Auszug aus Reliefkarte Straßen 1:1.000.000 geodata © swisstopo
„Ein Weg entsteht, wenn man ihn geht.“
Chinesische Weisheit
IMPRESSUM
Danke für Rat und Unterstützung an:
Albert Krementz, Bruno Raselli, Roberto Nella, Filippo Pighetti, Vincenzo Osmetti, Giuliano Bordoni, Tomasz Pawłusiewicz, Monica Ruffoni, Marzia Fioroni, Antje Leinhoß, Simone Philippeit, Tino Philippeit, Matthias Neumann, Nadine Kirchner, Rainer und Anette Kälberer, Marcella Pini, Fabio Pini, Gianni Pini, Fadri Cazin, Kerstin Lietzke, Gerold Forter, Dirk Kersken, Arne Seeber, Norberto und Elena Pedranzini, Fabio und Nicola Giacomelli, Alessandro Longa, Simone Cola, Matteo Sambrizzi, Manfred Thaler, Henni Wintterer
Bibliographische Informationen der Deutschen Bibliothek:
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliothek; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über „www.dnb.de“ abrufbar.
© 2014 Andreas Albrecht – 5. Auflage 2020 – Ringbuch
Konzept, Texte: Andreas Albrecht (www.gps-bikeguide.com, www.transalp.info)
Layoutentwurf: Franziska Hänel, Druckmedienzentrum Gotha GmbH
Coverentwurf: Franziska Hänel, Druckmedienzentrum Gotha GmbH
Endlayout: Andreas Albrecht (Danke für Designberatung an Tino und Simone Philippeit)
Kartographisches Material:
digitale Vektorkarte der Region Como-Garda-Grappa mit freundlicher Genehmigung von Albert Krementz – www.garda-gps.de
Gesamtübersicht auf Seite 2: Reliefkarte Straßen 1:1.000.000 – geodata © swisstopo
Höhenprofile:
erstellt aus GPS-Daten mit Hilfe des Programms HRMProfil von Ralph Welz – www.hrmprofil.de
Fotos:
Andreas Albrecht: Seiten → oben, →, →, →, → unten, →, →, →, →, →, → oben, → oben, → oben, →, →, → oben, → oben und unten rechts, →, →, →, → oben, →, → oben links, →, →, →, →, →, →, →, →, →, →, →, →, →, → oben, →, →, Front- und Backcover
Matthias Neumann: Seiten →, → oben
Tino Philippeit: Seiten → unten, →
Nicola Giacomelli: Seite →
Bruno Raselli: Seite →
Tomasz Pawłusiewicz: Back Cover, → unten, → unten, → unten, → unten links, → oben rechts und unten
Matteo Sambrizzi: Seite → unten
Giuliano Bordoni: Seite →
Dirk Kersken: Seite → unten
Alexander Krzepinski: Seite → unten
Front- und Back Cover: Corviglia Flowtrails (Biker – Andreas Albrecht)
Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt
Printed in Germany
ISBN: 978-3-7494-1212-9
Alta Rezia ist eine Region für Mountainbiker, die sich im Herzen der Alpen befindet. Sie umschließt das Valtellina, Engadin, Valposchiavo, das gesamte Gebiet rund um Livigno, Bormio und ist Grenzregion zwischen der Schweiz und Italien. Es ist kein festgefügter geografischer Begriff im eigentlichen Sinne. Der Name geht zurück auf die Bezeichnung der alten Römer für dieses Gebiet. Sie nannten es Raetia. Damals erstreckte sich die römische Provinz von Süddeutschland bis zum Comer See. Heute gruppiert sich das Gebiet um die Rhätischen Alpen herum, die im wesentlichen von der Bernina-Gruppe geprägt werden. Neu ins Leben gerufen wurde der Begriff Alta Rezia von touristischen Institutionen der Regionen und Hotels, die ein Stück vom Kuchen des Biketourismus abhaben wollten. Viele Transalprouten durchqueren das Gebiet und findige Hoteliers merkten bald, dass sich mit Mountainbikern eine interessante Zielgruppe entwickelt, die neuen touristischen Schwung in die Regionen bringen könnte. Bei einer Transalp übernachten die Gäste in der Regel nur ein Mal in jedem Ort. Was ist, wenn man diese Mountainbiker dafür interessieren kann, wiederzukommen und ein paar Tage länger zu bleiben? Bisher waren die klassischen Ziele für einen Bike-Urlaub eher der Gardasee oder Südtirol. Dort ist das fast ein Selbstläufer mit der Konsequenz, dass sich Mountainbiker manchmal recht stiefmütterlich behandelt fühlten. Da gibt es plötzlich Bikeverbote, Wege werden gesperrt, dann wieder mit Restriktionen aufgemacht. In den einschlägigen Internet-Foren erzeugt das immer gleich ein großes Getöse. Wobei die Situation auf den Trails selbst meist entspannt bleibt. Mit der notwendigen und selbstverständlichen Rücksichtnahme und vor allem gegenseitigem Respekt können Wanderer und Mountainbiker gut neben- und miteinander leben.
