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© 2020 RvS Stiftung
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt.
ISBN 9 783750 479197
Die Publikation erfolgt im Rahmen des Forschungsprojektes
“Eliten der Serenissima Res Publica Coronae Regni Poloniae
Magnique Ducatus Lithuaniae 1385 - 1569 - 1795 und in deren
Gebieten bis 1918”
Schriftenreihe für angewandte Sozialgeschichte StudIaS
Allgemeine Serie mit deutsch- und fremdsprachigen Titeln
# 11
Die StudIaS Reihen richten sich an eine breit gefächerte Gruppe von Lesern. Angefangen bei Personen, die mehr über einen entsprechenden Namen der Szlachta erfahren möchten, über versierte Genealogen und Heraldiker, welche forschungsbedingt in Gebiete vorstoßen, in denen sie nicht bewandert sind bis zu Fachleuten wie Politologen spezialisiert auf Demokratie- und Migrationsforschung, Akkulturations-, Inkulturations- und Assimilierungsprozesse, Historiker, die sich mit Umformungen im östlichen Europa beschäftigen, bis zu langfristigen gesellschaftlichen Wandel analysierenden Soziologen. Dementsprechend beinhaltet es neben hoch spezialisierten Elementen auch Bereiche allgemeiner Einführung in die Thematik der Adelsrepublik, Genealogie und Heraldik.
Ausdehnung des Stammgebietes der Szlachta der Res Publica:
Für die Zeiten vor der Einführung der kirchlichen Register über Taufen, Heiraten und Todesfälle, die durch eine, fast lückenlose, Erfassung der biologischen Entwicklung eine genealogische Nachverfolgung ermöglichen, ist eine ganzheitliche Generationserfassung kaum möglich.
Die zögerlich eintretende Namensfestigung im östlichen Europa und die freie Namenswahl der Szlachta – des Souverän der Adelsrepublik – wie auch die folgenden Verdrehungen und Namensänderungen aus nationalistischer Motivation oder mangelnder Kompetenz der Amtsträger vertiefen diese Problematik.
So sind vor der Einführung der Matrikeln weibliche Nachkommen überwiegend nur durch Erwähnung als Ehefrauen sowie durch Einträge bezüglich einer erbrechtlichen Regelung oder Besicherung der Mitgift bekannt.
Sogar bei reichlich begüterten Familien sind nachrangige männliche Nachkommen kaum zu erfassen und deren Linien werden somit zum verdunkelten Adel, so dass vielfach nur die Hauptlinien der Adelsgeschlechter bekannt sind. Dies gilt auch für die über ein Halbes Jahrtausend währende Geschichte des Geschlechtes Wyhowski. Über das Ausmaß solcher Verdunkelung wurde eine Beispieluntersuchung als Referat auf dem 25. Jubiläumskongress Historischer Grundwissenschaften der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau im Jahre 2013 vorgestellt. 1
Gerade die nachgeborenen Linien waren es, die besonders von einer Pauperisierung im ausgehenden XVI. und im XVII-XVIII. Jhdt. betroffen waren. Hierdurch erfolgte ein nicht unerheblicher Bestandsschwund der bekannten adligen Geschlechter. Kam es in den betroffenen Linien ebenfalls zu einem Bewußtseinsverlust, so trat eine Verwischung der eigenen Herkunft ein. Diese Entwicklung wurde durch machtpolitische Faktoren beim Verfall der Strukturen der litauisch-polnischen Adelsrepublik, gezielte ständefeindliche Politik der Teilungsmächte nach 1772 wie auch der Umwandlung des regionalen Patriotismus in aggressiven Nationalismus als negative Auswirkung der Französischen Revolution beschleunigt und durch die wirtschaftlichen Umwälzungen forciert.
Durch den Umstand, dass der historische Adel (und nicht nur die dynastischen Häuser mit eigenen, staatlich sanktionierten Hausgesetzen) eigene Regeln und Rituale aufweist, die außerhalb der positiven2 Rechtsetzung des Staates liegen – allein z. B. aus der heute überwiegenden Sicht das Salische Prinzip3 - ist es gerechtfertig, den Adelstand als eine Parallelgesellschaft zu bezeichnen.
Eine Parallelgesellschaft4 bedeutet eben, dass es eine in der Regel in sich abgeschlossene Personengruppe gibt, die eigene Regeln befolgt, welche sich entweder in einer Übereinstimmung mit dem jeweils aktuellen positiven stattlichen Regelwerk befinden oder auch nicht. Diese kann entweder deutschsprachig sein wie beim Adel oder den jüdischen Gemeinden5 in Deutschland sein oder auch fremdsprachig sein wie bei den in Deutschland lebenden Türken6, Russen7, Jesiden8 oder Japanern9 (in Düsseldorf).
1 Schlesinger, Edward von: Auswertung der Adelsproben der Kanoniker der Kathedrale von Plock unter dem Gesichtspunkt der Ermittlung des Anteils verdunkelten Adels innerhalb der Szlachta der Adelsrepublik, Referat 25. Jubiläumskongress Historischer Hilfswissenschaften der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau, Januar/Februar 2013, erstellt auf der Grundlage der von Adam Pszczółkowski aus den Akten des Kathedralkapitels von Plock angefertigten Abschriften (Wywody kanoników katedralnych płockich sygn. 8-25). Siehe: http://de.szlachta.wikia.com/wiki/ Verdunkelt-Adelsrepublik, Zugang 10. 11. 2016.
