhe (also der Summe der Rückflüsse) noch dem Zeitpunkt nach bekannt ist. Aber die Eigenkapitalgeber müssen auf absehbare Zeit (in der Regel keineswegs länger als zehn Jahre) das eingebrachte Eigenkapital wieder zurückgewinnen und dieses bedarf dann eines »Exits«.
Konstituierendes Merkmal einer Strukturierten Finanzierung ist das Non-Recourse-Prinzip. Die Fremdkapitalgeber haben grundsätzlich keinen Rückgriff (deshalb Non-Recourse) auf die Eigenkapitalgeber. Reicht der Cashflow aus dem Wasserfall nicht aus, um die vertraglichen Verpflichtungen auszugleichen, so besteht keine Einstandspflicht der Eigenkapitalgeber. Wichtiges Ziel der Eigenkapitalgeber ist es also, keine Garantien welcher Art auch immer für den Schuldendienst zu geben.
Das Non-Recourse-Prinzip impliziert direkt, dass nur die Vermögensgegenstände (Aktiva), die dem jeweiligen Kreditnehmer zuzuordnen sind, als Quelle der Rückzahlung dienen können. Wird beispielsweise ein Windpark mittels Projektfinanzierung erstellt, so erstrecken sich die Kreditsicherheiten auf alle Vermögensgegenstände der Windparkprojektgesellschaft, also im Wesentlichen die technischen Anlagen und die vertraglichen Rechte. Nur diese Aktiva können als Sicherheiten für eine etwaige Fremdfinanzierung dienen. In der operativen Phase wird genau mit diesen Aktiva der Cashflow generiert. Kommt es zu einer Liquidation – beispielsweise in einem Insolvenzszenario – werden die Liquidationserlöse dieser Aktiva über den Cashflow-Wasserfall verteilt. Da die Senior-Gläubiger ex definitione auch die Aktiva vorrangig als Sicherheiten haben, erhalten sie den zuerst eingehenden Cash (soweit dieser Verteilung keine gesetzliche Regelung entgegensteht).