Ich habe die Region Alta Rezia bei meinen Transalps schon durchstreift, als von diesem Kunstnamen noch keine Rede war. Die Übernachtungszahlen im Biketourismus sind in den letzten Jahren stark angestiegen, nicht zuletzt durch meine Albrecht-Route. Das hat sicher dazu beigetragen, dass sich hier touristische Ideen und Strukturen entwickelt haben. Insofern ergaben sich gute, intensive Kontakte in dieser Gegend, die bei mir das Interesse an neuer Trailsuche weckten. Deshalb habe ich einfach angefangen. Rasch hat sich das Tourbuch gefüllt. In diesem Bikeguide stelle ich das Ergebnis vor:
Kaum notwendig zu sagen, dass die GPS-Tracks von meinen eigenen Aufzeichnungen stammen und ich die Touren alle selber gefahren bin. Viele davon mit Freunden aus dieser Region wie: Vincenzo Osmetti, Bruno Raselli oder Giuliano Bordoni.
Hinweis
Ursprünglich sollten weitere Touren in einem Band 2 erscheinen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass es sinnvoller ist, die Touren regional zusammenzufassen. So ist es zum Beispiel am Comer See und in der Region Bormio/Gaviapass mit Sonderausgaben für Bikehotels schon geschehen (siehe Infos zu meinen Veröffentlichungen im Anhang).
Ich teile das Bikegebiet Alta Rezia in vier Regionen auf, in denen man Biketouren von verschiedenen Standorten aus unternehmen kann. Die Vernetzung zwischen den einzelnen Gebieten ist schon aus rein geografischen Gründen gut ausgeprägt. Außerdem gibt es über die Vereinigung Alta Rezia Bikehotels gute Kontakte zwischen den Hotels und den verschiedenen Guides in den Regionen. Wenn man einen Shuttle nutzen kann (Seilbahn und/oder Auto), erweitert sich das Tourenspektrum gewaltig. Außerdem ergeben sich dadurch Möglichkeiten eines Transfers, wenn man zum Beispiel eine Rundtour machen will oder schlechten Wetterbedingungen in einem Teilbereich ausweichen will.
Der größte Teil des Bikegebietes Alta Rezia befindet sich im italienischen Valtellina (Veltlin). Das ist ein langgezogenes Tal im Norden Italiens, das sich entlang des Flusses Adda erstreckt. Geografisch betrachtet beginnt es im Norden bei Bormio und erstreckt sich über knapp 100 Kilometer bis zur Mündung der Adda in den Comer See.
Der obere Teil zwischen Tirano und Bormio verläuft als enges, steiles Tal etwa in nordöstlicher Richtung. Der Talgrund im unteren Teil zwischen Tirano und dem Comer See ist breit und flach und verläuft ziemlich exakt in westlicher Richtung. Radtechnisch wird das Tal erschlossen vom Sentiero Valtellina, einem Radweg, der von Bormio bis an den Comer See bei Colico verläuft. Dadurch sind problemlos Radtransfers möglich. Zwischen Tirano und dem Comer See gibt es eine durchgehende Zugverbindungen, die Fahrräder mitnehmen. Außerdem gibt es Möglichkeiten des Bustransfer von Tirano über Bromio bis zum Stilfser Joch.