2 D. h. gesetztem Recht als Unterschied zum Überpositiven/Naturrecht. Positives Recht ist vom Menschen gemachtes und damit veränderliches Recht. Das überpositive Recht, je nach Ausgangspunkt – ist „naturgege-ben“, „im Wesen des Menschen liegend“ oder „von Gott vorgegeben“. Positives Recht gilt (im Gegensatz zum überpositiven bzw. Naturrecht) zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten. Es gilt, selbst wenn es nach dem „Gefühl“ eines Einzelnen - oder im besonderen Fall sogar nach Meinung der Mehrheit der Menschen - als „ungerecht“ und damit als Unrecht empfunden wird. Per Definitionem ist das positive Recht unvollkommen und jederzeit veränderbar, beansprucht jedoch als jeweils gegenwärtige Gestalt der Rechtsordnung zunächst einmal Befolgung. Das positive Recht kann durch Einwirkung auf den Gesetzgeber neu gefasst werden.
3 Bei Lex Salica (Pactus Legis Salicae, D - Salisches Recht) wurden 507–511 alte mündlich überlieferte Rechtsgepflogenheiten erstmals schriftlich niedergelegt. Benannt ist sie nach dem fränkischen Stamm der Salfranken. Der Text ist auf Latein verfasst, enthält jedoch germanische Fragmente. „Des Weiteren enthielt die Lex Salica … Bestimmungen über das Erbrecht und die Gerichtsordnung. In Anlehnung an diese Erbrechtsbe-stimmungen wurde später in vielen europäischen Herrscherhäusern die Thronfolge so festgelegt, dass Frauen nicht die Krone erben konnten, selbst dann nicht, wenn keine männlichen Erben existierten: In terram salicam mulieres ne succedant. … Diese besondere Bestimmung der Lex Salica wird heute oft als das Salische Recht schlechthin verstanden. In dieser Form wurde sie jedoch erstmals in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts verwendet – um zu legitimieren, dass 1317 Philipp V. unter Umgehung der weiblichen Erbfolge auf den französischen Thron gelangt war, es wurden also nicht nur Töchter des Königs von der Erbfolge ausgeschlos-sen, sondern auch deren Nachkommen. Dieser Erbfolgestreit wurde eine der Ursachen für den Ausbruch des Hundertjährigen Krieges. Diese Bestimmung gilt noch heute in einigen Monarchien und als Hausrecht in den meisten deutschen Adelshäusern.“
Irrtümlicher Weise führt Wikipedia an, dass der Zerfall bereits zu Beginn des XVIII. Jhdt. begann, als es „1713 mit der Pragmatischen Sanktion für die Habsburgermonarchie außer Kraft gesetzt“ wurde. Wohl aus Unkennt-nis der Geschichte Europas wurde die Pragmatische Sanktion auf das Geburtsjahr 1713 und nicht den Herr-schaftsantritt Maria Theresias von 1740 datiert. Daneben wurde die erste dynastische Verletzung des Salischen Prinzips im Königreich Polen ausgeklammert. Allerdings wurde Jogailo im Unterschied zu Franz I. Stefan, der bis zur Wahl zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches 1745 nur Consorte blieb, tatsächlich König von Polen. Ähnlich der Situation 350 Jahren später bei Habsburg wurde aus Mangel an männlichen piastischen Nachkommen in direkter Linie im I. Königreich Polen Hedwig von Anjou, polnischsprachig Jadwiga, am 16. Oktober 1384 gekrönter „König“ von Polen [also nicht zur Königin], um dann die Krone an ihren Gemahl, den gedimischen Großfürsten von Litauen Jogailo, weiterzugeben, womit in der Krone Polens und im Groß-fürstentum Litauen die Dynastie der Jagiellonen begründet wurde. Die Trauung erfolgte nach der Taufe Jogailos am 18. Februar 1386 und er wurde am 4. März 1386 als Władysław II. Jagiełło zum König von Polen gekrönt. Er regierte gemeinsam mit seiner Gemahlin bis zu deren Ableben am 17. Juli 1399 und nachher bis zum 1. Juni 1434 alleine.
„Viele Monarchien, die das Salische Erbrecht über Jahrhunderte anwandten, haben sich noch in jüngerer Zeit einer weiblichen Thronfolge geöffnet (beispielsweise Schweden 1980; Belgien und Norwegen 1991). Im Jahr 1837 führte die Tatsache, dass das salische Recht im Königreich Hannover galt, zum Ende der über ein Jahr-hundert lang geltenden Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover, da Victoria nur die britische, nicht aber auch die hannoveranische Krone erben konnte. Aus dem gleichen Grunde endete 1890 die Personal-union zwischen dem Königreich der Niederlande und dem Großherzogtum Luxemburg.“ Nach: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Lex_Salica, Zugang 10. VII. 2017.