Mit diesen Transfermöglichkeiten erweitert sich das Tourenspektrum in der Region gewaltig, ohne das Auto als Zubringer nutzen zu müssen. Politisch betrachtet liegt das Valtellina in der Provinz Sondrio. Dazu gehören noch Livigno, das Valchiavenna und Teile des Val Bregaglia. Aus geografischen und pragmatischen Gründen teile ich die Bikeregion Valtellina auf in:
Die vierte Region Oberengadin/Valposchiavo gehört politisch zur Schweiz und damit nicht zur EU, ist aber geografisch und sprachlich eng vernetzt mit dem Valtellina. Das hat auch historische Gründe. Als Mountainbiker kann man bei einigen Touren jeweils über die Grüne Grenze wechseln. Grenzkontrollen habe ich zwar noch nie erlebt, seinen Ausweis sollte man aber immer dabei haben. In allen Regionen kann man jeweils von verschiedenen Standorten aus Touren unternehmen. Einige der Touren führen auch von einem Gebiet in das andere.
Die Region Unteres Valtellina/Comer See war bei den ersten Planungen des Alta Rezia Projektes noch nicht explizit vorgesehen. Bei verschiedenen Promotiontouren wurden diese Gebiete dann einbezogen, alleine schon deshalb, um den berühmten Tracciolino (siehe Tour 300) präsentieren zu können. Auch aus klimatischen und wettertechnischen Gründen ist es sinnvoll, wenn es zu den hochalpinen Touren Alternativen in niederen Lagen gibt. Schnee im Hochsommer ist durchaus nichts Ungewöhnliches im Hochgebirge, wie ich selbst schon oft leidvoll erfahren musste.
Region | Standorte | |
Oberes Valtellina | • Bormio • S. Caterina |
Touren 100 ff. |
• Livigno | Touren 150 ff. | |
Mittleres Valtellina | • Grosio • Tirano |
Touren 200 ff. |
• Sondrio • Aprica |
Touren 250 ff. | |
Unteres Valtellina | • Morbegno • Comer See Nord • Valchiavenna • Val Bregaglia |
Touren 300 ff. |
Oberengadin/Valposchiavo | • St. Moritz • Pontresina |
Touren 400 ff. |
• Bernina Express | Touren BX1 - 4 | |
• Poschiavo • Le Prese |
Touren 450 ff. |
Innerhalb der Regionen erhalten die Touren jeweils laufende Nummern von *00 bis *99. Natürlich sind nicht in jeder Region hundert Touren vorhanden, es ermöglicht aber die Erweiterung der Tourenvorschläge, ohne die grundsätzliche Systematik ändern zu müssen.
Die Bikeregion befindet sich im hochalpinen Bereich zwischen Stilfser Joch und Gaviapass und ist eingerahmt von Gipfeln, die weit als höher 3000 Meter sind. Bei einigen der Touren lassen sich mit dem Mountainbike Höhen von über 3000 Meter erreichen. Das ist meist nur zwischen Juli und September möglich. Bei schlechten Wetterbedingungen kann man ins mittlere und untere Valtellina ausweichen, um dort Touren zu unternehmen. Die Möglichkeiten zum Shutteln sind hervorragend. So befördern in Bormio die Seilbahnen „Bormio 2000“ und „Bormio 3000“ die Bikes ganz hinauf, wenn sie in Betrieb sind. In Santa Caterina ist in der Sommersaison die Seilbahn in Richtung Monte Sobretta, Sunny Valley in Betrieb. In Santa Caterina gibt es mit Jeeps einen Shuttle zum Beispiel bis zum Rifugio Pizzini, das immerhin auf einer Höhe von 2700 Metern liegt. Beste Bedingungen also für Freeride-Touren, aber auch der Tourenbiker kommt nicht zu kurz.