4 Die umstrittene Definition vom Historiker Klaus J. Bade lautet: „Parallelgesellschaften im klassischen Sinne gibt es in Deutschland gar nicht. Dafür müssten mehrere Punkte zusammenkommen: eine monokulturelle Identität, ein freiwilliger und bewusster sozialer Rückzug auch in Siedlung und Lebensalltag, eine weitgehende wirtschaftliche Abgrenzung, eine Doppelung der Institutionen des Staates“. Nach: Interview vom November 2004 mit der Redaktion von Spiegel Online. Zugang: 10. VII. 2017. Auch wenn diese Definition auf die fremdsprachigen Parallelgesellschaften z. T. zutreffen kann, unterscheidet sich dies bei den deutschsprachigen Parallelgesellschaften. Sowohl beim Adel als auch bei der jüdischen Gemeinschaft findet kein freiwilliger und bewusster sozialer Rückzug, sondern freiwilliger und bewusste Einflußnahme auf die Mehrheitsgesellschaft, jedoch aus einer besonderen Situation heraus, statt. Insofern kann auch nicht von einer weitgehenden wirt-schaftlichen Abgrenzung sprechen, sondern vielmehr von einer privilegierten Position in den Wirtschafts-prozessen.
5 Nach Editorial, Bundeszentrale für politische Bildung, http://www.bpb.de/izpb/7644/editorial, und der Deutschen Wikipedia betrug zum 1. Januar 2016 die Zahl der mosaischen Glaubensgemeinschaften 200.000 Personen, nach anderen Daten 117.000 Personen, Zugang 10. VII. 2017.
6 In dem Migrationsbericht des BAMF 2013 wurde für das Jahr 2013 die Zahl von 2.998.000 Personen türki-scher Abstammng angegeben.
7 Nach Aleksandr Arefjew, dem stellvertretenden Direktor des soziologischen Forschungszentrums des russischen Volksbildungsministeriums, zufolge lebten in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2007 etwa sechs Millionen Russischsprecher, die aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion zugewandert sind. Im Jahr 2012 waren von den drei Millionen aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland Zugewanderten 500.000 russische Staatsbürger. Die meisten reisten als Russlanddeutsche oder als russischsprachige Juden bzw. als deren Familienangehörige ein (darunter viele Russen, Ukrainer, Weißrussen und Menschen aus anderen Völkern der ehemaligen UdSSR). Nach: Deutscher Wikipedia, Zugang 10. VII. 2017.
8 Allein die Minderheit der Religionsgruppe der Jesiden in der Bundesrepublik Deutschland wird auf 35.000 – 45.000 (nach Angaben des Religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienstes REMID) bis über 100.000 (anch Angabe der Jesiden) Personen geschätzt. Nach: Deutscher Wikipedia, Zugang 10. VII. 2017.
9 Im Jahr 2008 lebten laut Japanischem Generalkonsulat in Düsseldorf und den angrenzenden Gemeinden 8187 Japaner, davon 6548 innerhalb der städtischen Grenzen. Nach: Deutscher Wikipedia, Zugang 10. VII. 2017.
Schema der Entwicklungen der rechtlich gleichberechtigten Szlachta in der
“Serenissima Res Publica Coronae Regni Poloniae Magnique Ducatus Lithuaniae”
bis zum deren Untergang 1795 und dann bis 1918
Als Familien des historischen Adelstandes in den Grenzen der heutigen Nachfolgestaaten der Res Publica sind anzusehen:
Es kommt vielfach vor, dass identische Familien unter anderer Schreibweise mehrfach aufgeführt werden. Als unmittelbare Folge erfolgt eine rechnerische Aufblähung der Gesamtzahl des Adelstandes der Res Publica, deren Ausmaß nur schwerlich einzuschätzen ist.
Diese Problematik wird verschärft durch die Folge der vorherrschenden Realteilung. Bedingt durch Erbschaften und Aussteuerregelungen fand ein fortlaufender Eigentumswechsel und dadurch eine weitere Eigentumsaufsplitterung der Güter und Ortschaften statt. Bei der Annahme eines neuen Namens nach dem neuen Besitzstand erfolgte eine weitere Namensaufsplitterung der so entstandenen Linien. Dies ist die Ursache des häufigen Vorfindens einer Vielzahl von namensidentischen Familien in einem Dorf vor, die genetisch unterschiedlichen Geschlechtern angehören und sich nur durch deren Wappenzugehörigkeit unterscheiden lassen.
Diese Aufblähung des numerischen Bestandes der Szlachtafamilien beträgt sicherlich zumindest 10 % der ermittelten Namen, es ist jedoch nicht auszuschließen, dass es in einigen Gebieten des Adelsrepublik bis zu 1/3 des Bestandes in neuen Wappenbüchern Gelisteten beträgt.
Dennoch gilt auch für die aller Publikation der Ausspruch des Autors des Adelsregister des Heiligen Römischen Reiches und des Kaiserreiches Österreich, von Frank zu Döfering, dass ein Fehlen eines Adelsgeschlechtes in einer solchen Zusammenstellung nicht gleichbedeutend ist mit dessen fehlenden Adelstand.
Die Serenissima Res Publica Coronae Regni Poloniae Magnique Ducatus Lithuaniae war eine demokratische, föderal verfasste Republik mit einer einzigen Einschränkung – zu den Staatsbürgern und damit dem Personenkreis mit aktivem und passivem Wahlrecht gehörte nur der Adelstand an. Allerdings war damit der Bevölkerungsanteil erheblich höher als bei der Partizipation der späteren Demokratie in Großbritannien und den Staaten Europas bis in das ausgehende XIX. Jhdt. In diesem ersten Anlauf der Schaffung eines übernationalen Reiches in Europa lassen sich viele negative Erscheinungen der heutigen Europäischen Union erkennen.