Empfehlenswerte Bikehotels
Hotel Funivia
I-23032 BORMIO (SO), Via Funivia, 34
Tel.: 0039-0342-903242
www.hotelfunivia.it
Hotel Sport
23030 S. Caterina Valfurva (SO), Via Magliaga, 2
Tel.: 0039-0342-925100
www.hotelsport.info
Bikereparatur und Shuttle-Service
Santa Caterina Valfurva (SO)
Tel.: 0039-333-4706865
per Jeep bis in hochalpine Regionen (z.B. Rifugio Pizzini auf 2700m)
23032 Bormio (SO), via Stelvio, 19 und via Funivie, 27
Tel.: 0039-0342-911142
www.bormioskibike.it
Weitere Infos
Militärtrail am Monte Scurlozzo
Kurzcharakteristik » Hochalpines Abenteuer mit Kletterpartie
Nein, am Stilfser Joch fällt der Monte Scorluzzo überhaupt nicht auf, auch wenn er mehr als 3.000 Meter hoch ist. Zu sehr dominieren Ortler, Drei-Sprachen-Spitze und die Gletscher des Sommerskigebietes die Landschaft. Welch interessante Mountainbiketour dort verborgen liegt, erschließt sich wirklich nicht auf den ersten Blick. Den entscheidenden Tipp erhielt ich bei einer Rast am Rifugio Berni, das an der Straße von Bormio zum Gavia-Pass liegt. Hier geht es gemütlich zu. Eine Landkarte hängt an der Wand. Wie üblich bleibt mein Blick daran kleben. Mario gesellt sich zu mir. Er ist der Juniorwirt in dieser Hütte des italienischen Alpenvereins. Mein Italienisch ist zwar nicht druckreif, für eine Verständigung reicht es hin. Er benennt die Berge gegenüber Monte Zebru, Ortler, Corno dei Tre Signori und Pizzo Tresero. Über die Jahre konnte ich beobachten, wie sich dessen Gletscher eklatant zurückgezogen hat. Auch alte Bilder im Gastraum belegen das. Dann bleibt mein Finger auf der Karte am Stilfser Joch hängen und bohrt sich in den Monte Scorluzzo, als ich Mario etwas von „itinerario per mountainbike“ sagen höre. „Was? Eine Mountainbikestrecke dort oben, der Monte Scorluzzo ist knapp 3.100 Meter hoch!“ Ungläubig schüttle ich den Kopf und schaue mir dann den eingezeichneten Pfad an. Er verläuft parallel zu den Höhenlinien. Tatsächlich könnte das so etwas wie ein Kammweg sein, der auf einer langgezogenen breiten Bergrippe verläuft. Auch ein altes Forte ist eingezeichnet. Als ich dann noch lese „Sentiero della Pace“ weicht meine Skepsis endgültig. Klar, da oben verlief im Ersten Weltkrieg die Frontlinie. Italien und Österreich/Ungarn standen sich in dieser Region gegenüber. Die Schweiz riegelte am Pass Umbrail ihre Grenze ab.
Mein Interesse war geweckt. Wo früher ein Militärweg war, könnte heute ein fahrbarer Trail übrig geblieben sein. Mir war klar, dass die Erkundung nur im Hochsommer stattfinden konnte, wenn kein Schnee mehr lag, und das Wetter muss mitspielen. Regen oder gar ein Gewitter darf nicht drohen, da oben wäre man sonst schutzlos den Witterungsunbilden ausgeliefert. Dann brauche ich auch noch einen Begleiter. Allein unternehme ich äußerst ungern solche Erkundungstouren. Schließlich kann ich Tino breitschlagen. Er studiert Sport und macht in der Semesterpause ein Praktikum bei mir. Nach der Vorlesungszeit lechzt er nach Bewegung. Zwei Bikes haben wir dabei. Dass es eine Bergwanderung werden könnte, verstecke ich hinter Floskeln wie „atemberaubende Berglandschaft, grandiose Ausblicke und prickelnder Abenteuercharakter“. Tino kennt mich und ist erst einmal skeptisch. Schließlich offenbare ich, dass ich wirklich nicht hundertprozentig weiß, was uns dort erwarten wird, ich aber kein Risiko eingehen und im Zweifel umdrehen werde. Außerdem ist die Runde mit Start und Ziel am Stilfser Joch laut Karte nur ca. 10 Kilometer lang. Dort parken wir das Auto und steigen auf die Mountainbikes. Ohne großes Einrollen geht es gleich auf dem Versorgungsweg zur Mittelstation der Seilbahn sehr steil bergauf. Am Passo delle Partigliole zweigt dann der Pfad zum Gipfel des Monte Scorluzzo ab. Es ist eine Mondlandschaft. Keine Vegetation, nur ein paar Flechten verstecken sich zwischen den Steinbrocken. Der Trail geht zunächst in der Direttissima zum Gipfelkreuz. Da hilft nur Schieben. Ich bin das gewohnt und eine Weile vor Tino oben, der zwar sehr sportlich ist, aber andere Dinge trainiert.