Es drängen sich vielfältige parallelen zu heutigen demokratischen Staaten auf. Als bezeichnendes Beispiel kann die Übermacht der staatlichen Verwaltung der Adelsrepublik bei der Behandlung des verdunkelten Adels angeführt werden. So führen Volumina Legum, das Gesetzeswerk des Res Publica Serenissima bis zur dessen Untergang 1795 im Band VIII auf der Seite 296 aus: Für das Jahr 1775 wird in Volumina Legum ein Rechtstreit notiert, in dem der Starost von Owrucz (an der Grenze der heutigen Ukraine zu Weißrussland, beide Teile des altlitauischen Großfürstentum im Rahmen der Res Publica gelegen) die nachfolgenden Familien als Bauern klassifizierte und sie mit entsprechenden Steuerabgaben belegen wollte, bis diese gerichtlich ihren Adelstand nachweisen:
Bezeichnend ist, dass heute vielfach erst ein äußerer Anlass erforderlich ist, um sich des eigenen Adelstandes bewusst und aktiv zu werden. So entsprang der Familie Kościuszko, vorstehend unter # 9, ein Anführer der letzten bewaffneten Konföderation zur Verteidigung der Demokratie der Adelsrepublik und berühmter General des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges. Alle nachfolgenden Aufstände im westlichen, polnischen Teil der ehemaligen Adelsrepublik sind nicht als Konföderationen zum Zweck des Erhaltes oder Wiederherstellung der Res Publica, sondern als Aufstände anzusehen.
In der Zeit seit der Entstehung der Szlachta nach 1385 wandelte sich vielfach die Schreibweise sowohl der Familiennamen als auch der Bezeichnungen der Wappengenossenschaften und der Wappenrufe. Hierdurch wird eine und die gleiche Familie unerkannt unter abweichenden Namen geführt. Die Feststellung, ob es sich hierbei um unterschiedliche oder identische Familien handelt, kann nur durch intensive historische Forschung vermittelt werden.
Durch Quellenverluste oder einfach durch geringe Quellendichte kann trotz eingehender Forschungen nicht selten keine Aussage über die Identität abweichender Schreibweisen herbeigeführt werden. Beispiel: Dabrowski [latinisierte Version] und Dąbrowski [polonisierte Version], Dambrowski und Dombrowski [mögliche phonetische Schreibweise], Dobrowski [vereifachte phonetische Version], und hierzu kommen noch die Schreibweisen in kyrillischen Alphabet.
Wie dramatisch Verwaltungsbeamten Namen und damit Genealogien verfälschen können, sei es bewusst, durch Nachlässigkeit, fehlende Kompetenz oder auf Weisung, sieht man an einem Beispiel aus dem ehemaligen Ostpreußen:
Heiraths-Haupt-Register des Königlich Preußischen Standesamtes Marwalde, Kreis Osterode, Ostpreußen für das Jahr 1893, Eintrag Nr. 1 [Marwalde, Księga małżeństw 1893] 10:
“Marwalde am siebenzehnten Januar tausendachthundertneunzig drei. Vor dem unterzeichneten Standesbeamten erschienen heute zum Zwecke der Eheschließung:
Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben: Johann Zacharowski, [unleserlich] Zacharowski, geb. Koschmieder, Friedrich Koschmieder, Gottlieb Sterna. Der Standesbeamte: Borowski”
Obwohl sowohl der Ehemann als auch die neu Angetraute mit “Zacharowski” unterschrieben, werden sie in der Urkunde durch den Beamten als “Zuchowski” aufgeführt. Von Verunstaltungen durch Aufschreiben nach Gehör oder Verschreiben, so dass in einem Dokument zwei, ja sogar drei unterschiedliche Namensversionen erscheinen, oder der Transliterierung aus dem oder in das Kyrillische ganz zu schweigen.
10 Standesamt zu Marwalde, Ostpreußen, Heiraths-Haupt-Register Nr. 1, 1893 http://www.olsztyn.ap.gov.pl/baza/skany.php?z=892&s=6, Zugang 5. II. 2016
Weiterhin verschärft wird die Lage durch die Tatsache der Namensverfälschung durch alle bestehenden Transliterierungsysteme in das lateinische Alphabet wie z. B. die Lautverschiebung v > f oder o > a wie auch die bekannte ch – g – h Problematik. Aus diesem Grund gibt es bisher noch keine verbindliche Konvertierungstabelle für Namen aus dem Lateinischen / Polnischen in das kyrillische Alphabet (der russischen, ukrainischen und weißrussischen Ausprägung) und eben aus diesen wieder in das Lateinische und Polnische.
Wohl wurden bisher auf Regionen beschränkte Konvertierungstabellen veröffentlicht. Wegen der immensen Datenmenge ist es bisher jedoch nicht gelungen, eine Konvertierungstabelle für das gesamte Gebiet der ehemaligen Res Publica Serenissima zu erstellen. Es bleibt abzuwarten, ob es dem laufenden Forschungsprojekt “Eliten der Res Publica Serenissima 1385 – 1569 – 1795 und in deren Gebieten bis 1918” gelingt, als Nebenprodukt zumindest für die Familien der historischen Szlachta im östlichen Europa eine beiderseitige Konvertierungstabelle zu erstellen, die für eine Umsetzung von Familiennamen obligatorisch sein könnte.
Somit bleibt der alltägliche Kampf der von dieser Problematik Betroffenen nicht nur bei westlichen Standesämtern Personen (z. B. bei nationalen Mischehen) sondern auch im Fall von Registrierungen bei den Amtsgerichten weiter bestehen. Betroffen sein kann jeder, der in einem Land in welchem sich die Amtssprache des kyrillischen Alphabets bedient, einen Reisepass oder internationalen Führerschein beantragt. Hierbei ist es nach geltendem Recht üblich, den kyrillisch geschriebenen Namen auch in lateinischen Buchstaben anzugeben. In Ermangelung einer Konvertierungstabelle erfolgt dies durch die Transskribierung. Die üblicher Weise verwendeten Transskribierungsnormen generieren manchmal sogar kaum lesbare und aussprechbare Namen und man ist auf einen Kampf mit Fachgutachten über die korrekte Konvertierung des historischen Familiennamens angewiesen.
Das dies keine rein theoretische Überlegungen sind, wird an einem unlängst bekannten Fall eines über 2 Jahre dauernden Rechtsstreites über die korrekte Namenskonvertierung vor dem Amtsgericht Posen-Mitte (Republik Polen) deutlich. Der neue Geschäftsführer wurde erst nach wiederholten Gutachten in das Handelsregister eingetragen und das Unternehmen wurde damit soweit geschädigt, dass nachdem die neue Organbesetzung im Handelsregister eingetragen wurde, es wegen zwischenzeitlich eingetretenen Zahlungsunfähigkeit Konkurs anmelden musste.
Auch im Bereich der Standesämter gilt die korrekte Namenskonvertierung nicht selten als ein kaum zu überwindendes Hindernis – soweit die Eheleute sich nicht damit abfinden, dass jeder von ihnen eine abweichende Schreibweise des gleichen Ehenamens führt. Oder dass der Name eines der Ehepartners nach sachlich fehlerhaften jedoch nach geltenden Transskribierungsnormen korrekten Transliterierung fast unaussprechlich wird. Dies gilt nicht nur für Familiennamen sondern auch für Vornamen. Wer würde bei “Katsiaryna” in der amtlichen Transkribierung aus dem Russischen an eine weißrussische “Katrin/Katharina” denken?
Das in diesem Bereich dem Autor bekannte bisher am längsten andauernde Verfahren (bis geheiratet wurde) wurde mit 3 ½ Jahren im Rheinland notiert und verursachte eine Schadensersatzforderung von knapp 100.000 €. Zu diesem unhaltbaren Zustand bleibt noch anzumerken, dass es sich um Eheleute aus europäischen Ländern handelte und nicht etwa aus dem russischen, chinesischen, japanischen oder thailändischen Sprachraum und dass es nur deshalb bei 3 ½ Jahren verblieb, da sie es dann doch vorzogen nicht in Deutschland, sondern im Königreich Dänemark zu heiraten.
Beispiel für die Umschrift von Namen:
Der Familienname Лисенко wird heraldisch im lateinischen Alphabet korrekt klassifiziert als Name der Familie Łysienko [h. Łysienko = Przestrzał Abwandlung oder h. Przestrzał] (polnische Schreibweise) / Lysienko (lateinische Schreibweise unter Weglassung der polnischen Sonderbuchstaben). Bei Transkribierungen erhält man mindestens 3 mögliche transskribierungskorrekter - jedoch nicht die sachgerechter - Namensversionen: als Lissenko oder Lysenko (DE), Lisenko (EN), Lissenko (FR) und Łysenko (bei Weglassung der Sonderzeichen wird es zu Lysenko) (PL).
In Klammern stehen Wikipedia-Beispiele ggf. unter Transliteration die strengere ISO 9 von 1995 und unter deutsch die DDR-Transkription.
Kyrillische Schreibweise |
Transliteration | Transskription | ||
Deutsch | Englisch | französisch | ||
Александр Солженицын (russisch) |
Aleksandr Solženicyn |
Alexander Solschenizyn (Solshenizyn) |
Aleksandr Solzhenitsyn |
Alexandre Soljenitsyne |
Михаил Зощенко (russisch) |
Michail (Mihail) Zoščenko |
Michail Soschtschenko (Sostschenko) |
Mikhail Zoshchenko |
Mikhaïl Zochtchenko |
(Zoŝenko) | ||||
Михаил Горбачёв (russisch) |
Michail (Mihail) Gorbačëv |
Michail Gorbatschow |
Mikhail Gorbachev |
Mikhaïl Gorbatchev |
Борис Николаевич Ельцин (russisch) |
Boris Nikolaevič El’cin |
Boris Nikolajewitsch Jelzin |
Boris Nikolayevich Yeltsin |
Boris Nikolaïevitch Eltsine (Ieltsine) |
Владимир Владимирович Путин (russisch) |
Vladimir Vladimirovič Putin |
Wladimir Wladimirowitsch Putin |
Vladimir Vladimirovich Putin |
Vladimir Vladimirovitch Poutine |
Руслана Лижичко (ukrainisch) / Лыжичко (russisch) |
Ruslana Lyžyčko / Lyžičko |
Ruslana Lyschytschko (Lyshytschko) / Lyschitschko (Lyshitschko) |
Ruslana Lyzhychko / Lyzhichko |
Rouslana Lyjytchko / Lyjitchko |
Зоран Ђинђић (serbisch) |
Zoran Đinđić | nur Transliteration: Zoran Đinđić (Djindjić) |
nur Transliteration: Zoran Đinđić (Djindjić) |
nur Transliteration: Zoran Đinđić (Djindjić) |
Die alten polnischen Stammwappen bildeten in ihrer unverändert gebliebenen Form ein Kennzeichen der Zusammengehörigkeit der oft über das ganze Reich zerstreut lebenden Zweige eines Geschlechts und ein Unterscheidungszeichen von anderen, ein anderes Wappen führenden gleichnamigen Geschlechtern. Beim alten polnischen Adel (bis zur Entstehung der Res Publica) und dadurch auch der Szlachta der Adelsrepublik liegt die Entstehung der Wappen meist im tiefen Dunkel. Der Stifter wählte das Motiv des Wappens, sei es aus dem religiösen oder ritterlichen Leben, aus dem ritterlichen Frauendienst, oder er wählte sonst ein Zeichen, das ihm die Erinnerung an ein ihn betreffendes, öffentliches oder in seinem privaten Leben bedeutungsvolles Ereignis bewahren sollte. Eine Deutung hat sich durch kein Schriftstück, meist nur durch eine oft sagenhafte Deutung in der Familie erhalten.
Im alten Polen bildeten sich keine Heroldsfiguren in den Wappen aus; diese haben sich also in ihrer ursprünglichen Gestalt erhalten und waren auch keinen heraldischen Regeln unterworfen. Das Wappenbild im farbig ungeteilten Schildfeld und der Helm-schmuck bildete das Wappenbild. Helmdecken und Schildhalter gehörten nicht zu diesem und waren nur eine vom Ausland angenommene, zuerst ganz bedeutungslose Nebensache und entwickelten sich erst langsam gegen Ende der Adelsrepublik.
Die Kenntnisse über die ursprünglichen polnischen Ritterwappen bis zu den Adelswappen der „Res Publica“ erweiterten sich nur allmählich.
Als erste Chronisten Polens sind Gallus Anonymus, Wincenty Kadłubek vermutlich des Wappens Łabęź oder Lis, Janko z Czarnkowa des Wappens Nałęcz und Marcin Bielski des Wappens Prawdzic zu nennen.
Jan Długosz des Wappens Wieniawa, auch Johannes Longinus, Joannes Dlugossius genannt, * 1415 in Nowa Brzeźnica bei Radomsko, + 19. V. 1480 in Krakau, erster heraldische Schriftsteller der entstehenden Rzeczpospolita, führte in seinem Traktat " Insignia seu Clenodia regni Poloniae" (geschrieben 1466 - 70) über 103 Wappen auf, von denen etwa 50 beschrieben waren.
Martin von Cromer h. Kromer (PL-Marcin Kromer h. Kromer), * 1512 in Biecz, Provinz Kleinpolen, † 23. III. 1589 in Heilsberg, Ostpreußen), erwähnte 115 Wappen. Bartosz Paprocki h. Jastrzębiec, (auch Bartholomäus Paprocky oder Bartholomew Paprocki, CZ-Bartoloměj Paprocký z Hlahol a Paprocké Vůle; PL-Bartłomiej Paprocki h. Jastrzębiec), * 1540/1543 bei Sierpc, Masowien, † 27. XII. 1614 in Lemberg, Ukraine, gab in seinen Hauptwerken von 1578 und 1584 insgesamt 2.481 Geschlechter in 126 Wappengenossenschaften und 28 + 48 Individualwappen, also insgesamt 202 Wappen an.
Szymon (Simon) Okolski h. Rawicz, (andere Namensform Simon de Camenacia), * 1580 in Kamieniec Podolski, Ukraine, + 10. VI. 1653 in Lemberg, Ukraine, erhöhte die Zahl bekannter Wappen auf 290,
Albert Wijuk Kojałowicz h. Kościesza Abwandlung, (LAT-Koialovicius-Wijuk Albertus, LIT-Albertas Vijūkas Kojalavičius, PL-Wojciech Wijuk Kojałowicz h. Kościesza Abwandlung), * 1609 Perkunashaus in Kaunas oder Romainiai, Litauen, + 6. X. 1677 in Warschau, schrieb über die litauischen Wappen sowie
Jan Chryzostom Pasek h. Doliwa, der in seinem Tagebuch ein anschauliches Bild über das Sarmatentum der Szlachta in der Adelsrepublik wiedergibt.
Aus diesen Schriftstellern schöpfte Kaspar Niesiecki, bürgerlicher Herkunft (nach anderen Angaben des Wappens Poraj), * 31. XII. 1682 in Großpolen, + 9. VII. 1744 in Krasnystaw, Provinz Kleinpolen, für sein 4-bändiges Werk und beschrieb etwa 500 Wappen. Ob er Zugang zu der Handschrift von Walerian Nekanda Trepka h. Topór über die Versuche von Adelsanmasungen im XVII. Jhdt. hatte, ist nicht eindeutig klar.
Nach diesem arbeiteten über Familien und Wappen der Adelsrepublik Dunczewski, Kuropatnicki, Krasicki, Leszczyc, Piotr Małachowski h. Nałęcz und Wielądko h. Nałęcz.
Aufbauend auf diesen Werken erstellte Bobrowicz h. Gryf seine 10-bändige Neuausgabe des Werkes von Niesiecki mit kritisierenden, berichtigenden und vervollständigenden Zusätzen und führte 577 Wappen an.
Der Historiker Joachim Lelewel von Löwensprung eigenen Wappens verfasste in dieser Neuausgabe Niesiecki's die Einleitung über die Entstehung und Entwicklung des Adels- und Wappenwesens der Adelsrepublik. Als Band 11 wird in der Literatur häufig das Werk von Ignacy Kapica Milewski h. Tuczyński: Herbarz Ignacego Kapicy Milewskiego (wydanie z rękopisu) angesehen sowie 2 Bände von Krzysztof Czarniecki h. Łodzia: Herbarz Polski podług Niesieckiego genannt.
Obwohl es einige kritische Stimmen gibt, wird auch Przewodnik heraldyczny [Heraldischer Führer] von Adam Amilkar Kosiński h. Koziński II als grundlegend angesehen.
Besonders wichtig sind die Werke von Sinapius über Schlesien, Milewski über Masowien, Kętrzyński (auch von Winkler genannt) h. Cietrzew über Preußen, Graf Dunin-Borkowski h. Łabędź über Galizien, Wittyg h. Prus I über die verdunkelte Schlachta, Prof. Franciszek Piekosiński über die polnische Ritterschaft des Mittelalters und Altlitauens, heraldische Tabellen von Chrzański h. Chrzański oder heraldische Studien von Małecki um nur einige zu nennen.
Aufbauend auf diesen „Vorarbeiten“ entstanden dann die einmaligen Grundwerke über die Szlachta der Res Publica Beider Nationen, nach polnischen Historikern des XX. Jhdt. als RON abgekürzt, der Autoren Graf Jerzy Dunin-Borkowski h. Łabędź, Teodor Żychliński h. Szeliga, Graf Juliusz Ostrowski h. Rawicz und verlagerte sich mit Werken von Adam Boniecki h. Bończa unter Mitarbeit Baron Artur Reisky von Dubnitz eigenen Wappens, Graf Seweryn Uruski h. Sas sowie von Prof. Włodzimierz Dworzaczek immer mehr in den akademischen Rahmen.
Wegen seiner Werke ist von Bedeutung das Wirken des Emilian von Żernicki h. Szeliga hervorzuheben, die alle samt in Deutsch erschienen. Die von ihm verwendete begriffliche Griffigkeit hat zur unglücklichen Gleichsetzung der Szlachta der Adelsrepublik mit dem polnischen Adel wie auch zur Einführung des Begriffes „Klein-Adel“ im deutschsprachigen Raum geführt.
In der Zwischenkriegszeit erschienen spezialisierte Wappenlexikas, die wie das Werk von Stanisław Dziadulewicz h. Sokola über den tatarischen Adel der Res Publica oder die Arbeiten von Dr. Ludwik Piotrowski h. Korwin zur Szlachta armenischen und mosaischen Ursprungs in der Adelsrepublik.
Auch in der Zeit der Klassenfeindschaft ruhten die Arbeiten nicht. Alle heutigen namhaften Genealogen und Historiker Osteuropas begannen ihre Arbeit in den Volksdemokratien, auch wenn sich die Forschungen mehr im akademischen Rahmen abspielten oder in der Schublade landeten. Aber nicht ausnahmslos.
Nach der Wende werden nun viele Arbeiten publiziert, einige Teils aus der Schublade, wie bei Proff. Jerzy Łempicki, Andrzej Rachuba, Elżbieta Sęczys, Sławomir Górzyński oder Szymon Konarski, Sławomir Leitgeber und Dr. Roman Sękowski. Mit Dr. Grzegorz Błaszczyk (Adel von Samogitien, Litauen), Dr. Evgen Czernecki (Adel der galizischen Ukraine), Dr. Jerzy Minakowski (politische Genealogie der Res Publica), Dr. Przemysław Pragert (Adel von Kujawien), Dr. Carsten Krumke (Kosakenadel), Oleg Chorowiec (Adel der imperialen Ukraine) und Elżbieta Halina Nejman (Adel der Wojewodschaft Sieradz) trat nach dem Niedergang des eisernen Vorhangs eine neue Generation akademischer Genealogen und Heraldiker auf.
Der Graphiker und Heraldiker Tadeusz Gajl hat es sogar geschafft, dass seine gezeichneten Wappen sogar in Fachkreisen eine besondere Bezeichnung erfahren haben: herby gajlowskie oder Gajlesque Coat of Arms. Diese Auszeichnung scheint verdient zu sein, denn er hat nicht nur eine allgemeine Datenbank der Wappen der Szlachta der Adelsrepublik geschaffen, sondern mit Kollegen auch das weltweit erste elektronische Klassifizierungssystem geschaffen, mit dem zu einem unbekannten Wappen dessen Wappenruf bestimmt werden kann und damit auch die Familien, die es führen. Erklärend muss noch erwähnt werden, dass in der Adelsrepublik bis über Tausend unterschiedliche und verschiedenartige Familien dasselbe Wappen führen konnten. So wird nach derzeitigem Forschungsstand das Wappens Jastrzębiec mit allen Wappenabwandlungen insgesamt 1.740 Familiennamen zugeordnet. Diese in der westeuropäischen Heraldik unbekannte Verbindung wird Wappengenossenschaft oder Wappengemeinschaft genannt.
Insgesamt ergibt sich ein Bild, dass in der Republik Polen, obwohl die Beschäftigung mit der Adelsrepublik im XX. Jhdt. von akademischen Forschern vorangetrieben worden ist, nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Gewaltsystems die Zivilgesellschaft mit einer Vielzahl von genealogisch-heraldischen Vereinen zur treibenden Kraft der Wiedererweckung adliger Traditionen wurde. Sie treibt buchstäblich die noch im alten System verankerte Historiographie und die instituonalisierte akademische Welt mit Vorhaben wie der Schaffung der Datenbank von Dr. Minakowski oder den vielen regionalen Indexierungsprogrammen von Kirchenbüchern regelrecht vor sich her. Zuerst gestützt auf die Mormonenverfilmungen setzte sie, auch wenn es im Vergleich weit hinter den Nachbarländern herhinkt11 eine verstärkte Digitalisierung von personenrelevanten Archivalien durch. Dennoch kann nach einer Epoche der kulturellen Zerstörung der Aufbau nicht ohne eine staatliche Förderung erfolgen. So mussten z. B. aus mangelnder staatlicher Unterstützung das auf 16 Bände angelegte Lexikon des Adels Schlesiens von Dr. Sękowski nach 6 Bänden und des Adels Mazowiens von Prof. Łempicki nach 4 Bänden wegen fehlender Finanzmittel die Erscheinung einstellen. Nur Forschern, die sich eine private Finanzierung sichern können (wie beim 4-bändigen Lexikon des Adels Kujawiens oder bei dem nur elektronisch erschienenen Lexikon des Adels von Sieradz, gelingt es die Vorhaben abzuschließen.
Möglicher Weise zeichnet sich jedoch Licht am Ende des Tunells ab. Nachdem vor wenigen Jahren die mit dem sozialistischen System verwobene Regierung abgelöst worden ist, kommt es scheinbar zu einer Wende. Als Beispiel ist hier die Hilfe bei der Erstellung des Lexikon des Adels von Samogitien mit 6 Bänden (2015-2016) oder der 11 Bände des Landadels des XX. Jhdt. zu nennen, die staatlich gefördert wurden und nun auch digitalisiert im Internet nutzbar sind. Nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Gewaltsystems der Sowjetunion erfreut sich die Rückkehr zu angestammten Werten und Traditionen auch in den östlichen Gebieten besonderer Beliebtheit, denn es gilt 70 Jahre Terrors und Stillstandes aufzuarbeiten.
Es lässt sich jedoch ein eindeutiger Trend ermitteln – war man früher bestrebt eine Gesamterfassung des Adels der Res Publica (A-Z) zu erreichen an der Alle nach Niesiecki wegen der Datenmenge gescheitert sind, geht man seit dem XX. Jhdt. zu Teil-Bearbeitungen über – entweder thematisch (Armenier, Juden, Kosaken, Tataren) oder noch mehr regional d. h. wojewodschafts-, landes- oder sogar kreisweise über.
Wegen der Vielzahl von Veröffentlichungen neuester Forschungsergebnisse ist es mühsam und zeitaufwändig, eine Übersicht zu behalten. Daher wird der aktuelle Stand der grundlegenden Fachliteratur zum Stichtag März 2017 am Ende der Abhandlung unter Materialsammlung gelistet. In der nach Inhalten strukturierten Auflistung befinden sich bei Publikationen und Datenbänken, welche digital erschlossen sind, die entsprechenden Permalinks zu Fundstellen im Internet.
11 Zum Vergleich: die Tschechische Republik hat sich als Zielvorgabe bis zum Jahresultimo 2016 eine unent-geldliche Bereitstellung sämtlicher Kirchenbücher im Internet gesetzt und im Wesent-lichen wurde dies auch erreicht.
Das polnische Wort für Wappen lautet „herb", das litauische „herbas“ und wird abgekürzt „h.“; in BY, RU, UA einheitlich identisch „герб“, abgekürzt „г.“. In der Regel wird der Wappenruf des Wappens dem Familiennamen angehängt und mit „h." verbunden (Beispiel: kniaź Chowański h. Pogoń Litewska = Fürst Chowański des Wappens Pogoń Litewska). Wegen der Namenslänge sowie der im kommunistischen Polen eingeführten Zwang, dass ein Name nicht mehr als zweigliederig sein darf, wird es in amtlichen Dokumenten vielfach als Pogoń-Chowański mit verbindenden Bindestrich vorgeführt oder auch nachgestellt wie bei von Zernicki-Szeliga. Aber bei einer Voranstellung kann es sich auch auf einen historisch tradierten Zunamen oder Beinamen handeln wie bei Dunin-Borkowski des Wappens Łabędź [Dunin-Borkowski h. Łabędź], der reinen Phantasie entsprungen sein wie bei dem Politiker Korwin-Mike 12 oder sich auf einen Decknamen beziehen, der zum Beinamen wurde wie bei dem Marschall von Polen Rydz-Śmigły 13. Dieser Regel folgen auch Schreibweisen in der litauischen, russischen, ukrainischen und weißrussischen Sprache, dass so gesehen wieder einer einheitlichen Schreibweise (auch wenn in lateinischer oder kyrillischer Schrift) gefolgt wird.
Diese Abkürzung wird auch in den Lexikas des Wikis Szlachta verwendet, so z. B. beim
Diese Liste könnte fast endlos mit Kaczyński h. Pomian, Dostojewski h. Dostojewski 14, Strawinski h. Sulima, dem „rotem Henker“ Feliks Dzierżyński h Sulima 15, Wladimir Iljitsch Uljanow h. Uljanow (Lenin) 16, sowie Kumpel seines Bruders bei der
Piłsudski h. Piłsudski17Piłsudski